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Neonsquare 15.10.2011 14:23

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236665)
Was genau meinst Du?

Hatte ich eigentlich bereits oben geschrieben.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236665)
Das ist wohl eine der Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufschwung. Aber dass sich der Staat "aus weiten Teilen des Alltags" zurückgezogen hat ändert meiner Meinung nachts am totalitären Grundgerüst, in dem nach wie vor zensiert wird, Systemkritiker eingesperrt werden und der einfache Bürger wenig Möglichkeiten hat irgendwelche Rechte einzufordern, etwa ein Recht auf Unversehrtheit am Arbeitsplatz wo es vielfach Chemievergiftungen gibt, oder gegen die allgemeine Umweltvergiftung, oder gegen Enteignung von Wohn"eigentum" (gibt's das denn heute in China???) wenn dort größere Bauprojekte anstehen, oder oder oder...

Das hat aber nichts mit "totalitär" zu Tun. Es hat etwas mit fehlender Rechtsstaatlichkeit, Korruption und starken Klassenunterschieden zu tun. Folgender Beitrag ist übrigens nach meinem empfinden eine hervorragende Zusammenfassung:

10 Annahmen über China

Es ist kurz genug, das man sich die Zeit nehmen sollte das vollständig zu lesen und zeigt sehr deutlich wie ambivalent das Thema in Wirklichkeit ist.

Gruß,
Jochen

wus 15.10.2011 14:29

Ganz kurz - was heißt (bedeutet) für Dich dann der Begriff totalitär?

Ich les' in der Zwischenzeit mal die 10 Annahmen.

Ich war einige Male in der PRC und seither verfolge ich zumindest in dem Medien das Thema schon etwas aufmerksamer als der Durchschnittseuropäer (glaube ich jedenfalls).

---------- Post added 15.10.2011 at 15:23 ----------

Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1236672)

Schon ein interessanter Artikel, den ich auch lesenswert fand und jedem der sich dafür interessiert empfehlen kann. Für mich stand allerdings erwartungsgemäß nicht viel Neues drin.

Gleich im ersten Absatz ein Satz der Deiner Aussage
Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1235959)
Der (autoritäre) Staat hat sich aus weiten Teilen des Alltags zurückgezogen.

schon ziemlich widerspricht: "Chinas politisches System entspricht heute mehr einem autoritären Regime."

Weitere Zitate, die dich mir erlaube mal aus meiner Sicht zu kommentieren:

"Unter den jüngeren Parteimitgliedern dominiert mittlerweile die städtische Mittelschicht. Für sie ist die Mitgliedschaft in der KPCh eine Auszeichnung, die nur wenigen angetragen wird. Dem Kommunismus fühlen sie sich kaum noch verbunden. Ihnen geht es - ganz pragmatisch - in erster Linie um die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes."

"ganz pragmatisch" heißt dann eben im Zweifelsfall auch "ohne Rücksicht auf Verluste".

"Die Antwort der KPCh auf diese Entwicklung lautet „innerparteiliche Demokratie“

Besser wäre natürlich eine echte Demokratie, bei der das ganze Volk die Politik mitgestaltet.

"so wird schnell klar, dass auch diese Politik sich weniger durch Kohärenz, als vielmehr durch eine Vielzahl von neben- und gegeneinander arbeitenden Organisationen auszeichnet: Ministerien, Banken, Unternehmen – sie alle verfolgen hierbei ihre eigenen Interessen, Koordination findet kaum statt."

Wohl auch einer der Gründe warum die Interessen einzelner Bürger immer wieder untergebuttert werden. Gibt es in China eine Verfassung? Werden Menschenrechte offiziel anerkannt?

"Die ökonomische Reform kann danach nur erfolgreich sein bei gleichzeitiger Öffnung des Landes. Damit ist allerdings nur sehr begrenzt eine politische Reform verbunden. Forderungen nach einer Demokratisierung Chinas wurden stets konsequent unterdrückt."

(kein Kommentar:flop:)

"Bei ihrer Gier nach Reichtum ist den unbarmherzigen chinesischen Kaderkapitalisten jedes Mittel recht. Dieses Bild erfuhr einmal mehr seine Bestätigung, als im Sommer 2007 die Berichte von der Befreiung von Sklavenarbeitern aus den Minen und Ziegeleien der Provinz Shaanxi um die Welt gingen."

