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Alt 09.01.2013, 00:52   #1
alberich
 
 
Registriert seit: 25.08.2006
Ort: Anus Mundi
Beiträge: 4.384
Ich sehe was, das Du nicht siehst.

Angeregt durch den Thread "bessere Technik - Bildqualität und so..." möchte ich hier mal ein paar Anregungen zur evtl. Inspiration für den/die Strauchelnde(n) anbringen.

Das Thema ist ja nun reichlich komplex und sicher nicht in ein paar Sätzen abzuhandeln. Nicht umsonst gibt es unzählige Bücher zum Thema. Aus allen Blick- und auch in allen Geschmacksrichtungen.
Darum soll es jetzt auch nicht um das ewige Gebrabbel gehen, "Wie mache ich bessere Bilder?", "Wie hole ich alles aus meiner Kamera heraus?, "Photoshop Galore" und so weiter und sofort. Das gibt es ja schon reichlich.
Nein, es soll einfach nur um das gehen, was davor liegt und nach meiner Ansicht wesentlich entscheidender dafür ist, was hinten rauskommt, als jede noch so elaboriert vorgetragene Technikdiskussion. Am Ende geht es um Brennweite,Blende und Zeit. Fertig. Der Rest ist gute Unterhaltung, aber bei weitem weniger relevant für das "befriedigende Bilderlebnis" als gemeinhin leichtfertig vermutet wird.

Also kurz gesagt "Wichtig is' aufm Platz"

1. Watt isse nun also 'nen Bild?
Da stell'n wa uns ma janz dumm.
Einfach gesagt, ist es eine zweidimensionale Abstraktion einer subjektiv wahrgenommenen 4 dimensionalen Wirklichkeit, die man zu allem Überfluss auch noch mit all seinen Sinnen wahrnimmt.
Da kommen schon die ersten Probleme. Man befindet sich also in einer subjektiv wahrgenommenen Wirklichkeit, die man sieht, hört, riecht, schmeckt.... die man fühlt. Das alles gilt es nun also in eine zweidimesionale Form zu pressen, die man danach leider auch nur noch mit einem Sinn erfassen kann, nämich den Augen. Möglicherweise kann man als Add-On am Ende noch, über ein bestimmtes Papier, etwas taktiles hinzufügen. Aber so richtig funktioniert nur "Gucken". Und das heutzutage auf zahllosen Monitoren in unterschiedlichsten Größen, kalibriert unkalibriert D50, D65 oder was auch immer.
Hm. Ziemlich heillose und rudimentäre Voraussetzungen um ein so ganzheitliches Erlebnis umzusetzen. Aber nun gut. So ist das nun einmal mit der Fotografie. Das ist der Deal.
So wird schon nach kurzer Zeit klar, dass hier mit Kompression und Abstraktion gearbeitet werden muss. Anders ist all das nicht in diese zweidimensionale Form zu pressen.
Kompression? Ja. Anders gesagt, "Verdichten".
Und wie? Durch Abstraktion.
Und wie?

2. Wieso? Weshalb? Warum?
Wie funktioniert das z.B. mit Erinnerungen? Denn auch das sind Bilder, innere Bilder.
Wir erinnern uns an einen Tag auf dem Schulhof. Wir waren in der 3. Klasse. Wir erinnern vielleicht unseren ersten Schwarm, unseren ersten vermeintlichen Feind, die Stufe an der wir uns immer gerne mal wieder das Schienbein zerbröselt haben, an das Wetter an dem Tag als wir unserem ersten Schwarm genüber zum ersten Mal unangenehm auffällig wurden. All das erinnern wir und sehen es als inneres Bild. Wissen wir aber noch, was der Typ hinter dem Schwarm für Sandalen trug? Waren die braun? oder doch dunkelrot? Welcher Typ überhaupt? Keine Ahnung. Der Papierkorb hinter dem jämmerlichen Versuch von Baum in der Mitte des Hofes? War der Orange? Wahrscheinlich. Kann aber auch blau gewesen sein. Weiß man nicht mehr. Macht aber nix. Der Schwarm ist klar erkennbar, das Wetter usw. Das Bild lebt in uns, auch ohne all die Details. Und warum? Kompression. Verdichtung durch Abstraktion. Das unwesentliche wird weggelassen und das Entscheidende wird gespeichert.
Genau so verhält es sich auch mit einem fotografischen Bild.
Nächstes Problem. Die Erinnerung macht das ganz von alleine mit der Verdichtung. Der Fotograf muss vorher den Kompressionsfaktor festlegen und auch all das was gespeichert werden soll und was nicht.
Tja aber was?
Genau. Was denn eigentlich?
Dafür ist es wichtig zu wissen "Warum"? Nur wenn man weiß "Warum", dann kann man sich auf den Weg zum "Was bleibt und was kann gehen" machen.
Ein Beispiel:
Wir stehen auf einer Wiese und da steht ein Baum. Es ist Winter. Keine Blätter am Baum, schmieriges graues Wetter, trostlos. Also Heute.
Was also machen?
Hochkant und Formatfüllend mit einem 35er?
Querformat mit einem 24er im goldenen Schnitt? Oder doch mittig?
Mit einem 300er aus größerer Entfernung und damit bessere Möglichkeit zur optischen Verdichtung und Freistellung?
Oder doch eher Close-Up? en Detail?
Möglicherweise sogar Makro?
Mit Blitz vielleicht oder doch einfach nur mal so dokumentarisch draufhalten auf die alte Stelze?
Fragen über Fragen.
Hier kommt jetzt das "Warum" ins Spiel, und das auch mehr als nur gelegen. Ich muss mich damit auseinandersetzen warum ich das Ding fotografieren möchte. Was mir wichtig ist. Wenn ich den Baum als Symbol für Einsamkeit fotografieren möchte, gehe ich anders zu Werke als wenn es um Beständigkeit und eine überdauernde Kraft geht. Oder aber vierlleicht verdeutlicht er eher eine gefährdete Spezies? Oder ist er nur im Weg? Es gibt also unzählige Mögichkeiten diesen Baum zu "instrumentalisieren". Er kann für so vieles stehen, und ich, der Fotograf, ist derjenige der nun entscheiden muss wofür er in dem folgenden Bild stehen soll. Wenn ich dieses "Warum" in mir gefunden habe, dann ist es keine große Sache mehr die Brennweite und das Format zu finden. Denn nun habe ich ein Warum aus dem sich das Wie ergibt.
Zu glauben man möchte "einfach nur den Baum" fotografieren geht in die Hose. Das geht nämlich nicht. Den Baum kann man nur abstrahieren, den der wahrgenommene Baum besteht aus all den Eindrücken drum herum in diesem Moment und nicht nur aus der reduzierten Form seiner selbst. Fotografiere ich also einfach nur den Baum bin ich gekniffen, denn ich habe am Ende ein grundloses Fotoo von einem kahlen Baum bei Schietwetter. Belanglos.
Auch das kann ein Thema sein. Belanglosigkeit. Aber dann muss ich eben auch diese inszenieren. Dann muss sie sichtbar werden und sich nicht nur aus Mangel an Deutungsalternativen beim Betrachter einstellen.

