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Registriert seit: 07.09.2003
Ort: Regensburg
Beiträge: 6.865
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Kunst und Kitsch
Grüß Gott alle miteinander.
Inspiriert durch Bemerkungen aus diversen Threads über "Plümschenbilder", "das tausendste Foto aus dem Tiergarten", "das soundsovielte Blümchen mit Hummel" und andere Bemerkungen mit teilweise abwertendem Unterton, möchte ich einige Gedanken, die ich mir zum Thema Fotos, Kunst und Kitsch gemacht habe, niederschreiben. Die große Frage, die da lautet "was ist Kitsch und was ist Kunst", wurde seit Menschengedenken gestellt und in unzähligen Diskussionen immer wieder aufgegriffen. Durch alle Epochen der Kunstgeschichte und Fotografie hindurch wurde das Thema diskutiert, ohne natürlich zu einem eindeutigen Schluss zu kommen, wie auch, es gibt keine eindeutige Definition der Kunst und des Kitsches. Deshalb möchte ich mich nun gar nicht bemühen, abermals den Begriff Kunst oder den Begriff Kitsch zu erläutern oder gar eine Definition der beiden Begriffe aufzustellen, vielmehr möchte ich meine Meinung zu bestimmten Arten von Fotografie und Bildern kundtun und den ein- oder anderen zum Nachdenken anzuregen. Der Sinn der Fotografie besteht zweifelsohne darin, etwas Gesehenes festzuhalten. Was der Fotograf im Einzelnen festhält entspringt Absichten, Gründen und Emotionen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. So faszinieren mich seit meiner Kindheit Tiere, insbesondere Raubkatzen. Die Ästhetik und Eleganz dieser Tiere – und auch die urgewaltige Gefahr, die von ihnen ausgeht – wecken in mir immer wieder unerklärliche und intensivste Emotionen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass ich in meiner Freizeit Tierparks besuche und diese Tiere betrachte, beobachte und fotografiere. Fotografiere, weil ich eine Erinnerung an diesen Moment haben möchte, weil ich einen Teil dieser Tiere durch meine Fotos mit nach hause nehmen will und weil ich durch das Medium der Fotografie in Verbindung mit der Verwendung eines Teleobjektives die Raubkatzen quasi aus einer Nähe betrachten kann, wie es mir anderweitig nicht möglich ist - jedenfalls höchstwahrscheinlich nur einmal. All diese Dinge machen aus den Fotos von Raubkatzen für mich wertvolle Bilder, umso wertvoller, da ich sie selbst geschossen habe und sie technisch einwandfrei geworden sind, scharf und mit einwandfreier Farbwiedergabe. Und ich verschwende nicht einen Gedanken daran, ob diese Fotos nun künstlerisch wertvoll sind oder nicht. Nehmen wir ein anderes Beispiel, nämlich die vielgescholtene Partyfotografie, von der auch ich nicht allzu sehr angetan bin, und vor der ich mich am liebsten immer drücken würde. Ewig und ewig und ewig die gleichen Leute zu fotografieren, mal mit einem Bierglas in der Hand, mal mit einem Weinglas, mal mit einem Sektglas, ödet mich einfach an. Fritz zusammen mit Rosi, Onkel Hugo zusammen mit Tante Anna, die Clique aus der Schillerstrasse, dann ein Gruppenbild von allen – einfach nur Horror. Die Bilder von diesen Events, seien es Geburtstage oder Hochzeiten oder welche Veranstaltung auch immer, sind einfach nur langweilig, kitschig und fad – und sie haben natürlich nicht den Hauch von einem Anspruch an Kunst. Aber Moment mal! Langweilig für wen? Kitschig für wen? Fad für wen? Für mich und viele andere vielleicht. Aber nicht für das Geburtstagskind, nicht für das Brautpaar oder deren Angehörigen, nicht für die Eltern des Firmlings oder Täuflings. Für diese Leute sind die Bilder nicht fad oder langweilig, im Gegenteil, für sie sind sie äußerst wertvoll. Und