Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kitsch - was genau ist das?
Huhu, liebe SUF-ler,
in einem Bildbesprechungsthread geht es gerade um "Kitsch". --> KLICK (http://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?goto=newpost&t=85921)
Es wird begeistert darüber geredet, dass das Bild ja eigentlich "kitschig" ist, aber dennoch große Klasse.
Da habe ich mich gefragt, ob sich das vereinbaren lässt. Für mich ist Kitsch immer negativ. Etwas total berüschtes, übertriebenes, extraniedliches Irgendwas ist für mich Kitsch. Ein Motiv, das total verkitscht werden kann, in einer wunderbaren Weise abgelichtet - ist das dann auch noch Kitsch, nur weil das Objekt "Kitschgefahr" aufweist?
Was ist Kitsch überhaupt? Ist es für euch ein rein negativer Begriff oder wie seht ihr das?
Mich interessiert jetzt hier kein Wiki-Link, sondern eher so eure Meinung dazu, denn ich bin bei diesem verlinkten Bild oben nicht der Ansicht, dass es Kitsch ist, nur weil das Schloss halt gerne auch mal auf behäkelte Klorollen gestickt wird etcpp...
Wie seht ihr das?
(Ui, ich krieg nen Orden für die Häufigkeit des Wortes Kitsch in einem Beitrag...)
hennesbender
17.02.2010, 15:44
Kitsch ist ungefähr fast das gleiche wie Kunst... :)... oder wie nen Aal mit nem nassen Stück Seife in die Wand zu nageln... :)
naja, liegt auch in der Betrachtungsweise, bzw. im Bildungsstatus, der persönlichen Lebenssituation, der emotionalen Stabilität, etc.
Was für Männer Kitsch ist, ist es für Frauen noch lange nicht; was ein Hochschulprofessor als Kitsch bezeichnet, ist der Hausfrau mit Hauptschulabschluss vielleicht gerade richtig, usw.
Was im 19. Jahrhundert noch originelle Darstellung war, ist inzwischen zu Kitsch verkommen (Neuschwanstein).
M
In der Regel würde ich sagen, dass für mich Kitsch das ist, was in stereotyper Manier wohlbehagliche Empfindsamkeit erzeugen soll; quasi der regelmäßig wiederholte Einsatz typischer Muster, um standardmäßige und vorhersehbare Reaktionen hervorzurufen.
Quasi Kindchenschema in ästhetischen Fragen.
Dazu gehört auch der unreflektierte und ebenso stereotype Umgang mit dem Motiv und seiner Darstellung von seiten des Erzeugers, bzw. des Konsumenten - was nicht heißt, dass sehr viel Kitsch (Groschenromane) nicht mit einigem Hirnschmalz entstanden sind um die typischen Merkmale zu erkennen und dann wieder einzusetzen.
So macnher Fotograf macht ja auch seine "Trash"-Phase durch, wo Abfall und Verfall abgebildet werden. Das ist das gleiche Schema, bloß eben nicht auf Schönheit und Wohlfühlen bezogen.
Letztlich halte ich Kitsch genausowenig wie Vorausurteile für etwas vollkommen Schlechtes. Es kann auch ein Mittel zur Arbeitserleichterung sein, etc. Letztlich produzieren wir hier doch alle Kitsch, weil wir etwas Schönes herstellen wollen. Bloß ist das noch nicht so ausgelutscht und ausgeleiert und wirkt deswegen oft originell und interessant. Finden wir das dann zigfach wiederholt, erscheint uns nach etlichen Jahren auch das originale Ursprungsbild, mit dem alles angefangen hat, auch als kitschig.
Was letztlich dazu führt, dass man heutzutage sich nicht mehr so oft traut, einfach nur pur Schönes darzustellen, sondern oft etwas dabei sein muss, was das Ganze "bricht", sei es ironisch, hintergründig, negativ, vordergründig-intellektuell, oder wie auch immer. Man traut sich oft nicht mehr, das zu tun, was dem Massengeschmack als "schön" gefällt, weil es "kitschig" sein kann...
---------
H.Heine:
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte, Ach und Bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.
Mein Fräulein, sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück,
Dort vorne geht sie unter,
Und kehrt von hinten wieder zurück.
