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Alt 12.11.2008, 02:11   #9
Anaxaboras
Chefkoch, verstorben

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Im Studio – Teil 1

Bis jetzt bin ich mit dem Flagschiff 900 in ruhigen Gewässern gedümpelt (Landschaftsaufnahmen bei guten bis akzeptablen Lichtverhältnissen), habe einige Untiefen umschifft (Available Light) und bin zu ein paar kurze Fahrten in Küstennähe (Schnappschüsse) aufgebrochen. Nun neigt sich die Testzeit dem Ende zu und es fehlt noch der Einsatz in rauer See: Wie macht sich 900er im harten Studio-Einsatz?

Sony selber reklamiert ja, dass die 900 für Studio-Fotografen besonders geeignet sei. Um das zu überprüfen, bin ich am Montag nach Hamburg geflogen, wo unser gpo mit seinem Fotostudio residiert. Die Ausstattung da kann auch so manchem Berufsfotografen die Tränen in die Augen treiben – alleine die Lichtanlage hat sicher mehr gekostet als ein Mittelklasse-Wagen. Da kommen mehr als 10.000 Wattsekunden Leitung von Briese zusammen!

Wir haben uns drei Aufgaben ausgedacht: Ein „typisches“ Foto für einen Modeprospekt, ein Still-Live und Porträtaufnahmen. Wir Ihr euch denken könnt, entstehen da tonnenweise Daten, wenn zwei „Freaks“ beginnen, sich auszutoben. Insbesondere, da die 900 nicht alleine unterwegs war. Mit im Verband fuhren eine Kodak DSC Pro SLR/n (14MP-Vollformat), eine Fuji S3pro (12 MP APS-C mit Super-CCD-Technologie) sowie die 700.

Ich möchte mich jetzt mit dem zweiten Missionsziel, dem Still-Live beschäftigen. Hier ging es um Schärfe und (Tiefen-)Unschärfe. Das war das Motiv:


-> Bild in der Galerie
Die Taschenuhr

Bestückt waren die 900 und dann die 700er jeweils mit meinem 100er Makro von Minolta; ein Objektiv, das gemeinhin als „rattenscharf“ gilt. Damit es auch unscharfe Bereiche im Foto gibt (z. B. die Uhrenkette), habe ich auf f6.3 aufgeblendet. Und da gab es schon das erste Problem: Die Lichtanlage war derart potent, dass wir einen Neutralgrau-Filter vors Objektiv schrauben mussten. Weniger als ISO 100 können die Sonys nicht (die Kodak geht bis ISO 16 runter!).

Davon einmal abgesehen, spielt die 900 an diesem Motiv ihre Auflösung gnadenlos aus. Hier ein 100%-Crop aus dem scharfen Bereich am unteren Rand der geöffneten Uhr:


-> Bild in der Galerie
A900 – 100%-Ausschnitt

Als nächstes sollte dann die 700 den selben Bildausschnitt mit dem 100er erfassen. Dazu musste ich das Stativ ein gutes Stück zurückfahren, denn an der APS-C-Kamera verhält sich das 100er wie ein Objektiv mit 150 mm Brennweite (was aber nur für den Bildausschnitt gilt).


-> Bild in der Galerie
A700 – 100%-Ausschnitt

Hier sieht man (wieder) sehr schön, dass ein 100%-Ausschnitt (750x750 px) der 700 mit 12 MP einen wesentlich größeren Bildteil erfasst als das 750er Quadrat bei den 24 MP der 900.

Mich hat jetzt interessiert: Was passiert, wenn ich den 100%-Ausschnitt der Alpha 700 soweit vergrößere, dass er in etwa den selben Bildbereich zeigt, wie der 100%-Crop aus dem Foto mit der 900? Dazu habe ich den 100er Crop der 700 in Photoshop auf 150% vergrößert:


-> Bild in der Galerie
A700 – 150%-Ausschnitt

Alle Fotos sind aus weitgehend unbearbeiteten RAW-Dateien entstanden, nur die Schärfe habe ich mit „Unscharf maskieren“ (USM) 100/0,5 im Photoshop etwas angehoben.

Was man klar sieht: Die 900 liefert knackscharfe Ergebnisse. Mich hat allerdings positiv überrascht, dass die 150%-Vergrößerung der 700 so schlecht nun auch wieder nicht ist. Zumal ich hier mit anderen Parametern im USM sicher noch mehr hätte herausholen können.

Deutlich wird aber auch, dass die 900 bei gleichem Blendenwert (hier 6,3) weniger Tiefenschärfe zeigt. Wenn man, wie ich hier bei diesem Bild, gezielt unscharfe Bildbereiche erzeugen möchte, ist die 900 klar im Vorteil. In der Regel soll aber ein Studiofoto von vorne bis hinten scharf sein (etwa, um Produkte in einem Prospekt zu präsentieren). Da muss an der 900 klar weiter abgeblendet werden als an der 700er.

Im Studio von Gerd ist das kein Problem – da hätte das Licht wahrscheinlich auch bei Blende 128 noch gereicht. Wenn aber „nur“ typisches Studiolicht mit, sagen wir einmal, mit 3x600 Ws zur Verfügung steht, ist die 700 mit ihrem APS-C-Sensor im Vorteil: Sie muss nicht so weit abgeblendet werden, um von vorne bis hinten scharf zu zeichnen. Anderseits: Um die selben Unschärfe-Effekte wie die 900 zu erzeugen, benötigt die 700 eine um den Faktor 1,5 längere Brennweite – und damit den entsprechend größeren Abstand zum Motiv, ergo auch ein größeres Studio.

Alles klar?

Ich hoffe, dass ich morgen was zum „Mode“-Shooting erzählen kann.

Martin
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