Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Manuelle Parameter für Aussenaufnahmen
Liebe Forumskollegen,
ich habe im Auftrag meines Arbeitgebers einige Experimentalfilme (Kurzfilme) gedreht.
Als Equipment hatte ich meine Fotoausrüstung eingesetzt:
A99, 135 STF, 35mm und insgesamt 1,5 KW Licht. Es handelte sich um statische Szenen
(z.b. kleinen Staub- oder Flüssiggas Explosionen) die reproduzierbar wiederholt werden konnten.
Die Filmaufnahmen werden im Bereich der Prävention von Brandgeschehen gezeigt.
Ich soll in der nächsten Woche Aufnahmen im Freigelände machen. Diese Experimente
koennen nicht wiederholt werden.
Folgende Rahmenbedingungen:
Freigelaende ohne Stromanschluss in der Nähe
Hoffentlich gute Wetterbedingungen
Filmaufnahmen zwischen 10:00 - 14:00 sind möglich
Experimente:
Flammenhoehen bis 5m statisch mit Flüssiggas, Brenndauer 30 sek.
Flammenhoehe bis 5m dynamisch, Brenndauer 1-3 sek.
Teilweise weisse Flammen mit hoher Intensität.
Meine geplanten Einstellungen sind folgende:
M Modus
NTC mit 60 Bildern sek (mehr kann die A99 nicht)
Ich denke ich sollte mit 1EV über belichten damit die Kontraste eingefangen werden können
Alles manuell, f11, ISO 500 (je nach Bedinvungung vor Ort) WB 5500k,
natürlich mit Stativ und ohne AF
Liege ich mit meinen Einstellwerten in Rahmen? Habe ich etwas gravierendes übersehen?
Danke für Eure Einschaetzung!
der_knipser
07.05.2016, 09:38
Deine Vorschläge zur Belichtung kann ich nicht nachvollziehen. Du machst die Aufnahmen zu einer hellen Tageszeit. Warum wählst Du dann ISO 500? Es ist bekannt, dass hohe ISO-Werte den Dynamikumfang begrenzen. Meine Wahl wäre deshalb ISO 100-200.
Du willst überbelichten? Das verstehe ich nicht. Flammen sind naturgemäß heller als ihre Umgebung. Misst man die Belichtung auf das Umfeld, bevor die Flammen dort sind, dann vermute ich, dass die Flammen im Film nur noch als Reinweiß dargestellt werden. Aus diesem Grund würde ich deutlich unterbelichten, um möglichst viel Informationen in den Flammen sehen zu können, dabei aber nur so weit gehen, dass das Umfeld nicht im Schwarz versinkt.
Ich würde außerdem mit 2 Kameras parallel arbeiten, die so aufgebaut sind, dass sie die selbe Szene abbilden. Das Filmen erfolgt leider nur in jpg-Qualität, wo leider bedeutende Details verloren gehen. Mit der zweiten Kamera würde ich während der Filmaufmahme Einzelbilder in Serie fotografieren, die einen wesentlich höheren Dynamikumfang zeigen als das Video. Die Aussagekraft dieser Bilder ist aufgrund der höheren Dynamik und der höheren Auflösung sicher größer als der Film, es sei denn, es kommt bei der Dokumentation nur auf die Bewegungsabläufe an. Das kannst Du sicher anhand der Aufgabenstellung viel besser bewerten.
Hast Du die Möglichkeit, die Belichtung mittels einer vergleichbaren Probe-Situation zu simulieren? Dann könntest Du auf einen Erfahrungswert zugreifen.
Edit:
Was meinst Du mit "NTC mit 60 Bildern sek"?
Ich hab das erst beim zweiten Lesen so verstanden, dass es "NTSC mit 60 Bildern pro sec" heißen könnte. Ich kenne mich mit Videos zu wenig aus, bin aber der Meinung, dass ich das amerikanische Format nicht wählen würde, wenn es auf europäischen Geräten abgespielt werden soll. Hierzu soll aber bitte jemand etwas sagen, der sich mit dieser Technik auskennt.
Danke Dir erst einmal, lieber Knipser!
Ich kann die Gegebenheiten vor Ort einigermaßen einschätzen.
Es handelt sich um eine ca. 400qm versenkte Betonfläche.
Die Experimente können aber nicht simuliert oder wiederholt werden.
Fotos sind nicht erforderlich, Deine Idee ist aber gut!
Aus diesem Grund würde ich deutlich unterbelichten, um möglichst viel Informationen in den Flammen sehen zu können, dabei aber nur so weit gehen, dass das Umfeld nicht im Schwarz versinkt.