Bestätigt genau meinen Kommentar oben, "ohne Rücksicht auf Verluste".

Aus Angst vor dem Chaos glauben viele, auch gebildete und systemkritische Chinesen "Erst wenn China kein Entwicklungsland mehr sei, so ist vielerorts immer wieder zu hören, sei China "reif" für Demokratie."

Ich hingegen glaube, wenn China erst mal auf breiter Ebene kein Entwicklungsland mehr ist, ist es zu spät für den Schritt in die Demokratie. Schau Dir mal europäische Demokratiegeschichte an...

Diese ganzen Reformen und Reförmchen sind letzten Endes alle zur Zugeständnisse der KP an die wirtschaftliche Entwicklung, die alle nur einem Ziel dienen: dem Machterhalt der Partei. Und unter dem oben schon zitierten Verbund der Mittelschicht und Unternehmer mit der Partei heißt das, auch dem Machterhalt der Unternehmen.

Solange sich das nicht ändert und China sich klar zu Menschenrechten bekennt bleibt es für mich ein totalitärer Staat, auch wenn sich im Kleinen schon viel getan hat und noch mehr tun wird.

Neonsquare 15.10.2011 15:30

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
Ganz kurz - was heißt (bedeutet) für Dich dann der Begriff totalitär?

Wird auch bei den 10 Annahmen halbwegs klar. In einer totalitären Diktatur geht es insbesondere darum den Mensch nach dem Vorbild einer Ideologie zu gestalten. Deswegen wird bis in die intimsten Sozialverhältnisse der Machteinfluss ausgeübt. Die typischen Paradebeispiele für totalitäre Regimes waren Hitlers "Deutsches Reich" und die Sowjetunion zur Zeit des Stalinismus.

Die Einordnung des heutigen China als "totalitäres Regime" verkennt die heutigen Probleme des Landes und trivialisiert alles zu der scheinbaren Lösung "Regimesturz".

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
schon ziemlich widerspricht: "Chinas politisches System entspricht heute mehr einem autoritären Regime."

Nein das widerspricht sich nicht, weil ich ja nicht bezweifle, dass es ein autoritäres Regime gibt sondern dass es ein totalitäres Regime gibt.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
Weitere Zitate, die dich mir erlaube mal aus meiner Sicht zu kommentieren:

"Unter den jüngeren Parteimitgliedern dominiert mittlerweile die städtische Mittelschicht. Für sie ist die Mitgliedschaft in der KPCh eine Auszeichnung, die nur wenigen angetragen wird. Dem Kommunismus fühlen sie sich kaum noch verbunden. Ihnen geht es - ganz pragmatisch - in erster Linie um die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes."

"ganz pragmatisch" heißt dann eben im Zweifelsfall auch "ohne Rücksicht auf Verluste".

Nein, heißt es nicht. An dieser stelle heißt es, dass es diesen jungen Menschen in erster Linie um die Entwicklung des Landes geht und erst in zweiter, dritter oder n-ter um andere Fortschritte. Die Vorstellungen sind dabei nicht einheitlich. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass sie - wie du quasi implizierst - "über Leichen gehen".

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
"Die Antwort der KPCh auf diese Entwicklung lautet „innerparteiliche Demokratie“

Besser wäre natürlich eine echte Demokratie, bei der das ganze Volk die Politik mitgestaltet.

Wenn Du den Beitrag ganz gelesen hast, müsstest Du auch die Antwort darauf gelesen haben. Viele intellektuelle Chinesen - insbesondere auch Dissidenten sehen bei den schweren Problemen des Landes noch nicht die Zeit für eine Demokratie gekommen und selbst wenn sie kommt muss sie nicht ein Abbild unserer Systeme darstellen. Was in Ländern passiert, welchen "Demokratie" gewaltsam aufgenötigt wird haben wir zur Genüge in den Nachrichten verfolgen dürfen. Das muss eine eigene Entwicklung sein.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
"so wird schnell klar, dass auch diese Politik sich weniger durch Kohärenz, als vielmehr durch eine Vielzahl von neben- und gegeneinander arbeitenden Organisationen auszeichnet: Ministerien, Banken, Unternehmen – sie alle verfolgen hierbei ihre eigenen Interessen, Koordination findet kaum statt."