Kitsch as kitsch can.. ;)
Der Begriff ist sicher negativ besetzt. Aber was für den einen Kitsch ist, ist für den anderen eben Kunst.
Der eine erfreut sich über die Porzellanteller mit den aufgemalten Katzenkindern, der andere bekommt Herpes bei diesem Anblick. Da ist auch vieles eine Frage des Zeitgeschmacks.
Und wenn jemand sein Bild als kitschverdächtig hochlädt, es in den Augen vieler Betrachter aber ein großartiges Foto ist, dann muss er damit rechnen, ironisch auf dem Kitsch festgenagelt zu werden.
Und nur weil viele Fotografen Neuschwanstein bereits abgelichtet haben, ist das für mich noch lange kein Kitsch. Wenn das Bild dann auf dem goldumrandeten Porzellanteller erscheint, könnte ich meine Meinung ändern. ;)
alberich
17.02.2010, 15:57
Kitsch ist in erster Linie ein Gefühl. Wenig fassbar aber dafür umso spürbarer. Was der eine schon kitschig findet ist für den anderen nicht mal als solches wahrnehmbar. Das hat viel mit der eigenen Sozialisation, den eigenen Ansprüchen, Bildung etc. zu tun. Bildung nicht im Sinne einer elitären Skala sondern im eigentlichen Wortsinne. Beschäftigt sich jemand viel mit Kunst und Darstellung verändern sich zwangsläufig auch die Maßstäbe.
Es gibt für Kitsch mindestens so viele Erklärungsansätze wie für Kunst, Liebe, Schönheit, Ekel, usw. Das ist und bleibt sehr individuell.
Als "Kitsch" werden zum einen häufig Dinge bezeichnet die sehr offensichtlich auf Rührung und "schöne" Illusion abzielen. Man spricht dabei auch von "süßem Kitsch".
Die andere Variante ist der "saure Kitsch", der sich mit vorgetäuschter Tiefgründigkeit dem Zeitgeschmack anbiedert. Das führt dann auch dazu, dass für viele HDR-Bilder Kitsch sind, Kitsch von der sauren Sorte. Wobei natürlich nicht jedes HDR-Bild Kitsch.
ist, resp. sein muss.
Kitsch, also die Illusion, ist ein menschliches Bedürfnis. Es gibt intellektuelle Konstrukte wie z.B. die Moderne. Das Bauhaus hat alles dafür getan Kitsch zu vermeiden, doch dennoch hängen Menschen die in solchen Gebäuden wohnen kleine Makramee Ampeln mit Geranien in die klare und reine Fassade. Kitsch? Ja sicher, aber ein zutiefst menschliches Bedürfnis.
Der Grad ist ein sehr schmaler. Wo beginnt der "Kitsch" und wo endet die "Seriösität" und "Ernsthaftigkeit" der Darstellung von Inhalten und/oder Geühlen. Wo ist es schon nur noch ein stupider Abklatsch, ein peinliches Surrogat der Wirklichkeit und wo ist es noch wahrhaftige Auseinandersetzung und Gestaltung?
Kitsch ist so alt wie der Kampf zwischen Verstand und Gefühl. Sind sich "die beiden" nicht einig und der Verstand hat bessere Argumente als das Gefühl intensiv ist, sagt er "Kitsch". Ist das Gefühl intensiver als der Verstand argumentieren kann sagt es "toll".
Kitsch ist für den einen der mißglückte Versuch Emotionen auszudrücken. Für den anderen die manchmal einzige Möglichkeit überhaupt Emotionen zu erkennen.
Also gibt es Kitsch weil der Mensch ihn braucht.
oder auch ganz anders.....
Allgaier123
17.02.2010, 16:14
Tja was schreibt man dazu, als Landschaftsfotograf hat men es denke ich eh schwer keinen Kitsch zu produzieren, ob es nun der typische Sonnenuntergang oder das Bergpanorama ist, alles ist sehr schön anzusehen und auch schon zig mal gesehen.
Das Anliegen vieler Fotografen ist es einen schönen Augenblick, eine schöne Szene oder eine tolle Landschaft abzubilden um sich und andere mit dem Bild zu erfeuen.