Du hast Recht, leider soll aber das Umfeld einbezogen werden. Der Betrachter des Films würde sonst die Dimension nicht erkennen können. Ich hatte aber einen Denkfehler:
ja, ich werde vielleicht mit 1/2-1 EV unterbelichten. DANKE!!!
Meine Wahl wäre deshalb ISO 100-200.
Gut,dann versuche ich f8, ISO 400 mit min. 1/500. Ich brauche die Verschlusszeit
um später ggf. Zeitlupen (25 B/sek) zu generieren. Die optionale Zeitlupe wurde
bei der letzten Aufnahmeserie vertont als Schlussequenz angehangen. Das kam gut an!
Das hatte ich noch vergessen: der Ton ist natürlich auch wichtig.
Ich verwende ein gutes Mikrofon und werde versuchen es vorher auf die Impulse
abzustimmen.
der_knipser
07.05.2016, 10:54
... Gut,dann versuche ich f8, ISO 400 mit min. 1/500. Ich brauche die Verschlusszeit
um später ggf. Zeitlupen (25 B/sek) zu generieren...Wenn Du ISO, Blende und Belichtungszeit im Vorfeld festlegen willst, dann muss die Beleuchtung exakt auf diese Werte abgestimmt werden, was Dir sicher nicht gelingen wird. Viel mehr als die genannten Parameter stehen Dir nicht zur Verfügung, um richtig zu belichten. Als weitere Möglichkeit sehe ich im Moment nur einen Graufilter.
Warum willst Du mit mind. 1/500 sec belichten? Videos mit so kurzer Belichtungszeit frieren die Bewegung ein, dadurch erscheinen die Einzelbilder schärfer. Der Bewegungsablauf erscheint dann aber abgehackt. Für einen flüssigen augenfreundlichen Ablauf habe ich gelernt, man solle 1/50 sec verwenden.
Für Zeitlupendarstellungen würde ich nicht auf die Fähigkeiten einer Fotokamera mit eingebauter Videofunktion bauen, sondern eine "echte" Filmkamera verwenden, die so ausgerüstet ist, dass sie eine wesentlich höhere Bildfolgerate aufnehmen kann.
Schwierig abzuwägen, wenn man die Anforderungen und das Budget nicht so genau einschätzen kann.
Schwierig abzuwägen, wenn man die Anforderungen und das Budget nicht so genau einschätzen kann.
Ich arbeite die Sache erst einmal mit eigenen Bordmitteln ab.
Es ist damit zu rechnen, das weitere Aufnahmen folgen werden.
Dann wird es Zeit mit meinen Vorgesetzten zu sprechen...
der_knipser
07.05.2016, 17:13
Olli, Du hattest mir ein kurzes Video gesendet, und ich möchte hier kurz beschreiben, was ich dort sehe: Ein Gasanschluss, der das Gas ins obere Ende einer schräg verlegten Glasrinne leitet, an deren unterm Ende ein brennendes Teelicht steht. Im Hintergrund eine beigefarbene Palisadenwand, eine graue Betonwand und eine weiße Leinwand.
Man sieht, dass die Kerze eine hellblaue Flamme entzündet, die rasch der Rinne entlang hochwandert, sich in einen gelben und einen blauen Anteil teilt, und schließlich erlischt. Je dunkler der Hintergrund, um so besser sind die Flammen zu sehen.
http://abbund-cad-service.de/forum/ollis_feuer_video.jpg
Meine Erkenntnisse aus dem Video und meine Vorschläge für das neue Video:
Der helle Hintergrund steht in keinem gutem Kontrast zu den Flammen, und wäre nach meiner Meinung besser schwarz gewesen. Zumindest hätte die Raumbeleuchtung nicht an sein sollen.
Für das Außenvideo würde ich entweder eine dämmrige Tageszeit wählen, und/oder den Hintergrund der Flamme so dunkel wie möglich gestalten.
Die ISO-Einstellung würde ich tatsächlich auf 100-200 belassen, und die Belichtungszeit auf 1/50 oder im Grenzfall auf 1/100 sec einstellen. Kürzere Zeiten bedeuten ja nicht, dass der Film schneller wird, sondern dass es während der 25 bzw. 30 Bilder pro sec Fehlzeiten gibt, die nicht belichtet werden. Die kurz belichteten schärferen Bildinhalte haben zeitliche Lücken, und die sieht man bereits im normalen Abspielmodus bei 25 Bildern pro sec. Lässt man den Film langsamer laufen, sieht man die abgehackten Sprünge noch deutlicher. Durch angepasste längere Belichtungszeiten kommt Bewegungsunschärfe ins Bild, die jedoch den visuellen Ablauf angenehm weich macht. Diesen Effekt würde ich vorher mal ausprobieren, vielleicht an einem Springbrunnen.
