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Alt 29.07.2006, 14:47   #4
amateur
 
 
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Ort: Region Hannover
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Tja liebe Leute,

jeder, der noch einen Rest an Empathie in dieser Welt sein eigen nennt, dürfte einen latenten Anfall von Übelkeit erleiden! Ich finde das genauso debil, wie Kindern Engelsflügel umzuschnallen und sie danach zu fotografieren.

Zwerge in diesem Alter sind sehr empfindsam. Wenn Sie wegen einer Situation weinen und kurz danach nicht mehr, dann heisst das noch lange nicht, dass die Situation keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat und verarbeitet worden ist. Insbesondere wenn eine solche Situation überraschend in einem unbekannten Kontext passiert. Es ist völlig dumm und kurz gedacht, dass die Gute das Ende des Weinens als Ausdruck von wiedergefundenem Seelenfrieden interpretiert. Mein Sohn kramt immer wieder Situationen nach Wochen heraus, die ich als überaus nebensächlich empfunden habe, die aber anscheindend Verstörungen ausgelöst haben, und muss diese noch einmal besprechen.

Die extremen Kommentare von großartig bis Kinderpornografie sind darüberhinaus Ausdruck eine völlig maßlosen Gesellschaft zwischen beängstigender Gottesfrömmigkeit und der Huldigung von Gewalt. Und der teilweise banalen Suche eines immer flacheren Feuilletons nach allein dem Neuen, noch nicht dagewesenen.

Wenn man weinende Kinder fotografieren will, was ja durchaus ein Teil der Lebenswelt von Kindern ist, dann sollte man sich schon in die natürlichen Situationen begeben und Fotos machen, wo Weinen einfach entsteht. Damit würde man aber natürlich nicht so einfach eine derart extreme "Ästhetik" hinbekommen und es wäre erheblich mühsamer.

Irgendwie wundert es einen nicht, dass so viele teilweise grundauf verstörrte Kinder in unserem Bildungssystem aufschlagen und die öffentlichen Institutionen immer mehr die Aufgabe haben, diese ganzen Krämpfe zu operieren, anstatt unsere Kinder einfach schlau zu machen.

Warum hat es sich denn Jill Greenberg nicht zur Aufgabe gemacht, wütende Männergesichter zu fotografieren? Sie müsste doch nur an der roten Ampel einmal kurz mit dem Vorschlaghammer auf den schicken Sportwagen einprügeln. Dann schnell das Foto und nach einem Lächeln und Austauschen der Versicherungskarten ist alles wieder gut.

Ungewöhnlicher Aufsatz für mich. Normalerweise sind ja solche Diskussionen auch nutzlos. Aber für mich sind diese Bilder die Spitze des Eisbergs und damit ein Sinnbild für ein inzwischen oft völlig maß- und konzeptloser Umgang mit Kindern, wie man ihn ja auch im Kleinen in seinem Alltag immer wieder erleben kann.

Stephan
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