Shootout: a77 vs. D3s
Die Teilnehmer:- Sony a77 mit BG und 16-50/2.8, 70-400G
- Nikon D3s mit Nikkor 28-70/2.8, Nikkor 70-200 VR II
Thema: Beach-Volleyball
Wetter: perfekt, sonnig, warm, gute Stimmung auf Spielfeld und Tribünen
Alle Aufnahmen erfolgten im RAW-Format auf schnelle Speicherkarten.
Die D3s hatte ich mir passend zur Sportart konfiguriert, insb. AF und Belichtung.
Es geht hier allein um die Eignung und Unterschiede der Kameras innerhalb des Themas, es gibt mit Sicherheit Gebiete, in denen die Kameras völlig anders abschneiden, um die geht es hier aber nicht. Ebensowenig geht es um den Preis und natürlich sind beide Systeme vergleichbar, genau wie ein Ferrari und ein Fiat vergleichbar sind, auch wenn der Ferrari für jemanden vielleicht außer Reichweite liegt oder man wegen "Rücken" nur noch rein aber nicht mehr herauskommt. Die D3s war bis vor kurzem das Spitzenmodell von Nikon zur Sportfotografie, entsprechend kann man sehen, wie nahe ihr eine vergleichsweise günstige a77 kommt.
Die Nikon Ausrüstung ist komplett geliehen und daher „fix“, bei der Sony Ausrüstung fiel meine Wahl vorrangig auf 16-50 und 70-400 da Objektivwechsel während des Spiels möglichst vermieden werden sollen und so die beste Ergänzung, je nach eigener Position am Spielfeld, gegeben ist.
Beim Einsatz als Hauptkamera ist die a77 mit einem 70-200/2.8 besser kombiniert, wenngleich für Beachvolleyball die 70mm unten an APS-C öfter zu lang sind als die 200mm an der KB Kamera zu kurz.
Insofern wären 50-150/2.8er Zooms an APS-C besser geeignet, ebenso wären an KB Zooms von 50/60-200mm willkommen.
Tag 1:
Mit der a77 habe ich etwa 50% mehr Bilder als mit der D3s geschossen, obwohl an der D3s hauptsächlich das 70-200 zum Einsatz kam, was einfach der ideale universelle Brennweitenbereich für diese Sportart ist. (von Lucky shots abgesehen)
Die Auswertung per Lightroom brachte etwa 50% mehr „gute“ Bilder auf Nikon Seite, die nächst strengere Auswertung brachte dann doppelt so viele „sehr gute“ Bilder der Nikon, wovon ein Teil weder mit a77 noch a850 möglich gewesen wäre.
Die Farben der Nikon Bilder sind durchweg erheblich knackiger, die Ursache dafür kenne ich nicht (wie gesagt, alles RAW), vielleicht kann man das über ein verändertes Kameraprofil in Lightroom ebenso für die a77 erreichen. Um das objektiv zu beurteilen müßte man schon sehr systematisch vorgehen, subjektiv sind die Nikon Bilder jedenfalls lebendiger (abgestimmt).
Den Vorteil der geringeren Schärfentiefe hat die D3s als KB-Kamera ebenfalls auf ihrer Seite, das selbe gilt für die a850, die im Dreier-Vergleich sogar die besten Mikrokontraste liefert. Alles subjektiv, wie gesagt, man sieht es auch nicht jedem Bild an aber in Summe ist der Unterschied schon deutlich.
Soweit die Erkenntnisse auf der Bild-Seite.
Zum Handling:
Die D3s liegt noch mal eine Klasse oberhalb der a850 und der Abstand zur a77 ist gewaltig.
Wertigkeit und Solidität an jeder Stelle, ein echtes Arbeitsgerät. Aber es ist mehr als das Material, vieles ist erheblich besser durchdacht als an jeder bisherigen Sony Kamera: die zwei Einstellräder sind genau so schwergängig, daß sie sich nicht unabsichtlich verstellen, die Einstellung des Bildfolgemodus ist mechanisch gegen Verstellen gesichert. Speicherkarten werden direkt ausgelesen, danach erfolgt die Anzeige der noch speicherbaren Bilder. Die Restbildanzeige ist an allen Anzeigen (oben, Rückseite, Sucher, Display) sofort erkennbar. Es gibt etliche solcher Details und ganz sicher habe ich noch nicht alle wahrgenommen.
