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Wird der Goldene Schnitt überbewertet – Regeln vorschreiben? – Regeln brechen?
Da stellt jemand ein Bild ein.
Beim Ansehen haben die meisten das Gefühl, das Motiv ist zu weit links oder zu weit rechts, oder zu langweilig in der Mitte. Die Bildaufteilung stimmt nicht, der Goldene Schnitt ist nicht beachtet. Der Vogel guckt in die falsche Richtung. Ein Grashalm stört im Vordergrund und verdeckt das Motiv. Der Horizont kippt. Das Blau ist übersättigt. Violettstich im Meer. Oh weh, oh weh! Vielleicht hat es der Fotograf/die Fotografin genauso gewollt? :cool: Ausgangspunkt (das „Sortiment“ ist unvollständig und ungeordnet): Bildformate, Bildausschnitt, Linien und Flächen, Richtungen/Blickführung, Farbigkeit, Symmetrie, Kontraste (Fläche, Farbe, Richtung, Größe, …), verschiedene Perspektiven, Goldener Schnitt (die „Mutter“ aller Regeln), Drittel–Regel, „Vorder-, Mittel-, Hintergrund“, Freistellen, Wiederholung, Serie, … … und Regelnbrechen? Schnappschuss? Gegen den Mainstream? Die Beachtung, der gezielte Einsatz der Bildgestaltungsregeln in Zusammenhang mit der geglückten Motivauswahl, führt dazu, dass ein Bild attraktiv erscheint. Das Wohlgefühl des Betrachtens teilen sich Fotograf und Rezipient. Genau das passiert hier im Kreativbereich sehr häufig. Lob ist immer willkommen. Den Rest der psychologischen Seite lassen wir mal außen vor. ;) Das ist eine der Stärken dieses Forums, die hier nicht außer Frage gestellt wird! Auch willkommen ist in den meisten Fällen die Kritik der Betrachter. Ich habe bereits viel Positives gelesen. Schreibe ja auch ab und zu mal einen Kommentar. In vielen Fällen wird gezielt nach Verbesserungen gefragt. Gemeint ist meist die Verbesserung zum Schönen = Positiven. Bis hierhin alles gut. Viele haben dadurch viel gelernt. Auch diese Seite des Forums hat große Stärke. Ich ticke meistens genauso wie die anderen und versuche Hilfestellung zu geben. Mein Ansatz: Mit Hilfe der Bildanalyse Diskrepanzen zwischen Dargestelltem und den Gesetzen der menschlichen Wahrnehmung zu finden. Das führt oft zu einer Erklärung der Problematik. Ich würde dann in den meisten Fällen auch nicht von Gestaltungsfehlern sprechen, sondern von Bildwirkungen, die in der Ästhetik nicht ansprechend sind. Darf doch auch mal sein. Die Kunst hätte sich nie weiterentwickelt ohne Querdenker und Avangarde. Aber es wird manchmal sehr stark auf die Einhaltung der „Regeln“ gepocht. Klar hat jeder, durch Erziehung und Erfahrung, seine eigene Wahrnehmung entwickelt und versucht seine Sichtweise weiterzugeben. Aber wie oft habe ich schon gelesen: Kennst du den Goldenen Schnitt? Dagegen bin ich schon fast allergisch geworden. Auch der GS ist kein Allheilmittel. Hier sollen keine Haue verteilt werden. Ich fühle mich in diesem Forum sehr wohl und würde nur gerne einmal eure Meinungen dazu hören. Jeder Beitrag ist willkommen. :) Gerne auch mit Bildbeispielen. |
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Das Fibonacci-Prinzip, auf dessen Grundlage der GS beruht ist nun mal in Tier und Pflanzenwelt ein ziemlich weit verbreitetes und universelles Naturprinzip, so ähnlich auch, wie fraktale Strukturen a´la Mandelbrot. Wenn anders auch passt,, why not... ;) |
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Das stelle ich nicht außer Frage. Der Mensch strebt zum Schönen. Der Goldene Schnitt wirkt angenehm. Aber muss man immer das Angenehme anstreben und den GS so oft empfehlen? Dies ist auch nur ein Beispiel, gemeint sind alle "Regeln der Bildgestaltung". |
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Wenn andere etwas mit dem GS als "besser" empfinden und das so kommunizieren, ist es erstmal lediglich deren momentane Sichtweise und gut. Würde ich zur Kenntnis nehmen und mir daraus was mitnehmen oder nicht. Kommt darauf an, ob Du Provozieren, Zustimmung/ Konsens erreichen, eine möglichst breite oder eine kleine alternative Zielgruppe erreichen, Troll , Mitläufer, Ausprobierer oder genialer egozentrischer Mastermind sein willst, wenn Du Deine Werke präsentierst, verteidigst und interpretierst. |
Ich bin zwar noch blutiger Anfänger, aber ich denke, erlaubt ist, was gefällt.
