Moin, moin,
zunächst einmal herzlichen Dank für die Anmerkungen. Dann versuch ich mal zu beschreiben, was ich über die Bilder denke bzw. was ich mir bei der Aufnahme gedacht habe.
Es war durchaus mein Ansinnen, bei Bild 1 eher den macho-haften, männlich markanten Aspekt der Skulptur zu unterstreichen und zu zeigen. Der muskolöse Kerl ergießt sich breitbeinig und ohne Anzeichen von Scham auf seinem Sockel. Für mich steht das Gemächt nicht im Mittelpunkt meines Konzepts, sondern ist nur ein Teil dessen. Die sexuelle Ausstrahlung der Aufnahme sehe ich nicht nur in diesem vermeintlichen Mittelpunkt begraben. Es gibt im Web einige Aufnahmen, wo die Photographen etwas weiter rechts stehen, und die Linienführung noch mehr auf das Gemächt ausgerichtet ist. Diese direkte, platte Form der Darstellung wollte ich aber eigentlich vermeiden, aber ich habe wohl die optische Gravitation des guten Stücks unterschätzt bzw. die landläufige Meinung, daß es "darauf" nicht ankomme, überschätzt.
Zu der Belichtung gibt es zu sagen, daß alle Aufnahmen bei "available light" und ohne weitere Hilfsmittel aufgenommen wurden. Die Hauptlichtquelle ist ein Fenster, das sich in der Kuppel des runden Türmchens befindet, in dem der Faun seinen Platz gefunden hat. Das Wetter war sehr bedeckt, so daß man ein wunderbar weiches Licht hatte. Die zweite Lichtquelle war ein breiter Durchgang zur rechten Seite des Fauns, wo es in die weiteren Räume (mit Fenstern) ging.
Die Schärfentiefe habe ich hier wohl ein bißchen knapp bemessen. Das Bild entstand mit Blende f/1.8 und hätte durchaus eine halbe bis ganze Blende mehr vertragen. Die Schärfe läuft mir bei nochmaliger Betrachtung zum Kopf hin zu schnell aus. Daß der Fuß nicht scharf abgebildet ist, finde ich hingegen nicht nachteilig, sondern verstärkt m.E. die Plastizität der Skulptur. Eine Fachkamera bzw. ein Tilt-Shift-Objektiv fehlt leider in meinem Equipment.
Bei Bild 2 geht die Intention wieder weg vom sexuell angehauchten Machismo. Es rückt verstärkt die Kraft und die Körperspannung in den Mittelpunkt. Hella bemängelte die fehlende Harmonie und die Unnatürlichkeit der Körperhaltung. Vollkommen richtig, aber gerade der zweite Aspekt war meine Absicht. Gerade weil die Körperhaltung nicht natürlich ist, gibt sie der Haltung eine Spannung und erinnert ein Stück weit an eine Dehnübung. Der bogenförmige Verlauf vom seitlichen Brustkorb zum Ellenbogen spannt in meinen Augen den Körper. Ich hätte gerne noch den Bauchnabel in der Verlängerung des Brustbeins gesehen, aber dadurch, daß der Oberkörper des Schlafenden gegenüber dem Becken eingedreht ist, gibt es diese Linie an der Skulptur nicht.
Die Schärfe erstreckt sich über die Brust, den angewinkelten Arm bis hin zum Mund. Im unteren Bereich fällt sie Richtung Bauchnabel ab, im oberen etwa ab dem Nasenbein in Richtung Augen. Wie auch bei "bleu et beau" war der Mund als Abschluß der Schärfe gewollt. Die vollen Lippen verleihen dem Gesicht eine gewisse Markanz und Sinnlichkeit, vielleicht sogar etwas Weibliches. Die Augen, die eh geschlossen sind, unterstreichen mit etwas Unschärfe den Eindruck, daß schläft und sich der Faun im Lande der Träume befindet.
Ich mag diese Skulptur sehr, da sie m.E. viele, sehr unterschiedliche Aspekte beinhaltet - vom klassisch ästhetischen über das sinnliche bis hin zum machohaften - das Werk eines Meisters. Wahrscheinlich lassen sich noch andere Aspekte herausarbeiten, wenn man sich die Zeit nimmt.
Dat Ei
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"Wer mit Euch ist, ist nicht ganz bei sich."
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