SonyUserforum

SonyUserforum (https://www.sonyuserforum.de/forum/index.php)
-   Café d`Image (https://www.sonyuserforum.de/forum/forumdisplay.php?f=94)
-   -   friday for future (https://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=190600)

Stechus Kaktus 04.08.2019 16:48

Auch wenn es jetzt arg OT wird:

Anfang März '18 war es für unsere Verhältnisse knackig kalt (Tags -5, Nachts -10..-15).
Außerdem hatten wir in der Zeit einen überdurchschnittlich hohen Strombedarf.
Die durchschnittliche Heizleistung (sehr gut gedämmte DHH, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung) lag bei ~1,75kW und die durchschnittliche elektrische Leistung lag bei 0,5kW. In Verbindung mit einem Akku sollten als 1-2kW elektrisch für eine Notlösung für die Überbrückung einen großen Blackout reichen.

Robert Auer 04.08.2019 17:10

Für solche Fälle halte ich immer noch 3 Kaminöfen vor. Irgendwann wird der Kaminkehrer diesen Schritt für Schritt die Zulassung entziehen.

perser 04.08.2019 17:15

Ich erlaube mir mal, da das ja ein Fotoforum mit, in diesem bisher fast völlig bilderfreien Thread mit zwei Fotos zu beginnen.


Bild in der Galerie


Bild in der Galerie

Ich gebe zu, ich habe diesen Thread zuletzt nur noch sporadisch verfolgt und dann auch eher diagonal mitgelesen. Es geht mir hier über weite Strecken einfach zu ruppig zu. Eigentlich wollte ich auch nichts mehr dazu bemerken. Doch dann bin ich über einen Link von Matthias gestolpert, in dem von Hunderttausenden Arbeitsplätzen die Rede ist, die dem Land durch erneuerbare Energien entstehen/entstanden sein sollen:

Zitat:

Zitat von Reisefoto (Beitrag 2079537)
Interview mit den ehemaligen Umweltministern Töpfer (CDU), Trittin (Grüne) und Hendricks (SPD) zur Klimapolitik:
https://www.t-online.de/nachrichten/...-klueger-.html
Verfehlte Konzepte und Lobbyinteressen bremsen den Fortschritt. Parteiübergreifend ziehen die Minister eine ziemlich übereinstimmende Bilanz.

Und damit zu den Bildern. Sie entstanden im Windpark Klettwitz in der brandenburgischen Niederlausitz, also mitten im Braunkohlerevier, genauer gesagt dort, wo bis 1992 der Tagebau Klettwitz-Nord förderte. Dann wurde er dicht gemacht, so wie 31 andere der 39 Braunkohletagebaue, die es zur Wende in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt gab. Auch 48 Braunkohlekraftwerke wurden damit geschlossen.

Ich war erst vor wenigen Tagen beruflich in Klettwitz, wo bis 1992 mehrere tausend Bergleute Lohn und Brot hatten, sprach dort mit einem Amtsleiter der Kommune und mit einem Mitarbeiter des Windparks. Dieser umfasst derzeit 55 Windräder, was in Summe einer installierten Leistung von reichlich 100 MW entspricht. Das ist eine Energiemenge, mit der – sofern ausreichend Wind weht – 50 000 Haushalte versorgt werden können, also eine Stadt mit rund 100 000 Einwohnern. Und wie viel Arbeitskräfte sind dafür heute noch nötig? 1 (in Worten: E i n e r). Nämlich jener Mann, mit dem ich sprach.

Inzwischen errichtete jedoch Vestas, der dänische Weltmarktführer für Windkraftanlagen, in Lauchhammer, also auch direkt im Lausitzer Kohlepott, ein Werk zur Herstellung der Rotorblätter, wie sie die Fotos zeigen. Das ist Klasse, denn dort finden inzwischen gut 1000 Leute Arbeit. Aber gemessen an den rund 25 000 Menschen, die derzeit noch allein in der Lausitz entweder direkt in Energie und Bergbau oder aber als Dienstleister für den Bergbau arbeiten, ist das wenig. Denn der gesamte Vestas-Konzern mit Niederlassungen in 26 Ländern der Erde hat weniger Beschäftigte.

