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Alt 21.08.2006, 11:30   #7
quantensprung
 
 
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Vielleicht sollte man die Toten (so auch diesen Thread) ruhen lassen, bin aber nur durch Zufall drauf gestoßen und muß einfach rauslassen, dass ich schockiert davon bin.

Wer Kinder zum Weinen bringt hat die Grenze zur Kunst überschritten. Wer auf kindliches Leid verweisen will, der findet dies tagtäglich auf der ganzen Welt und braucht dem kein neues hinzuzufügen, wenn er es fotografieren will. Auch ist es nicht nötig - wie die Fotografin behauptet - dafür amerikanische Kinder zum Weinen zu bringen, damit man mehr Mitleid für Kinder in aller Welt aufbringt. Ein hirnloses Argument, da diese Bilder - zumindest in mir - nur Mitleid für diese speziellen Kinder erzeugt, da sie offensichtlich Eltern haben, denen Bilder einer namhaften Fotografin wichtiger sind, als das Seelenheil ihrer Kinder.

Wenn sie kindliches Leid in aller Welt anhand von heulenden amerikanischen Kindern näher an die amerikanische Bevölkerung tragen will, dann möge sie doch bitte mal zu Fuß ein paar Schritte aus ihrem Studio machen, dann wird sie genügend Kinder finden, die auch so schon nichts zu lachen haben. Solche Bilder würden den erwünschten emotionalen Effekt sicher eher erzielen, wären aber technisch natürlich weniger perfekt.

Aber geht es bei Fotokunst um Perfektion? Nein, es geht um Ästhetik - aber ästhetisch sind die Bilder nicht, sie sind zum Kot*en.

An all diejenigen, die hier behaupten, Kinder weinen ohnehin ständig und nehmen daher auch keinen Schaden, wenn man das eben herbeiführt um sie dann zu fotografieren: Ihr habt hoffentlich keine Kinder und werdet sie besser auch nie haben. Ich weiß genau, wie verstört meine (Klein-)Kinder reagieren, wenn ich ihnen unbeabsichtigt Unrecht zufüge. Ich möchte mir nicht vorstellen, was für Auswirkungen es auf sie hätte, wenn ein Fremder sie mit irgendwelchen Mitteln (egal wie harmlos es scheinen mag) zum Heulen bringt und sie ihren Vater dabei untätig nebendranstehen sähen. Denn dass die Eltern mit dabei sind macht das ganze nicht harmloser.

Fotografiert werden muß Kindern Spaß machen (genauso wie einem Model), ansonsten sollte man es lassen. Wenn ich merke, dass meine Kinder keinen Bock mehr haben und lieber mit mir spielen wollen, dann lege ich die Kamera eben weg und warte auf die nächste Gelegenheit, bis sie wieder freiwillig posieren.

Noch ein abschließendes Statement zur Diskussion darum, ob im Vergleich dazu Fotografien an Kriegs- oder Unglücksschauplätzen sinnvoll oder ethisch vertretbar sind, kommt von mir ein klares JA:
Nur wenn wir uns vor Augen halten, dass in jedem Krieg Kinder zu den ersten Opfern gehören, wallen in uns und in den Entscheidungsträgern die nötigen Emotionen auf, um solchem Unrecht entgegenzutreten - egal wie wenig erfolgreich dies auch sein mag. Bilder sind - leider - nötig um Hilfe Nichtbetroffener zu mobilisieren.
Ein Beispiel: Nach den Tsunamis rollte eine ungeahnte Spendenflut an - auch weil alles bestens dokumentiert war, dank Amateurvideos sogar die Welle selbst. Nach den Erdbeben im Kaschmir kam fast nichst, weil sich ohne Bilder - die Region war schwer zugänglich und ohnehin abseits des öffentlichen Interesses - keine Hilfsbereitschaft zustande kam.
Unschön, aber so sieht es nunmal aus auf unserer Welt.
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