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TONI_B 07.10.2017 08:41

Astromodifikation von Kameras
 
Auf Wunsch von einigen netten usern, die an der Astrofotografie interessiert sind, ein paar kurze Anmerkungen zu diesem Thema.

Warum werden Kameras "astromodifiziert"?
In unserer Milchstraße befinden sich viele Gebiete mit Gasansammlungen (hauptsächlich Wasserstoffgas), aus den bereits Sterne und Planetensystem entstanden sind oder noch entstehen könnten. Diese "Gasnebel" haben oft sehr schöne Formen (Nordamerika-Nebel; Rosetten-Nebel; Herz-Hebel u.v.a.m.) und sind von der Größe her leicht mit normalen Fotoobjektiven mit Brennweiten bis 300m erreichbar. Auch auf WW-Aufnahmen der Milchstraße zeichnen sich diese Gebiete sehr schön ab. Wasserstoffgas leuchtet nur in ganz bestimmten Wellenlängen(=Spektrallinien). Die intensivste Linie ist die sog. H-Alpha-Linie im roten Spektralbereich bei 656,3nm. Gerade in diesem Bereich sind die modernen Kameras aber nicht sehr empfindlich, da der Filterstack vor den Sensoren so abgestimmt sind, dass eine halbwegs neutrale Farbwiedergabe möglich ist, ohne dass der Weißabgleich extrem schwierig wird bzw. dass das Infrarote Licht nicht zum Bild beiträgt, da die Objektive nicht dafür gerechnet sind. Damit man nun die spektrale Empfindlichkeit im Bereich dieser H-Alpha-Linie erhöht, muss der Filter ausgebaut werden.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: entweder baut man ein Filter ein, das H-Alpha durchlässt, aber UV- und IR-Licht sperrt, oder man lässt die Kamera "undefiniert" d.h. UV- und IR-Licht kommt ungehindert zum Sensor. Die Empfindlichkeit bei H-Alpha wird um den Faktor 2-3 gesteigert!

Die undefinierte Version hat den Vorteil, dass man auch IR-Fotografie betreiben kann (UV-Fotografie ist im Amateurbereich eher selten), man muss aber immer einen geeigneten Filter verwenden. Sei es vor dem Objektiv oder als Clip-Filter - falls erhältlich.

Bei der definierten Version erspart man sich zusätzlich Filter, wobei in der Astrofotografie oft Filter verwendet werden, die das Streulicht unterdrücken und nur die wichtigen Spektrallinien durchlassen. Da dies aber Interferenzfilter sind, kann man die nur bei Brennweiten von mehr als 85mm verwenden, weil die Filterwirkung winkelabhängig ist.

Es gibt Leute, die diese Modifikationen selber durchführen. Speziell für viele Canon-Modelle gibt es Youtube-Videos, die das sehr detailliert darstellen. Für Sony kenne ich nur Anleitungen für die Nex-5 bzw. Nex-6. Obwohl ich Techniker bin, überlasse ich diese Arbeit den "Profis". Meine Liste von Firmen, die solche Modifikationen durchführen ist sicher nicht vollständig, aber bei zweien habe ich schon Arbeiten durchführen lassen - und die war jeweils perfekt durchgeführt. Die Preise sind bei APS-C für meine Begriffe moderat, bei FF kommt man unter 500€ kaum weg.

Firmen, die SONYs modifizieren:
http://www.optic-makario.de/
http://www.dslr-astrotec.de/anfrage.html
http://www.irrecams.de/
http://www.jtwastronomy.com/

kk7 07.10.2017 10:01

Vielen Dank für diesen Thread. Ich fotografiere ja nur sehr selten den Sternenhimmel, bin aber am Überlegen, meine Zweit-NEX-7 auf undefiniert umbauen zu lassen. Damit könnte ich sowohl meine Astro-Fotografie erweitern als auch in die Infrarot-Fotografie reinschnuppern. Das Rauschen bei höheren ISO-Werten der NEX-7 hält mich noch davon ab. Können durch den Umbau die ISOs reduziert werden?

TONI_B 07.10.2017 10:36

Man gewinnt im Roten, aber so wirklich eine ISO-Steigerung ist das natürlich nicht. Zudem kommt bei diesen langen Belichtugnszeiten ja das thermische Rauschen zum Tragen.

kk7 07.10.2017 10:42

Danke!

TONI_B 07.10.2017 17:38

Hier der Unterschied zwischen astromodifiziert und Original:


Bild in der Galerie

Links Sony A7r unmodifiziert, rechts Sony A7 modifiziert. Belichtungszeiten ca. 2-3 Stunden bei beiden Bildern bei ISO800.

Die Brennweiten waren aber stark unterschiedlich: links ca. 700mm, rechts ca. 370mm. Und bei der A7r kam ein neuer Reducer zum Einsatz, bei dem aber der Abstand zum Objektiv noch nicht gestimmt hat. Daher sind die Sterne extrem verzogen in der Bildecke.

Schmiddi 07.10.2017 18:37

Wow, welch ein Unterschied. Danke fürs Zeigen!

Liebe Grüße, Andreas

bajella 07.10.2017 22:32

Dankeschön Toni B tolle Informationen

TONI_B 08.10.2017 07:53

Um die Wirkung des Stackens von vielen Einzelaufnahmen zu demonstrieren, hier eine kleine Serie:

Ein Einzelbild mit 6min bei ISO800:

Bild in der Galerie

Ein Stack aus 37Bildern zu je 6min Belichtungszeit:

Bild in der Galerie

Und dann mit PixInsight bearbeitet:

Bild in der Galerie

aidualk 08.10.2017 08:04

Ich bin ja auch schon lange am überlegen, mir eine A6000 umbauen zu lassen.
Aber ich habe es noch immer nicht machen lassen, weil ich immer wieder am zweifeln bin, ob ich diese Kamera dann mit meiner kleinen 'Handtaschen-Nachführung' und meinen normalen Objektiven überhaupt vernünftig nutzen kann... :?:

TONI_B 08.10.2017 08:50

Also zwischen 24 und 135mm sollte die kleine Montierung durchaus gut funktionieren. Zwischen 85 und 135mm eher nur 30-90s, darunter sicher einige Minuten. Das Stacken geht ab 24mm aufwärts auch problemlos und 16mm auf APS-C habe ich auch schon gemacht. Probleme hatte ich nur bei nicht nachgeführten Aufnahmen und Brennweiten unter 24mm auf FF - da wollen die Stacking-Programme anscheinend nicht wirklich.

Ein Beispiel mit 50mm mit der NEX-5 (mod) auf einer kleinen Montierung 30x3min bei ISO400 und f/4:

Bild in der Galerie


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