Wohl auch einer der Gründe warum die Interessen einzelner Bürger immer wieder untergebuttert werden. Gibt es in China eine Verfassung? Werden Menschenrechte offiziel anerkannt?

Dieser Teil des Beitrags widerlegt ja die These eines zentral organisierten Regimes. Dem Mythos, dass einige wenige tatsächlich alles bestimmen könnten. Stattdessen gibt es teilweise zuviel Stellen, die teilweise völlig unkoordiniert handeln und walten. Das hat natürlich auch negative Konsequenzen auf die Interessen der Bürger. Aber wie kann da ein "Regimesturz" helfen? Die heutige Situation ist ein Resultat Deng Xiao-pings angestossener Reformprozesse. Das skurrile an der Situation ist, dass China in diesen Bereichen heute MEHR gebündelte Kontrolle als WENIGER gebündelte Kontrolle braucht.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
"Die ökonomische Reform kann danach nur erfolgreich sein bei gleichzeitiger Öffnung des Landes. Damit ist allerdings nur sehr begrenzt eine politische Reform verbunden. Forderungen nach einer Demokratisierung Chinas wurden stets konsequent unterdrückt."

(kein Kommentar)

Du wirfst ganz schon viele Bruchstücke des Beitrags wild verwürfelt hier her. Ich kann nur hoffen, dass andere sich die Mühe machen und den ursprünglichen Text vollständig lesen. Der von Dir zitierte Satz bezog sich auf die Wandlung von Maos totalitärem, ideologischen Regime hin zu einer neuen Ordnung die ökonomisch Orientiert ist. Das war zu einer Zeit als durch Maos weltfremdes und ideologisches Mammut-Projekt "Großer Sprung" eine krasse Misswirtschaft entstand in der 15-45 Millionen Menschen verhungerten! Für uns am reich gefüllten Tisch mit den Füßen am Ofen ist "Demokratie" natürlich toll - aber diese hatten andere Probleme. Demokratie kann man nicht essen.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
"Bei ihrer Gier nach Reichtum ist den unbarmherzigen chinesischen Kaderkapitalisten jedes Mittel recht. Dieses Bild erfuhr einmal mehr seine Bestätigung, als im Sommer 2007 die Berichte von der Befreiung von Sklavenarbeitern aus den Minen und Ziegeleien der Provinz Shaanxi um die Welt gingen."

Bestätigt genau meinen Kommentar oben, "ohne Rücksicht auf Verluste".

Sehr selektiv zitiert!!! Eine Verdrehung der Tatsachen! Absicht? Es geht nämlich weiter:

Zitat:

Doch was in Deutschland oft übersehen wird: Die chinesische Führung ist sich dessen sehr wohl bewusst und hat bereits vor fünf Jahren den sozialen Ausgleich in den Mittelpunkt ihrer Politik gestellt, emblematisch zusammengefasst unter dem allgegenwärtigen Schlagwort der "Harmonischen Gesellschaft". Neue Sozial-, Renten-, und Krankenversicherungssysteme sind seitdem im Aufbau begriffen – ein Mammutprojekt bei 1,3 Milliarden Menschen.
Wohlgemerkt - das ist nicht die Beurteilung eines KP-Mitglieds sondern aus diesem Beitrag der Konrad-Adenauer-Stiftung, die nun wirklich nicht als Sprachrohr des Kommunismus bekannt ist.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
Aus Angst vor dem Chaos glauben viele, auch gebildete und systemkritische Chinesen "Erst wenn China kein Entwicklungsland mehr sei, so ist vielerorts immer wieder zu hören, sei China "reif" für Demokratie."

Ich hingegen glaube, wenn China erst mal auf breiter Ebene kein Entwicklungsland mehr ist, ist es zu spät für den Schritt in die Demokratie. Schau Dir mal europäische Demokratiegeschichte an...

Ach? Das dritte Reich war kein Entwicklungsland mehr. Die DDR war auch kein Entwicklungsland.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
Diese ganzen Reformen und Reförmchen sind letzten Endes alle zur Zugeständnisse der KP an die wirtschaftliche Entwicklung, die alle nur einem Ziel dienen: dem Machterhalt der Partei. Und unter dem oben schon zitierten Verbund der Mittelschicht und Unternehmer mit der Partei heißt das, auch dem Machterhalt der Unternehmen.

