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eiq 23.03.2011 10:50

Zitat:

Zitat von WB-Joe (Beitrag 1160155)
Die Verlängerung der Laufzeit der AKWs aus den 1970ern ist sicher eine gute Sache. Wir sollten da alle dahinter stehen und nur drei Monate aussetzen mit der Reaktorsicherheit, uns steht dann eine strahlende Zukunft bevor.
Fujikato 1-6 sind Siedewasserreaktoren wie ISAR 1.....:roll:
Der älteste Schrott sind die ungekapselten Siedewasserteile.
Und dann kommen die zwar gekapselten aber nicht viel sichereren Druckwasserteile, abenfalls Schrott aus den 1980er Jahren.

Zum Thema Schrott habe ich letztens einen schönen Artikel aus der 48. Ausgabe des Spiegel aus dem Jahre 1975 gefunden:

Zitat:

Zitat von DER SPIEGEL
Dabei wächst offenbar das Sicherheitsrisiko auch noch mit zunehmendem Alter der Anlage. Mit neun Jahren Betriebsdauer ist Gundremmingen das älteste Groß-Kernkraftwerk der Bundesrepublik. Und erst kürzlich, bei einer Tagung des Instituts für Reaktorsicherheit in Köln, klagte Gundremmingen-Direktor Dr. August Weckesser, sein Werk verlange schon jetzt steigenden Aufwand für Wartung und Instandhaltung. Zudem seien seine Mitarbeiter inzwischen soweit strahlenvorbelastet, daß sie sich nicht mehr während der ganzen üblichen Arbeitszeit in den gefährlichen Bereichen aufhalten können.

Solche Äußerungen werfen die Frage auf, ob konventionelle Schätzungen noch haltbar sind, nach denen Atomkraftwerke auch der ersten Generation eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren hätten. Immer häufigere Leckagen und zunehmende Materialermüdung werden beispielsweise auch aus amerikanischen Kraftwerken gemeldet, die länger als fünf Jahre in Betrieb sind.

Quelle: DER SPIEGEL

Man bedenke, dass diese Zeilen vor über 35 Jahren geschrieben wurden ...

Gruß, eiq

Jan 23.03.2011 11:42

Nur eine Info, nicht um die Katastrophe zu relativieren:

Sievert berücksichtigen die biologische Wirksamkeit der Strahlung, aber nicht die Abschirmung.

Bei Alpha-Strahlern hängt die Biologische Wirksamkeit extrem davon ab, ob sie inkorporiert werden oder nicht, das wird bei der Angabe der Dosis vermutlich berücksichtigt.

Derzeit ist vermutlich das I-131. gamma- und beta-Strahler das Hauptproblem, mit einer Halbwertszeit von 8 Tagen, ist dieser Teil des Spuks bald vorbei.
I-131 wird zwar seit vielen Jahrzehnten zur Behandlung gut- und bösartiger Schilddrüsen-Erkrankungen eingesetzt, es gibt auch gute Daten,d ass man sich dabei keine Sorgen machen muss, aber in den Dosen, die bei einem Reaktorunfall auftreten, ist es für kindliche Schilddüsen äußerst gefährlich (Auslösen von Schilddürsenkrebs, der dann zwar meist behandel-/heilbar ist, aber das ist nur ein schwacher Trost).

Das Cs-137 wird uns lang begleiten, HWZ 30 Jahre, das finden wir auch hier noch in Pilzen und Wildschweinen, meist aber unter den Grenzwerten. Jäger müssen Ihr Fleisch aber immer noch freimessen. Bei uns wird aber zum Glück ein erheblicher Verdünnungseffekt dafür sorgen, dass wir nicht in Panik verfallen müssen.

In wie weit Plutonium (alpha-Strahler und hochgiftiges Schwermetall) eine Gefahr darstellt, vermag ich nicht zu sagen, ich habe auf fie Schnelle auch keine Informationen gefunden.

Jan

André 69 23.03.2011 12:01

Hallo,

... mir tun die Japaner wirklich leid, aufrichtig leid! Wenn man ihre Kultur betrachtet, so kommt für die, die es sich leisten könnten ja nichtmal eine Flucht in ein anderes Land in Frage. Als Japaner lebt man in Japan.

