Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kunststofflinsen im Objektiv?
Ich war heute Mittag im Blödmarkt in Koblenz und bekam zufällig folgendes Gespräch zwischen Kunde und Verkäufer mit:
Der Kunde interesierte sich für ein Suppenzoom. In der Vitrine lagen ein Tamron 18-270mm und ein Sigma 18-250mm. Er fragte den Verkäufer welches besser sei. Darauf hin der Verkäufer: "Nehmen Sie das Sigma, es hat Glaslinsen. Das Tamron hat Kunststofflinsen. Das merkt man jetzt noch nicht, jedoch in 6-7 Jahren werden die Linsen matt." Der Kunde bedankte sich und nahm das Sigma.
Jetzt meine Frage: Stimmt das, oder hat der Verkäufer dem Kunden einen Knopf an die Backe genäht?
Ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen, aber ich lasse mich gerne belehren.
robert0176
21.06.2010, 19:59
Der hat dem Kunden dann wohl "einen Knopf an die Backe genäht". Interessanter Ausdruck :lol: Wird wohl wieder nur ein Warenverteiler und kein Verkäufer gewesen sein, oder er muss aus irgendeinem Grund die Sigmas loswerden...
Denn die Linsen bestehen sehr wohl aus Glas.
Ich konnte es mir, wie gesagt auch nicht vorstellen.
Tamron setzt definitiv Hybride asphären ein, das sind glaslinsen bei der auf einer seite eine asphärische linse aus kunststoff aufgespritzt ist.
das nutzen aber soweit ich weis alle hersteller, ist also nicht besonderes....
mrieglhofer
21.06.2010, 20:51
Wenn ich mir überlege, welche Kunststoffmaterialen am Gehäuse, Dichtung usw. sich bei meinen alten analogen Kameras schon aufgelöst haben, so würde ich nicht ausschließen, dass die Linsen auch nach ein paar Jahren klebrig werden.
Nur leben heutige Linsen soundso nicht mehr Jahrzehnte, damit sollte das Problem sich so lösen.
robert0176
21.06.2010, 20:54
Tamron setzt definitiv Hybride asphären ein, das sind glaslinsen bei der auf einer seite eine asphärische linse aus kunststoff aufgespritzt ist.
das nutzen aber soweit ich weis alle hersteller, ist also nicht besonderes....
Wieder was gelernt, danke. War mir nicht klar, bzw. wußte ich überhaupt nicht, dass so etwas eingesetzt wird.
turboengine
21.06.2010, 20:59
Das Minolta 35-105 Version 2 (kam raus 1988 mit der Dynax 7000i, wenn ich mich recht erinnere) hatte schon diese hybriden Asphären.
Abgesehen davon, dass das Objektiv jetzt nicht gerade die Krönung des Objektivbaus darstellt, ist m.E. vom Blindwerden von Linsengruppen bis dato nichts bekannt geworden.
Der Verkäufer macht es nach der altbewährten Methode: Man nehme eine altbekannte Tatsache, füge eine nicht leicht nachprüfbare Behauptung dazu und fertig ist das Verkaufsargument.
"Wir sind doch nicht blöd..." denkt er sich...
turboengine
21.06.2010, 21:00
Dopelpost, sorry
Das Minolta 35-105 Version 2 (kam raus 1988 mit der Dynax 7000i, wenn ich mich recht erinnere) hatte schon diese hybriden Asphären.
Abgesehen davon, dass das Objektiv jetzt nicht gerade die Krönung des Objektivbaus darstellt, ist m.E. vom Blindwerden von Linsengruppen bis dato nichts bekannt geworden.
...
Ich hab' hier noch so'n Objektiv rumzuliegen - ist nix blind geworden, klar wie am ersten Tag!
Gruß Horst
moin,
Asphärische Hybrid-Linsen sind seit mindestens 1985 bei minolta in Gebrauch, das AF35-70 f/4.0 war wohl eines der ersten Serien-Objektive mit einer solchen Glas/Kunststoff-Linse. Von Trübungen bei diesem Objektiv habe ich noch nie gehört...
Die Technologie stammt angeblich von minolta, jedenfalls hat minolta wohl die ersten Objektive mit asphärischen Hybridlinsen verkauft.
Tamron setzt ein ähnliches Verfahren ein (oder hat das lizensiert), Details z.B. hier unter "ADH" (http://www.tamron.eu/de/objektive/technisches-glossar.html).