Es ist unglaublich, wie viel Rückmeldungen aus der Profi-Praxis Nikon hier aufgenommen und umgesetzt haben muß.
Tag 2:
Nach Auswertung der Bilder vom ersten Tag war die D3s nicht nur vom Handling her überzeugend, auch von den Bildern. Ich hätte vermutet, daß die höhere Sensorauflösung der a77 diesen Vorteil auf ihrer Seite haben könnte doch die 12 MPix der D3s reichen, von extremen Auschnitten abgesehen, völlig aus. Wo immer von den Lichtverhältnissen her möglich habe ich die a77 mit niedrigen ISO, möglichst ISO 50, oft ISO 100, nur notfalls ISO 200 betrieben da die Kamera bei ISO 50 ganz eindeutig ihre bildtechnisch beste Leistung zeigt.
Am zweiten Tag kam die D3s auf mehr als doppelt so viele Bilder wie die a77.
Das Verhältnis der „sehr guten“ Bilder verschob sich noch etwas weiter zugunsten der Nikon.
Tag 3:
Die a77 kam nicht mehr nennenswert zum Einsatz, das Klappdisplay war manchmal sehr schön einzusetzen, um aus tiefer Perspektive, über die Bande gebeugt, Sprünge noch beeindruckender darzustellen.
Einige Dinge beeindruckten mich an der D3s sehr:
- Nach jedem Wechsel von der Nikon zur a77 war ich von der Reaktionsschnelligkeit der Nikon beeindruckt, die Verzögerung vom Druck auf den Auslöser bis zur Auslösung war viel kürzer und direkter, mir gelang es viel öfter, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen während die a77 sich vergleichsweise zäh anfühlt. Eigentlich unverständlich, denn sie besitzt doch den prinzipiellen Vorteil, keinen Spiegel hochklappen zu müssen, offensichtlich hat Sony diesen Vorteil nicht für den Anwender umsetzen können.
- Den zweiten Vorteil nahm ich erst nach einigen Wechseln wahr: obwohl der Sucher der D3s durch den hochklappenden Spiegel natürlich 9 Mal pro Sekunde dunkel wird war es viel einfacher, den sich naturgemäß schnell bewegenden Zielen zu folgen. Der Sucher der a77 ist langsamer, nicht unbrauchbar zwar aber da ist noch Entwicklungspotential, vielleicht wird das schon mit der a99 behoben, entsprechende Technologiedemonstrationen von Sony gab es in diesem Bereich ja schon.
- Der Autofokus: die D3s ist hier technisch sicherlich im Vorteil denn sie hat nicht nur mehr als doppelt so viele Sensoren, diese grenzen auch enger aneinander, was die Übergabe von einem an den nächsten vereinfacht. Die a77 hingegen nutzt ihre Sensoren unzureichend, die Algorithmen hinken denen der Nikon etliche Jahre hinterher. Davon ausgenommen ist bereits die signifikante Zahl fehlfokussierter Bilder, die ich zugunsten der a77 und zuungunsten von Sony der mangelhaften Einstellung des AF-Moduls bzw. mangelnder Qualitätskontrolle zuschreibe.
(um die a77 für diese Veranstaltung zur Verfügung zu haben wollte ich nicht riskieren, sie noch kurz zuvor zum Service zu schicken)
In der ein oder anderen Situation fand ich beeindruckend, daß sich der D3s AF nicht von plötzlich auftauchenden, näher am Sensor liegenden Spielern irritieren ließ sondern diese nur als Ziel übernahm, wenn ich das wollte. Auch das ist übrigens konfigurierbar.
- Low ISO: gegen Abend wurden für kurze Verschlußzeiten höhere ISO Einstellungen nötig.
