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Startseite » Forenübersicht » Treffpunkt » Café d`Image » Kitsch - was genau ist das?
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Alt 17.02.2010, 15:36   #1
Dana
 
 
Registriert seit: 21.08.2008
Ort: Hessen
Beiträge: 34.943
Kitsch - was genau ist das?

Huhu, liebe SUF-ler,

in einem Bildbesprechungsthread geht es gerade um "Kitsch". --> KLICK

Es wird begeistert darüber geredet, dass das Bild ja eigentlich "kitschig" ist, aber dennoch große Klasse.

Da habe ich mich gefragt, ob sich das vereinbaren lässt. Für mich ist Kitsch immer negativ. Etwas total berüschtes, übertriebenes, extraniedliches Irgendwas ist für mich Kitsch. Ein Motiv, das total verkitscht werden kann, in einer wunderbaren Weise abgelichtet - ist das dann auch noch Kitsch, nur weil das Objekt "Kitschgefahr" aufweist?

Was ist Kitsch überhaupt? Ist es für euch ein rein negativer Begriff oder wie seht ihr das?

Mich interessiert jetzt hier kein Wiki-Link, sondern eher so eure Meinung dazu, denn ich bin bei diesem verlinkten Bild oben nicht der Ansicht, dass es Kitsch ist, nur weil das Schloss halt gerne auch mal auf behäkelte Klorollen gestickt wird etcpp...

Wie seht ihr das?

(Ui, ich krieg nen Orden für die Häufigkeit des Wortes Kitsch in einem Beitrag...)
__________________
Liebe Grüße!
Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
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Alt 17.02.2010, 15:44   #2
hennesbender
 
 
Registriert seit: 01.12.2008
Beiträge: 3.407
Kitsch ist ungefähr fast das gleiche wie Kunst... ... oder wie nen Aal mit nem nassen Stück Seife in die Wand zu nageln...
hennesbender ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 15:51   #3
binbald
 
 
Registriert seit: 24.12.2005
Beiträge: 7.536
naja, liegt auch in der Betrachtungsweise, bzw. im Bildungsstatus, der persönlichen Lebenssituation, der emotionalen Stabilität, etc.

Was für Männer Kitsch ist, ist es für Frauen noch lange nicht; was ein Hochschulprofessor als Kitsch bezeichnet, ist der Hausfrau mit Hauptschulabschluss vielleicht gerade richtig, usw.
Was im 19. Jahrhundert noch originelle Darstellung war, ist inzwischen zu Kitsch verkommen (Neuschwanstein).
M
In der Regel würde ich sagen, dass für mich Kitsch das ist, was in stereotyper Manier wohlbehagliche Empfindsamkeit erzeugen soll; quasi der regelmäßig wiederholte Einsatz typischer Muster, um standardmäßige und vorhersehbare Reaktionen hervorzurufen.
Quasi Kindchenschema in ästhetischen Fragen.

Dazu gehört auch der unreflektierte und ebenso stereotype Umgang mit dem Motiv und seiner Darstellung von seiten des Erzeugers, bzw. des Konsumenten - was nicht heißt, dass sehr viel Kitsch (Groschenromane) nicht mit einigem Hirnschmalz entstanden sind um die typischen Merkmale zu erkennen und dann wieder einzusetzen.

So macnher Fotograf macht ja auch seine "Trash"-Phase durch, wo Abfall und Verfall abgebildet werden. Das ist das gleiche Schema, bloß eben nicht auf Schönheit und Wohlfühlen bezogen.

Letztlich halte ich Kitsch genausowenig wie Vorausurteile für etwas vollkommen Schlechtes. Es kann auch ein Mittel zur Arbeitserleichterung sein, etc. Letztlich produzieren wir hier doch alle Kitsch, weil wir etwas Schönes herstellen wollen. Bloß ist das noch nicht so ausgelutscht und ausgeleiert und wirkt deswegen oft originell und interessant. Finden wir das dann zigfach wiederholt, erscheint uns nach etlichen Jahren auch das originale Ursprungsbild, mit dem alles angefangen hat, auch als kitschig.

