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Alpenmoosi 17.12.2019 12:39

Kritik: Erwartungshaltung und Verantwortung
 
1000x durchgekaut und trotzdem ohne Einigkeit:


Thema Kritik


Die Erklärung dieses Begriffs offenbart sich im Duden etwa so: Prüfende Beurteilung und deren Äußerung in ENTSPRECHENDEN Worten.

Damit das Thema nicht so entgleist, beschränken wir es doch mal auf dieses Forum und benennen es "Bildkritik".
Schließlich wollen wir ja über etwas reden, diskutieren und Gedanken teilen.
Sonst wärt Ihr ja als Leser nicht gerade in diesem Moment in dieser Zeile.

Jeder kann hier seine Erwartungen und seine Ansicht zum Thema Kritik offenbaren.
Lesenswert würde es werden, wenn alle Schreiber IRONIE und ZYNIK draußen lassen. Sonst sind die einzigen Leser nur Gaffer und Sensationsgeile, was doch eigentlich sehr schade wäre.

An diesem Punkt schreibe ich jetzt offen, wie Kritik in meinen Augen aussieht.
Das ist KEINE Bevormundung, kein Leitfaden für irgendjemanden, und auch nicht die einzig geltende Wahrheit. Es ist einfach nur meine persönliche Idealvorstellung, ohne Recht auf die Verkörperung einer Messlatte.

Ich finde, diese Gedanken sollte ich mir als Kritiker gemacht haben:

- Wie bin ich mit meinem Background in der Lage, ein Bild wirklich zu beurteilen?

Ich bin Laie. Bestimmte Begriffe sagen mir nichts, und ich gebe das auch zu
erkennen. Trotzdem habe ich eine Meinung zu dem Bild, die meinem persönlichen
Geschmack geschuldet ist. Ich kann in Punkten detailliert aufzählen, was mir
gefällt und was nicht.
Die Thematik ist mir gut vertraut. Mir fallen technische Fehler auf, die ich als Fehler
erkenne, da ich den Sinn der angewendeten Technik verstehe (bsp. Langzeit-
belichtungen, Lowkey, Highkey, Astrofotografie). Meine Hinweise fallen in den
fachlichen Bereich, und meine Verantwortung als Kritiker ist höher als beim Laien.
Die Gewichtung wird höher eingestuft. Für den Beurteilten ist die Kritik unter
Umständen wegweisend, und kann falsch dargestellt mehr Schaden anrichten.

- Habe ich die Aussage verstanden?

Weiß ich wirklich, was der Themenersteller mit seinem Bild zeigen will?
Sind die Stilmittel gewollt? Nehmen wir doch als Beispiel einmal Blenden-
flecken und Gegenlichtaufnahmen. In der C&A-Werbung derzeit ein beliebtes
Stilmittel, das dem Betrachter die Leichtigkeit der 70iger durch Bild und Kleidung
suggeriert. Darf der Laie mit diesen Effekten arbeiten? Oder ist es nur "genial",
wenn sich der Profi dieser Mittel bedient, während es beim Amateur als eklatanter
Fehler gewertet wird.
Nur wenn mir das ernsthaft klar ist, gebe ich dazu eine Stellungnahme ab.

- Habe ich die technischen Gegebenheiten verstanden?

An was beurteile ich das Bild? Kann ich anerkennen, das dem Fotografen nicht
alle erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen, und lege meinen Maßstab an der
dem Fotografen im Besitz befindlichen Ausrüstung an?
Gab es Schwierigkeiten? War die Haut eines Porträtierten so problematisch, dass
die Fehler einzeln nicht mehr zu retuschieren waren, wenn der Fotograf sich noch
um die Hausaufgaben seiner Kinder kümmern soll und im Schichtbetrieb arbeitet?
Wirkt ein Bild zu weichgezeichnet, weil es ungünstige Rahmenbedingungen
bei der Auflösung gibt?
Es wurde mal geschrieben, den Kunden interessieren die Gegebenheiten nicht,
sondern nur das Ergebnis.
Das sehe ich nicht so, denn wir sind KEINE Kunden.