Da ist sicher auch mal Kitsch dabei, aber ist das so schlimm?
Wir sehen jeden Tag viele, viele Bilder des Grauens und Schreckens, ist es daher nicht schön sich auch mal ein Bild anzuschauen das einen erfreut und positiv berührt?
Auch wenn Neuschwanstein eher zu den Kitschbildern neigt, aber das Gebäude ist einfach eine Schönheit, ein Kunstwerk das damals mit relativ einfachen Mitteln erschaffen wurde.
Ich war schon sehr lange nicht mehr dort oben aber ich war auch dieses Mal wieder beeindruckt von diesem Schloss.
Steht man davor glaubt man eigentlich gar nicht in einer realen Welt zu sein, man glaubt eher dieses Gebäude ist nur Modell in einem großen Puppenhaus.
Es hat jedenfalls einen riesen Spaß gemacht diesen Wohnsitz des Kini zu fotografieren auch wenns Sau kalt war:lol:
Huhu, liebe SUF-ler,
in einem Bildbesprechungsthread geht es gerade um "Kitsch".
Es wird begeistert darüber geredet, dass das Bild ja eigentlich "kitschig" ist, aber dennoch große Klasse.
(Ui, ich krieg nen Orden für die Häufigkeit des Wortes Kitsch in einem Beitrag...)
Moin
NEIN Dana...es geht NICHT um Kitsch denn...
dieser Begriff kam erst später dazu....
wurde dann gepflegt, von offenbar von Leuten denen nix besseres einfiel :P
ich habe es eben NICHT als "kitschig" betitelt, es fiel mir gar nicht ein :cool:
anderseits kann man an diesem wie auch anderen Beispielen sehr gut sehen...
wieweit unsere Gesellschaft sich selbst "abgehoben" hat...
mit immer blödsinnigerem Design lobhudelt...
und offenbar nur noch Geräte mit " i-IRGENDWAS"...leben kann:oops:
alles andere ist dann Kitsch :roll:
Mfg gpo
dieser Begriff kam erst später dazu....
Nö, der Threadersteller hat schon als erster das böse K-Wort benutzt und um eine Stellungsnahme hinsichtlich der K-Frage gebeten...
Du bist nur nicht drauf eingegangen ;)
Ich hatte da mal ein sehr interessantes Soziologie-Seminar über das Thema.
Ich stell mal kurz stichwortartig einige wichtige Erkenntnisse daraus zur Diskussion.
- Die Debatte was Kitsch ist, ist mit der Industrialisierung (Massenproduktion, Reproduktion) entstanden
- „Der unter modernen industriellen Bedingungen produzierte Kitsch, das Banale und Triviale der Massenware: sie fordern in ihrem demonstrativen Verzicht auf Originalität und Authentizität die Kunst heraus.“ (Braungart)
- „Kitsch“ als wertender ästhetischer Begriff wird populär in der „Schmutz und Schund-Debatte“ (1900-1950). Aus der Angst heraus, dass Leser, Hörer, Betrachter mit ästhetischen Gegenständen umgehen könnten, wie sie es aus Sicht der Kenner nicht sollen.
- Von Kitsch kann man erst sprechen, wenn man auch von Kunst sprechen kann. Kunst bildet somit die Voraussetzung für die Entstehung von Kitsch
• Kunst
– selbstreflexiv
– komplex
– vieldeutig
– mehrschichtig
– Verweigerung einfacher Sinnstiftung
• Kitsch
– Das schlechte Gewissen der Kunst.
– ist Teil des banalen, alltäglichen Lebens
– „will nicht viel zu denken geben“
- „Im Kitsch ‚verlebensweltlicht‘ sich das Ästhetische auf eine unübersehbare und besonders entschiedene Weise.“ (Braungart)
- „Das Ästhetische“, die „hohe Kunst“ findet im Kitsch Einzug in die alltägliche Lebenswelt jedes Einzelnen (Finanzierbarkeit, Massenproduktion)
Fazit:
Kitsch bezieht sich auf Kunst
Kitsch prägt unsere Kultur
Kitsch definiert sich durch Finanzierbarkeit und Massenproduktion
Alltagsästhetik ist ein Bedürfnis
Wer sich mit dem Thema weiter auseinandersetzen will, dem kann ich nur Pierre Bordieu "Die feinen Unterschiede" empfehlen, das liest sich super und hat einige sehr interessante Thesen.
