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Alt 11.10.2010, 14:22   #11
Jens N.
 
 
Registriert seit: 16.11.2005
Ort: Osnabrück
Beiträge: 13.250
Auf diesen Beitrag würde ich gerne noch eingehen, weil er -anders als die von Fermoll- einige interessante Aspekte anspricht und vor allem wesentlich sachlicher und fundierter ist.

Zitat:
Zitat von ingoKober Beitrag anzeigen
Zumal ich den Verdacht habe, dass so einige Aufnahmen mit Tieren in Kooperation mit Exemplaren stattfanden, die nicht ganz so wild und unabhängig leben, wie die Bildaussage es vermitteln will. Das kann als unterschiedlich legitim angesehen werden. Mich stört es nicht, so lange nicht ausdrücklich das Gegenteil behauptet wird. Persönlich fände ich es fairer zu erwähnen: Dieser Leopard lebt in einem Wikldlife Rehabilitationszentrum, dieser Löwe wurde von Hand aufgezogen...wenn es denn so ist.
Ja, wenn es denn so ist. Und auch wenn es so ist, so denke ich, dürfen solche Dinge auch mal mit dem Blick auf's Berufsgeheimnis im Dunkeln bleiben. Benny hat hier eigentlich schon vieles verraten finde ich. Das entzaubert einerseits, andererseits ruft man vielleicht auch Nachahmer auf den Plan. Mich als unbedarften Betrachter interessiert erstmal das Ergebnis und nur eher nachrangig, ob das Motiv angefüttert oder gar "zahm" war muß ich zugeben.

Zitat:
Ein "reiner" Naturfotograf täte so etwas allerdings nicht. Jede Beeinflussung des Objektes ist einem solchen Tabu, ein Anfüttern das Maximum an Einflussnahme und schon das wird möglichst vermieden. Offenbar geht es Benny aber nicht allein um die Dokumentation natürlicher Verhaltensweisen, sondern auch, evtl sogar vornehmlich um anderes.
Zum letzten Satz müsste Benny sich äussern. Ich will nur sagen, oder wiederholen, daß es gar keine Einflussnahme nicht geben kann (dazu später). Und wer definiert, was die "reine Naturfotografie" ist? Das ist doch auch nur ein Konstrukt und hinter diesem stehen verschiedene Interessen - die Interessen des Tierschutzes sicherlich, aber sicherlich auch noch andere.

Zitat:
Ein paar Dinge mag ich - gerade wegen Bennys nicht rein dokumentarischen Ansatzes- nicht so an den Bildern, aber das ist ganz persönliche Ansicht.
Sie sind mir oft zu bunt, zu sehr EBV mässig aufgehübscht.
Naturdokumentation ist für mich wie schon gesagt unter anderem auch ganz nahe an der unbeeinflussten Realität zu bleiben. Aber hier vermischt sich offenbar ein Ansatz als Naturfotograf mit einem Ansatz als Künstler.
Erstens die Vermischung Ästhetik/Kunst (und auch Kommerz, ganz klar, man will oder muß ja auch davon leben), zweitens stellt sich mir aber auch die Frage, was denn "unbeeinflusste Realität" in diesem Zusammenhang hier sein soll. Selbst bei der geringstmöglichen Einmischung habe ich doch immer noch eine Einmischung. Einfachstes Beispiel überhaupt, ich zeige mit einem Bild immer nur einen Ausschnitt: ich kann die liebende Löwenmutter zeigen oder den "grausamen" neuen Rudelführer, der die Jungtiere seines Vorgängers tötet - beides ist Natur, beides ist die Realität, ruft aber ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Und ich kann immer nur ein Abbild der Realität zeigen. Das fängt wie du sagst bei den Farben schon an. Fotografie ist die Übertragung der Realität auf ein anderes Medium und das geht nunmal nicht 1:1. Es ist immer Interpretation, immer Ausschnitt, immer beeinflusst. Das wird jetzt arg philosophisch, aber ich denke in einem Fotoforum sollte klar sein was ich meine.

Eine andere Frage wäre die nach dem Naturbild: was für ein Bild von der Natur haben wir denn überhaupt noch? Und kann dieses Bild überhaupt richtig und unverzerrt sein? Ich meine nein (egal wie aufgeklärt man ist), aber auch darüber kann man lange diskutieren. Wenn nun ein Fotograf also eine Interpretation (ein Bild) zeigt, kann dieses überhaupt "richtig" sein? Gibt es überhaupt (noch) so etwas wie unverzerrte Natur? Alles IMO interessante, aber gar nicht so leicht zu beantwortende Fragen in diesem Zusammenhang.