- Habe ich Hinweise zu Rahmenbedingungen GELESEN und VERSTANDEN?

Ist es für den Fotografen vielleicht auf Dauer zermürbend, dreimal auf einen
immer wiederkehrenden "väterlichen Rat" antworten zu müssen?
Muss er wirklich erst eine porträtierte Person besser kennenlernen und mehrmals
treffen, die er möglicherweise seit 10 Jahren kennt, und das schon mehrmals betont
hat?

- In welchem Verhältnis stehen meine eigenen Werke zum gezeigten Bild?

Ich schreibe also eine Kritik und drücke auf Enter. Jetzt muss damit gerechnet
werden, das der Kritisierte einen Blick in die eigene Galerie wirft.
Nein, das ist keine Drohung, sondern sein gutes Recht. Denn er will wissen, WER
ihn kritisiert, und vielleicht auch in der Galerie des Kritikers nach Inspiration suchen,
nachdem dieser vielleicht sehr selbstbewusst zu erkennen gegeben hat, dass er
mit der Thematik sehr vertraut ist.

- Was ist meine Motivation für eine Bildkritik?

Warum schreibe ich die Kritik? Wurde das Bild in einer mir bekannten Gegend
aufgenommen? Habe ich diese Stelle selbst schon fotografiert? Gefällt mir das Foto
sehr gut? Gefällt es mir nicht? Schreibe ich eigentlich immer nur etwas, wenn ich
es in Ordnung finde? Oder schreibe ich nur, wenn ich etwas zu meckern habe?
Pflichtbewusstsein gegenüber einer Forengemeinschaft? Wichtigtuerei?
Bewunderung? Neid? Aufmerksamkeit?

- ENTER! Oder nochmals durchlesen?

Wirkt meine Kritik primitiv? Kränke ich jemanden damit? Wirke ich belehrend,
weil ich wieder mal die gewählte Kategorie anzweifeln muss?
Bin ich bevormundend, weil ich anderen Ihre Gedanken vorschreibe?
Ja, bezeichnet mich als Pedanten oder als Hirnkrank, aber ich mache mir tatsächlich
all diese Gedanken, bevor ich auf Enter drücke.
Trotzdem werde ich nicht immer alle Punkte erfüllen, und erkenne mich selbst in
einigen negativen Punkten wieder.

Aber ich gebe mir Mühe.

Wer will, kann seine Gedanken zur Kritik hier niederlegen.

LG, Stefan

MonsieurCB 17.12.2019 13:00

Es wäre ÄUSSERST sinnvoll, diesen gut durchdachten Text
als "Vorspann" für Websites wie f/c (foto community) und Konsorten zu nutzen ...

aber im Grunde muss man leider desillusioniert feststellen, dass:

a) ihn die wenigsten in Ruhe lesen und reflektieren würden und
b) er nix daran ändern würde, dass sich "Kommentare" und "Kritiken"
auf plakative Worthülsen und Phrasen ohne tieferen Sinngehalt beschränken ...

... so wie heute offenbar 90% der selbsternannten "Gourmets"
nur noch die Prädikate "lecker" oder "super-lecker" kennen .... ;--)))

Bin gespannt, ob das hier eine konstruktive, inspirierende Diskussion gibt ....

dey 17.12.2019 13:14

Zitat:

Zitat von Alpenmoosi (Beitrag 2107713)

- Habe ich die Aussage verstanden?

Weiß ich wirklich, was der Themenersteller mit seinem Bild zeigen will?
Sind die Stilmittel gewollt?

Ich glaube, das ist mein größtes Problem. Ich unterstelle einfach zu wenig, dass sich der Bildersteller etwas dabei gedacht haben könnte.

kiwi05 17.12.2019 13:20

Und mit der Unterstellung würdest du möglicherweise öfter ins Schwarze treffen.

amateur 17.12.2019 13:43

Alles zu kompliziert gedacht. Am Ende gilt auch bei der Bildkritik der kategorische Imperativ als gute Richtschnur (siehe Footer). :cool:

Stephan

eric d. 17.12.2019 13:54

Ganz ehrlich... hört sich gut an, ABER:

selbst wenn man sich damit auseinandersetzt ...

was ich für mich
in der Regel fast nur mit dem Gebiet der Fotografie mache, welches ich mache,
wo ich also glaube mich auszukennen.


