21.09.2023, 16:07
|
#4267
|
Registriert seit: 30.01.2006
Ort: Schaue auf Zürich
Beiträge: 9.333
|
Zitat:
NZZ: Gibt es künftig öfter einen Stromüberschuss an Sommertagen?
Frondel: Ja, ich kann Ihnen das anhand der Kapazitäten in Deutschland erklären. Um die maximale Nachfrage an einem kalten Winterabend in Deutschland abzudecken, braucht es derzeit 82 Gigawatt an Leistung. Das sind umgerechnet 80 grosse Kernkraftwerke. Wir haben heute aber bereits 150 Gigawatt an erneuerbaren Kapazitäten aufgebaut, neben den noch bestehenden knapp 80 Gigawatt an konventionellen wie Kohle- und Gaskraftwerke.
NZZ: Sie wollen sagen, dass man an sonnigen und windigen Sommertagen auf einen immer grösseren Überschuss zusteuert?
Frondel: Genau. Alleine für Photovoltaik und Wind wollen wir bis 2030 auf 330 Gigawatt kommen. Die Nachfrage könnte in der Spitze auf 100 Gigawatt steigen, falls Wärmepumpen installiert und Elektromobile gekauft werden. Dennoch kann es in Situationen mit viel Wind und Sonne gigantische Mengen an überschüssigem grünem Strom geben. Damit wird es mehr Stunden mit negativen Strompreisen geben.
NZZ: Wer nimmt diesen Strom ab?
Frondel: Die Nachfrage kommt vor allem aus dem Ausland. Die Schweiz nimmt gerne überschüssigen Strom gegen eine Aufnahmegebühr – nichts anderes sind negative Preise – auf und speichert ihn für Deutschland in ihren Pumpspeicherkraftwerken. In windschwachen Zeiten mit niedrigem Angebot wird der Strom gegen einen hohen Preis wieder an Deutschland zurückverkauft.
NZZ: Man könnte den überschüssigen Strom lokal speichern.
Frondel: Dies ist derzeit noch teuer – und wird von den Betreibern erneuerbarer Energieanlagen auch nicht verlangt. Dies müsste man unbedingt ändern. Die Regierung müsste allen Betreibern erneuerbarer Energien auferlegen, dass sie in Situationen, in denen viel zu viel grüner Strom da ist, diesen zwischenspeichern müssen. Auf welche Art sie das machen, wäre ihnen überlassen.
NZZ: Haben Sie absichtlich bisher nicht von der neuen Generation von Kernkraftwerken gesprochen, die sich am Horizont abzeichnet?
Frondel: In Deutschland darf man das Wort Kernkraft gar nicht in den Mund nehmen, sonst ist man schon abgestempelt. Die Schweiz spricht dagegen jetzt von 60 oder gar 80 Jahren Laufzeit ihrer AKW. Von diesem Pragmatismus könnten sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden.
|
https://www.nzz.ch/wirtschaft/in-deu...elt-ld.1747317
__________________
Viele Grüße, Klaus
|
|
|