Die D3s ist ein derartiges ISO Monster, daß nur noch sie zum Einsatz kam. Allerdings wäre ich auch mit der a77 noch ordentlich bedient gewesen.
- Das Farb-Display der D3s ist bei Tastendruck sofort an (a77 mit Gedenkpause), ausgesprochen brillant und selbst bei hellem Sonnenlicht, wie es drei Tage der Fall war, gut ablesbar.
Die a77 belichtet ca. 1/3 Blende knapper als die D3s, also etwa was die Spiegelfolie an Licht „frißt“. Kann man leicht kompensieren, ein Vorteil ist es sicher nicht, aufgrund der erheblich kleineren Pixel und der AF Folie ist die a77 hier technisch natürlich klar im Nachteil.
Vermutlich hat Sony hier etwas geschummelt um die Standard-ISO Einstellung der a77 nicht noch höher als ISO 200 setzen zu müssen bei der sie ganz klar
nicht ihre optimale Leistung erreicht.
Objektive/Kombi:
Die D3s mit dem Nikkor ist schwer, nach dem Event hatte ich Schwielen an Daumen und Mittelfinger. Die Kombi liegt dafür unglaublich satt in der Hand, hochfrequente Verwacklungen dämpft bereits das Eigengewicht der Kombi.
Zu den Objektiven, ich beschränke mich auf die beiden Nikkore und ziehe Vergleiche zu Sony, soweit möglich.
Das Nikkor 28-70 ist ein Hammer, es kam wenig zum Einsatz, da die Brennweite eher etwas kurz war aber ich habe herstellerübergreifend noch kein anderes „Standard“-Zoom in dieser Bauqualität gesehen. Sagenhaft. Selbst ein 135 STF, das anerkanntermaßen eine der hochwertigsten Fassungen im Sony Bereich besitzt, hält da nicht mit.
Die Bildqualität ist sehr gut, ob neuere 24-70, egal ob Nikkor, Zeiss oder „L“, besser sind, ist für diesen Anwendungsbereich egal, ich kann ohnehin keinen direkten Vergleich ziehen.
Das 70-200 ist wirklich richtig schnell, zumindest an der D3s, anderes kann ich wie gesagt nicht beurteilen, die optische Leistung ist tadellos, Abblenden war außer zu Gestaltungszwecken bei keiner Brennweite nötig. Was mich hier wieder fasziniert, ist, wie durchdacht die gesamte mechanische Konstruktion ausgeführt ist. Der Zoomring ist nah an der Kamera und läßt sich mit der „richtigen“ Kraft mit einem Finger präzise drehen und die Gummi-Riffelung ist perfekt. Es ist in diesen Punkten gut mit dem Tamron 70-200 vergleichbar, das diese Stärken ebenfalls bietet. Der Fokusring beim Nikkor ist fühlbar anders geriffelt und die Finger finden Halt durch eine leicht ansteigende Gummierung statt wie bei den Sony Objektiven weiter nach vorne zur rutschen. An der Body-Seite finden die Finger, die nicht zur Fokussierung gebraucht werden, ebenfalls Halt. Die in der vorigen Generation noch vorhandenen Fokusstopptasten sind entfallen, ich habe sie hier nicht vermißt. Ebensowenig habe ich die der 70-400 verwendet, sie sind zumindest für diese Sportart nur selten von Vorteil.
Software:
Die D3s erlaubt es, Konfigurationen zu benennen, etwa „Panorama“ oder „Sport“.
Fernseher oder Festplatten-TV Rekorder ermöglichen seit Jahren die Vergabe von Namen über die (Fernbedienungs-)Tastatur, Sony als Unterhaltungselektronikriese hätte das bei einer a77 auch hinbekommen können.
Es ist „nur“ Software und die setzt hier nicht allzuviel know-how voraus. Und selbst das wäre im Unternehmen vorhanden gewesen, man schafft es offenbar nicht, das Bereichs-übergreifend zu nutzen.
