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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fotomanipulation


rattattart
26.07.2009, 22:32
Hallo,

wahrscheinlich gabs diese Diskussion schon unzählige male, aber nichts desto trotz fange ich diese noch einmal an.
Und zwar würde ich gerne wissen wann ist ein Foto ein Foto und (ab) wann fällt es unter den Begriff Fotomanipulation? Und was sind eigentlich die Kriterien? Gibts da überhaupt eine klare Grenzlinie? Wie sehen das eigentlich die Berufsfotografen? Sind ja sicherlich ganz ein Paar hier...

Also ich komme eher aus dem Bereich der Malerei und Grafik (bzw. habe damit wesentlich länger zu tun als mit der Fotografie) und für mich steht eigentlich das Bild im Vordergrund. Ob das ein reines Foto ist oder ob ich mit PS da nachhelfe ist eher zweitrangig...Hauptsache man kommt zum Ziel. Der Fotoapparat ist eher ein Werkzeug/Rohstofflieferant.

Das eigentliche 'Problem' dabei ist, dass die EBV heutzutage ja fast schon selbstverständlich ist und irgendwo sollte(?) man ja trennen. Also ich war früher eigentlich immer der Überzeugung, dass solange man keine Pixel aus einem Foto hin-und-her schiebt bleibt das ein Foto. Nun neige ich in letzter Zeit oft dazu durch etliche Einstellungsebenen und Masken das Foto so zu verändern, dass es mehr oder weniger meinen Vorstellungen entspricht. Da wird z.B. blauer Himmel und grünes Gras geschaffen, wo gar keins war, durch den Abwedler und Nachbelichter Strukturen und Lichtverhältnisse geschaffen, die es eigentlich so kaum gibt etc. etc. Eigentlich bleiben die Pixel in ihrer Gesamtstruktur ja so wie sie vorher waren allerdings hat das Ganze ja am Ende nur Bedingt etwas mit dem Ursprungsbild zu tun. Ist sowas eigentlich bereits Manipulation?
Auf der Anderen Seite nimmt die Kamera ja auch nur ein bestimmten Teil aus dem Wahrnehmungsspektum des Auges auf. Sollte man da grundsätzlich eigentlich nicht nachhelfen?
Naja...Fragen über Fragen...soll jetzt wie gesagt keine Grundsatzdiskussion sein, würd einfach gern wissen wie andere dazu stehen...

Anaxaboras
26.07.2009, 22:52
wann ist ein Foto ein Foto und (ab) wann fällt es unter den Begriff Fotomanipulation?

Der Begriff "Fotomanipulation" ist mir so nicht geläufig.

Ich denke mal, solange man die Fotografie als künstlerische Ausdrucksform betrachtet, ist alles erlaubt.

Schwieriger ist es, wenn das Foto zum Teil der Berichterstattung wird. Da sollte es natürlich einen möglichst ungeschminkten Blick auf die Wirklichkeit werfen. Doch schon bei der Frage nach der "Wirklichkeit" bekommen sich ja bekanntermaßen die Philosophen der unterschiedlichen Schulen in die Haare :roll:.

Martin

alberich
26.07.2009, 23:09
Fotomanipulation ist alles, was nicht aufgenommen wurde. Ganz einfach. :D

Das war aber auch immer schon so. In der Dunkelkammer wurde halt abgewedelt etc.
Aber jeder "Eingriff" in die ursprünglichen Bilddaten ist eine Manipulation.

natürlich hat auch schon früher jeder Film, jede Emulsion, jedes Papier andere Ergebnisse erzielt und somit das "Bild" manipuliert.

Aus eben diesem Grund ist die Diskusison müßig. Es gibt kein neutrales Foto. Jedes Foto ist in der Wahl seines Auschnitts, dem Moment der Auslösung etc. eine Manipulation der "Wirklichkeit", allein schon durch die Reduktion die ihr innewohnt.

Wer nun wo den Schwerpunkt in der "Verdichtung" des Bildnergebnisses legt ist jedem selbst überlassen. Der eine möchte möglichst das wiedergeben, was "da" war, der andere das was er gesehen hat, der dritte was er gefühlt hat und wieder ein anderer möchte das wiedergeben was möglichst viele andere darin sehen wollen oder was auch immer.