Seltsam - wieso ziehen gerade diese Unternehmen (übrigens auch viele westliche) - aktuell aus China ab und nach Bangladesh und Vietnam? Sie sind dabei ja sogar ganz offen und sagen, dass ihnen Löhne, Gewerkschaften und Arbeitsrecht in China zuviel werden. Solange es Länder gibt in welche diese Heuschrecken weiterziehen können ist das Problem nicht gelöst.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1236676)
Solange sich das nicht ändert und China sich klar zu Menschenrechten bekennt bleibt es für mich ein totalitärer Staat, auch wenn sich im Kleinen schon viel getan hat und noch mehr tun wird.

Ok dann mal andersrum - begründe Du, warum das heutige China totalitär ist. Ich bin sehr gespannt.

Gruß,
Jochen

Ditmar 15.10.2011 16:16

Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1236672)
10 Annahmen über China

Es ist kurz genug, das man sich die Zeit nehmen sollte das vollständig zu lesen und zeigt sehr deutlich wie ambivalent das Thema in Wirklichkeit ist.

Gruß,
Jochen

Mag ja alles Richtig sein, aber auch das ist am Ende nur eine Beschreibung wie es der Autor sieht, ich kann und darf das Ganze auch sicher anders betrachten und komme damit eventuell zu einem ganz anderen Ergebnis.
Da kannst de schreiben und zitieren so lange Du möchtest.;)

Hansevogel 15.10.2011 16:44

Zu beachten ist auch, daß der Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung schon gut drei Jahre alt ist.
Gerade in China ist da schon viel passiert. Ob nun zum Guten oder nicht, kann ich nicht beurteilen.

Gruß: Joachim

XG1 16.10.2011 12:12

Zitat:

Zitat von steve.hatton (Beitrag 1232975)
vor 50 Jahren hat sicher auch nicht jeder jeden Tag Fleisch gegessen - dann gibt`s halt nur 2 x pro Woche ein Schnitzel - dafür aber ein "sauberes".

Wie bitte? 1961? Sauberes Schnitzel??? Ruhrgebtiet komplett unter Nitrodampf mit Schwarzpartikeln drin, an denen Gott weiß was hing, Futterpflanzen "DDT-beschützt", Zitat 1961: "Vater Rhein ist die größte Kloake Europas..." u.s.w.

Sehr schmerzlich (100e von toten und vergifteten Kindern) und ganz langsam beginnen aber auch die Chinesen ihre Lektion zu lernen und hatten ja kürzlich 100te von Bleibatteriefabriken ersatzlos und unwiederuflich geschlosssen.
http://www.dowjones.de/site/2011/08/...-recycler.html

wus 16.10.2011 18:44

Ich hatte bewusst etwas einseitig zitiert, einfach um zu zeigen dass trotz Fortschritten in China da noch vieles im Argen ist, und das auch in dem von Dir verlinkten Artikel durchaus zum Ausdruck kommt, wenn auch nicht immer ohne Gegenbeispiel oder in einem größeren, relativierenden Rahmen.

Interessant auch dass der insgesamt doch einigermaßen positive Artikel 3 Jahre alt ist und damit genau aus der Zeit um die Olympiade stammt, einer Zeit in der sich das chinesische Regime sehr um ein positives Bild in der Weltöffentlichkeit bemühte. Im Nach der Olympiade musste da schon manches Detail korrigiert werden. Es wäre interessant wie die KAS die Situation heute beschreiben würde. Oder bist Du, Neonsquare, etwa der Autor? Der Vorname würde ja passen...

Mein Verständnis des Begriffs Totalitarismus habe ich inzwischen korrigiert, da lag ich in der Tat falsch.

Was bleibt ist allerdings meine Grundaussage: solange die KP alles tut um ihre Macht zu erhalten wird dies Opfer fordern, insbesondere bei Menschenrechten und Umweltschutz.

Ich gönne den Chinesen die Fortschritte bei Löhnen, Arbeitsrecht und auch die ersten Ansätze von Umweltschutz von Herzen, aber solange sich die von der KP vorgegebenen Rahmenverhältnisse nicht ändern wird dies immer Stückwerk bleiben.

