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#11 |
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Was für ein schöner Bericht! Vielen Dank. Ich bekomme gerade richtig Lust auf Alpen
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#12 |
Themenersteller
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2. Akt: Der Mainzer Höhenweg
7:15 Uhr morgens: gestiefelt und gespornt stehen wir vor der Hütte und wandern los in einen wunderschönen Tag. Kopf und Beine schmerzen, was in Anbetracht der gestrigen Tour und ihrer gewissenhaften Nachbereitung wenig verwundert, aber beides legt sich schnell, während wir in steilen Serpentinen hinter der Hütte durch Moränengelände zum Weißmaurachsee in die Höhe ziehen und langsam auf Betriebstemperatur kommen. Was liegt vor uns? Ziel ist es, über den Mainzer Höhenweg zur Braunschweiger Hütte zu laufen. Auf dem Wegweiser hinter der Hütte werden 10 h Gehzeit aufgerufen, in der (spärlichen) Literatur finden sich Angaben zwischen 8 h und 12 h, uns wurden schon Zeiten zwischen 6 h und 14 h berichtet. Man liest von einer "grandiosen Bergfahrt", einem "hochalpinen Steig", einer "alpinen Unternehmung", "konditionell fordernd" etc.. In Anbetracht der Tatsache, dass manche Wanderführer dazu neigen, waschechte Klettertouren hinter Euphemismen wie "kurzer, aber sportlicher Anstieg" (Dumont) zu verstecken oder von "anregender Kletterei" reden, wenn man aus dem letzten Loch pfeift (Rother), sind das Beschreibungen von erschreckender Ehrlichkeit. Es wird also eine Herausforderung, aber wir fühlen uns gewappnet. Der Weg weiß es besser, er wird uns fordern - wirklich fordern! Zunächst geht es 700 Höhenmeter auf das Weißmaurachjoch. Der Aufstieg auf der schattigen Westseite ist fotografisch unergiebig, einige Steinböcke sind zu sehen, aber ohne das 70 - 400... Mist. Der Weg zieht unbarmherzig durch schuttübersätes Gelände immer steiler in die Höhe und als wir auf dem Joch sind, sind wir froh, dieses Stück nicht absteigen zu müssen. Die Qualität des am Ende fast senkrecht die Wand hochführenden Anstieges sei hier dokumentiert: ![]() → Bild in der Galerie Auf dem Joch sind wir also erstmals auf dem Geigenkamm. Die Szenerie ist herrlich: im Westen der Kaunergrat, im Norden die Hohe Geige im Osten das Ötztal. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Bisher stimmte also die Beschreibung von gestern ("erst irre steil hoch"), nun sollte es mehr oder weniger auf einer Höhe weitergehen... Die Betonung sollte dann wohl eher auf "weniger" liegen! Der Weg nach Süden geht erstmal weiter in die Höhe und bald sind wir über 3000 m. In "anregender Kletterei" geht es munter auf und ab, mal 30 m hoch, mal 40 m runter, und das alles in Fels und Blockwerk. Das hier ist eine eher zivile Passage: ![]() → Bild in der Galerie Wir queren auf der sonnigen Ostseite des Geigenkammes unterhalb des 3343 m hohen Puitkogels durch das Gletscherkar des nördlichen Puitkogelferners. Jedenfalls sollte er da sein, aber wir finden nur Eisreste unter dem Geröll. Die Landschaft ist grandios, doch sie ist schroff, abweisend, lebensfeindlich und wir spüren, dass Menschen hier oben wenig verloren haben. Immer wieder rutscht Geröll von den vereisten Bergflanken, die