Ich denke aber auch, dass es deutlich schwerer wird, ein "gefälliges" Bild zu machen, wenn man Regeln wie den GS ignoriert. Man muss dann schon wissen was man tut |
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Allerdings kann man mit dem Durchbrechen von Regeln auch richtig gute Bilder machen. Das muss man aber eher bewusst einsetzen, als das was sonst als harmonisch wahrgenommen wird. Zitat:
Alle anderen Genannten und Ziele haben ihre Berechtigung. Und es gibt ja noch viel mehr. Ich möchte in diesem Thread eher den Blick neben den Mainstream lenken. Da gibt es noch etwas, neben dem Angenehmen, neben dem "gefällt mir". Vielleicht nicht so harmonisch, aber spannender. |
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Es gibt genügend Studien, die den Stellenwert von Schönheit untersucht haben. Verbieten kann man hier nichts. Das liegt mir fern. Ich freue mich auch über jede positive Reaktion auf ein Bild. Zitat:
Und wie sagt man so schön: "Du kannst nur eine Regel brechen, die du kennst." Um das Wissen und Wollen geht es mir hier. Ohne das Wollen vorzuschreiben. |
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@XG1:
Zu den von mir genannten Beispielen, die du hier der Reihe nach kommentierst, wird von mir auch eher Hilfestellung gegeben. Dies kann man im zweiten Teil meines Eingangsposts nachlesen. Natürlich hast du Recht: Ein leicht kippender Horizont wird immer, auch von mir, als unangenehm empfunden. Aber, größerer Winkel = größere Chance, dass es gewollt ist und spannend wird. Darum geht es mir. ZUSÄTZLICH zu dem was sonst gezeigt wird, den Blick erweitern und mal etwas versuchen. |
Die Bildgestaltungsregeln sind ja nichts, was jemand einmal als alleingültig aufgestellt hat. vielmehr ist es doch so, dass man untersucht hat, weshalb gelungene Fotos als gelingen empfunden werden. und da haben sich eben die Regeln als angenehm herausgestellt.
Die wenigsten gehen bei der Ansicht eines Bildes doch so vor, dass die regeln nicht beachtet sind sondern dass das Bild einfach nicht wirkt oder etwas stört. Erst dann erkennt man, dass es an der Mißachtung einer oder mehrerer dieser Bildregeln liegt. Dabei ist das Wirken eines Bildes subjektiv, Gestalterische Mittel wirken oder halt nicht auf den Betrachter. Wer hier Bilder einstellt, will j gerne auch ein Feedback zu seinem Bild haben. je nach dem, wählt man den Bilderrahmen oder das Bildercafe. Ich empfinde Bildkritik zumiest als hilfreich und weiterführend. NTürlich freue ich mich über positiv formulierte Kritik meist mehr als über negativ formulierte. |
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Aus vielfacher Erfahrung kann ich sagen, dass die Kunst hier für eine Situation herhalten muss, wenn Leute etwas nicht verstehen. In der Bildenden Kunst (mein Job!) gibt es eine große Anzahl von Kunstwerken, die sich dem Betrachter nicht sofort erschliessen. Für die man eventuell Information benötigt, zumindest eine größere Übung in Rezeption. Deshalb sind sie nicht "Nichtkunst", oder schlecht, oder "können weg". In diesem Fall kommt gerne das Beispiel Beuys ins Spiel (hatten wir vor einiger Zeit bereits in einem anderen Thread). Meine persönliche Meinung zu Beuys: - Vieles gefällt mir nicht - mit Hintergrundinformation verständlich - interessanter Künstler, der die Kunstszene absolut bereichert hat - Vieles gefällt mir trotzdem immer noch nicht, aber um "gefallen" geht es hier gar nicht Und genau darum geht es mir: um Horizonterweiterung und Toleranz. |
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Und es gibt ein Mehr. Das kann man lernen, wenn man es will. Darum geht es mir. Dazu gezwungen wird keiner. ;) Aber aufmerksam gemacht. |
Ich finde, wenn man "goldenen Regeln" ohne Kontext oder Begründung postet bringt mir das wenig. Grundsätzlich denke ich mir etwas bei den Bildern, die ich im Rahmen poste.