Nikon verrät genaueres z.B. hier (http://nikoneurope-de.custhelp.com/app/answers/detail/a_id/7174); es wurde mal behauptet, dass auch Nikon die minolta-Technologie lizensiert habe, was dran ist weiß ich nicht.
Bitte bedenkt, dass Hochleistungs-Kunststoffe teilweise sehr teuer sind, viel teuerer als Metall oder Glas, aber bei komplexen Formen einfacher zu bearbeiten als Metall oder Glas. Wir reden hier nicht über Plastiklinsen in Handys oder Einweg-Kameras...
Meine Brillengläser sind auch aus Kunststoff und ich finde immer noch problemlos nach Hause...
Rudolf
Meine Brillengläser sind auch aus Kunststoff und ich finde immer noch problemlos nach Hause...
Rudolf
*lach* Der war gut ... und kann ich mit unterschreiben.
Gruß
dingodog
22.06.2010, 12:20
Meine Brillengläser sind auch aus Kunststoff und ich finde immer noch problemlos nach Hause...
Rudolf
Deine Brille ist aber sicher nicht 25 Jahre alt....oder?
Reisefoto
22.06.2010, 13:12
Stimmt das,
Nein, das ist völlige Grütze. Ich habe noch Kunststofflinsenaus den 70ern, die einwandfrei sind. Absoluter Billigschrott kann aber z.B. vergilben, nur den wird Tamron nicht in sein Objektiv einbauen (hoffentlich).*
Verkäufer haben meist wenig Ahnung aber bunte Geschichtchen auf Lager. Das gilt nicht nur für Elektronikmärkte, sondern auch für viele Fachgeschäfte. Kein Wunder, denn wer Ahnung hat, wird sich meist einen besser bezahlten Job suchen (die Gehälter von Verkäufern sind oft mieserabel) sofern er nicht aus Begeisterung / Idealismus dabei ist oder keine Alternative hat.
Das schönste Erlebnis in dieser Hinsicht war ein Beratungsgespräch vor längerer Zeit in einem anderen Elektronikmarkt, bei dem ich auf der Suche nach einer neuen Mikrowelle war und mich speziell für ein bestimmtes Gerät interessierte. Die Verkäuferin schien bestens über das Gerät informiert zu sein und erklärte wortreich und logisch (klingend) die Vorteile des Gerätes und das technische Funktionsprinzip. In diesem Gebiet der Physik und speziell der Hochfrequenztechnik kenne ich mich aber zufällig gut aus und wusste, dass sie leider nur Unsinn erzählt hatte.
*Edit: Kunststofflinsen können durch starke UV-Strahlung und Temperatureinwirkungen vergilben, aber das bisschen Licht, das im Nutzungszeitraum einer Amateurlinse in das Objektiv einfällt, kann aktuellen Optiken in diesem Qualitätsbereich nichts anhaben. Ob das Tamron in 50 Jahren noch perfekt ist, steht vielleicht auf einem anderen Papier. Aber selbst Glaslinsen können durch Glaskorrosion vergilben, allerdings werden seit den 80er Jahren für hochwertige Linsen Glassorten verwendet, bei denen dieses Problem wahrscheinlich gelöst ist. In komplexen Objektiven, wie es die Superzooms sind, kann es zudem verkittete (oder ähnlich verbundene) Elemente geben. Auch das kann altern. Und wenn dann erst die Glaslinsenoberfläche zu schimmeln beginnt...
Deine Brille ist aber sicher nicht 25 Jahre alt....oder?
Nein, aber da ich ein überzeugter Modemuffel bin, kann meine Brille auch durchaus schon 4-5 Jahre alt sein. Die Gläser weisen nach dieser Zeit Putzspuren auf, klar, aber eine Trübung nach 6-7 Jahren wie vom Verkäufer vorausgesagt, davon kann überhaupt nicht die Rede sein.
Übrigens braucht man zur optischen Korrektur von Linsen/Linsengruppen Materialien mit verschiedenem Brechungsindex. Dabei ist schon lange nicht mehr alles "richtiges" Glas, was durchsichtig ist.
Rudolf
teaandfruit
22.06.2010, 18:04
Ich denke, das Ganze relativiert sich sowieso. Der Begriff "Kunststoff" ist immerhin sehr weit gefasst. Da gibt es enorm hochwertige und auch ganz billige, alles zwischen außerordentlich hart und sehr weich, von fest bis elastisch, von superleicht bis wärmeisolierend.