Machen wir mit der nächsten Software-Schwäche weiter: die D3s speichert in den Metadaten, welcher AF Punkt zur Fokussierung gewählt wurde. Hat Sony bis heute in keiner Kamera geschafft und das ist nun kein „Rocket Science“. Dieser AF Punkt wird auch bei der Bildwiedergabe gut erkennbar eingeblendet, dadurch kann man den AF besser kennenlernen und entsprechend einstellen, wobei die a77 ja ohnehin keine Einstellmöglichkeiten im AF-Verhalten, von AF-x abgesehen, vorsieht.
Ein Witz an der a77 ist jedoch die Objektverfolgung, das ist so schlecht, daß es nicht mal das Marketing gewagt hat, das anzupreisen. Wenn die Funktion nur unzureichend arbeiten würde wäre das eine Sache, aber die Verfolgung zu aktivieren und deaktivieren, also zu nutzen, ist derart lahm (das englische „lame“ trifft es besser) implementiert, daß da nicht noch eine „wollen sie wirklich?“ Abfrage kommt ist auch alles. Genau dann jedenfalls, wenn man das Feature brauchen könnte, eignet sich die Umsetzung besonders schlecht. Möglich, daß es in Situationen, in denen man es ohnehin nicht braucht, funktioniert, who cares.
Die Beschränkung der Aufnahmedauer der a77 auf eine Sekunde bei höchster Bildrate war zu keinem Zeitpunkt limitierend.
Die D3s läßt sich per Menü "beschränken", so daß z.B. nach konfigurierbaren 150 Bildern in Folge erstmal Schluß ist, ich habe das praktisch erzielbare Limit nie erreicht.
Nachteile der D3s:- Nach dem Event mußte ich die gesamte Kombi wieder abgeben.
- Der Preis.
- Die D3s besitzt entweder keinen Lagesensor oder dieser war in den Tiefen des Menüs ausgeschaltet, so daß viele Bilder nachträglich in Lightroom gedreht werden mußten. Etwas umständlich, da man gerade bei dieser Sportart ständig zwischen (meist) Hoch- und (zwischendurch) Querformat wechselt.
- Der GPS Sensor ist ein teurer Zusatz und nicht integriert.
- Auch mit der D3s gab es fehlfokussierte Aufnahmen die ich nur teilweise erklären kann aber es waren sehr wenige und ich habe mit der D3s erst um die 4000 Bilder gemacht, die meisten davon auf dieser Veranstaltung, kenne also mglw. die letzten Optimierungsmöglichkeiten noch nicht.
Ich befürchte ja, daß die ersten Kommentare bereits kommen, bevor man zuende gelesen hat, daher noch mal der Hinweis:
- Die Fabel vom Fuchs und den „sauren“, hoch hängenden Trauben
- Ich will hier keine Nikon verkaufen, wer sie nicht braucht kann diesen Thread ignorieren und muß nicht "meine aXX leistet für xxx€ fast das Gleiche und ich mache keinen Sport" schreiben
- es geht hier um
einen Anwendungsbereich, wer kein Beach-Volleyball fotografiert sondern meinetwegen Studio oder Landschaft bei schönem Wetter bevorzugt ist mit einer a850/a900 eher besser bedient
Und falls ein Sony Fan-Boy mitliest:
Ich war mit dem Besitzer der Nikon Ausrüstung vor längerer Zeit mal zu einem Shootout zwi. seiner hier beschriebenen Kombi und a850/70-400G unterwegs, reale Motive, keine Backsteinmauerfotografie. Nach dem späteren Bildvergleich wollte er sein 70-200 zum Service geben, weil die Detailauflösung der Sony Kombi deutlich besser war. Kein Witz. (Ich habe ihm den Service ausgeredet, alles war im erwartbaren Bereich)
Im Übrigen ist ihm klar, daß er für den mehrfachen Preis nicht mehr optische Leistung sondern das robustere und professionellere Werkzeug, das er auch im Regen auspacken und das notfalls Schlammkontakt aufnehmen kann, bekommt.
Die liebsten Kommentare wären mir übrigens ebenfalls Erfahrungsberichte.
Dort oben steht meine Meinung, die kann man diskutieren, muß man aber nicht, sie gilt ohnehin nur für mich.
Frank