Aber manchmal ist man in seiner Situation auch sehr selbstverliebt und einfach auf dem Holzweg. Dann bin ich dankbar dafür, wenn mir jemand begründet sagen kann warum. Der Goldene Schnitt ist für mich ein Hilfsgerüst, welches mir hilft, meine Hauptmotive sinnvoll zu platzieren. Aber, wenn das gesamte Bild den Goldenen Schnitt nicht her gibt, so what. Allerdings habe ich auch noch nie eine Kritik mit Goldenem Schnitt bekommen. |
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Es geht doch eigentlich um die "Balance" von Objekten/Subjekten in einem Bild (Rahmen) und deren Wechselwirkung untereinander. Die "Rule-of-Thirds" ist ein Hilfsmittel, welches schon die alten Maler bei ihren Werken nutzten! :crazy:
Grüße, meshua |
Die Gestaltungsregeln sind nie ein "Muss", sondern hilfreich. Natürlich düerfen sie auch übertreten bzw. missachtet werden, aber das setzt voraus, dass man sie beherrscht. Leider zeigen viele Bilder, dass der Ersteller/Einsteller die Regeln einfach deshalb gebrochen hat, weil er es nicht besser wusste. Das macht aus keinem Bild dann Kunst, sondern Stümperei!
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Regeln zu brechen ist auch nur eine Regel
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Der Goldene Schnitt ist Nummer Sicher für mich!
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GS sollte jeder mal gelernt haben und angewendet :D
Aber ich bin eher für unkonventionellen Bildaufbau :top: Auch die Mitte ist oft ein gefragtes Stilmittel :shock: :P :D |
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Ich sehe den Goldenen Schnitt nicht als Regel. Wenn es das Motiv zulässt, wende ich ihn ganz gerne - meist nur nach Augenmaß - an, halte mich aber nicht dogmatisch daran. Meine Bilder fotografiere oder beschneide ich so, wie ich sie richtig empfinde. Das kann auch mal bedeuten, dass sich der Fokus in einer Randlage oder in der Mitte des Bildes konzentriert. Grundsätzlich mag ich den Goldenen Schnitt aber schon, die sogenannte Drittelregel eher nicht.
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GS: ca. 62 : 38 Drittelregel: 67 : 33 Da werde ich mal üben. :lol: |
Der Unterschied ist wirklich signifikant. Ich sehe es auch, wenn der Horizont um 0,4° kippt.
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Bis hierhin schon einmal Dankeschön für eure Antworten und Meinungen.
Es ist interessant und gut, dass sich viele mit den Gestaltungsmöglichkeiten auseinanderkennen und -setzen. Der Goldene Schnitt hat eine Menge "Anhänger". Auch zu Recht. Ich bin ja auch nicht komplett dagegen. Mir ging es hauptsächlich darum (jetzt zitiere ich mich mal selbst) "den Blick auch neben den Mainstream lenken. Da gibt es noch etwas, neben dem Angenehmen, neben dem 'gefällt mir'. Vielleicht nicht so harmonisch, aber spannender." (#6) Also ein Nebeneinander von Regeln und Ungewöhnlichem. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass es bereichert. |
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Es sei denn, dass andere Bildelemente (Gestaltgesetze, Wahrnehmungskonstanzen, Kontraste jeglicher Art, ...) so Einfluss nehmen, dass man nur noch messen kann. |
Interessante Diskussion hier.