Edit:
Achso Dana fordert eine eigene Meinung... :D
Meine Meinung ist seit diesem Seminar auch eine andere.
Vorher dachte ich auch, dass Kitsch schrecklich, billig, eben kitschig sei.
Während des Seminars kam ich aber zu der Erkenntnis, dass Kitsch seine Daseinsberechtigung als leichte Unterhaltung hat, als Gegenpol zur "schweren" Kunst, mit der man sich auseinandersetzen muss, verstehen muss, diskutieren muss.
Kitsch ist sozusagen die Verbreitung der Kunst, nehmen wir eine Venus von Milo, die man mittlerweile einfach kennt.
Vor zigtausendfacher Reproduktion war sie nur einem eingeweihten Kreis zugänglich, der über die Qualität befand.
Nun findet sie jeder toll :) Es hat sozusagen eine Demokratisierung stattgefunden. Ein wenig wie Luthers Übersetzung der Bibel. Plötzlich Zugänglichkeit für Alle zu schaffen.
Ganz banal finde ich in solchen Bildern wie von Allgaier, dass die Grenzen zwischen Kitsch und Kunst fließend sind. Für mich mache ich diese Unterscheidung nicht mehr.
Wenn man aber in die kulturästhetische Definition geht, ist Schloß Neuschwanstein als solches Kitsch, Allgaier's Umsetzung des typischen Motives aber Kunst, da es sich gerade von der gewohnten Sichtweise und der millionenfachen Reproduktion eines allgemeingültig als "schön" befundenen Gegenstandes entfernt.
Puh... :shock:
About Schmidt
17.02.2010, 16:40
Das Bild, welches die Diskussion hier ausgelöst hat, ist originell und fototechnisch sehr gut gemacht. Ich wollte schon fast sagen perfekt und somit kann es keinesfalls Kitsch oder kitschig sein. Sonst wäre jedes Motiv, dass der Betrachter schon hundert mal gesehen hat kitschig. Kitschig ist es aber (meiner Meinung nach) dann nicht, wenn es sich durch einen künstlerischen Aspekt von den vielen 100 Aufnahmen die vorher davon gemacht wurden und die sich alle irgendwie gleichen, abhebt.
Ich hoffe man kann mir folgen. :? :roll:
Gruß Wolfgang
Wer sich mit dem Thema weiter auseinandersetzen will, dem kann ich nur Pierre Bordieu "Die feinen Unterschiede" empfehlen, das liest sich super und hat einige sehr interessante Thesen.
Wobei man sagen muss, dass sein Schwerpunkt nicht Kunst vs. Kitsch ist; das ist quasi ein Nebenprodukt, das auch vorkommt.
Aber es ist auf jeden Fall (und auch unabhängig davon) eine Lektüre wert!
Stimmt. Ja, denoch: nach der Lektüre kann man die Grenzen evtl. für sich klarer definieren bzw. ist sensibilisiert.
Edit:
naja, liegt auch in der Betrachtungsweise, bzw. im Bildungsstatus, der persönlichen Lebenssituation, der emotionalen Stabilität, etc.
... plus ganzer folgender Text
:top::top::top:
marksman-ab
17.02.2010, 17:07
also wenn ich auf den Ausgangspunkt Bezug nehme möchte ich erst einmal zum Ausdruck bringen das ich das Bild Klasse finde.
Es ist weder banal noch zeigt es eine Banalität. Sondern ich empfinde es als Schön und das Schöne an sich oder an und für sich will man mit Hegel sprechen kann doch kein Kitsch sein nie und nimmer.
Etwas bedenklich finde ich aber auch die Argumentation das ( ok jetzt simplifiziert ) die "doofen" anfälliger für Kitsch sind und solchen nicht identifizieren können während die richtigen Kunst Kenner sofort entscheiden was wahre Kunst und was alles an Schönen und Wahrhaften als Kitsch abgestempelt werden kann nur weil es dem Zeitgeist und der Moderne nicht entspricht.