Was mich allerdings ankotzt ist die deutsche Panikmache der meisten Medien.
Es werden reißerische Überschriften gewählt, um sich am ende des Artikels dahingehend zu korrigieren, etwa wie Die ankommende Radioaktivität werde jedoch „sehr, sehr niedrig sein“.
Das hat nichts mit Aufklärung zu tun, schon gar nicht mit gutem Journalismus!

Was den GAU in Japan betrifft, so fragt sich doch ein Pessimist wie ich, wie man die Reaktoren welche aus dem kontrollierbaren Bereich sind wieder kontrollierbar machen will.
Wir reden ja nicht von einem Wasserhahn der kaputt ist und ausgetauscht werden muss, und man evtl. dabei nass wird.
Hier kann es nur um Schadensbegrenzung gehen, und das leider unter großen Opfern.
Ich war bis vor einer Woche auch noch der naiven Hoffnung, daß es glimpflicher abgeht, aber man kann ja im Internet alles nachlesen, im Fernsehen sich erklären lassen (worauf ich gern verzichte), wie hilflos man vor Ort ist.
Wenn man nüchtern solche Aktionen wie anfänglich mit dem Wasserwerfer betrachtet, wo wohl 30m³ Wasser in das Gebäude gespritzt wurden, um das Abklingbecken zu füllen welches 2000m³ Wasser fasst, und anschließend diese Aktion als gelungen dargestellt wird ... ?
Ich habe große Achtung vor den Leuten, die dort wissend in den Strahlentod gehen, mit der Hoffnung noch mehr Schaden abzuwenden!

Und um auf den Satz von aidualk einzugehen, der mir auch geläufig ist (Treffen sich 2 Planeten ...)
Die Menschheit wird nicht mit einem großen Knall untergehen, so human sind wir nicht, es wird schleichend sein, so wie wir schleichend - aber mit beiden Händen und ohne Kopf - unseren Planeten immer weiter vergiften ...

Wer sich einen Kopf um die nun freigesetzte Radioaktivität macht - hier in Deutschland - der sollte auch mal Artikel lesen, die schon vor Fukushima da waren:

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kernwaffentests

http://de.wikipedia.org/wiki/Eniwetok

Und das ist Themenbezogen nur ein kleiner Aspekt...

Gruß André

WB-Joe 24.03.2011 01:29

Zitat:

Zitat von eiq (Beitrag 1160212)
Zum Thema Schrott habe ich letztens einen schönen Artikel aus der 48. Ausgabe des Spiegel aus dem Jahre 1975 gefunden:


Quelle: DER SPIEGEL

Man bedenke, dass diese Zeilen vor über 35 Jahren geschrieben wurden ...

Gruß, eiq

Danke, 1975 war ich noch ein kleiner Bub.
Was zeigen uns jetzt die aufgeführten Beispiele?
Der Dreck gehört schnellstens abgeschaltet, egal welche Lügen die Atomindustrie und die Merkel-Regierung uns vorsetzt.
Am Rhein gab es 13xx ein Beben mit Stärke 10,00. Da bleibt keines der deutschen AKWs funktionstüchtich. Aber gar keins!!
Der Tree-Mile-Island-Unfall ist passiert weil ein Wasserschlauch an einem Druckluftventil angeschlossen wurde, und der Greifswaldunfall 1975 ist passiert weil Elektriker einem Lehrling die Umschaltung der Spannung zeigen wollte.
Alle gravierenden Unfälle (Mayak/Three-Mille-Island/ Tschernobyl/Futschikato) basierten auf einer Unfallkette aus vorranging technischem und anchließenden menschlichem Versagen.
Und das ist sicher?
Übrigens wurde der Vorfall in Japan mittlerweile als INES6 eingestuft.
Aber INES7 wird wohl kaum lange auf sich warten lassen.:flop::flop::flop:

---------- Post added 24.03.2011 at 01:38 ----------

Zitat:

In wie weit Plutonium (alpha-Strahler und hochgiftiges Schwermetall) eine Gefahr darstellt, vermag ich nicht zu sagen, ich habe auf fie Schnelle auch keine Informationen gefunden.
Ich schon, Plutonium hat eine Halbwertszeit von 24000 Jahren.
Halbwertszeit heißt seine tödliche Strahlung halbiert sich in 24000 Jahren.
Wie alt ist die Menschheit? 1.000.000 Jahre sagt man, dann kann es sich jeder selbst errechnen......
Und Reaktor 3? ist gespickt damit. So a Freid, wie man in Baiern sagt....