Das Beachten der sog. Kompositionsregeln (Goldener Schnitt etc.) bringt allermeist gefällige Bilder. Das (bewußte) Brechen dieser Regeln erregt größere Aufmerksamkeit beim Betrachter. Wenn es einen erschließbaren Grund hiefür gibt, dann wird es ein besseres Bild als bei Einhaltung der klassischen Komposition; wenn nicht , dann ... ist es meist ein Bild für die Tonne. Auch Bildschärfe wird zumeist vehement eingefordert. Jedoch fehlt diese z.B. bei einigen ikonenhaften Bildern der Fotografie (Che Guevara, Bilder von Robert Capa etc.); sie sind trotzdem herausragend. Das alles beweist m.E. nur, dass die künstlerische Qualität eines Bildes vielfach unabhängig von Kompositiosregeln und technischer Vollkommenheit ist. Aber natürlich: Über Kunst und Geschmack kann man trefflich streiten. LG Harald |
Eigentlich ganz einfach, es geht um Bildwirkung, und die kann man durch Gestaltungsregeln Verstärken und Abschwächen.
Die Frag ist jetzt, was macht ein Goldener schnitt, er macht das Bild Harmonischer, wenn du das möchtest kannst du das dadurch erreichen. Willst du eine andere Bildwirkung, dann kann das Weglassen genau das Bewirken. Und so ist es auch mit den Gestalltungsregeln, man sollte nur wissen welche Gestaltungsregel was Bewirkt in der Bildwirkung. |
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Es kommt immer auf die Gruppe der Betrachter an wie ein Foto ankommt, in einem Fotoforum werden viele Kritiker auf die Regeln verweisen. Ich komme aus der einschlägigen Eisenbahnfotografie und habe leider viel zu lange auf die dort geltenden Regeln geachtet, Fotos welche nicht diesen Grundlagen entsprachen wurden links liegen gelassen, obwohl sie mir persönlich besser gefallen haben. Bestätigt wurde ich erst durch Kommentare von Personen, welche nicht aus der hardcore-Bahnfototruppe stammen.
Zum Brechen von Regeln habe ich mir kürzlich dieses Video mit Beispielbildern angesehen: https://www.youtube.com/watch?v=FszCIIV13og |
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Das Brechen von Regeln birgt unzweifelhaft die Gefahr des Scheiterns in sich, gibt aber auch die Gelegenheit zur Genialität. Die Dadaisten wussten das und landeten in beiden Bereichen: Museum und Tonne. |
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Bei Regeln fällt mir immer wieder der Herr Goethe ein, der scheinbar ein nie versiegender Quell von Lebensweisheiten war und ist.
Man kann zum Vorteile der Regeln viel sagen, ungefähr was man zum Lobe der bürgerlichen Gesellschaft sagen kann. Ein Mensch, der sich nach ihnen bildet, wird nie etwas Abgeschmacktes und Schlechtes hervorbringen, wie einer, der sich durch Gesetze und Wohlstand modeln läßt, nie ein unerträglicher Nachbar, nie ein merkwürdiger Bösewicht werden kann; dagegen wird aber auch alle Regel, man rede was man wolle, das wahre Gefühl von Natur und den wahren Ausdruck derselben zerstören! Sag' du: ›das ist zu hart! Sie schränkt nur ein, beschneidet die geilen Reben‹ etc. – guter Freund, soll ich dir ein Gleichnis geben? Es ist damit wie mit der Liebe. Ein junges Herz hängt ganz an einem Mädchen, bringt alle Stunden seines Tages bei ihr zu, verschwendet alle seine Kräfte, all sein Vermögen, um ihr jeden Augenblick auszudrücken, daß er sich ganz ihr hingibt. Und da käme ein Philister, ein Mann, der in einem öffentlichen Amte steht, und sagte zu ihm: ›feiner junger Herr! Lieben ist menschlich, nur müßt Ihr menschlich lieben! Teilet Eure Stunden ein, die einen zur Arbeit, und die Erholungsstunden widmet Eurem Mädchen. Berechnet Euer Vermögen, und was Euch von Eurer Notdurft übrig bleibt, davon verwehr' ich Euch nicht, ihr ein Geschenk, nur nicht zu oft, zu machen, etwa zu ihrem Geburts- und Namenstage etc. – folgt der Mensch, so gibt's einen brauchbaren jungen Menschen, und ich will selbst jedem Fürsten raten, ihn in ein Kollegium zu setzen; nur mit seiner Liebe ist's am Ende und, wenn er ein Künstler ist, mit seiner Kunst. Werther, 26. Mai 1771 |
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Im Zweifelsfall muss der Künstler frei sein... |
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