Was letztlich dazu führt, dass man heutzutage sich nicht mehr so oft traut, einfach nur pur Schönes darzustellen, sondern oft etwas dabei sein muss, was das Ganze "bricht", sei es ironisch, hintergründig, negativ, vordergründig-intellektuell, oder wie auch immer. Man traut sich oft nicht mehr, das zu tun, was dem Massengeschmack als "schön" gefällt, weil es "kitschig" sein kann...

---------
H.Heine:
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte, Ach und Bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein, sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück,
Dort vorne geht sie unter,
Und kehrt von hinten wieder zurück.
__________________
Gruß,
Michael

Geändert von binbald (17.02.2010 um 15:56 Uhr)
binbald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 15:53   #4
Echidna
 
 
Registriert seit: 01.10.2003
Ort: Duisburg
Beiträge: 1.683
Kitsch as kitsch can..

Der Begriff ist sicher negativ besetzt. Aber was für den einen Kitsch ist, ist für den anderen eben Kunst.

Der eine erfreut sich über die Porzellanteller mit den aufgemalten Katzenkindern, der andere bekommt Herpes bei diesem Anblick. Da ist auch vieles eine Frage des Zeitgeschmacks.

Und wenn jemand sein Bild als kitschverdächtig hochlädt, es in den Augen vieler Betrachter aber ein großartiges Foto ist, dann muss er damit rechnen, ironisch auf dem Kitsch festgenagelt zu werden.

Und nur weil viele Fotografen Neuschwanstein bereits abgelichtet haben, ist das für mich noch lange kein Kitsch. Wenn das Bild dann auf dem goldumrandeten Porzellanteller erscheint, könnte ich meine Meinung ändern.
__________________
Unsere Fotogalerie
Echidna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 15:57   #5
alberich
 
 
Registriert seit: 25.08.2006
Ort: Anus Mundi
Beiträge: 4.384
Kitsch ist in erster Linie ein Gefühl. Wenig fassbar aber dafür umso spürbarer. Was der eine schon kitschig findet ist für den anderen nicht mal als solches wahrnehmbar. Das hat viel mit der eigenen Sozialisation, den eigenen Ansprüchen, Bildung etc. zu tun. Bildung nicht im Sinne einer elitären Skala sondern im eigentlichen Wortsinne. Beschäftigt sich jemand viel mit Kunst und Darstellung verändern sich zwangsläufig auch die Maßstäbe.

Es gibt für Kitsch mindestens so viele Erklärungsansätze wie für Kunst, Liebe, Schönheit, Ekel, usw. Das ist und bleibt sehr individuell.

Als "Kitsch" werden zum einen häufig Dinge bezeichnet die sehr offensichtlich auf Rührung und "schöne" Illusion abzielen. Man spricht dabei auch von "süßem Kitsch".
Die andere Variante ist der "saure Kitsch", der sich mit vorgetäuschter Tiefgründigkeit dem Zeitgeschmack anbiedert. Das führt dann auch dazu, dass für viele HDR-Bilder Kitsch sind, Kitsch von der sauren Sorte. Wobei natürlich nicht jedes HDR-Bild Kitsch.
ist, resp. sein muss.

Kitsch, also die Illusion, ist ein menschliches Bedürfnis. Es gibt intellektuelle Konstrukte wie z.B. die Moderne. Das Bauhaus hat alles dafür getan Kitsch zu vermeiden, doch dennoch hängen Menschen die in solchen Gebäuden wohnen kleine Makramee Ampeln mit Geranien in die klare und reine Fassade. Kitsch? Ja sicher, aber ein zutiefst menschliches Bedürfnis.

Der Grad ist ein sehr schmaler. Wo beginnt der "Kitsch" und wo endet die "Seriösität" und "Ernsthaftigkeit" der Darstellung von Inhalten und/oder Geühlen. Wo ist es schon nur noch ein stupider Abklatsch, ein peinliches Surrogat der Wirklichkeit und wo ist es noch wahrhaftige Auseinandersetzung und Gestaltung?

Kitsch ist so alt wie der Kampf zwischen Verstand und Gefühl. Sind sich "die beiden" nicht einig und der Verstand hat bessere Argumente als das Gefühl intensiv ist, sagt er "Kitsch". Ist das Gefühl intensiver als der Verstand argumentieren kann sagt es "toll".