Etwas bedenklich finde ich aber auch die Argumentation das ( ok jetzt simplifiziert ) die "doofen" anfälliger für Kitsch sind und solchen nicht identifizieren können während die richtigen Kunst Kenner sofort entscheiden was wahre Kunst
Hallo - bitte verstehe mich nicht falsch - ich habe ja auch etwas in der Richtung geschrieben. Ich will da keinen in irgendeiner Weise abqzalifizieren. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass eine unterschiedliche Lebensweise (die es ja beim Hochschulprofessor, Schweißer, Fernfahrer, Arzt zweifelsohne gibt) auch eine unterschiedliche Bewertung mit sich bringt. Das heißt nicht, dass ich da ein Werturteil über die Person treffen will, sondern nur feststelle, dass der Lebenshintergrund auch Auswirkungen hat auf das, was man als Kunst oder Nicht-Kunst ansieht.
Wobei in vielen Feuilletons und Kunst-/Kulturartikeln auch ein hoher intellektueller Anspruch gefahren wird, der mit der Masse der Bevölkerung nichts mehr zu tun hat (aber das war schon im alten Rom, im Mittelalter, der Renaissance und Barock auch so, dass Kunst für die Elite da war).
Beispiel: Die Fettecke von Beuys, die eine Putzfrau dann weggeworfen hat; weil das für sie keine Kunst war. Der Kunstpreis in London, der verschwunden war, weil der Hausmeister aufgeräumt hat - und die Jury blamablerweise einen Gaderobenständer des Hauses gekürt hatte statt ein eingereichtes Kunstwerk.
Man ist nicht "anfällig" für Kitsch, denn ich will gewiss keinem absprechen, dass er bei dem, was ich als Kitsch bezeichne, wirkliche, ehrlich und originelle Gefühle und Gedanken hat.
alberich
17.02.2010, 17:22
also wenn ich auf den Ausgangspunkt Bezug nehme möchte ich erst einmal zum Ausdruck bringen das ich das Bild Klasse finde.
Es ist weder banal noch zeigt es eine Banalität. Sondern ich empfinde es als Schön und das Schöne an sich oder an und für sich will man mit Hegel sprechen kann doch kein Kitsch sein nie und nimmer.
Etwas bedenklich finde ich aber auch die Argumentation das ( ok jetzt simplifiziert ) die "doofen" anfälliger für Kitsch sind und solchen nicht identifizieren können während die richtigen Kunst Kenner sofort entscheiden was wahre Kunst und was alles an Schönen und Wahrhaften als Kitsch abgestempelt werden kann nur weil es dem Zeitgeist und der Moderne nicht entspricht.
Wenn Du "mit Hegel sprechen willst", dann ist aber entscheidend das die Schönheit und die Wahrheit eins sind. Die Frage ist bei diesem Beispiel wie "wahr" ist denn Neuschwanstein? Man kann durchaus Anhaltspunkte dafür finden das an diesem Bau nicht viel Wahrheit zu finden ist. Eine steingewordenen Phantasie die sich jeglichem Kontakt zu ihrer Zeit und den Verhältnissen entzieht. Also das vollkommene Gegenteil von Wahrhaftig. Es wäre durchaus möglcih zu sagen, "Das Ding ist kaum mehr als ein feuchter Traum, wenn auch ein ziemlich großer". Insofern sind auch nicht zwingend die Bilder von Neuschwanstein Kitsch sondern schon "das Ding" selbst.
Und es ist auch nicht so, dass die "Doofen" anfälliger für Kitsch wären, sie sind nur manchmal lediglich weniger anfällig für "Kunst". Kitsch kann man ad hoc geniessen - Kunst muss man verstehen.
Kitsch gibt Antworten und Kunst stellt Fragen.
felicianer
17.02.2010, 17:23
Kitsch ist der Nachname unseres ehemaligen Nachbars.
OK...muss mich korrigieren:oops:
Robert...erwähnte zweimal Kitsch...und gab damit eine Steilvorlage:roll:
hatte ich geflissentlich übersehen:P
ein Problem bleibt aber...
das Fotografen ständig meinen....Postkarten(und ähnliches) seien Kitsch
erstmal besser machen :cool:
Mfg gpo
Kitsch gibt Antworten und Kunst stellt Fragen.