Ich will jetzt nicht ganz profan Jobs gegen Klimaprobleme aufrechnen. Dass man etwas tun muss, steht außer Frage. Doch wenn man nach Manier von FFF oder den aktionistischen Hausfriedensbrechern von „Ende Gelände“ am besten schon gestern für alle Kohleverstromung den Stecker zieht, darf man das nicht gegen die Menschen machen, die hier leben und arbeiten. Menschgemachter Klimawandel ist nicht schlimmer als menschgemachter Sozialwandel.

Der Landrat des sächsischen Teils der Lausitz, zu dem auch die Stadt Hoyerswerda gehört, erzählte mir ebenfalls kürzlich, dass diese 1990 noch 72 000 Einwohner hatte. Heute seien es wegen jenes Knockouts für Kohle und Energie in der Region kaum 30 000. „Und so ein brutal radikaler Bruch hat auch etwas mit den Menschen gemacht!“, sagte er vieldeutig.

Und die Windkraft ist kein Einzelfall. In meinem sächsischen Städtchen bei Leipzig eröffnet mal vor 15 Jahren auf einem früheren Militärflugplatz der damals größte Solarpark der Welt (inzwischen gibt es größere). Und wie viel Leute finden dort Arbeit? Null! Lediglich beim Errichten der Gestelle und dem Einklicken der Kollektoren in diese waren seinerzeit für ein paar wenige Wochen Monteure beschäftigt worden.

Auch die großen Biogasanlagen auf dem Lande brauchen, wenn es hoch kommt, einen einzigen Mitarbeiter, der stundenweise mal nach dem Rechten schaut und den Reaktor morgens mit neuen Maisschnitzeln beschickt.

Wo sollen da Hunderttausende Arbeitsplätze herkommen?

hajoko 04.08.2019 17:35

@perser
Die Arbeitsplätze entstehen nun mal nicht dort, wo früher geschürft wurde. Forschung, Entwicklung und Produktion sind nun mal leider nicht überall anzusiedeln.

Ich verstehe ja deine Bedrücktheit aber auf der anderen Seite erzeugt Braunkohle nun mal mit die größte Umweltbelastung überhaupt. Ich habe noch immer ein Kratzen im Hals, wenn ich daran denke, wenn früher die Braunkohleheizungen alle angeworfen wurden. Neben der Umweltbelastung kam dann noch die Belastung durch gesundheitliche Schäden und Spätschäden.

Nichts für ungut aber das die Braunkohle weg ist, ist gut für Klima und Gesundheit.

Porty 04.08.2019 17:46

Zitat:

Zitat von screwdriver (Beitrag 2079766)
Betrieb mit Rapsöl als Alternativkrafstoff könnte eine Option sein?


Auch so eine Technik, wo ich Bauchweh bekomme. Mir ist bisher keine Energiebilanz des Anbaues von Rapssaat untergekommen, die alle nötigen Energieflüsse für Bodenbearbeitung, Dünger, Ernte usw mit erfasst, bei Biogas genau so. Von den teilweise katastrophalen Folgen für die Biodiversität ganz zu schweigen.

hajoko 04.08.2019 18:30

Ich habe es schon einmal gesagt.
Einige haben für jede Lösung gleich ein Problem parat.
So kommt man nicht voran.

Reisefoto 04.08.2019 18:38

Zitat:

Zitat von hajoko (Beitrag 2079784)
@perser
Die Arbeitsplätze entstehen nun mal nicht dort, wo früher geschürft wurde. Forschung, Entwicklung und Produktion sind nun mal leider nicht überall anzusiedeln.

Das ist das große Problem, das insbesondere den Osten Deutschlands trifft. Dieser wurde schon durch den m.o.W. schlagartigen Wechsel des Wirtschaftssystems sowie der Währung und den damit verbundenen Zusammenbruch eines Großteils seiner Industrie arg gebeutelt (langfristig aber besser aufgestellt) und dann ging es auch noch mit der Braunkohle zu Ende.

Der Westen hat es in der Hinsicht leichter. Schon in den 70er Jahren war Strukturwandel im Ruhrgebiet ein Thema. Neben Kohle war hier auch die Stahlindustrie angesiedelt und es wurden andere Industrien aufgebaut oder waren längst vorhanden (die nicht kurz nach 1990 pleite gingen). Dort ließen sich dann auch Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren ansiedeln. Der eher dünn besiedelte ländliche Raum Brandenburgs und Ostsachsens bot solche Voraussetzungen nicht und musste die Umstellung viel schneller schlucken. Man sieht aber, dass viele Städte im Ruhrgebiet, z.B. Gelsenkirchen, auch massive Probleme haben. Marktwirtschaftlich betrachtet, ist die deutsche Kohle zu teuer, benötigt also Subventionen. Da ist dann zu entscheiden, ob man sie für Kohle oder erneuerbare Energien ausgibt.