in der Sonne tauen. ![]() → Bild in der Galerie Rechts am Bildrand ist der Gipfel des Wassertalkogels zu sehen. Er markiert den höchsten Punkt unserer Tour (3250 m) und gleichzeitig auch die Mitte der Tour. Noch ziemlich weit weg... Nach einigem Auf und Ab in ständiger Kletterei steigen wir durch eine steile Rinne ab und dann liegt der erste wirkliche Gletscher vor uns: der südliche Puitkogelferner. ![]() → Bild in der Galerie Wir schnallen die Steigeisen an und queren den Gletscher - Genuss pur und das bequemste Wegstück. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Der Blick zurück zeigt den kleinen Gletscher, von dem wohl bald nicht mehr viel übrig sein wird: ![]() → Bild in der Galerie In extrem unangenehmem Gelände queren wir ein weiteres Kar, in dem das heimtückisch unter dem Geröll liegende Eis mein zweites Knie lädiert, als das Geröll bei vorsichtiger Belastung wegrutscht. Zum Glück habe ich mit den Händen und dem zweiten Fuss Halt, aber unangenehm ist die Situation schon: durch das blanke, steile Eis bleibt uns nur übrig, uns an den senkrechten Fels oberhalb zu kleben und die heikle Stelle zu überklettern. Über ein weiteres Eisfeld steigen wir mit Steigeisen in die Höhe, dann folgt ein letztes Schneefeld und wir ziehen hinauf auf den direkt über uns liegenden Geigenkamm: ![]() → Bild in der Galerie Und dann sind wir auf dem Geigenkamm und nehmen die letzen 200 Höhenmeter auf den Wassertalkogel in Angriff. Der Blick zurück zeigt, wo der Weg langführte. Die Markierungen sind gut zu sehen: ![]() → Bild in der Galerie Rechts des Grates sind wir über die Schnee- und Eisflecken hinauf, in der Ferne ist unterhalb des Puitkogels der Gletscher zu erkennen. Die folgende halbe Stunde ist ein harter Kampf mit dem Gelände, der Kondition und dem Hunger. Es geht steil bergauf durch - mal wieder - im Zickzack zu durchschreitendes oder zu überkletterndes Blockwerk. Doch dann erreichen wir den Gipfel, ein seltsam flaches Geländestück, und sind überwältigt: vor der Kulisse der Wildspitze und des Mittelbergferners steht die Biwakschachtel, das Panorama ist überwältigend und alle Qualen sind - vorerst - vergessen. Der Blick zurück zeigt die zurückgelegte Strecke: ![]() → Bild in der Galerie Und der Blick nach Süden ist zum Niederknien: ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Nach 5,5 h Gehzeit rasten wir ausgiebig und genießen! Morgen geht es weiter.
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#13 |
Themenersteller
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Harry, danke für die Bilder! Ich muss meine aus der Kaunergratecke auch mal raussuchen. Deine Bilder zeigen einen Teil des Mainzer Höhenwegs tatsächlich gut. Wie es aussieht, hatten wir mit dem Wetter gerade noch Glück, bei Schnee ist der Weg völlig unmöglich.
Ja, stimmt: die Hohe Geige war ein Donnerstag, der Mainzer Höhenweg am Freitag... ![]() Gruß Jan
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#14 |
Themenersteller
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Weiter geht es:
Wir sitzen gut 45 min lang in der Sonne und genießen das Panorama. Der Physiker in mir freut sich, als ich eine verschlossene Packung wandertauglicher Hartwurst aus dem Rucksack ziehe und erfreut bestaune, wie sich der Beutel in der Höhenluft prall aufgeplustert hat. Auch die schönste Pause muss einmal beendet werden und so setzen wir die Rucksäcke auf und stapfen wacker los - gute 4 Stunden veranschlagen wir noch bis zur Hütte. Von nun an geht der Weg immer auf dem Kamm lang und der Wassertalkogel ist der erste und höchste von insgesamt 5 3000ern, die wir überschreiten. Der nächste Gipfel, der Gschrappkogel, ist schon zu sehen und in uns macht sich fassungslose Freude und grenzenloses Glück breit, als wir den Weg dorthin sehen... Ja, den Weg!! Ein echter Weg! Sollte es tatsächlich wahr sein? ![]() → Bild in der Galerie Ist es natürlich nicht! Nach wenigen Metern finden wir uns wieder einmal im weglosen Gelände wieder und klettern der Kammlinie mehr oder weniger folgend von Markierung zu Markierung über Blockwerk und durch Felsen. So geht das die folgenden zwei Stunden weiter und irgendwann wollen wir nur noch, dass es vorbei ist. Es geht körperlich und mental an die Kondition, denn in dem teilweise recht ausgesetzten Gelände sind absolute Trittsicherheit und Konzentration gefragt. ![]() →Bild in der Galerie ![]() →Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Immer wieder tun sich Tiefblicke ins Pollestal oder ins Pitztal auf und es ist immer wieder ein seltsames Gefühl, wenn ich in den ausgesetzteren Passagen zwischen meinen Füßen die fast anderthalb Kilometer unter uns liegende Talstation in Mittelberg sehe. ![]() → Bild in der Galerie Irgendwann ist die Plackerei überstanden und rückblickend sehen wir die eben überquerten Gipfel. In der Bildmitte sieht man die Steinpyramiden auf dem Wassertalkogel. ![]() → Bild in der Galerie Ein letztes Gipfelchen noch... ![]() → Bild in der Galerie Das Gelände wird danach angenehmer und wir schätzen noch eine gute Stunde bis zur Hütte, als wir kurz vor dem südlichen Pollesjoch endlich einen Wegweiser sehen. Dummerweise zweigt er nach rechts steil in die Tiefe ab, es sind 1,5 h bis zur Hütte und in der Ferne sehen wir den fiesen Gegenanstieg. Und dummerweise ist das unser Weg. Immerhin endlich ein Weg... Mittlerweile ziemlich fertig und halbverdurstet (kein Wasser mehr...) stürzen wir uns in die Tiefe und quälen uns an den Seilen den Gegenanstieg hoch, froh darum, die matten Beine durch Armeinsatz zu entlasten. Oben angekommen treffen wir auf den Weg vom Pitztaler Jöchl zur Braunschweiger Hütte und realisieren: wir haben den Mainzer Höhenweg hinter uns. ![]() → Bild in der Galerie Im Hintergrund zu sehen ist das letzte Wegstück in die Tiefe, darüber reihen sich die Gipfel des Geigenkamms auf. Das letzte Stück zur Hütte - im nächsten Bild rechts über dem Mittelbergferner - ist Genuss pur vor grandioser Kulisse: ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Nach 10,5 h (inkl. Pause) sind wir an der Hütte und müssen erstmal essen und trinken. Irgendwann ertappe ich mich dabei, wie ich blöde in mein Bier grinse: seit zwei Jahren geisterte die Tour durch unsere Köpfe und heute haben wir sie im zweiten Anlauf (letztes Jahr war Dauerregen) endlich geschafft... Dass die Tour auch mich geschafft hat, merke ich, als ich kurz danach den letzten Höhenmeter ins obere Etagenbett klettere - tut das weh!