Ich verstehe Deinen Gedanken, aber dennoch: Genau das halte ich für einen folgenschweren Irrtum in der neueren Kunst.
Welche Fragen stellt ein Brandenburgisches Konzert? Welche Fragen stellen das Nilgänsemosaik aus Amarna in der Echnatonzeit? Welche Fragen stellt ein ottonisches Wandgemälde auf der Reichnau? Welche Fragen stellen die vergrößerten Comicbilder eines Roy Lichtenstein?
Wenn ich Dürers betende Hände betrachte und stelle mir keine Fragen - ist das dann Kunst oder Kitsch?
Ich finde, Kunst darf auch ganz einfach gefallen und braucht keine intellektuelle Überhöhung. Und weil das erste vernachlässigt, das zweite überbetont wird, kann ich mit moderner Kunst auch wenig anfangen. Kunst wirkt auch einfach schon durch ihre Anwesenheit (genauso wie eine schöne Frau :cool:). Und genauso tut es auch Kitsch - nur eben bei anderen Menschen.
das Fotografen ständig meinen....Postkarten(und ähnliches) seien Kitsch
erstmal besser machen :cool:
Ja, das habe ich ja auch oben geschrieben:
Um Kitsch zu produzieren, bedarf es manchmal auch richtig viel Fleiß, Können, Hirnschmalz, Aufwand, Engagement und Einsatz.
Manchmal aber auch nicht. :twisted:
Neuschwanstein fotografieren ja nur Allgaier und die Japaner. Die anderen kommen da seltener hin. ;) Vielleicht konzentrieren wir die Diskussion daher nicht nur auf dieses Bild, das den Anlass gab.
Wie ist es z.B. mit Sonnenuntergängen? Immer wieder gerne scharenweise fotografiert. Kitsch? Kann überhaupt was Generationen fasziniert - im Fall des Sonnenuntergangs seit Beginn der Menschheit - Kitsch sein?
Alexander Hill
17.02.2010, 18:03
Ich habe so meine Probleme, Kitsch für mich zu definieren. Ich versuche es mal so:
Wenn an der Stelle, wo das Bild entstanden ist, ein festes Stativ hinkommt und busseweise Japaner (als Synonym für Fotografen) vorbeigekarrt werden, damit jeder das Bild so machen kann wie Allgeier (zumindest den Versuch), und wenn daneben ein Andenkenladen mit Postkarten, Zuckergussbildchen und Bayern-Fahnen mit dem Foto als Motiv drauf verkauft werden, dann ist das Kitsch. Das Bild an der perfekten Stelle zur perfekten Zeit, das so nicht mehr reproduzierbar ist, wird für die Massen erreichbar gemacht. Das macht das Bild zum Kitsch.
Dass das Produzieren des Bildes für mich zur Kunst gehört, möchte ich ausdrücklich betonen.
Alex
alberich
17.02.2010, 18:06
Ich verstehe Deinen Gedanken, aber dennoch: Genau das halte ich für einen folgenschweren Irrtum in der neueren Kunst.
Welche Fragen stellt ein Brandenburgisches Konzert? Welche Fragen stellen das Nilgänsemosaik aus Amarna in der Echnatonzeit? Welche Fragen stellt ein ottonisches Wandgemälde auf der Reichnau? Welche Fragen stellen die vergrößerten Comicbilder eines Roy Lichtenstein?
Wenn ich Dürers betende Hände betrachte und stelle mir keine Fragen - ist das dann Kunst oder Kitsch?
Ich finde, Kunst darf auch ganz einfach gefallen und braucht keine intellektuelle Überhöhung. Und weil das erste vernachlässigt, das zweite überbetont wird, kann ich mit moderner Kunst auch wenig anfangen. Kunst wirkt auch einfach schon durch ihre Anwesenheit (genauso wie eine schöne Frau :cool:). Und genauso tut es auch Kitsch - nur eben bei anderen Menschen.
Kitsch ist natürlich zeitgebunden. Was vor unserer Zeit entstand entzieht sich für uns seinem eigenen Kontext und ist somit auch nicht mehr erfahrbar in seiner damaligen Aktualität und dem damit verbundenen zeitgenössischen "Wert".