Neonsquare 16.10.2011 21:06

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1237026)
Ich hatte bewusst etwas einseitig zitiert, einfach um zu zeigen dass trotz Fortschritten in China da noch vieles im Argen ist, und das auch in dem von Dir verlinkten Artikel durchaus zum Ausdruck kommt, wenn auch nicht immer ohne Gegenbeispiel oder in einem größeren, relativierenden Rahmen.

Tut mir Leid, das ist echt nicht böse gemeint ;), aber du hast alles andere als "etwas einseitig" zitiert. Du hast - bewusst oder aus Schlampigkeit - völlig unterschiedliche Bereiche und Personengruppen in einen scheinbaren Kontext gestellt. Du hast versucht Dein falsches Faktenbild durch zusammenkleben von unzusammenhängenden Bruchstücken zu erhalten.

Offenbar hast Du den Eindruck, wir würden darüber Diskuttieren ob es in China heute noch Probleme gibt. Keine Ahnung wie Du auf den Trichter kommst. Natürlich hat das Land und die Menschen massive existenziellen Probleme. Teilweise weniger, teilweise schlimmer denn je. Auch der verlinkte Beitrag nimmt da kein Blatt vor den Mund. Ich habe nirgends behauptet, dass in China "nichts mehr im Argen" läge. Unsere ganze Diskussion ging darum, dass Dein Bild des modernen China völlig überholt ist, Du scheinst offenbar überhaupt keine Ahnung der tatsächlichen kritischen Probleme zu haben. Das ist nichts wirklich besonderes - 99% der Deutschen interessiert sich überhaupt nicht für China und begnügt sich mit pauschalisierten und veralteten Propagandathesen aus der Zeit des Kalten Krieges.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1237026)
Interessant auch dass der insgesamt doch einigermaßen positive Artikel 3 Jahre alt ist und damit genau aus der Zeit um die Olympiade stammt, einer Zeit in der sich das chinesische Regime sehr um ein positives Bild in der Weltöffentlichkeit bemühte. Im Nach der Olympiade musste da schon manches Detail korrigiert werden. Es wäre interessant wie die KAS die Situation heute beschreiben würde. Oder bist Du, Neonsquare, etwa der Autor? Der Vorname würde ja passen...

Nein :D- ich kenne den Autor auch nicht und habe keinerlei Verbindungen zur Konrad-Adenauer-Stiftung. Der Artikel fasst lediglich Fakten zusammen, die ich selbst auch aus vielen einzelnen Quellen über die letzten 10-11 Jahre recherchiert habe. Der Artikel ist übrigens tatsächlich nicht aus Zufall zur Zeit um die Olympiade erschienen - denn das war auch eine Zeit in der unsere Medien teilweise ganz besonders unrühmlich durch schlecht recherchierte Artikel und Mythospflege aufgefallen sind. Verschiedene renommierte Institute haben das kritisiert - u.a. eben die Konrad Adenauer Stiftung.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1237026)
Mein Verständnis des Begriffs Totalitarismus habe ich inzwischen korrigiert, da lag ich in der Tat falsch.

Dann war die Müh wenigstens nicht völlig umsonst ;)

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1237026)
Was bleibt ist allerdings meine Grundaussage: solange die KP alles tut um ihre Macht zu erhalten wird dies Opfer fordern, insbesondere bei Menschenrechten und Umweltschutz.

Jeder darf meinen was er will. Deine Grundaussage ist halt nur etwas witzlos, weil dabei gleich zig Dinge ungeklärt sind:

1) Wer ist "die KP" genau?
2) Was genau tut denn diese KP?
3) Tun das alle in dieser KP?
4) Tut das nur diese KP?
5) Ist "Die KP" überhaupt der richtige Mengenbegriff für jene, die sich gegen Fortschritte stemmen?

Aber ich will das eigentlich gar nicht diskutieren, da fehlt irgendwie die gemeinsame Grundlage. Alleine schon daraus könnte irgendein Dödel womöglich ableiten wollen ich wäre "auf der Seite der KP". Ich nehme aber grundsätzlich keine Seite ein.