Tira 24.03.2011 11:21

Zitat:

Zitat von WB-Joe (Beitrag 1160445)
Ich schon, Plutonium hat eine Halbwertszeit von 24000 Jahren.
Halbwertszeit heißt seine tödliche Strahlung halbiert sich in 24000 Jahren.

Zumindest das in den Mox-Brennstäben verwendete Isotop 239Pu (hier mehr Infos auf Wikipedia). Das ist aber nur der Anfang einer Zerfallsreihe: 239Pu zerfällt unter Abgabe von Strahlung zu Uran (235U Halbwertszeit 703,8 Mio. Jahre), dieses zu Thorium (231Th) usw. Dieses Plutonium kommt im Grunde nicht natürlich vor, sondern ist künstlich hergestellt in einer Menge von mehreren tausend Tonnen weltweit. Wir arbeiten hier also mal so richtig nachhaltig!

Inzwischen hat TEPCO, der Betreiber des AKWs bekannt gegeben, letzte Woche drei Tage lang von Montag bis Mittwoch, also direkt nach der Explosion von Reaktor 3, mehrfach sog. Neutronenblitze über dem Kraftwerk gesichtet zu haben. Diese entstehen nur bei Kettenreaktionen.

Ich denke, genau das ist eingetreten. Ohne Kühlung schmolzen die Brennstäbe, es sammelte sich eine kritische Menge auf dem Boden (bei 239Pu liegt die kritische Masse bei ca. 10 kg, es sind aber Tonnen davon im Reaktor). Bei der dabei eintretenden Kettenreaktion erhöhte sich der Druck schlagartig - und BOOM. Das Ergebnis kann man hier auf Youtube bewundern. Damit dürfte ein schöner Teil des Inventars in die Atmosphäre geblasen worden sein. Ein anderer Teil liegt schön im Gelände verstreut herum.

Die Japanische Regierung und der Betreiber TEPCO müssen jetzt eine dreifache Aufgabe erfüllen: Verhinderung weiterer Explosionen, Beseitigung des freiliegenden Materials, Wiederverschluss der Lecks.

Eine schier unmenschliche Aufgabe. Die opfern gerade sicher Menschenleben im großen Stil. Dabei sind sie bestimmt nicht zimperlich. Gleichzeitig opfern sie auch die Menschen in der Nähe des Kraftwerks ausserhalb der Evakuierungszone. Allein in der Provinz Fukushima leben Millionen Menschen. Diese werden mit Sicherheit immer stärker verstrahlt.

Das ist natürlich nur eine Möglichkeit des Hergangs. Laut ARD-Korrespondent Robert Hetkämpfer schickt schickt die Betreiberfirma von Fukushima 1 Obdachlose und Minderjährige als "Wegwerfarbeiter" in das Atomkraftwerk.

Wir starren hier in die ungeschminkte Fratze eines menschenverachtenden Atomsystems, an dem wir alle durch unkritischen und verschwenderischen Konsum mitschuldig sind! Zumindest dadurch!

twolf 24.03.2011 13:22

Japan ist weit, und die Menschen vergessen schnell. Leider !

Man hat Tschernobyl klein geredet, und das passiert jetzt wieder!

Es gibt keine absolute sichere Technik, und keinen Prozess.
Der Unterschied ist, alles ander ist in Grenzen reparabel, Atom Unfälle nicht !

Alison 24.03.2011 13:50

Ralf,

danke für die Informationen und die Quellen,

Gruß,

Alison

---------- Post added 24.03.2011 at 12:52 ----------

Zitat:

Zitat von WB-Joe (Beitrag 1160445)
.
Am Rhein gab es 13xx ein Beben mit Stärke 10,00.

Das ist eine Sache die ich mich auch schon gefragt habe. Woher weißt du dass, hasst du vielleicht noch mehr Angaben zu Erdbeben in Deutschland?
Gruß,
Alison

alberich 24.03.2011 13:57

http://www.regionalgeschichte.net/ha...-erdbeben.html

eiq 24.03.2011 15:17

Zitat:

Zitat von alberich (Beitrag 1160563)

Wobei man hier nicht die verschiedenen Skalen durcheinander bringen darf. Die Marcalliskala (Basel: 10) hat mit der heutzutage verwendeten Momenten-Magnituden-Skala (Japan: 9,0) nicht allzu viel zu tun.

Gruß, eiq

Alison 24.03.2011 16:29

Vielen Dank für die Quelle, hochinteressant!


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