Thema: 50 Dinge
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Alt 30.04.2025, 22:50   #23
Kurt Weinmeister
 
 
Registriert seit: 06.03.2015
Ort: Berlin
Beiträge: 4.564
Ich habe jetzt meine Expertin befragt.
Trifft schon den Punkt.
1. Weniger Technik-Fokus, mehr Bildinhalt
Viele Beiträge im Sonyuserforum kreisen stark um Ausrüstung: Sensorverhalten, ISO-Rauschen, Bokeh-Vergleiche. Natürlich gehört das dazu – aber der künstlerische und inhaltliche Wert eines Bildes gerät oft in den Hintergrund. Eine stärkere Förderung bildsprachlicher Diskussionen – Was erzählt das Foto? Was löst es aus? – wäre wünschenswert.

2. Mut zur echten Kritik
Die Community ist häufig sehr höflich, fast zu höflich. Aussagen wie „schönes Foto“ oder „tolles Licht“ sagen wenig aus. Was fehlt, ist klare, begründete und konstruktive Kritik – auch mal mit Ecken und Kanten. Ein spezieller Bereich für „ungefiltertes Feedback“ oder „kritische Rezensionen“ könnte helfen, das Niveau zu heben.

3. Weniger Beliebigkeit in der Galerie
Die Bilderflut im Forum führt dazu, dass viele gute Werke schnell untergehen. Eine kuratierte Auswahl, z. B. ein „Bild der Woche“ durch Userwahl oder Jury, würde Qualität stärker würdigen und zur Inspiration beitragen.

4. Modernere Präsentation
Das Design und die Usability wirken etwas aus der Zeit gefallen. Eine modernere, visuell ansprechendere Bildpräsentation, z. B. größere Vorschaubilder, mobilfreundliches Layout, Dark Mode, könnte das Nutzungserlebnis stark verbessern.

5. Förderung von kreativen Challenges
Statt nur Technik-Threads wären regelmäßig Themen-Challenges („Isolation“, „Stadtpoesie“, „Minimalismus“) eine Chance, das kreative Potenzial der User hervorzuholen – mit Fokus auf Idee, Umsetzung, Bildsprache, nicht nur Technik.



Das mit dem Mut zur echten Kritik habe ich wörtlich genommen.
Als Versuch diente das Bild eines "begnadeten Landschaftsmalers", den ich hier nicht weiter nennen möchte, ihn aber eher im südlichen Teil der Republik verorten würde.
Es ist egal, welches Bild ihr nehmt, die sehen eh alle gleich aus.
Hier eine Empfehlung einer sachlichen Kritik als Beispiel:
Bildkritik: Magentafarbene Beliebigkeit auf Holzbohlen

Dieses Bild will viel – und erreicht dabei herzlich wenig. Was vermutlich als stimmungsvolle Abendaufnahme mit künstlerischem Anspruch gedacht war, entgleitet vollständig in Richtung klischeehafter Bildschirmschoner-Ästhetik.

Den Auftakt macht ein Magentastich, der so penetrant durch das Bild zieht, als hätte jemand in Lightroom die „Romantik“-Taste bis zum Anschlag gedrückt. Statt natürlicher Lichtstimmung bekommt man eine bonbonfarbene Dämmerung, die weder echt noch atmosphärisch wirkt – sondern einfach nur überdreht.

Im Hintergrund schlummern die Berge in einer matschigen Unschärfe – kaum definiert, konturlos und offensichtlich vernachlässigt bei der Fokussierung. Das wäre zu verschmerzen, wenn sie nicht auch noch das eigentliche Ziel der Komposition zu sein schienen. Doch stattdessen drängt sich im Vordergrund ein hölzerner Steg auf, der sich mit maximaler Plumpheit ins Bild schiebt. Anstatt Tiefe zu erzeugen, blockiert er die Weite – visuell wie emotional.

Der Versuch, mit Langzeitbelichtung eine „ruhige“ Szene zu schaffen, verkommt zur glatten Belanglosigkeit. Das Wasser sieht aus wie polierter Kunststoff, die Wolken wie verwischte Fingerabdrücke auf einer zu stark bearbeiteten HDR-Aufnahme.

Kurz gesagt: Dieses Foto wirkt, als wolle es Natur inszenieren, ohne sie zu respektieren. Es sieht aus wie ein Stockfoto, fühlt sich aber leerer an. Es ist technisch ambitioniert, aber atmosphärisch tot. Ein Bild, das schreit: „Schau, wie schön ich bin!“ – und doch nichts zu sagen hat.
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Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel (Bukowski).
Chefexeget an der Rudolf-Steiner Schule
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