Zitat:

Zitat von wus (Beitrag 1237026)
Ich gönne den Chinesen die Fortschritte bei Löhnen, Arbeitsrecht und auch die ersten Ansätze von Umweltschutz von Herzen, aber solange sich die von der KP vorgegebenen Rahmenverhältnisse nicht ändern wird dies immer Stückwerk bleiben.

Zu simpel - die von Dir bei dieser Aussage (durchaus zurecht) als Bremse benannte KP ist genau jene Institution, welche diese Rahmenbedingungen geändert hat. Das klingt nur solange widersprüchlich bis man anfängt sich wirklich mal ernsthaft damit zu beschäftigen.

steve.hatton 17.10.2011 21:52

Eine Kleinigkeit, die gerade in der jetzigen Zeit interessant ist, könnte folgende sein:

Wer hat die Macht im Staat: In China die Regierung/KP/Partei...

In der "demokratischen Welt": die Banken und Finanzinvestoren.

Letztendlich stellt sich die Frage ob der KP-Kapitalismus nicht der kontrollierbarere ist - wenn nun noch die Parteien demokratisch gewählt würden, könnte das eine Regierungsform der Zukunft sein....aber wahrscheinlich zu "einfach" gedacht.

Generell, wenn man zum Thema zurückkehrt, sind die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen wohl auf "Kulturen" zurückzuführen, die das Individuum nicht besonders hoch schätzen.

Neonsquare 17.10.2011 22:16

Zitat:

Zitat von steve.hatton (Beitrag 1237568)
Eine Kleinigkeit, die gerade in der jetzigen Zeit interessant ist, könnte folgende sein:

Wer hat die Macht im Staat: In China die Regierung/KP/Partei...

Ist halt immer die Frage - faktisch oder nur auf dem Papier oder (meistens) ein Mischmasch.

Zitat:

Zitat von steve.hatton (Beitrag 1237568)
In der "demokratischen Welt": die Banken und Finanzinvestoren.

Zumindest bekommt man manchmal diesen Eindruck :lol:
Gar so einseitig ist es aber dann nun doch nicht: Trotz aller Unkenrufe haben auch viele andere Institutionen Macht. Beispielsweise bestimmte Verbände oder z. B. unser liebes BKA usw. usf.

Zitat:

Zitat von steve.hatton (Beitrag 1237568)
Letztendlich stellt sich die Frage ob der KP-Kapitalismus nicht der kontrollierbarere ist - wenn nun noch die Parteien demokratisch gewählt würden, könnte das eine Regierungsform der Zukunft sein....aber wahrscheinlich zu "einfach" gedacht.

Was meinst Du mit "kontrollierbarer"? Wer kontrolliert das denn? Der Wähler? Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung sind zwei wichtige Aspekte, an welchen China noch hart arbeiten muss. Gerade bei der Gewaltenteilung ist das Problem aber heute tatsächlich, dass es viele unkontrollierte, chaotische Gewalten im Land gibt und ohne rechtsstaatliche Prinzipien funktioniert das nicht. Selbst bei uns verstoßen Politiker regelmäßig gegen rechtsstaatliche Prinzipien und kommen manchmal sogar damit durch.

Zitat:

Zitat von steve.hatton (Beitrag 1237568)
Generell, wenn man zum Thema zurückkehrt, sind die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen wohl auf "Kulturen" zurückzuführen, die das Individuum nicht besonders hoch schätzen.

Gefährliche Einschätzung. In Asien wird nicht das Individuum "geringgeschätzt" sondern die Familie "besonders hoch" geschätzt. Das ist natürlich alles nicht schwarz und weiß. Auch bei uns gibt es familiäre Prinzipien und Gemeinschaftsgefühl, genauso wie es in Asien Individualismus gibt. Dort wird auch gelebt und geliebt wie bei uns auch. Deine Aussage habe ich schon öfter gehört - das kommt immer mal wieder bei Diskussionen über Asien generell auf - sei damit trotzdem bitte besser vorsichtig gegenüber Mitgliedern dieser Kulturen. Es gab Zeiten bei uns - noch nicht allzulange her - da hat man auch von "Sklavenvölkern" gesprochen, die Kulturell/ethnisch nur zu einem solchen "Sklavendasein" geeignet wären. Ich bin froh dass die Zeiten derartiger Gedanken vorbei sind.


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