Rein aus der Tatsache, dass es sich um eine Kunststofflinse handelt, lässt sich eigentlich nichts ableiten. Man müsste schon wissen, welcher Kunststoff.
Die optischen Eigenschaften von Glas sind immerhin nur wenig beeinflussbar. Um gewissen Problemen Herr zu werden, liegt es wahrscheinlich ziemlich nahe, neue Materialien zu schneidern, die genau den jeweiligen Bedürfnissen entsprechen (Stichwort: Brechungsindex - dieser ist für jede Wellenlänge/Farbe anders!). Das nennt man halt dann "Kunststoff".
Sogar Flugzeuge sind heute aus Kunststoff!
Und die Qualität der Optik und der optischen Elemente ist leider von außen nur sehr schwer zu beurteilen.
Da wird wahrscheinlich das Kriterium "Preisschild" noch die Beste Methode sein...und das Vertrauen auf Herstellerbeschreibungen.
Außerdem: Gewöhnliches Glas ist übrigens eine (sehr zähe) Flüssigkeit. Alte Fensterscheiben sind deswegen unten immer dicker als oben.
Damit will ich sagen: Auch Glas ist nicht optimal.
Ich denke mit Objektiven der Mittelklasse sollte man auf der sicheren Seite sein, und kann ein Erblinden in absehbarer Zeit so ziemlich ausschließen.
LG
Blitz Blank
22.06.2010, 18:58
Außerdem: Gewöhnliches Glas ist übrigens eine (sehr zähe) Flüssigkeit. Alte Fensterscheiben sind deswegen unten immer dicker als oben.
Auch diese Urban Legend wird durch Wiederholung nicht wahr, jedenfalls nicht in dem Sinne, in dem dieser Unsinn immer gebracht wird.
Meint jedenfalls die Spinne in meiner Yucca-Palme.
Frank
Blitz Blank
22.06.2010, 19:03
Wenn das 35-70/4 bereits eine Kunststoff-Asphäre besitzt so sind die ältesten Exemplare inzwischen 25 Jahre alt, ohne daß ich von dbzgl. Problemen etwas mitebkommen hätte und auch meine Exemplare sind ok.
Es gibt allerdings noch deutlich ältere Objektive aus M42 Zeiten, bei denen einige sehr hochlichtstarke Normalbrennweiten mit der Zeit eine gelbliche Verfärbung der Linse(n) aufweisen, was m.W. auf der damals darin verwendeten Glassorte beruht.
Frank
teaandfruit
23.06.2010, 11:16
Auch diese Urban Legend wird durch Wiederholung nicht wahr, jedenfalls nicht in dem Sinne, in dem dieser Unsinn immer gebracht wird.
Meint jedenfalls die Spinne in meiner Yucca-Palme.
Frank
Der zweite Satz war wohl etwas voreilig von mir. Ich wollte nicht schon wieder mit physikalischen Erklärungen um mich schlagen, deshalb wählte ich zur Veranschaulichung ein (etwas unglückliches) Beispiel, das mir geeignet schien und von dem ich dachte, es sei wahr (ich habe es nicht hinterfragt).
Tatsächlich ist Glas allerdings kein klassischer Festkörper, man spricht heute gerne von "soft matter" oder "amorphen Festkörpern". Das bei klassischen Festkörpern vorhandene Kristallgitter fehlt bei Gläsern, es ist keine Fernordnung vorhanden, und auch klassische Winkelstrukturen für interatomare Wechselwirkungen (z.B. Tetraeder) sind oft stark verformt, Abstände nicht einheitlich. Bei Abkühlung von flüssigem (erhitztem) Glas prägt sich keine Kristallstruktur aus, sondern lediglich ein ungeordnetes Wechselwirkungsnetzwerk.
Anschaulich kann man sich Glas als Flüssigkeit vorstellen, deren Viskosität durch Abkühlung kontinuierlich steigt. Schließlich ist keine Verformung in üblichen Beobachtungszeiträumen mehr festzustellen. Der Übergang von Flüssigkeit zum Glas ist kein klassischer Schmelzpunkt, sondern ein weiter Bereich, in dem die Viskosität kontinuierlich zunimmt.