Es entschiedet immer auch der Kontext über wohl und wehe. Die betenden Hände als Stickbild? Roy Liechtenstein als Seifenverpackung? ein verballhornter Miro als Stu-Stu-Studio Line Haarfestiger? Die Brandenburgischen z.B. von Andre Rieu gespielt?
Alles Kitsch. Aber nur durch den Kontext resp. die Ausführung. Die Werte und Inhalte sind kein Kitsch sondern ihre Umsetzung kann sie dazu machen.
Allgaier123
17.02.2010, 18:08
Wenn an der Stelle, wo das Bild entstanden ist, ein festes Stativ hinkommt und busseweise Japaner (als Synonym für Fotografen) vorbeigekarrt werden, damit jeder das Bild so machen kann wie Allgeier (zumindest den Versuch), und wenn daneben ein Andenkenladen mit Postkarten, Zuckergussbildchen und Bayern-Fahnen mit dem Foto als Motiv drauf verkauft werden, dann ist das Kitsch.
Alex
Das wird so nicht ganz passieren:cool::lol:, da würden wohl die meisten in die Pöllatschlucht fallen hihi:lol:
Huhu, liebe SUF-ler,
in einem Bildbesprechungsthread geht es gerade um "Kitsch". URL] Was ist Kitsch überhaupt? Ist es für euch ein rein negativer Begriff oder wie seht ihr das?
Wow, der Thread ist ja schon ganz schön lang. Aber in Anbetracht der geringen Zeitdistanz seit Fragestellung, will ich doch noch auf deine Frage eingehen, nicht auf die ganzen Antworten (die ich nur überflogen habe)...
Ich habe das Problem nicht, weil für mich "Kitsch" nicht grundsätzlich die Abwesenheit von Kunst bedeutet. Für mich ist Kitsch eher so ne Unterkategorie von Kunst.
Das Bild von Allgaier als Kitsch zu bezeichnen, trifft es m.E. allerdings auch nicht. Das Schloss ist eher der Kitsch, als das Bild vom Schloss. Das Bild ist großartig. (wie üblich :cry:)
Huhu, liebe SUF-ler,
..."Kitsch"...
Wie seht ihr das?
Ich habe jetzt bewusst nur die Frage von Dana gelesen (ohne die weiteren Meinungen zu lesen) und mir das verlinkte Bild angeschaut. Zu dem Bild und der Erklärung, dass es ohne EBV eingestellt worden ist, sage ich :top:
"Kitsch" existiert für mich nicht. "Kitsch" ist für mich eine vom "Mainstream" geprägte Meinung, die für mich als Individuum einfach nicht gelten kann. Ich möchte mir nicht von anderen vorschreiben lassen, was ich als "schön", "besonders gelungen" oder "ästhetisch" etc empfinde.
Aus diesem Grund stelle ich hier auch kaum Bilder ein. Wenn ich z.B. meiner Lebensgefährtin Bilder zeige, diese evt. sogar per EBV verbessert habe und sie mir dann sagt "ist nicht schön", was dann?. Wenn sie mir gefallen, dann kommen diese Bilder aber ganz sicher in mein Archiv. Da hilft dann auch die Meinung meiner Freundin nix :D.
Dies war meine Meinung. Im Kurztext: Kitsch gibt es nicht, und wenn doch, ist es die Meinung anderer.
Stefan
P.S. Und jetzt schaue ich mal, was die anderen geschrieben haben.
gerade entdeckt:
Kitsch ist das hier (nicht so ernst nehmen)
http://www.photographyblog.com/images/sized/images/uploads/panasonicGF1pink-338x244.jpg
Wie ist es z.B. mit Sonnenuntergängen? Immer wieder gerne scharenweise fotografiert. Kitsch?