Fotografie war immer eine Möglichkeit eine momentäre Wirklichkeit mit eigenen Mitteln anderen zugänglich zu machen. Bilder SIND Manipulation. :D

Dat Ei
27.07.2009, 09:52
Moin rattattart,

die Abbildung der Realität durch die Photographie erzeugt immer nur eine Wirklichkeit, sprich einen subjektiven Eindruck, der durch die persönlich Wahrnehmung und Gestaltung, aber auch den technischen Prozeß als solchen geprägt ist.
Im künstlerischen Bereich stellt sich mir nicht die Frage, ob ein Eingriff erlaubt ist oder nicht, ob das Bild "gefälscht", "manipuliert" oder "echt" ist - entscheidend ist das Ergebnis. Im journalistischen Bereich werden ebenfalls subjektive Eindrücke vermittelt, die aber möglichst frei von manipulativen Techniken und Manipulationstechniken sein sollten.


Dat Ei

guenter_w
27.07.2009, 09:55
Jedes Foto ist - zumindest versuchte - Manipulation des Betrachters. Das unterscheidet das Foto vom Knipsbild.

K.A..
27.07.2009, 10:15
Gute Frage, als ich anfing mit der DSLR (Okt. 08) war ich der Meinung was da "out of Cam" kommt sei das pure und einzig "richtige Bild" .Weil ich es gewohnt war daß meine damalige Kompaktkamera (F828) "schöne Bilder" macht war der Vergleich zu den jetzigen "Raw Ergebnissen" ernüchternd, bis mir durch lesen klar wurde daß die Kompakte die Bilder AUCH schon "schönmacht" mit Kamerinterner Software. Ich bin JETZT der Meinung daß man seinen Bildern schon etwas auf die Sprünge helfen darf damit sie für das menschliche Auge gefällig wirken und das wurde ja ,wie schon angesprochen, früher in der Dunkelkammer auch gemacht . HDR , DRI und was es noch alles gibt ist "künstlerische Freiheit" und wenn es nicht allzu übertrieben ist auch durchaus noch als "Foto" vertretbar , übermässig angewandt und allzu verfremdend kann ich persl diese Bilder nicht mehr als Foto werten !

der_knipser
27.07.2009, 11:02
Was direkt aus der Kamera kommt, kann anders aussehen als ich es wahrgenommen habe. Durch nachträgliche Manipulation kann ich das Bild so verändern, dass es meinem subjektiven erlebten Eindruck entspricht. Diesen Eingriff würde ich eher als Korrektur bezeichnen, weil ich vor Ort nicht die korrekten Einstellungen gemacht hatte.

Andererseits beginnt die Manipulation bereits vor jeder Aufnahme, indem ich mit verschiedenen Brennweiten, Schärfentiefen, Blickwinkeln, Farbtemperaturen, Bildbeschnitt usw. ein Werk schaffe, das niemand anders genau so wahrnimmt. Ich kann bereits bestimmen, was der Betrachter sieht, und was er nicht sieht, und ich kann dem Bild die von mir gewünschte Wirkung aufprägen.
Obwohl ich nur 1x abdrücke, ist das Bild bereits ohne jede Nacharbeit manipuliert.

Dat Ei
27.07.2009, 11:31
Moin, moin,

Was direkt aus der Kamera kommt, kann anders aussehen als ich es wahrgenommen habe.

was aus der Kamera rauskommt, sieht für nahezu alle Leute anders aus, als man es wahrgenommen hat. Der gesunde Mensch schaut mit zwei Augen und hat einen dreidimensionalen Bildeindruck, der durch die schnellen Augbewegungen verstärkt wird. Das Gehirn ruft beim Sehen Assoziationen, Erinnerungen etc. ab, es ordnet ein, es vergleicht und integriert über die Zeit die einzelnen Wahrnehmungen zu einem kontinuierlichen Film, der es eigentlich gar nicht ist. Sehen ist mehr als ein optischer Vorgang.
Die stinknormale Kamera arbeitet mit einem Objektiv. Sie kann kurze Momente einfrieren, die zu schnell für unser Auge sind, um wahrgenommen zu werden. Sie kann über längere Zeiten integrieren und somit Eindrücke entstehen lassen, die in der Realität nie existierten.
Das Photographieren ist ein Abbildungsprozeß mit einer vollkommen anderen Technik als die Abbildungstechnik durch unsere Auge-Hirn-Kombination. Es muß was anderes rauskommen. Wer will nun noch beurteilen, was die Realität ist, wenn wir doch auch noch wissen, daß jeder Mensch anders wahrnimmt?


Dat Ei