Die Blendeneinstellung halte ich in diesem Zusammenhang für relativ unwichtig, und würde sie hauptsächlich zur Belichtungssteuerung einsetzen.
Möglicherweise habe ich den Zweck dieser Aufnahmen noch nicht verstanden. Wenn Du also etwas zeigen willst, das meiner Empfehlung widerspricht, hast Du sicher gute Gründe dafür.
Noch ein Wort zur Location. Ich habe etwas von 400 qm versenkter Betonfläche gelesen, auf der das Experiment stattfinden soll, und dass das Umfeld erkennbar bleiben soll, um die Größe der Flamme zu verdeutlichen.
Ich halte 20x20 Meter Beton als Größenvergleich nicht für aussagekräftig. Es gibt geeignete andere Dinge, mit denen man das viel besser darstellen kann.
Am besten, Du stellst Deinen Chef (:crazy:) direkt neben die Flamme, denn Menschen taugen sehr gut als Maßstab in einem Bild. Man sieht das oft bei Aufnahmen im Gebirge oder bei skurrilen Landschaftsformationen.
Vermutlich wird er sich aber für das Experiment nicht opfern wollen (;)), und deshalb würde ich Gegenstände mit bekannter Größe dort platzieren. Stuhl, Tisch, Fahrrad oder ähnliches bietet sich dafür an, also alltägliche Gegenstände, deren Größe jedem geläufig ist.
Zum Thema Video:
Ich habe zwischenzeitlich mit einem Profi gesprochen, der mir sagte, dass der Unterschied zwischen NTSC und PAL heute kaum noch von Bedeutung ist. Zur Zeit der alten Fernsehsysteme musste man auf diese Technikunterschiede achten.
Ob man mit 60 oder 50 Halbbildern (anstatt 30 oder 25 Vollbildern) tatsächlich eine brauchbare Zeitlupe hinbekommt, das solltest einfach mal probieren.
Zur Tonaufnahme hat er empfohlen, ein externes Aufnahmegerät zu verwenden, das für sehr niedrige Frequenzen geeignet ist. Auf jeden Fall mit einem ordentlichen Windschutz arbeiten, damit die gewollten Geräusche nicht vom Wind überlagert werden.
Für gute Zeitlupenaufnahmen kann man Spezialkameras mieten. Das ist vielleicht dem Zweck nicht angemessen. Alternativ gibt es Consumer-Kameras, die sehr schnelle Bildfolgen aufnehmen, und als weich abspielende Zeitlupen wiedergeben können. Das geht meist zu Lasten der Bildfläche, also sicher nicht in FullHD. Eine Empfehlung zu einem bestimmten Modell kann ich aber nicht geben.
screwdriver
07.05.2016, 18:01
Das hatte ich noch vergessen: der Ton ist natürlich auch wichtig.
Ich verwende ein gutes Mikrofon und werde versuchen es vorher auf die Impulse
abzustimmen.
Zur manuellen Einstellung: die Belichtungszeit ist optimal bei ca. gleicher bis doppelter Bildfolgezahl.
Bei 60 Fps also ca. 1/60 bis 1/120s
Die Blende wählt man nach gewünschter Schärfentiefe.
Die ISO- Einstellung ergibt sich dann.
Der AF ist hier untauglich.
Bitte stelle die Kamera/ das Obejektiv auf "MF" und fokussiere (vorher) manuell.
Wenn eine DVD nach europäischem Standard erstellt werden soll sind 50Fps (50p) angeraten.
Wenn hinterher Einzelbilder extrahiert werden sollen, kann eine kürzere Belichtungszeit sinnvoll sein.
Das ist aber bei hier vermuteter ziemlich weitwinkliger Aufnahme eher unkritisch.
Wenn während des Filmens gezoomt werden soll, nutze einen (verlängerten) Zoomhebel.
Wenn während des Filmens geschwenkt werden soll, ist ein guter spielfreier Videoneiger auf einem stabilen Stativ deutlich von Vorteil .
Zooms oder Schwenks entweder sehr(!) schnell oder sehr langsam ausführen.
Sonst sieht man gerne Schwenkartefakte weil die Bildveränderung für die Codierung zu schnell ist.
Bei einem nicht parfokalen Objektiv muss bei entsprechend geringer Schärfentiefe idR. der Fokus nachgeregelt werden. Da sollte man ggf. Markierungen haben.
Ein externer Kontrollmonitor (7" mit HD-Auflösung oder 10" mit Full-HD-Auflösung und Kantenanhebung) ist vorteilhaft.
Bitte nimm nach Möglichkeit den Ton mit einem guten externen Recorder plus ggf. separaten Mikrofonen auf.
