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#1 |
Registriert seit: 27.03.2004
Ort: 47877
Beiträge: 2.316
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Ich hatte da mal ein sehr interessantes Soziologie-Seminar über das Thema.
Ich stell mal kurz stichwortartig einige wichtige Erkenntnisse daraus zur Diskussion. - Die Debatte was Kitsch ist, ist mit der Industrialisierung (Massenproduktion, Reproduktion) entstanden - „Der unter modernen industriellen Bedingungen produzierte Kitsch, das Banale und Triviale der Massenware: sie fordern in ihrem demonstrativen Verzicht auf Originalität und Authentizität die Kunst heraus.“ (Braungart) - „Kitsch“ als wertender ästhetischer Begriff wird populär in der „Schmutz und Schund-Debatte“ (1900-1950). Aus der Angst heraus, dass Leser, Hörer, Betrachter mit ästhetischen Gegenständen umgehen könnten, wie sie es aus Sicht der Kenner nicht sollen. - Von Kitsch kann man erst sprechen, wenn man auch von Kunst sprechen kann. Kunst bildet somit die Voraussetzung für die Entstehung von Kitsch • Kunst – selbstreflexiv – komplex – vieldeutig – mehrschichtig – Verweigerung einfacher Sinnstiftung • Kitsch – Das schlechte Gewissen der Kunst. – ist Teil des banalen, alltäglichen Lebens – „will nicht viel zu denken geben“ - „Im Kitsch ‚verlebensweltlicht‘ sich das Ästhetische auf eine unübersehbare und besonders entschiedene Weise.“ (Braungart) - „Das Ästhetische“, die „hohe Kunst“ findet im Kitsch Einzug in die alltägliche Lebenswelt jedes Einzelnen (Finanzierbarkeit, Massenproduktion) Fazit:
Wer sich mit dem Thema weiter auseinandersetzen will, dem kann ich nur Pierre Bordieu "Die feinen Unterschiede" empfehlen, das liest sich super und hat einige sehr interessante Thesen. Edit: Achso Dana fordert eine eigene Meinung... ![]() Meine Meinung ist seit diesem Seminar auch eine andere. Vorher dachte ich auch, dass Kitsch schrecklich, billig, eben kitschig sei. Während des Seminars kam ich aber zu der Erkenntnis, dass Kitsch seine Daseinsberechtigung als leichte Unterhaltung hat, als Gegenpol zur "schweren" Kunst, mit der man sich auseinandersetzen muss, verstehen muss, diskutieren muss. Kitsch ist sozusagen die Verbreitung der Kunst, nehmen wir eine Venus von Milo, die man mittlerweile einfach kennt. Vor zigtausendfacher Reproduktion war sie nur einem eingeweihten Kreis zugänglich, der über die Qualität befand. Nun findet sie jeder toll ![]() Ganz banal finde ich in solchen Bildern wie von Allgaier, dass die Grenzen zwischen Kitsch und Kunst fließend sind. Für mich mache ich diese Unterscheidung nicht mehr. Wenn man aber in die kulturästhetische Definition geht, ist Schloß Neuschwanstein als solches Kitsch, Allgaier's Umsetzung des typischen Motives aber Kunst, da es sich gerade von der gewohnten Sichtweise und der millionenfachen Reproduktion eines allgemeingültig als "schön" befundenen Gegenstandes entfernt. Puh... ![]() Geändert von jameek (17.02.2010 um 16:46 Uhr) |
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#2 | |
Registriert seit: 24.12.2005
Beiträge: 7.536
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Zitat:
Aber es ist auf jeden Fall (und auch unabhängig davon) eine Lektüre wert!
__________________
Gruß, Michael |
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#3 | |
Registriert seit: 27.03.2004
Ort: 47877
Beiträge: 2.316
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Stimmt. Ja, denoch: nach der Lektüre kann man die Grenzen evtl. für sich klarer definieren bzw. ist sensibilisiert.
Edit: Zitat:
![]() ![]() ![]() Geändert von jameek (17.02.2010 um 16:58 Uhr) |
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#4 |
Gesperrt
Registriert seit: 12.11.2009
Ort: Berlin
Beiträge: 408
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also wenn ich auf den Ausgangspunkt Bezug nehme möchte ich erst einmal zum Ausdruck bringen das ich das Bild Klasse finde.
