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Alt 01.03.2013, 17:48   #5
fotomartin
 
 
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Hallo Chris,

der begrenzte Dynamikumfang liegt bei einem Bildsensor an der Physik, die dahinter steckt.

Ein "Sensor" besteht aus Einzelteilen, pro Pixel wären da (nur die relevanten):
- eine Photozelle, welche die auftreffenden Photonen in Elektronen umwandelt, sagen wir mal Beispielsweise, pro Photon entsteht ein Elektron
- ein Kondensator in den die Elektronen fließen (je mehr Elektronen in den Kondensator fließen, desto größer wird dessen Spannung)
- einen Verstärker, der die analoge Spannung verstärkt - den Verstärkungsfaktor beeinflusst man durch die Wahl der ISO-Empfindlichkeit
- einen ADC (Analog-Digital-Konverter), der das verstärkte analoge Spannungssignal digitalisiert, das tut er mit einer bestimmten Auflösung, oft 12 bit, d.h. mit 2^12 = 4096 verschiedenen Abstufungen von ganz dunkel bis ganz hell.

Entscheidend für die Dynamik ist aber nicht der ADC, der legt lediglich fest, wie fein die Töne dazwischen aufgelöst sind. Entscheidend ist die Photozelle und der Kondensator.
Letzterer ist nämlich irgendwann voll, d.h. das betreffende Pixel ist ganz hell. Wenn jetzt noch weitere Elektronen kommen, werden die vom Kondensator nicht mehr reingelassen und erhöhen die Spannung des Kondensators nicht mehr. Folge: Die Lichter fressen aus. Sagen wir mal, das passiert bei 1000 Elektronen.
Die Photozelle ist für die untere Grenze verantwortlich: Wenn es ganz dunkel ist, kommen nur ganz wenige Photonen zur Photozelle. Da die Photozelle aber meistens nicht auf den absoluten Nullpunkt (-273°C) gekühlt wurde, lösen sich hin und wieder auch einfach so Elektronen, aufgrund der Temperatur des Sensors. Das ist eine Eigenschaft des Halbleitermaterials, die sich technologisch nur bedingt beeinflussen lässt. Die "falschen" Elektronen fließen natürlich auch zum Kondensator und sind dann als Störsignal sichtbar. Man sagt dazu auch "Rauschen". (deswegen rauscht ein Sensor auch mehr, wenn er wärmer ist, also wenn er schon lange in Betrieb ist) Wenn jetzt also nur wenige Photonen kommen, gibt es nur wenige "echte" Elektronen, die dann im Strom der ganzen "falschen" Untergehen.
Da gibt's das Signal-Rausch-Verhältnis, also das Verhältnis von "echten" zu "falschen" Elektronen. Wenn das unter einem bestimmten Schwellenwert liegt, dann sagt man - dort ist nur noch Rauschen, da kann man nix mehr erkennen. Sagen wir mal, das passiert, wenn weniger als 10 "echte" Elektronen kommen.
(das ist natürlich Definitionssache, daher gehört zur Angabe des "Dynamikumfangs" auch d die Angabe dieser Grenze. Bei DXO-Mark basieren die angegebenen Dynamik-Werte auf einer Grenze von 0dB, das heisst, genausoviele "echte" wie "falsche" Elektronen. http://www.dxomark.com/index.php/en/...se-Case-Scores

Dadurch ergibt sich also, dass der Sensor in unserem Beispiel nur Helligkeiten zwischen 10 und 1000 Photonen pro Belichtung wiedergeben kann. Das wären dann ca. 6 2/3 Blendenstufen.
D.h. für mehr Dynamik müsste man den Kondensator vergrößern oder das Rauschen der Photozelle verringern.
Alternativ könnte man auch den Verstärkungsfaktor jedes Pixels individuell einstellen, also jedes Pixel könnte einen individuellen ISO-Wert haben. Darauf hat Canon ein Patent angemeldet, aber es gibt noch keine Kamera, die sowas hat. Ist auch nicht so einfach, es gibt da ähnliche Schwierigkeiten, wie bei einem HDR Bild, das aus mehreren Aufnahmen zusammengesetzt ist, hinsichtlich dessen, das es künstlich aussieht, wenn man's übertreibt.

Hoffe, ich konnte weiterhelfen.

Gruß,
Martin

Geändert von fotomartin (01.03.2013 um 17:59 Uhr)
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