zwar aus einem ähnlichem Grund, warum für mich meine Raubkatzenbilder wertvoll sind. Nämlich weil sie eine Erinnerung an einschneidende Ereignisse im Leben darstellen und diese Erinnerungen oder dieses Ereignis für immer festhalten. Und obgleich diese Bilder als kitschig verpönt sind und ebenfalls mit Kunst nichts zu tun haben, werde ich nie aufhören, auf solchen Events zu fotografieren. Denn wenn meine Freunde sich die Bilder bei mir dann ansehen, die Braut und der Bräutigam feuchte Augen bekommen und beide sich vor lauter Begeisterung nicht mehr einkriegen, dann ist für mich der Sinn und Zweck meines Hobbys - der Fotografie - erfüllt, dann bin ich mit Stolz und Zufriedenheit erfüllt, weil ich mit meinen Fotos das erreichte, was ich wollte, nämlich Emotionen zu erwecken. Die Hummel auf dem Blümchen, ebenfalls so eine Sache. Wie oft rennen wir an einem Blümchen vorbei, an dem gerade eine Hummel schnuppert und sehen oder beachten es gar nicht. Oder wir erhaschen nur einen kurzen Blick davon, weil die Hummel im nächsten Moment wieder weg ist. Und welche Begeisterung kann man beim Betrachter mit einer Makroaufnahme von einem solchen Blümchen-Hummel-Bild auslösen, weil man das Motiv plötzlich in einer Größe, oder – fachmännisch ausgedrückt – in einem Abbildungsmaßstab sieht, zu dem das menschliche Auge alleine gar nicht in der Lage ist. Ob Kitsch oder Kunst, auf jeden Fall kann der Fotograf mit solchen Bildern erreichen, dass der Betrachter innehält und ein Motiv betrachtet, an dem er in der freien Natur vorbeigelaufen wäre oder zwecks mangelnder Größe (Abbildungsmaßstab) keine Beachtung geschenkt hätte. Dinge für die Erinnerung festzuhalten, wie es auf Partyfotos geschieht, Dinge so groß abzubilden, wie es auf Makrofotos oder Teleaufnahmen geschieht, um die Aufmerksamkeit des Betrachter zu erlangen, all dies sind für mich die elementaren Beweggründe, mich meinem Hobby – der Fotografie - zu widmen. Der Einschaltknopf mit dem blauen Rand außen rum – hmm… So was, wirklich nur ein Einschaltknopf mit einem blauen Rand außen rum – hmm…. Zweifelsohne ein Foto, das für viele nur ein Bild von einem Einschaltknopf mit einem blauen Rand außen rum ist. Dennoch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dieses Foto - auf Postergröße ausbelichtet und mit einem modernen Rahmen versehen - ein enormer Blickfang ist, z.B in einem Zimmer, das als modernes Fernsehzimmer oder Tonstudio eingerichtet ist. Und auch da spielt es keine Rolle, ob es nun Kunst ist oder nicht – oder einfach nur ein Foto von einem Einschaltknopf mit einem blauen Rand außen rum. Zum Schluss möchte ich noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich niemanden kritisiere, für den ein Plümschenbild, ein Tierparkfoto oder ein Partybild Kitsch ist. Aber was ich will, ist es, zum Ausdruck zu bringen, dass es für mich zwei wichtige Eigenschaften der Fotografie gibt, durch die allein die daraus entstehenden Fotos ihre Berechtigung haben. Die Möglichkeit, Dinge in einer Weise darzustellen, wie man es mit bloßem Auge alleine nicht kann, wie es bei Makro- und Teleaufnahmen der Fall ist. Die Tatsache, dass Fotos Erinnerungen "speichern" und Emotionen wecken können. Und das Ganze unabhängig davon, ob es sich um künstlerische Fotos handelt, oder um kitschige.
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Herzliche Grüße aus Regensburg Peter, alias Jornada ---------------------------------------------------------------------------- Es gibt Dinge im Leben, die viel wichtiger sind als Geld. Aber ohne Geld kann man sie nicht kaufen! |
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