Thema: Ich war oben
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Alt 18.07.2010, 22:17   #10
About Schmidt

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Auch an euch vielen Dank,
es freut mich sehr, dass es euch gefällt und ich es etwas nachvollziehbar machen kann. Die Idee wurde schon zu Hause geboren. Einmal eine Passstraße aus eigener Kraft, ohne Motorrad, Auto oder Seilbahn zu "bezwingen".
Heute spielten dann die Temperaturen mit und ich ging mein Projekt Mendelpass an. Ich weiß nicht, ob sich jemand das vorstellen kann, aber ich hatte so was wie Angst davor. Nicht davor zu versagen, eher vor der gewaltigen Natur. Also los gerade schlug die Kirchturmuhr neun und ich war auf dem Weg von Girlan über St. Michael nach Kaltern. Dann das Schild in brauner Farbe "Passo di Mendola" 14. Die Zahl steht für die Km bis nach oben. Ich fühlte mich ausgeruht und gut. Der Tacho zeigte 6Km an, also sollte ich bei 20 oben sein, der Hohenmeter stand auf etwas über 300m, was bedeutete, dass es noch 1 Km senkrecht nach oben war. Jetzt nur nicht darüber nachdenken. Noch 13 km, noch 800hm. Die erste Angabe der Höhe findet sich Gott sei dank erst bei 500müNN. Temperatur hier 26° mit angenehm kühler Luft aus dem Wald und es lief erstaunlich gut. Ich fand meinen Tritt und bekam ab und an aufmunternde Worte von Fahrern mit Rennrädern, die allesamt etwas schneller unterwegs waren. Ich musste mich zurücknehmen, denn ständig ist man versucht, mit vorbeifahrenden Schritt oder besser Tritt zu halten, was unweigerlich zum Einbruch und damit zum Ende der Aktion führt. Bei 680m hatte ich leichte Kopfschmerzen. Am Trinken konnte es nicht liegen, hatte ich doch schon 1,5 von meinen 2,5 Litern im Trinkrucksack verbraucht, also musst ich was essen. Aus dem Reformhaus hatte ich mir zwei Proteinriegel mitgebracht. Schmecken echt scheußlich. Etwa wie ein Gemisch aus Fruit Juice Kaugummi und Miky Way. Aber es wirkte. Bei etwas über 800hm folgen 14 Serpentinen, bei denen ich jeweils in der Kurve dadurch etwas Schwung nahm, das ich im Wiege-tritt, also im Stehen fuhr. Die lange freie Gerade zuvor bereitete mir nicht zu unrecht Unbehagen. Verbunden damit, dass es der steilste Abschnitt ist, war es dort auch noch brüllend Warm. Der Thermometer meines Puls und Höhenmessers zeigte zeitweise 37° an.
Noch hatte ich etwa 8 Tornanti, so heißen auf Italienisch die Serpentinen, zu bewältigen, als ich plötzlich das erste mal die Bergstation der Mendelbahn erblickte. Das gab zusätzliche Motivation und so konnte ich 1-2 Gänge schwerer treten und die letzten beiden Km flogen nur so an mir vorbei. Jedenfalls hatte ich den Eindruck. Oben ließ ich mich dann von einem anderen Radfahrer fotografieren, den auch ich fotografierte. Und ich bin mir sicher, das wird nicht mein letzter Pass gewesen sein.

Danke fürs lesen/zuhören, ich hoffe es langweilt nicht.
Wolfgang
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