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Alt 11.02.2024, 15:16   #116
embe
 
 
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Zitat von Unschärfe Beitrag anzeigen
Nach meinem Verständnis, bescheiden erwachsen aus dem zusammengelesenen historischen Kontext von Wasi-Sabi, reicht ein minimaler Bruch der Perfektion, um Wasi-Sabi zum Ausdruck zu bringen.
So kann z.B. bei der perfekt durchchoreographierten, traditionellen Tee-Zeremonie ein Tässlein auch ein Mü "daneben" stehen; wer Wasi-Sabi lebt, akzeptiert die Imperfektion, und erkennt sie sogar respektvoll an.
Die Geschichte von dem perfekt gefegten Hof, wo"mutwillig" ein paar Blätter liegen gelassen wurden, bringt das für mich auf den Punkt.

Demnach fällt es mir schwer, das Bild in der fotografischen Umsetzung dieser Philosophie mit allen möglichen Attributen des Wasi-Sabi vollzuknallen.

Deswegen begeistern mich hier ganz besonders Werke z.B. von Dana oder kiwi05, weil das Wenige im Bild ein Mehr ausmacht, und sich einige der Bilder auch bereits bei meinem ersten Blick sehr japanisch anfühlen, und auf den zweiten Blick dann eines oder mehrere der erwähnten Attribute erfahren lassen.
Volle Zustimmung zu Deinem letzten Satz.

Ich bleibe mal bei mir, da ist es sicher nicht mein Ziel 'ein Bild.. mit allen möglichen Attributen vollzuknallen', muss man ja auch nicht.
Auch gehe ich davon aus, dass die meisten von uns hier im Forum (ich gehe auch diesbezüglich mal von mir aus) in der Philosophie des Zen und der Konzeption von Wabi-Sabi eher nicht sehr beschlagen und geübt sind. Falls ich da falsch liege, umso besser.

Kniepe schreibt: "Der Sender der fotografischen Botschaft kann also nicht sicher sein, wie die Botschaft subjektiv interpretiert wird. Genauso wie sich der Leser nicht sicher sein kann, wie sie gemeint ist."

Von daher sind die von ihm vorgeschlagenen Kriterien, welche man in einem Bild wahrnehmen kann, eben ein möglicher Hinweis auf die Konzeption des Wabi-Sabi, die das Bild darstellen soll, bzw. die in die Bildgestaltung eingeflossen sind.
Gerade auch im Gegensatz zu unserer oft vorherrschenden Perfektions-Sucht in Fotos (perfekte Schärfe, kein Stäubchen, kein Fleckchen, kein Pickelchen/Fältchen).

Da ist es doch eine gute Übung, bestehende Aufnahmen auch bewusst auf die Eignung der Darstellung des Wabi-Sabi-Konzepts nochmal 'abzuklopfen' oder zu versuchen, diese Konzeption (mit dem Hilfsmittel der Kriterien) bei neuen Bildern mit einfließen zu lassen. Learning by doing.
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Viele Grüße,
Michael

Do what you can, with what you've got, where you are.
Bill Widener, of Widener Valley, Virginia, as quoted by Theodore Roosevelt in 'An Autobiography'
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