Man kann sich Glas deshalb auch als unterkühlte Flüssigkeit vorstellen, in der alle Bewegungen sehr, sehr langsam vor sich gehen. Die Struktur des Glases ist jener einer Flüssigkeit sehr ähnlich, die kinetischen Eigenschaften sind aber stark reduziert. Das System ist thermodynamisch metastabil.
Übrigens hat man Anstrengungen angestellt, Möglichkeiten zu finden, um der weiteren Verformung von Kirchenfenstern entgegenzuwirken. Einzelheiten sind mir aber nicht bekannt, ich lasse mich daher gerne eines Besseren belehren - aussagekräftige Quellen freilich erwünscht.
Pauschale Klassifikation als dieser Unsinnohne entsprechende Argumentation finde ich immer ein wenig gefährlich. Man verrennt sich dabei häufig.
Mit meinem obigen Beitrag wollte ich eigentlich nur zu einer Betrachtung aus einem anderen Winkel anregen:
Der Ausdruck "Kunststoff" ist vielleicht negativ behaftet, und wird schnell mit geringerer Qualität als klassisches Qualtitätsglas verbunden.
Eine Reihe kurzer Beispiele sollte eine Basis liefern, einer vorschnellen Verallgemeinerung entgegenzuwirken.
Die Einfachheit der obigen Darstellung sollte der Lesbarkeit dienen, und eine für Laien angemessene Vorstellung von der Realität vermitteln.
Kunststoffe und Glas sind in mancher Hinsicht gar nicht so verschieden, und das Spektrum der Kunststoffe ist riesig.
Man sollte also meines Erachtens hier nicht übereilt zu skeptisch sein. Immerhin haben Kunststoffe in optischen Systemen Dinge wie asphärische Linsen überhaupt erst erschwinglich gemacht.
Thomas
moin,
das AF35-70 f/4.0 von 1985 hat definitv eine Asphärische Hybridlinse, d.h. eine sphärische Glaslinse mit einer dünnen Kunststoffschicht auf einer Seite, deren Oberfläche dann asphärisch geprägt wurde.
Es gibt allerdings noch deutlich ältere Objektive aus M42 Zeiten, bei denen einige sehr hochlichtstarke Normalbrennweiten mit der Zeit eine gelbliche Verfärbung der Linse(n) aufweisen, was m.W. auf der damals darin verwendeten Glassorte beruht.
Das Vergilben von alten Objektiven liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an der Verwendung hochbrechender Thorium-haltiger radioaktiver Gläser, extrem betroffen sind die Aero-Ektare von Kodak aus den 1930er-1950er Jahren. Die strahlen so stark, dass ich mich in deren Nähe nicht längere Zeit aufhalten würde.
Bei minolta sind insbesondere frühe MC 58mm f/1.2 und das MC 28mm f/2.5 betroffen, diese wurden mit Gamma-Spektrometern vermessen und damit der Nachweis erbracht, dass sie Thorium und dessen Zerfallsprodukte in messbaren Mengen enthalten. Zumindest seit den späten 1970er Jahren sind alle minolta-Objektive thorium-frei, von vergilbten MD- oder gar AF-Objektiven ist nichts bekannt.
Auch bei anderen Herstellern waren Thorium-haltige oder zumindest radioaktive Gläser bis in die späten 1960er Jahre nicht ungewöhnlich, sicher nachgewiesen bei Canon und Pentax; ohne Quelle für Nikon und Olympus.
@teaandfruit:
Glas ist im eigentlichen Sinne auch ein Kunststoff, in der Natur tritt es jedenfalls nur extrem selten auf. Natürliche Vorkommen von Glas in optischer Qualität sind mir völlig unbekannt ;)
Was bei Glas auf jeden Fall irgendwann aufgrund des metastabilen Zustandes eintriff, ist Kristallisation: die Glasphase friert aus. Dann wird das Glas blind, bis es irgendwann komplett kristallin ist und ganz andere optische Eigenschaften hat. Das dauert aber je nach Umgebungsbedingungen und Glassorte Jahrhunderte oder länger.
Die Assoziation "Kunststoff" = "Plastik" trifft jedenfalls auf die bei den Hybridlinsen verwendeten optischen Kunststoffe nicht zu.
Plastiklinsen gibt es aber sehr wohl in Einweg- oder Billigknipsen, über deren "Qualität" brauchen wir nicht zu diskutieren.