Das Ende des niedersächsischen Braunkohlereviers bei Helmstedt hat die Region auch erheblich belastet, aber bezogen auf ganz Niedersachsen hatte es keine sehr großen Auswirkungen.

Im Bereich Photovoltaik wurden in Ostdeutschland durchaus viele Arbeitsplätze geschaffen, z.B. in Thüringen (also nicht in der Braunkohletagebauregion). Mit dem plötzlichen Paradigmenwechsel der Bundesregierung 2009 wurde die deutsche Solarindustrie innerhalb kurzer Zeit vernichtet und damit auch die Arbeitsplätze in der Produktion. Die wanderte nach China ab.

Jeder Strukturwandel hat Gewinner und Verlierer. Die Einführung von Computern und Internet hat viele Arbeitsplätze geschaffen, aber auch vernichtet. Das Verschwinden und Schrumpfen von Bankfilialen ist ein Beispiel dafür.

Robert Auer 04.08.2019 18:43

Die von perser angegebenen hohen Arbeitsplatzverluste sind vermutlich nicht nur durch die Energiewende entstanden, sondern auch durch den Strukturwandel nach der Wende. Das wird in Bayern und Baden-Württemberg mit dem Umbau der Automobilindustrie auf E-Mobilität vermutlich nicht ganz so krass kommen, da hier viele Konzerne ihre Zentrale haben und zudem Klein-und Mittelbetriebe nicht mehr so auf eine Branche fixiert sind. Ein Hauptproblem bei der Wende war nämlich m. E. auch, dass man (nicht wie in Jena) die Cluster adäquat fortentwickelt hat, sondern die Betriebe an sogenannte Investoren verkauft hat und diese Wettbewerb mit dem Westen nicht wollten. So sind fast nur verlängerte Werkbänke entstanden. Hinzu kommt, dass in Regionen mit Großindustrien (in der DDR, NRW und anderswo) häufig kleinere und mittelgroße Unternehmen zu sehr auf die Großindustrien angewiesen waren, um den Wandel durch eigenes Wachstum abfedern zu können.

Rudolfo 04.08.2019 19:26

Zitat:

Zitat von Porty (Beitrag 2079785)
Auch so eine Technik, wo ich Bauchweh bekomme. Mir ist bisher keine Energiebilanz des Anbaues von Rapssaat untergekommen, die alle nötigen Energieflüsse für Bodenbearbeitung, Dünger, Ernte usw mit erfasst, bei Biogas genau so. Von den teilweise katastrophalen Folgen für die Biodiversität ganz zu schweigen.

Woanders in der Welt leiden die Menschen an Hunger, weil ihre Felder nicht genug zum Sattwerden abwerfen. Wir dagegen bauen auf immer kleineren landwirtschaftlichen Flächen mit Glyphosat- und Düngerunterstützung Feldfrüchte an, nur um sie zu Treibstoffen, wie Methan oder Biodiesel verkommen zu lassen. Das schönste daran ist, mit welchen fadenscheinigen Begründungen dieses hirnrissige und unmoralische Verhalten schön geredet und begründet wird. :flop: usw. usw.

Ditmar 04.08.2019 19:48

@perser,
Strukturschwache Regionen gab es auch schon in den 60er Jahren im Westen, und daran hat sich bis Heute nichts geändert. Ich bin damals nach der Schule für eine Ausbildung dann eben mit 14,5 Jahren 1967 von zu Hause weg gegangen.
Und 1884 nach vielen Jahren auf Achse wäre ich gerne in meinem Haus geblieben. Aber es gab immer noch keine Arbeit, also der Arbeit hinterher, und das bis zum Rentenalter, so ist es nun mal, die Arbeit kommt nicht zu den Menschen, was auch ich bedaure, aber nicht ändern kann.
Man muss Heute leider oft weite Wege gehen oder auch umziehen, um einen Job zu bekommen, so ist es so wird es bleiben, und daran wird sich auch zukünftig nichts ändern.
Freunde von mir die sich nicht auf den Weg gemacht haben, leben auch Heute noch von schlecht bezahlten Jobs, denn was anderes gibt es nicht.


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 15:41 Uhr.