Moin, moin,
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Zitat von Porty
Was bedeutet das Ganze jetzt?
Die Bahn weiß selbst nicht, wie viele Leute mit ihren Zügen unterwegs sind?
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richtig, die Bahn weiß nicht exakt, wie viele Reisende in ihren Zügen unterwegs sind. Woher auch? Die Bahn ist kein zugangsbeschränktes Transportsystem wie beispielsweise das Flugzeug. Bis auf wenige Fahrscheintypen (zuggebundene Fahrscheine) hat man im Rahmen der sehr offenen Transportbedingungen eine freie Wahl, wann und wie man fährt, aussteigt, umsteigt, oder links oder rechts um den Baum fährt. Eine vollständige, elektronische Fahrgastzählung an den Türen oder in den Fahrzeugen findet nicht statt. Und solange der Kunde sich nicht elektronisch auf einem Zug einbuchen muss, wird es solche Zahlen in der Exaktheit, wie Du sie Dir vorstellst, auch nicht geben.
Zudem: was heißt denn hier Bahn? Die Bahn als Konzern, oder der Fern- oder der Nahverkehr oder möglicherweise noch kleinteiliger? Ich kann Dir dazu mal ein kleines Beispiel geben, dass die Arithmetik für die Anzahl beförderter Personen nicht ganz so trivial ist und massiv von der Fragestellung und dem Blickwinkel des Betrachters abhängt. Stell Dir vor, Du fährst von A nach C mit Umstieg in B. Von A nach B nutzt Du den Nahverkehr, von B nach C den Fernverkehr. Jetzt hat jeweils der Nah- und der Fernverkehr eine Person befördert, also mathematisch in Summe 2, aber die Bahn als Konzern hat dennoch in Summe auch nur eine befördert. Das heißt, hier darf man nicht einfach aggregieren. Während das noch recht simpel ist, wird es schon spannender, wenn Du auf Basis der Fahrtmöglichkeiten Deines Tickets zwischen A und B mit 30% Wahrscheinlichkeit einen Nah- und mit 70% einen Fernverkehrszug nimmst, während Du zwischen B und C nur Fernverkehr fahren kannst. Somit transportiert der Nahverkehr zwischen A und B 0,3 und der Fernverkehr 0,7 Personen. Zwischen B und C transportiert der Fernverkehr definitiv 1 Person. Und auch hier darf man nicht aggregieren, und die Bahn transportiert in Summe nur eine Person. Das sind nur ganz simple Beispiele aus der Praxis, die zeigen, dass eine statistische Auf- und Verarbeitung im Bereich Verkehr massiv von der Fragestellung und dem Blickwinkel abhängig ist.
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Zitat von Porty
In der Tat sind da ja solche Tickets, wie Zeitkarten Verbundfahrscheine oder gar das bei dir verhasste 49 € Ticket kontraproduktiv. Oder braucht die Bahn die vielen tausend zusätzlichen Mitarbeiter, um dieses Problem zu lösen?
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Ich weiß zwar nicht, wie Du auf die Vokabel "verhasstes 49 € Ticket" kommst, aber ja, ich halte es für einen völlig falschen Ansatz. In Zeiten des Klimawandels geht es nicht darum, bedingungslos mehr Leute auf die Schiene zu bekommen, sondern darum, in Summe weniger Verkehr zu haben
und Leute zum Umstieg von der Straße auf die Schiene zu bewegen. Das 49 € Ticket entzieht dem ÖPNV viel Geld, generiert neue, teure Aufgaben und Fragestellungen, die zu bewältigen sind, generiert in Summe Mehrverkehr und lässt nur kleine Bevölkerungsteile vom Auto auf die Schiene umsteigen. Der größte Effekt des 49 € Tickets ist ein Spareffekt für die Gesellschaft und das in Gesellschaftsschichten, die es nicht nötig haben. Das sind die Gründe, warum ich kein Freund des 49 € Tickets bin, auch wenn ich selber eins habe.
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Zitat von Porty
Interessanterweise hab ich am Mittwoch das erste mal einen "Beauftragten für Fahrgastzählung" im Zug gesehen Zwischen Ansbach und Treuchtlingen. Betrieben von ehemals Go Ahead Bayern, jetzt ÖBB....
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Solche Fahrgasterhebungen oder -zählungen sind sehr, sehr teuer und aufgrund systemimmanenter Probleme und dem Stichprobencharakter nur eine sehr grobe Wünschelrute. Allein die Auswahl des Tages, der Uhrzeit und der Züge, in denen Du fragst oder zählst, ist maßgeblich für das Teilergebnis, von dem das Gesamtergebnis abgeleitet wird. Daher wundert es nicht, dass solche Erhebungen und Zählungen zunehmend zurückgehen.
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Zitat von Porty
Vielleicht noch einen Denkansatz für die Leute, die wie du zu dem System Bahn gehören:
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Wie ich bereits mehrfach schrieb, bin in weder im Konzern der Deutschen Bahn, noch bei einem anderen Verkehrsunternehmen beschäftigt. Und was heißt denn nun für Dich System Bahn überhaupt?
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Zitat von Porty
Bahnfahren ist in der Regel mit Zeitaufwand und Umständen verbunden, zB. für die Fahrt zu meiner Mutter muss ich mit dem Auto zum Bahnhof fahren, 2-3 mal Umsteigen und dann noch einen guten km mit Gepäck laufen. Und bin brutto 2 Stunden länger unterwegs - wenn nichts schief geht. Warum tut man sich das an? Mir macht das Chaos auf der Autobahn keinen Spaß und die Bewegung tut mir gut. Wenn dann aber auch noch die Preise in der von dir gewünschten Höhe liegen, ist Schluss mit Lustig.......
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Es geht nicht um den von mir gewünschten Preis, sondern um den kostendeckenden sowie verkehrlich und ökologisch sinnvollen Preis. Ein Preisniveau, das einfach nur Mehrverkehr erzeugt, aber nicht in der Lage ist, den ÖPSV zu finanzieren, ohne dass monatlich gebibbert wird, ob der Bund weitere Millionen und Milliarden reinschießt, ist der falsche Ansatz. Ich halte es für besser, mit Push und Pull zu arbeiten, d.h., nicht gewünschtes Verhalten zu bestrafen (z.B. durch Verteuern oder Zugangsbeschränkungen) und gewünschtes Verhalten (z.B. Fahrt mit dem ÖPNV, Fahrvermeidung) zu fördern.
Dat Ei