Der Kameraton ist gut zum Synchronisieren.
Mein aktuelles Lieblingsobjektiv zum Filmen mit der VG30 ist das Minolta 28-135/ 3,5 - 4,5. (plus mechanischem Speedboosteradapter).
Lord Gammlig
07.05.2016, 21:56
Von der Belichtungszeit her muss ich Screwdriver zustimmen, 1/120 bei 60 fps wäre ideal. Damit kannst du dann immernoch auf die 0,42-fache Geschwindigkeit runtergehen und hast ein 25 fps Video.
Für eine günstige Zeitlupen-Lösung würde ich entweder eine GoPro (je nach Model bis zu 120 fps in 1080p) oder ein Smartphone (zB iPhone 6(s) kann auch 240 fps in 720p) empfehlen,
da gibts bestimmt einen in der Firma, der sowas hat. ;)
Liebes Forumskollegium,
ich danke Euch allen! Besonders dem Gottlieb.
Ich werde Eure Ratschläge umsetzen und vom Erfolg hier am Ende der
nächsten Woche berichten. Vielleicht lade ich unter Youtube
mal ein Video hoch. Werde die Entscheidung aber nicht selbst treffen können.
LIEBEN DANK
Olli
So, hier wie versprochen mal ein paar Aufnahmen.
Ich habe diese aus dem HD Video geschnitten:
1. Brandklasse D
Entzündetes Aluminium - Löschversuch mit Wasser = exotherme Reaktion
6/Brandklasse_D_AluminiumWasser.jpg → Bild in der Galerie (http:../galerie/details.php?image_id=252006)
2. Brandklasse F
Entzündetes Palmfett (3kg) + 0,5L Wasser = Expansion des Wassers um Faktor 1700,
das Wasser verdampft schlagartig und reisst hierbei Fettpartikel mit in die Luft.
Diese entzünden sich dann. Rekondensiertes Wasser ist in Form der weissen Stellen
zu sehen. Deshalb niemals Wasser in eine Pfanne mit brennenden Fett geben!!
Die Reaktion laeft genau so (nur im kleineren Maßstab, d.h. analog der Fett und
Wassermenge) ab!
6/Brandklasse_F_PalmfettWasser.jpg → Bild in der Galerie (http:../galerie/details.php?image_id=252007)
Die Videos sind DANK Eurer Hilfe ansehnlich geworden und werden im
Bereich der Prävention von Brandgeschehen / Erwachsenenbildung eingesetzt.
der_knipser
14.05.2016, 15:10
Danke fürs Zeigen.
Für jemanden, der sich nie so intensiv mit Feuer und Flammen beschäftigt hat, sind die Erklärungen mindestens genausoviel wert wie die Bilder.
Geburtstagskerzen sind doch eine halbe Liga unterhalb...
:top:
Wie Ihr seht, war die Aufzeichnung der weissen Flammen unmöglich.
Die 12 EV der A99 reichen aber aus um einen realistischen Eindruck des
Geschehens aufzuzeigen. Mehr Kapazität hatte mein altersschwache Auge auch nicht.
Dennoch: würde es eine Möglichkeit geben, mehr Spektrum aufzuzeichnen?
Gibt es so etwas wie HDR Videografie?
der_knipser
15.05.2016, 12:25
Du hättest sicher noch um 1EV weniger belichten können, denn Tiefen lassen sich oft besser korrigieren als ausgebrannte Lichter. Beim Video würde ich vorrangig auf das wichtige Hauptmotiv belichten. Wenn es für Dich die Umgebung war, dann passt es ja. Wenn es die Flamme sein sollte, dann ist es zu hell.
Beim Filmen hat man ja andere Möglichkeiten als beim Fotografieren. Man kann die Belichtung während der Aufnahme ändern. Du könntest mit dem korrekt belichteten Hintergrund beginnen, und während des Brandes knapper belichten. Wenn der Betrachter die Umgebungsinfo gesehen hat, dann weiß er das auch noch, während es dort (zu) dunkel wird. Eine variable Belichtung bringt daher mehr Informationen.
screwdriver
15.05.2016, 13:02
Gibt es so etwas wie HDR Videografie?
Ja. Das nennt sich S-LOG und muss in der Kamera implementiert sein.
Das ist eine dynamikverflachte Aufzeichnung mit spezifizierten Parametern, die dann in der Nachbearbeitung entsprechend "aufgeblasen" wird.
Sonst kommt es dann eben auf die Kamera an, wie diese (meist nur im manuellen Modus) Einstellungen für Farbsättigung, Helligkeit und Kontrast für Videoaufnahmen übernimmt.
Ohne entsprechend reverse Anpassung in der Nachbearbeitung wirken die Aufnahmen flau.