Kitsch ist für den einen der mißglückte Versuch Emotionen auszudrücken. Für den anderen die manchmal einzige Möglichkeit überhaupt Emotionen zu erkennen.

Also gibt es Kitsch weil der Mensch ihn braucht.

oder auch ganz anders.....

Geändert von alberich (17.02.2010 um 16:00 Uhr)
alberich ist offline   Mit Zitat antworten
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Alt 17.02.2010, 16:14   #6
Allgaier123
 
 
Registriert seit: 20.09.2003
Beiträge: 1.893
Tja was schreibt man dazu, als Landschaftsfotograf hat men es denke ich eh schwer keinen Kitsch zu produzieren, ob es nun der typische Sonnenuntergang oder das Bergpanorama ist, alles ist sehr schön anzusehen und auch schon zig mal gesehen.

Das Anliegen vieler Fotografen ist es einen schönen Augenblick, eine schöne Szene oder eine tolle Landschaft abzubilden um sich und andere mit dem Bild zu erfeuen.

Da ist sicher auch mal Kitsch dabei, aber ist das so schlimm?
Wir sehen jeden Tag viele, viele Bilder des Grauens und Schreckens, ist es daher nicht schön sich auch mal ein Bild anzuschauen das einen erfreut und positiv berührt?

Auch wenn Neuschwanstein eher zu den Kitschbildern neigt, aber das Gebäude ist einfach eine Schönheit, ein Kunstwerk das damals mit relativ einfachen Mitteln erschaffen wurde.
Ich war schon sehr lange nicht mehr dort oben aber ich war auch dieses Mal wieder beeindruckt von diesem Schloss.
Steht man davor glaubt man eigentlich gar nicht in einer realen Welt zu sein, man glaubt eher dieses Gebäude ist nur Modell in einem großen Puppenhaus.

Es hat jedenfalls einen riesen Spaß gemacht diesen Wohnsitz des Kini zu fotografieren auch wenns Sau kalt war
Allgaier123 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 16:27   #7
gpo
 
 
Registriert seit: 15.03.2004
Ort: Hamburg
Beiträge: 12.012
Zitat:
Zitat von Dana Beitrag anzeigen
Huhu, liebe SUF-ler,

in einem Bildbesprechungsthread geht es gerade um "Kitsch".

Es wird begeistert darüber geredet, dass das Bild ja eigentlich "kitschig" ist, aber dennoch große Klasse.

(Ui, ich krieg nen Orden für die Häufigkeit des Wortes Kitsch in einem Beitrag...)
Moin

NEIN Dana...es geht NICHT um Kitsch denn...
dieser Begriff kam erst später dazu....
wurde dann gepflegt, von offenbar von Leuten denen nix besseres einfiel

ich habe es eben NICHT als "kitschig" betitelt, es fiel mir gar nicht ein

anderseits kann man an diesem wie auch anderen Beispielen sehr gut sehen...
wieweit unsere Gesellschaft sich selbst "abgehoben" hat...
mit immer blödsinnigerem Design lobhudelt...

und offenbar nur noch Geräte mit " i-IRGENDWAS"...leben kann
alles andere ist dann Kitsch
Mfg gpo
gpo ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 16:32   #8
binbald
 
 
Registriert seit: 24.12.2005
Beiträge: 7.536
Zitat:
Zitat von gpo Beitrag anzeigen
dieser Begriff kam erst später dazu....
Nö, der Threadersteller hat schon als erster das böse K-Wort benutzt und um eine Stellungsnahme hinsichtlich der K-Frage gebeten...
Du bist nur nicht drauf eingegangen
__________________
Gruß,
Michael
binbald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 16:38   #9
jameek
 
 
Registriert seit: 27.03.2004
Ort: 47877
Beiträge: 2.315
Ich hatte da mal ein sehr interessantes Soziologie-Seminar über das Thema.
Ich stell mal kurz stichwortartig einige wichtige Erkenntnisse daraus zur Diskussion.