Moin
darauf habe ich eine Antwort:P die wohl kaum einer glaubt:roll:
für meine Großversender wurde ja auch schon alles mögliche probiert...
alle Hintergünde durchgehechelt, sogar Graffities waren dabei...
als die Compis dazu kamen....wurde es noch schlimmer:flop:....aber
eines störte die Marketingsprofis doch...
man experimentierte immer mehr rum...die Umsätze blieben in Bereichen im Keller (:?:)
erst als man eine flotte Blonde mit Jeans und T-Shirts
wieder vor einen "kitschigen Sonnenuntergang" montierte....
stiegen die Umsätze in ungeahnte Höhen :shock:
also da geht noch was :cool::P:D
Mfg gpo
stiegen die Umsätze in ungeahnte Höhen :shock:
also da geht noch was :cool::P:D
schön formuliert, hehe :oops::lol: hüstel
sex sells...
ernsthaft: ja, Kitsch funktioniert, weil es an die grundlegenden Sehnsüchte und Wunschvorstellungen appelliert und da Erlösung bietet (aber das wurde schon gesagt)
marksman-ab
18.02.2010, 09:16
tolle Diskussion macht richtig Spaß :top:
@binbald
1. nach lesen deines Beitrages habe ich mir aber auch die Frage gestellt ob Kunst nicht etwas objektives ist.
Etwas das die ZEit überdauert ein gleichsam bleibender Wert.
Und das dieser bleibende für alle Menschen gleiche Wert das Objekt vom Kitsch unterscheidet. ??
Ich denke das die betenden Hände jeden Menschen zu jeder Zeit genauso berühren werden wie die Ode an die Freude um ein anderes Beispiel zu nennen.
Während die Fettecke evtl. nicht umsonst entsorgt wurde :roll:
Weil eben bestimmte Objekt von einer sich selbst als Elite begreifenden kleinen Schicht von überbildeten Spinnern als Kunstwerke definiert wurden.
Und damit komme ich zur zweiten Frage:
2. ist Kunst nur etwas für wenige ?? Oder ist es etwas das ALLE Menschen zu allen Zeiten bereichern sollte etwas das sie menschlicher macht und das etwas zum Ausdruck bringt das durch seine Humanität essentielle Wesenszüge unserer Spezies zum Ausdruck bringt. ?? Ist etwas das bei uns eben wahrhaftige Gefühle zum Ausdruck bringt. :?::?:
@alberich
"wie wahr ist denn Neuschwanstein.." also wenn wir uns einig darüber sind das Wahrheit und Wahrhaftigkeit unterschiedliche Begrifflichkeiten sind und von der von Aristoteles definierten Wahrheitsauffassung ausgehen ( vereinfache jetzt mal , Metaphysik O 10 ) "es ist nämlich dies: du bist nicht deshalb weiß, weil wir der Wahheit gemäß annehmen, du seist weiß, sondern weil du weiß bist, deshalb reden wir wahr, wenn wir das behaupten."
also ist in dieser Auffassung absolut nicht davon die Rede das Wahrheit etwa vom Zeitgeist abhängig ist, ganz was anderes ist wiederum der Wahrheitsgehalt der Abbilung von einem real exitstierenden Gegenstand. Wenn ein Objekt selber Kitsch sein sollte !! muss die Abbildung es noch lange nicht sein.
@Brice
ja ja der "Mainstream" wobei mir persönlich aus eigener Lebenserfahrung immer ganz übel wird bei diesem Begriff weil er irgendwie und in irgendeiner WEise davon ausgeht das dieser Mainstream doch recht hat das die Meinung auch von Massen irgendetwas mit der Wahrheit zu tun hat mit dem was richtig ist. 1 Milliarde Chinesen können nicht irren und doch das können sie. Oder hat die Inquisition und die Hexenverbrennung jemals etwas der Menschheit gebracht oder war sie richtig ? Oder der Rassenhaß ...
Als ich aus einer leitenden und systemstabilisierenden Funktion die mir einen gesicherten Lebensunterhalt bescherte mit einem Hemd und einer Hose bekleidet in den Westen "übersiedelte" war das gerade eine Nonkonforme Haltung gegen den Mainstream und das habe ich meiner eigenen Analysefähigkeit und meinem eigenen Verständnis von richtig und falsch verstanden.
Für mich hat Kunst bei aller Liebe eben nichts mit Zeitgeist oder Mainstream zu tun.
gerade entdeckt:
Kitsch ist das hier (nicht so ernst nehmen)
:cool: Das ist kein Kitsch, das ist "sehr eigenartiger Geschmack" ;)
Ich habe dieses Zitat im Kopf:
Kitsch ist Emotion ohne Ursache.
Jan