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#15 |
Themenersteller
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3. Akt: Über den Mittelbergferner auf den Mittagskogel
Nach den gestrigen Strapazen stehen wir morgens reichlich steifbeinig in den Stiefeln. Das Tagesprogramm ist heute etwas überschaubarer: wir wollen über den unter der Hütte liegenden Mittelbergferner auf den Mittagskogel (3159 m). Da die Hütte schon auf 2759 m liegt und der Gletscher bei etwa 2600 m gequert wird, werden heute zum Ausklang weniger Höhenmeter auflaufen und die Tour etwas angenehmer werden. Wir laufen an den Rand des Gletschers, der noch im Schatten liegt. Dabei queren wir einen Wasserlauf, der mit ein paar Brettern überbrückt wird. ![]() → Bild in der Galerie Am Gletscherrand angekommen, legen wir die Eisen an und begeben uns auf das Eis. Im Schatten ist es dort empfindlich kühl und auf dem Gletscher weht der kalte Gletscherwind ins Tal. Über dem Tal sehen wir den Geigenkamm. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Wir queren den Gletscher und halten uns dabei eigensinnig an den in der Karte eingezeichneten alten Routenverlauf, der uns geradewegs über den Gletscher führt, statt nach etwa 3/4 des Weges der neuen Route folgend nach links auf die übers Eis führende Fahrpiste (!) abzubiegen. Sinn der Sache ist es, die grauenhaften Skiverbauungen so weit möglich zu vermeiden. Für unseren Eigensinn werden wir mit einer netten Klettereinlage bestraft: der Gletscher ist so weit abgeschmolzen, dass beim Ausstieg aus dem Gletscher nun zum alten Weg etwa 20 - 30 m Höhendifferenz überwunden werden müssen. Wir kraxeln also den Gletscherschliff empor und finden den aufgelassenen Weg, der durch einen schönen Gletscherschliff mit tollen Ausblicken führt. Leider ist die Morgensonne sehr fotounfreundlich. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie An den unglaublichen grauenhaften Auswüchsen des Skitourismus vorbei stapfen wir einige 100 m über staubige, wüstenartige Skipisten, bevor wir auf den Schlussanstieg gehen, der uns rasch auf den Gipfel führt. Wieder einmal ein herrliches Panorama auf das Pitztal zu unseren Füßen, das rechts vom Geigenkamm überragt wird. ![]() → Bild in der Galerie Auf der anderen Seite ragt die Wildspitze auf. ![]() → Bild in der Galerie Der Rückweg führt uns wieder über den Gletscher, den wir nun aus Gründen der Bequemlichkeit auf dem Normalweg überqueren. Während das Eis am Morgen noch recht trocken war, sprudeln nun überall muntere Bächlein über das Eis. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Mit der Sonne im Rücken wandern wir über das farbenfrohe Moränengelände und sehen, wo wir gestern vom Mainzer Höhenweg kommend zur Hütte abstiegen. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Ein größere Schwierigkeit stellt sich ein, als wir an dem auf dem Hinweg so schnell zu querenden Bachlauf stehen: der hat sich nämlich zu einem gut gefüllten Gewässer entwickelt, so dass wir erst nach längerem Suchen eine Passage finden, auf der uns das Wasser nicht in die Stiefel läuft. Das führt uns eindrucksvoll vor Augen, woher all dass Wasser kommt. Morgens war es noch Eis im Gletscher. Abends an der Hütte genießen wir den herrlichen Ausblick und freuen uns über drei großartige Tage. Die Bilder habe ich zwar schon im Bilderrahmen gezeigt, aber ich verlinke sie hier noch mal. ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie ![]() → Bild in der Galerie Wildspitze und Mittelbergferner: ![]() → Bild in der Galerie Schön war's (abgesehen von endlich vielen blutigen Knien und Händen)! Und nun müssen wir uns mal überlegen, was wir uns für nächstes Jahr als Ziel vornehmen...
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#16 |
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Epilog
Wir brechen morgens an der Braunschweiger Hütte auf und steigen ab. Zum Abschied aus der grandiosen Bergwelt winkt uns das in der Sonne strahlende Gipfelkreuz der Wildspitze zu. Vielleicht sehen wir es ja nächstes Jahr aus der Nähe? Wer weiß... ![]() → Bild in der Galerie Da wir verpennt hatten, uns -stark ausgedünnten - den Sonntagsfahrplan der Busse anzusehen, bleibt uns reichlich Zeit, nach Plangeroß, wo die Tour begann, zu laufen und so die Runde ganz zu Fuß zu schließen. Und das war es nun mit unserer Pitztaltour 2015. Ich hoffe, ich habe euch nicht mit Text und Bilder totgeschlagen, sondern auch ein bisschen Freude machen können. Wir hatten jedenfalls jede Menge Freude! Gruß Jan
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#17 |
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Starke Tour, schöne Bilder! Tolle Leistung!
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Grüße Joachim ------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Das Leben ist einfach...einfach zu schwer. Es wäre so einfach, wenn es einfacher wär' (Lindemann) |
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#18 |
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![]() Gruß Jan
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