- Die Debatte was Kitsch ist, ist mit der Industrialisierung (Massenproduktion, Reproduktion) entstanden

- „Der unter modernen industriellen Bedingungen produzierte Kitsch, das Banale und Triviale der Massenware: sie fordern in ihrem demonstrativen Verzicht auf Originalität und Authentizität die Kunst heraus.“ (Braungart)

- „Kitsch“ als wertender ästhetischer Begriff wird populär in der „Schmutz und Schund-Debatte“ (1900-1950). Aus der Angst heraus, dass Leser, Hörer, Betrachter mit ästhetischen Gegenständen umgehen könnten, wie sie es aus Sicht der Kenner nicht sollen.

- Von Kitsch kann man erst sprechen, wenn man auch von Kunst sprechen kann. Kunst bildet somit die Voraussetzung für die Entstehung von Kitsch

• Kunst
– selbstreflexiv
– komplex
– vieldeutig
– mehrschichtig
– Verweigerung einfacher Sinnstiftung

• Kitsch
– Das schlechte Gewissen der Kunst.
– ist Teil des banalen, alltäglichen Lebens
– „will nicht viel zu denken geben“

- „Im Kitsch ‚verlebensweltlicht‘ sich das Ästhetische auf eine unübersehbare und besonders entschiedene Weise.“ (Braungart)

- „Das Ästhetische“, die „hohe Kunst“ findet im Kitsch Einzug in die alltägliche Lebenswelt jedes Einzelnen (Finanzierbarkeit, Massenproduktion)

Fazit:
  • Kitsch bezieht sich auf Kunst
  • Kitsch prägt unsere Kultur
  • Kitsch definiert sich durch Finanzierbarkeit und Massenproduktion
  • Alltagsästhetik ist ein Bedürfnis

Wer sich mit dem Thema weiter auseinandersetzen will, dem kann ich nur Pierre Bordieu "Die feinen Unterschiede" empfehlen, das liest sich super und hat einige sehr interessante Thesen.

Edit:
Achso Dana fordert eine eigene Meinung...
Meine Meinung ist seit diesem Seminar auch eine andere.
Vorher dachte ich auch, dass Kitsch schrecklich, billig, eben kitschig sei.
Während des Seminars kam ich aber zu der Erkenntnis, dass Kitsch seine Daseinsberechtigung als leichte Unterhaltung hat, als Gegenpol zur "schweren" Kunst, mit der man sich auseinandersetzen muss, verstehen muss, diskutieren muss.
Kitsch ist sozusagen die Verbreitung der Kunst, nehmen wir eine Venus von Milo, die man mittlerweile einfach kennt.
Vor zigtausendfacher Reproduktion war sie nur einem eingeweihten Kreis zugänglich, der über die Qualität befand.
Nun findet sie jeder toll Es hat sozusagen eine Demokratisierung stattgefunden. Ein wenig wie Luthers Übersetzung der Bibel. Plötzlich Zugänglichkeit für Alle zu schaffen.

Ganz banal finde ich in solchen Bildern wie von Allgaier, dass die Grenzen zwischen Kitsch und Kunst fließend sind. Für mich mache ich diese Unterscheidung nicht mehr.
Wenn man aber in die kulturästhetische Definition geht, ist Schloß Neuschwanstein als solches Kitsch, Allgaier's Umsetzung des typischen Motives aber Kunst, da es sich gerade von der gewohnten Sichtweise und der millionenfachen Reproduktion eines allgemeingültig als "schön" befundenen Gegenstandes entfernt.
Puh...
__________________
Gruß
christophe

Portfolio

Geändert von jameek (17.02.2010 um 16:46 Uhr)
jameek ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.02.2010, 16:40   #10
About Schmidt
 
 
Registriert seit: 13.10.2007
Beiträge: 22.918
Das Bild, welches die Diskussion hier ausgelöst hat, ist originell und fototechnisch sehr gut gemacht. Ich wollte schon fast sagen perfekt und somit kann es keinesfalls Kitsch oder kitschig sein. Sonst wäre jedes Motiv, dass der Betrachter schon hundert mal gesehen hat kitschig. Kitschig ist es aber (meiner Meinung nach) dann nicht, wenn es sich durch einen künstlerischen Aspekt von den vielen 100 Aufnahmen die vorher davon gemacht wurden und die sich alle irgendwie gleichen, abhebt.

Ich hoffe man kann mir folgen.
Gruß Wolfgang
__________________
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