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zippo 27.03.2012 22:18

Zitat:

Ich verwende ihn nicht, da mir die Einstellungen nichts helfen. Ich möchte die Bilddaten so haben, wie sie der Realität am ähnlichsten sind und dann drehe ich dran.
Dann musst Du Dir eine Kamera mit Foveon-Sensor zulegen. Die Farben der Realität sind bei den Bayer-Sensoren erst einmal verschwunden und können nur noch interpoliert werden, wobei jeder RAW-Konverter seinen eigenen Algorithmus dafür hat. Es ist nicht möglich zu urteilen, was näher an der Realität ist, weil der Sensor gar nicht in der Lage ist die Realität festzuhalten.

Viele Grüße von Zippo!

Neonsquare 27.03.2012 23:04

@Zippo
Nein - gar so schlimm ist es nun doch wieder nicht. Natürlich kann man auch mit einem Bayer-Sensor objektiv farbecht fotografieren. Dazu gehört allerdings ein von Anfang bis Ende geschlossener, profilierter Workflow. Das Resultat ist niemals perfekt, aber objektiv messbar.

Auch ist ein Foveon-Sensor keinesfalls "echter". Auch bei Foveon ist die Farbintetpretation alles andere als einfach oder direkt. Die Farbtrennung zwischen den Schichten ist derart schlecht, dass sie auch erst wieder Sensorabhängig separiert werden muss. Das gelingt niemals perfekt. Ebenso ist Foveon anfällig für Farbverfälschung durch Rauschen - vor allen im langwelligen Bereich (Rot). Ein Vorteil des Foveon-Prinzips gegenüber Bayer ist, dass es nicht zu spatialen Farbartefakten kommt - also zu Farbfehlern bei feinen Strukturen.

maceis 28.03.2012 07:04

Jetzt wird es langsam philosophisch :).

Realität ist m. E. ein sehr relativer Begriff und immer durch die Wahrnehmung des Einzelnen gefiltert.
Hinzu kommen u. a. kulturell bedingte Gepflogenheiten sowie die (meist unbewusste) Interpretation des Gesehenen etc.
Zudem ist es ja auch eher selten der Fall, dass Photographen primär nach einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Abbildung streben sondern eher nach einem "guten" Bild.

Es ist auch keineswegs bewiesen, dass der physische Vorgang des "Sehens" bei allen Menschen exakt gleiche Ergebnisse liefert (eher im Gegenteil), mal ganz abgesehen von den unterschiedlichen Sehfähigkeiten bei Menschen und Tieren z. B. hinsichtlich Farbsehen, Lichtempfindlichkeit, Sehschärfe etc.

Auch ist es so, dass schon bei der klassischen Photographie z. B. durch Auswahl des verwendeten Filmmaterial, der Papiere, der Entwicklungsprozesse usw. ganz unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden konnten.
Das gilt natürlich in ähnlicher Weise auch für digitale Photographie.
Kann man eines dieser möglichen Ergebnisse als das objektiv wirklichkeitsgetreuste bezeichnen?
Ich glaube eher nicht.

Weiter geht es, mit den Gestaltungsmöglichkeiten durch Auswahl von Blende und Verschlusszeit?
Kann man z. B. ein Porträtphoto mit unscharfem Hintergrund noch als realitätsgetreu bezeichnen?
Ich meine ja, obwohl es von dem abweicht, was wir mit unseren Augen wahrnehmen.

Aus diesen Gründen halte ich es grundsätzlich für problematisch, gerade beim Photographieren für problematisch, über "realitätstreue" Abbildung zu sprechen bzw. die "realitätsgetreue" Abbildung in den Vordergrund des Interesses stellen?

Letztendlich könnte man sogar behaupten, dass die sehr dunklen Bilder nach Anwendung der Bayer Filter die "Realität" sogar besser wiedergeben, als die entwickelten Bilder, da sie die "Tatsächliche Helligkeitsverteilung wiedergeben und noch nicht an die selektiven Sehfähigkeiten des menschlichen Auges angepasst werden.

Im Endeffekt stellen die meisten Bilder m. E. eine individuelle Interpretation der "Realität" dar.
Allerdings können natürlich bestimmten Aspekte der Wirklichkeit hervorgehoben oder überspielt werden.
Dennoch bin ich persönlich der Ansicht, dass auch sehr unterschiedliche Bilder des gleichen Motivs nebeneinander als realitätsgetreu bezeichnet werden können.