....dann ist noch die Frage, kann ich das überhaupt und was kritisiere ich.

Oft sind es nur technische Mängel, die eben nicht offensichtlich als Stilmittel eingesetzt worden sind.

Ich für mich kritisiere zB NIE Erotik/Nacktbilder.. weil ich 1. den Bereich nicht beurteilen kann (höchstens als Kerl) und 2. nie weiss, kristisiere ich dabei das Model nun oder den Fotografen.

Wischer oder Surreales habe ich keine Antenne für.. usw...

kein einfaches Thema.. und ja die "Kritik" in der FC ist fast nur peinlich, dass Niveau aber auch oft..

hpike 17.12.2019 14:02

Mich stört an Kritik oftmals, das es keine Kritik am eigentlichen Bild ist, sondern eher einem Umbau zu dem gleicht, was einem selber am besten gefällt. Ich unterstelle dem Fotografen zuallererst mal, dass das Bild am Ende so aussieht, wie es ihm, dem Fotografen am besten gefällt. Erst wenn er da um Hilfe bittet, wenn dem nicht mehr so ist, wenn er es nicht so hinbekommen hat wie er es gern möchte, finde ich Kritik und Hilfe angebracht. Kein Mensch, käme auf die Idee, einem Künstler zu sagen, er solle doch jene oder jene Stelle heller oder dunkler malen oder dort was abschneiden oder dort hinzufügen. Das würde niemand machen, da wird akzeptiert, was der Künstler sieht. Dann kann man sagen, gefällt mir oder gefällt mir eben nicht und vielleicht auch noch warum. Das sähe ich als Kritik an.

In Fotoforen ist das nicht so. Aber dafür gibt es einige Bereiche in denen Verbesserungsvorschläge ausdrücklich erwünscht sind, da ist das auch ok. In anderen Bereichen ist das nicht erwünscht, nichtsdestotrotz, scheint das für einige nicht zu gelten und sie legen trotzdem los. Mir ist das auch schon passiert, lag aber an meiner fehlenden Aufmerksamkeit, das ich mich im Cafe befand. Ansonsten habe ich kein Problem damit, mir jegliche Kritik im Cafe zu verkneifen. Im übrigen finde ich die immer wieder auftauchenden Hinweise im Cafe, also meine Bilder kannst du auch ruhig im Cafe kritisieren, vollkommen deplatziert und sie konterkarieren vollkommen den Sinn des Cafes. Wenn man Kritik will, geht man in den Rahmen, da ist es angebracht und erwünscht. Im Cafe nicht, ist doch ganz einfach.

eric d. 17.12.2019 14:07

Guido, das ehrt Dich..
aber manche Bilder (ich spreche jetzt nur für den Naturbereich) sind einfach nicht ganz da, wo sie sein könnten und das liegt sehr oft NICHT am Equipment.

Sie wird extrem gecroppt, die falsche iso/verschlusszeit kombi gewählt, der HG ist zum motiv zu hell und es wird versucht zu kompensieren, es fehlt schärfe ist es verwackelt.. usw etc..

wenn der Fotograf das so will, ok. :twisted:
das dann aber noch zu loben, würde mir im traum nicht einfallen.
ist der fotograf anfänger, ist es etwas anderes.. dann gehört es aber auch in den anfängerbereich

hpike 17.12.2019 14:10

Zwingt dich doch keiner etwas zu loben, was dir nicht gefällt. Wenn mir was nicht gefällt, im Cafe, schreib ich auch nichts dazu.

screwdriver 17.12.2019 14:45

Zitat:

Zitat von hpike (Beitrag 2107739)
. Im übrigen finde ich die immer wieder auftauchenden Hinweise im Cafe, also meine Bilder kannst du auch ruhig im Cafe kritisieren, vollkommen deplatziert und sie konterkarieren vollkommen den Sinn des Cafes.

Das ist doch genau die Art von Prinzipienreiterei, die es abzubauen gilt.


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