Es ist weder banal noch zeigt es eine Banalität. Sondern ich empfinde es als Schön und das Schöne an sich oder an und für sich will man mit Hegel sprechen kann doch kein Kitsch sein nie und nimmer. Etwas bedenklich finde ich aber auch die Argumentation das ( ok jetzt simplifiziert ) die "doofen" anfälliger für Kitsch sind und solchen nicht identifizieren können während die richtigen Kunst Kenner sofort entscheiden was wahre Kunst und was alles an Schönen und Wahrhaften als Kitsch abgestempelt werden kann nur weil es dem Zeitgeist und der Moderne nicht entspricht. |
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#5 | |
Registriert seit: 24.12.2005
Beiträge: 7.536
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Zitat:
Wobei in vielen Feuilletons und Kunst-/Kulturartikeln auch ein hoher intellektueller Anspruch gefahren wird, der mit der Masse der Bevölkerung nichts mehr zu tun hat (aber das war schon im alten Rom, im Mittelalter, der Renaissance und Barock auch so, dass Kunst für die Elite da war). Beispiel: Die Fettecke von Beuys, die eine Putzfrau dann weggeworfen hat; weil das für sie keine Kunst war. Der Kunstpreis in London, der verschwunden war, weil der Hausmeister aufgeräumt hat - und die Jury blamablerweise einen Gaderobenständer des Hauses gekürt hatte statt ein eingereichtes Kunstwerk. Man ist nicht "anfällig" für Kitsch, denn ich will gewiss keinem absprechen, dass er bei dem, was ich als Kitsch bezeichne, wirkliche, ehrlich und originelle Gefühle und Gedanken hat.
__________________
Gruß, Michael |
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#6 | |
Registriert seit: 25.08.2006
Ort: Anus Mundi
Beiträge: 4.384
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Zitat:
Und es ist auch nicht so, dass die "Doofen" anfälliger für Kitsch wären, sie sind nur manchmal lediglich weniger anfällig für "Kunst". Kitsch kann man ad hoc geniessen - Kunst muss man verstehen. Kitsch gibt Antworten und Kunst stellt Fragen. |
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#7 |
Gesperrt
Registriert seit: 26.09.2009
Ort: Dresden
Beiträge: 872
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Kitsch ist der Nachname unseres ehemaligen Nachbars.
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#8 |
Registriert seit: 15.03.2004
Ort: Hamburg
Beiträge: 12.012
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OK...muss mich korrigieren
![]() Robert...erwähnte zweimal Kitsch...und gab damit eine Steilvorlage ![]() hatte ich geflissentlich übersehen ![]() ein Problem bleibt aber... das Fotografen ständig meinen....Postkarten(und ähnliches) seien Kitsch erstmal besser machen ![]() Mfg gpo |
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#9 |
Registriert seit: 01.10.2003
Ort: Duisburg
Beiträge: 1.683
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Neuschwanstein fotografieren ja nur Allgaier und die Japaner. Die anderen kommen da seltener hin.
![]() Wie ist es z.B. mit Sonnenuntergängen? Immer wieder gerne scharenweise fotografiert. Kitsch? Kann überhaupt was Generationen fasziniert - im Fall des Sonnenuntergangs seit Beginn der Menschheit - Kitsch sein?
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Unsere Fotogalerie |
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#10 |
Registriert seit: 24.12.2005
Beiträge: 7.536
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Ich verstehe Deinen Gedanken, aber dennoch: Genau das halte ich für einen folgenschweren Irrtum in der neueren Kunst.
Welche Fragen stellt ein Brandenburgisches Konzert? Welche Fragen stellen das Nilgänsemosaik aus Amarna in der Echnatonzeit? Welche Fragen stellt ein ottonisches Wandgemälde auf der Reichnau? Welche Fragen stellen die vergrößerten Comicbilder eines Roy Lichtenstein? Wenn ich Dürers betende Hände betrachte und stelle mir keine Fragen - ist das dann Kunst oder Kitsch? Ich finde, Kunst darf auch ganz einfach gefallen und braucht keine intellektuelle Überhöhung. Und weil das erste vernachlässigt, das zweite überbetont wird, kann ich mit moderner Kunst auch wenig anfangen. Kunst wirkt auch einfach schon durch ihre Anwesenheit (genauso wie eine schöne Frau ![]()
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Gruß, Michael |
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