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Alt 29.07.2006, 15:57   #8
damn ed
 
 
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Ort: Steinau
Beiträge: 251
@chrisy
"Wo zieht man dann die Grenze bei Kindesmissbrauch oder Kindesmisshandlung?"

Nun, sobald einem Kind körperliche oder seelische Gewalt zu gefügt wird.

Das ist jedoch auf diesen Fotos absolut nicht erkennbar. Was wir sehen sind weinende Kinder.
Das dieses Engramm bei uns so grosse Emotionen hervorruft ist verständlich. Die meisten Menschen empfinden Mitgefühl wenn ein Kind, ein Erwachsener, oder auch ein Tier weint. Es impliziert für uns Leid und Schmerz. Unseren Schmerz und unser Leid. Denn das Leid des anderen kennen wir gar nicht. Wir reagieren mit Erfahrungen.

Ob aber diese Kinder auf den Bildern Leid und Schmerz ertragen mussten ist ganz allein unsere Rezeption dessen was wir sehen. Die Fotos geben darüber keinerlei Aufschluss.

Aus der Praxis: Erst gestern bei meinem Freund. Die kleine kam reingestapft und Schrie wie am Spiess, weil sie Ihr kleines rotes Gummientchen nicht finden konnte. Dieser Situation ging keinerlei Missbrauch oder Misshandlung voraus. Das Entchen lag quietschvergügt lag unter dem Sessel. Die nächste Sekunde strahlte Klara im Kreis und war die glücklichste der Welt.
Wenn ich jetzt auf den Auslöser drücke während sie schrie ergibt das ein völlig anderes Foto als wenn ich wenige Sekunden später reagiert hätte als sie strahlte. Dem Rezipienten wäre aber der Hintergrund nicht klar gewesen. Warum sie lacht oder weint.

Lacht jemand denken wir, er wäre glücklich. Weint er denken wir er leidet.
Die Dimensionen in denen sich diese Emotionen bilden bleiben uns auf Bildern aber verschlossen. Es ist unser eigenes Empfinden das wir als Maststab ansetzen nicht das tatsächliche.

Von Missbrauch und Kinderpornographie zu sprechen ist grotesk.

Noch ein Beispiel. Wie in meinem ersten Posting angesprochen musste ich als Kind, wie viele andere Leidensgenossen auch, eine Pixie-Session über mich ergehen lassen. Da waren viele andere Kinder vor und nach mir, die auch brüllten und weinten. Die wollten einfach nicht fotografiert werden. Die vielen Leute, fremde Gesichter, mitten im Kaufhaus in so einem abgetrennten Paralleluniversum usw. Man hat sie/uns mit "Leckerchen" wieder "auf Kurs" gebracht und halt erst fotografiert nachdem sie aufhörten zu brüllen. Da saßen dann also diese tausenden von armen Kreaturen mit verheulten Augen und einem Schokoriegel in der Hand und grinsten vor sich hin. Hauptsache nachher haben wir ein Geschenk für die Großeltern zu Weihnachten.
So gesehen ist es nur Konsequent einmal den Kindern auch ein Forum zu geben, in dem sie zeigen können, dass sie es nicht wollen. Später können sie "Nein!" sagen oder den Stin..finger zeigen. In diesem jungen Alter ist das Weinen und Schreien eine der Wenigen Formen Unmut zu zeigen. Das muss nicht immer gleich epochalen Schmerz und Traumata bedeuten.

Dennoch bleibe ich dabei. Die Umsetzung ins artifizielle, die entsetzliche Ästhetisierung macht es für mich fragwürdig. Auf der anderen Seite ist es eine Abstraktion intensiver Gefühlswelten, eine Idealisierung dessen, was menschlicher Ausdruck ist.

Es bleibt fragwürdig. Ja! Kunst muss jedoch fragwürdig und polarisierend sein. Sonst bleibt letzlich lediglich die Dekoration.

Jeder sollte sich fragen, was diese Bilder mit "Ihm" machen und warum er teilweise so heftig darauf reagiert.

Liebe Grüsse
Marco
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