Das Beispiel funktioniert übrigens auch mit Kaffeetasse, Haarföhn oder auch Schraubenschlüssel (Maul oder Ratsche). Entscheidend ist nicht was ich sehe, sondern wie ich es sehe und interpretiere. Das macht das Bild. Wenn ich all das weiß kann ich auch jemanden holen, der auf den Auslöser drückt, denn das Bild ist ja schon fertig. Die entscheidende Arbeit ist nicht das Bild zu machen, sondern es zu finden.

Ein schönes Experiment ist auch unter Einfluss unterschiedlicher Musik Bilder zu machen. Höre ich auf einem Spaziergang Jean-Baptiste-Lully mache ich andere Bilder, als unter Einfluss von Dead Kennedys oder Brian Eno.

3. Ich sehe was, das Du nicht siehst.
Oft hört man ja, "Ich weiss nicht was ich fotografieren soll.", "ich sehe das nicht was andere so sehen" usw.
Ja. Das liegt aber oftmals nur daran, dass man versucht, das zu fotografieren was die anderen sehen. Nur wie soll man denn fotografieren, was ein anderer sieht? Das muss scheitern und am Ende zu Frustration führen.Jeder sieht etwas, was kein anderer sieht. Also muss man herausfinden was man selber sieht und dem sollte man vertrauen.
Zwei gucken auf eine Kerze auf dem Tisch. Jeder sieht die Kerze, aber für jeden hat sie eine andere Bedeutung. Jeder hat eigene Erinnerungen, die er damit verbindet und somit sehen beide zwar die gleiche Kerze aber eben nicht die "selbe". Und diese "eigene" Kerze ist der Gegenstand des Bildes. Nicht die universelle Kerze. Nein, die eigene ist es. Und machen nun beide ein Bild von der Kerze sehen wir auf jedem Bild die gleiche Kerze, aber eben auch hier nicht die "selbe". Das ist es worum es bei der künstlerischen Fotografie geht. Am Ende gibt es eine zweidimensionale Version von einem Ausschnitt der Wirklichkeit wie ich sie wahrgenommen und verdichtet habe. Und wenn ich danach meine eigene, subjektive Wirklichkeit im Bild wiederfinde, ja, dann ist es ein gutes Foto.

Zu allem Überfluss können nun erneut zwei andere Menschen auf die Bilder der Kerze blicken und der Spaß beginnt von vorne. Erneut sehen beide die gleichen Bilder aber eben nicht die "selben".
Aber das ist wieder ein anderes Thema....."Wieso siehst Du nicht, was ich doch sehe?"

Ich könnte jetzt noch weitermachen aber das soll es erstmal gewesen sein.
Vielleicht regt es ja den einen oder die andere an, mal aus einem anderen Blickwinkel darüber nachzudenken , wenn er mit der Kamera rausgeht und Bilder macht.

Ich hoffe es war kurzweilig.
Aber bei Texten ist es wie bei Bildern. Alle lesen das gleiche aber...na ja....das hatten wir ja jetzt zur Genüge....
:-)
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