Eigentlich wollte ich gar nicht so viel dazu schreiben.
Wie gesagt, nur ein paar philosophische Überlegungen am Rande.

Neonsquare 28.03.2012 08:43

@maceis
Nichtsdestotrotz kann man trotzdem unter Laborbedingungen ein Farbtarget abfotografieren und anhand der Ergebnisse der Kamera eine objektiv messbare Aussage über z.B. deren Farbdifferenzierung und Genauigkeit treffen. Auch das Vorhandensein oder fehlen von Artefakten ist objektiv.

Dat Ei 28.03.2012 08:49

Moin, moin,

Zitat:

Zitat von maceis (Beitrag 1300349)
Realität ist m. E. ein sehr relativer Begriff und immer durch die Wahrnehmung des Einzelnen gefiltert.
Hinzu kommen u. a. kulturell bedingte Gepflogenheiten sowie die (meist unbewusste) Interpretation des Gesehenen etc.
Zudem ist es ja auch eher selten der Fall, dass Photographen primär nach einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Abbildung streben sondern eher nach einem "guten" Bild.

anders rum wird ein Schuh raus. Die Realität ist nicht subjektiv, sondern objektiv. Kurz gesagt, es ist das Ding als solches. Was wir beschreiben, was wir sehen, was unsere Kameras aufnehmen, ist eine Wirklichkeit, die wir bzw. unsere Kameras wahrnehmen. Das ist immer nur ein unvollständiges Abbild der Realität. Sehen ist kein rein optischer Prozeß, sondern im Wesentlichen ein kognitiver. Wir erkennen auch nur, was wir wiedererkennen.


Dat Ei

Neonsquare 28.03.2012 10:14

Zitat:

Zitat von Dat Ei (Beitrag 1300367)
anders rum wird ein Schuh raus. Die Realität ist nicht subjektiv, sondern objektiv.

Vorsicht: Das lässt sich so leider nicht allgemeingültig aussagen. Insbesondere weil der Begriff "Realität" sehr ambivalent ist und z.B. mit dem Begriff "Wirklichkeit" nicht identisch ist. Des Einen Realität kann des anderen Irrglaube sein.

Zitat:

Zitat von Dat Ei (Beitrag 1300367)
Kurz gesagt, es ist das Ding als solches.

"Dinge an sich" ist z. B. eine Formulierung von Kant und steht für die Außenwelt, deren Eigenschaften der Mensch allerdings nicht vollständig wahrnehmen kann. Stattdessen "sieht" der Mensch nur sogenannte Erscheinungen, die zwar subjektiv sind, jedoch auch von anderen Menschen so wahrgenommen werden (Intersubjektivität). Diese Welt der Erscheinungen kann deshalb als objektiv angesehen werden, obwohl sie eben gerade nicht, dem "Ding an sich" entspricht.

Zitat:

Zitat von Dat Ei (Beitrag 1300367)
Was wir beschreiben, was wir sehen, was unsere Kameras aufnehmen, ist eine Wirklichkeit, die wir bzw. unsere Kameras wahrnehmen. Das ist immer nur ein unvollständiges Abbild der Realität. Sehen ist kein rein optischer Prozeß, sondern im Wesentlichen ein kognitiver. Wir erkennen auch nur, was wir wiedererkennen.

Kurz: Fotografieren ist abbilden. Eine Abbildung ist "realistisch", wenn deren intersubjektiv wahrgenommenen Eigenschaften möglichst unverzerrt jenen entsprechen die man am Motiv wahrgenommen hat.*

Praxis: wenn wir ein Farbtarget haben, dann sind die Farbwerte mit einem Spektrometer messbar. Die Messung ist für jedermann nachvollziehbar. Ebenso ist für jedermann nachvollziehbar, dieses Farbtarget unter den gleichen Laborbedingugen abzufotografieren und dann ein Profil zu errechnen, das die interpolierten Farbwerte des Sensors möglichst auf die Sollwerte bringt. Somit lassen sich auch technische Aussagen zu diesem Sensor treffen. Ob allerdings eine bestimmte Farbdifferenzierung oder ein Mangel daran sich in der menschlichen Farbwahrnehmung widerspiegelt, oder am Ende nur ein Wert in einer Messtabelle bleibt, das steht auf einem anderen Blatt.

Dat Ei 28.03.2012 11:39

Moin, moin,

Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1300388)
Vorsicht: Das lässt sich so leider nicht allgemeingültig aussagen. Insbesondere weil der Begriff "Realität" sehr ambivalent ist und z.B. mit dem Begriff "Wirklichkeit" nicht identisch ist. Des Einen Realität kann des anderen Irrglaube sein.

ich habe in meinem Posting die Begriffe Realität und Wirklichkeit unterschieden.



Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1300388)
"Dinge an sich" ist z. B. eine Formulierung von Kant und steht für die Außenwelt, deren Eigenschaften der Mensch allerdings nicht vollständig wahrnehmen kann. Stattdessen "sieht" der Mensch nur sogenannte Erscheinungen, die zwar subjektiv sind, jedoch auch von anderen Menschen so wahrgenommen werden (Intersubjektivität). Diese Welt der Erscheinungen kann deshalb als objektiv angesehen werden, obwohl sie eben gerade nicht, dem "Ding an sich" entspricht.

Wie objektiv die Wahrnehmung solcher Erscheinungen sind, erkennt man, wenn man Farbenblinde nach ihren Eindrücken fragt, oder sich das Phänomen des Metamerismus vor Augen führt. Nachdem das Sehen mehr im Hirn, denn im Auge stattfindet, sind der Objektivität hier schnell Grenzen gesetzt.

Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1300388)
Kurz: Fotografieren ist abbilden. Eine Abbildung ist "realistisch", wenn deren intersubjektiv wahrgenommenen Eigenschaften möglichst unverzerrt jenen entsprechen die man am Motiv wahrgenommen hat.*

Praxis: wenn wir ein Farbtarget haben, dann sind die Farbwerte mit einem Spektrometer messbar. Die Messung ist für jedermann nachvollziehbar.

Aber was hast Du denn nun gemessen? Die Farbe des Objekts unter ganz bestimmten Bedingungen. Was, wenn ich die Bedingungen ändere? Welche Farbe hat das Ding denn nun an sich und objektiv betrachtet?

Zitat:

Zitat von Neonsquare (Beitrag 1300388)
Ebenso ist für jedermann nachvollziehbar, dieses Farbtarget unter den gleichen Laborbedingugen abzufotografieren und dann ein Profil zu errechnen, das die interpolierten Farbwerte des Sensors möglichst auf die Sollwerte bringt.

D'accord - unter gleichen Bedingungen misst Du gleiche Werte - also nur eine bedingte Objektivität?!? Geht der Begriff der Realtität nicht deutlich darüber hinaus? Ein Würfel ist und bleibt ein Würfel, selbst wenn Du ihn überhaupt nicht sehen kannst. Sein Wesen ist unabhängig von unserer Wahrnehmung.


Dat Ei

mrieglhofer 28.03.2012 12:28

Also philosophieren ist ja ganz nett. Aber hilfts weiter.

Zitat:

Aber was hast Du denn nun gemessen? Die Farbe des Objekts unter ganz bestimmten Bedingungen. Was, wenn ich die Bedingungen ändere? Welche Farbe hat das Ding denn nun an sich und objektiv betrachtet?
Die Farbe ist unabhängig von den Bedingungen die Reflexion der jeweiligen Wellenlängen. Ist ja eine Art Übertragungsfunktion Die wird auch mit dem entsprechenden Messgerät gemessen. Abhängig von der Beleuchtung ändern sich natürlich die reflektierten Anteile auch. Das kannst du aber dann problemlos ausrechnen.

Also damit ist die Farbe an sich schon absolut. Wie sie sich für uns darstellt, nicht.

Zitat:

Ein Würfel ist und bleibt ein Würfel, selbst wenn Du ihn überhaupt nicht sehen kannst. Sein Wesen ist unabhängig von unserer Wahrnehmung
Warum soll ein Würfel ein Würfel sein, wenn ich eine Kugel sehe, weil mein Auge die geraden Linien verzerrt. Ein Würfel kann auch eine Kugel sein, wenn ich dazu Würfel sage. Der Würfel ist ja nur deswegen ein Würfel, weil sich das so eingebürgert hat.

Xatalan 28.03.2012 12:45

In CaptureOne gibt es ein lineares Profil, welches genau so entwickelt wie der Threadersteller es gern hätte. Das Bild wird aus dem Raw konvertiert ohne Gammakorrektur, Kontrastkurvenanpassung usw. Das geht so in Lightroom z.B. nicht, denn dort ist ein Bild auch wenn alle Werte auf 0 stehen, schon massiv vorverarbeitet.

Neonsquare 28.03.2012 14:23

@Xatalan
Bei Adobe geht das mit einer Konvertierung nach Linear DNG. Das kann man dann in allen Programmen die Linear DNG verstehen weiterverarbeiten.


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