Zitat:
Dann stört mich persönlich auch Bennies Drang zum Spektakulären. Spektakuläres Verhalten ist in der Natur verhältnismäßig selten, die Tiere haben aber viel mehr zu bieten. jemand, der sich mit Tierverhalten auskennt, Zeit und Motivation mitbringt, kann ein viel umfassenderes Bild des "wilden" Alltags zusammenstellen, als Benny das tut (OK, ich habe längst nicht alle seiner Bilder gesehen, aber doch viel geblättert).
Diesen Punkt verstehe ich voll und ganz, vor allem wenn ihn ein "Fachmann" formuliert, der diese Dinge sicher mit anderen Augen sieht als ich. Aber da schliesst sich der Kreis wieder: man hat vielleicht ein einzelnes Bild, um ein Publikum zu überzeugen, oder so und so viele Minuten Film. Man will damit der eigenen Kunst gerecht werden, man möchte eine Botschaft transportieren, man muß kommerziell erfolgreich sein, man -und das behaupten zumindest heutzutage alle- möchte möglichst wenig kaputt machen oder beeinflussen usw. Das sind viele Ansprüche, die da an vielleicht ein Bild gestellt werden. Leider können (und sollen!) nicht alle nach Afrika kommen und sich ein möglichst unverzerrtes eigenes Bild machen, sich die Zeit nehmen, sich in aller Ruhe mit den Verhaltensweisen beschäftigen usw. Heute musst du im Zweifel mit einem Bild überzeugen und das geht wohl am besten mit spektakulären - Grzimek und andere sind auch nur deshalb so bekannt und angesehen gewesen, weil sie etwas neues, etwas anderes, oder einfach das Bisherige besser als andere gemacht haben. Ich verstehe, wenn man diese "Sensationsgier" bedauert, aber ich sehe auch ein, daß (und zum Teil auch warum) es so ist.

Ich habe z.B. mal einen Film gesehen, der mich für einige Zeit in einen Vegetarier verwandelt hat, was einen Tag davor für mich undenkbar war. Aber dieser Film hat nichts anderes als schockiert, es war der reinste Horror und dabei enthielt er inhaltlich eigentlich nichts, daß ich nicht schon wusste oder ahnte - die Art der Darstellung hat aber den Unterschied gemacht.

Ich bin ein großer Freund von gut gemachten Naturfilmen und in den making-ofs wird oft der Aufwand gezeigt, der für diese Dokumente betrieben wird. Der technische und zeitliche Aufwand ist gigantisch. Daraus entsteht dann aber auch der Druck, das irgendwie finanzieren zu müssen und das geht eben nur, wenn die Bilder dem Betrachter die Münder offen stehen lassen. Wenn man das schafft, kann man dann vielleicht auch noch eine Botschaft unterbringen und damit im Idealfall auch noch etwas verändern.

Zitat:
Was ich nicht so daran mag ist eigentlich vor allem die Tatsache, dass die Resultate, wenn sie von einem so prominenten Fotografen stammen an eine sehr breite Öffentlichkeit gelangen. Und ich finde, in toto spiegeln Bennys Bilder eine doch merklich verzerrte Wirklichkeit der "wilden Welt da draussen" wieder. Da er damit aber punktgenau die inhaltlichen Vorstellungen und Wünsche vieler naturentwöhnter Mitmenschen trifft, prägt sich dieses Bild beim Betrachter nur umso tiefer ein.
Das ist etwas, was mir als Biologen und jemandem, der viel zu oft mit dem Schaden , den falsche Vorstellungen bei einem tierischen gegenüber, sei es Haustier oder Wildtier anrichtern konfrontiert wird, wirklich Bauchweh macht.
Das kann ich wie gesagt verstehen. Aber was ist schlimmer: ein durch spektakuläre Bilder vielleicht etwas fehlgeleitetes (Löwen sind immer wild, Krokodilen kann man sich mit etwas Vorsicht problemlos nähern - solche Sachen meinst du vielleicht) Bewusstsein über die Natur, oder gar keins? Abgestumpfte Betrachter, die sich nur durch drastische Bilder wecken lassen, oder gar keine Betrachter? Da kommen wieder der Zweck und die Mittel ins Spiel, auf die ich bereits eingegangen bin.

Zitat:
Aber ein begeisterter Anhänger seiner Fotos und Philosophie bin ich aus den genannten Gründen nicht.
Dagegen wird sicherlich niemand etwas sagen, das ist aber auch eine andere Ebene, als die auf der Fermoll sich hier bewegt.
__________________
Gruß Jens

Geändert von Jens N. (11.10.2010 um 14:46 Uhr)
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