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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zwischenthema: Bildgestaltung/-wirkung, Fotografierverhalten und Technologie


T-Rex
22.02.2009, 14:07
Ich habe mir gestern in meiner Bilddatenbank einige Jahre alte Aufnahmen auf Film (hauptsächlich Velvia 50) möglichst unbefangen angesehen.

Speziell mit der Zielsetzung, alle bekannten Vorurteile gegenüber Film- und Digitalsensoraufnahmen einmal auszublenden und alleine anhand der Bildwirkung herauszufinden, ob der Formatfaktor (35mm Film vs. kleineres digitales APS Format für digitale Aufnahmen) einen Unterschied macht. Ja, macht er, aber zwei drei andere essentielle Dinge haben sich ebenfalls herauskristallisiert.

Vorab, die dominierenden Motive sind Reiseaufnahmen v.a. in Städte, dort schöne oder typische Gebäude, Parks, Strassenszenen, typische Stimmungsbilder usw.
Die zur Verfügung stehenden Objektive für die Filmaufnahmen (Minolta-Festbrennweiten von 20 bis 200) stehen auch heute noch zur Verfügung.


(1) Ich beginne bei der Vorstellung meiner Beobachtungen mit den Auswirkungen des Aufnahmeformats.

Die alten Aufnahmen wirken hinsichtlich der 'Verhältnisse' innerhalb des Bildes einfach stimmiger und attraktiver. Dies muss mit Abbildungsmaßstäben, Perspektiven, Tiefenschärfeverlauf, Objektivcharakteristiken wie beispielsweise Verzeichnungen und deren Zusammenwirken bei einer Aufnahme zu tun haben.
Schneidet man beim digitalen APS Format einen Teil des Bildes ab, ist die Wirkung dahin (die Relationen des Hauptmotivteils zu seinem Umfeld werden zerstört), ersetzt man für die APS-Format-Aufnahme die Brennweite durch eine um den Faktor 1,5 kürzere, ändern sich andere der oben angeführten Eigenschaften, was in einer weniger stimmigen und unschöneren Bildwirkung resultiert. Die Brennweiten und zugehörigen Objektiveigenschaften sind einfach für das Kleinbildformat gemacht.


(2) Das zweite Ergebnis, auf das ich zu sprechen komme, bezieht sich auf das Verhalten des Fotografierenden und die Bildkomposition.

Die alten Aufnahmen habe ich fast alle vom Stativ aus mit Kabelauslöser gemacht. Die neueren digitalen Aufnahmen nahezu ausschliesslich ohne Stativ. Alte Kamera mit großem Sucher, neue Kamera mit kleinerem Sucher und Antishake bzw. Super Steady Shot (7D, A100, A700).

Die Bildgestaltung der alten Aufnahmen halte ich durchweg für gelungener. Sowohl hinsichtlich Aufnahmestandort für das Motiv, Berücksichtigung des Lichts (z.B. Tageszeit, kurzfristiges Abwarten bez. Wolken, Sonnenstrahlen etc.), Bildausschnittswahl bei der Aufnahme, Abwarten des richtigen Auslösezeitpunkts und Wahl der für die Aufnahme sinnvollen Blende.
Ein Teil dieser Aspekte ging wohl aufgrund der kleineren Sucher verlustig, die mich ein Stück weiter von dem Motiv wegbringen, Bildbeurteilungen weniger gut zulassen oder selbiges einfach anstrengender machen, so dass Bildkomposition und Abblende-Vorschau verkürzt werden oder entfallen.
Die Aufnahmen ab Stativ wurden mit mehr Überlegung und Aufmerksamkeit durchgeführt. Der Standort wurde bewusster gesucht, die Bildausschnittswahl erfolgte sorgfältiger, mit der Aufnahme per Fernauslöser wartete man auf den richtigen Auslösemoment, den man ohne Auge an der Kamera viel besser beurteilen kann.

Nette Nebeneffekte:
Man kann bequem abwarten, bis weniger Autos durchs Bild fahren, keine Passanten durchs Bild laufen, sich gute Konstellationen ergeben, oder sich in der Ferne etwas interessantes wie eine Pferdekutsche nähert, die man ins Bild integrieren möchte.
Die Passanten haben aufgrund des langsamen Stativaufbaus weniger Sorge, 'abgeschossen' zu werden (was ich auch nicht tue; und ich muss mir weniger Sorgen machen, als Störfaktor wahrgenommen zu werden), machen auch an engen Stellen Platz für den Stativaufbau und versuchen, nicht ins Bild zu laufen. Ich kann während des Stativaufbaus erkennen, ob beipielsweise Strassenmaler oder andere Personen gerne Motivteil wären oder nicht und warten, bis ich eine 'normalisierte' Situation aufnehmen kann. Bei schnellen Schnappschüssen ohne Stativ mit der Kamera am Auge geht das alles nicht. Mit Fernauslöser in der Hand und der Möglichkeit entspannt zu beobachten und abzuwarten, kommen bessere, andere Ergebnisse zustande.

In der Rückschau stelle ich fest, dass die Vorteile, digital sehr viele preiswerte Aufnahmen machen zu können und alleine mit Anti-Shake scharfe Aufnahmen produzieren zu können, mich dazu verführt haben, das schwere und sperrige Stativ zu Hause zu lassen. Zum Nachteil der entstandenen Bilder.


(3) Das dritte Ergebnis, das ich bei der Rückschau auf meine Bilder festgestellt habe, tangiert dann schliesslich doch technologische Aspekte des Aufnahmemediums.

Die Filmaufnahmen haben Vorteile bei hohem Helligkeitsumfang des Motivs. Hinsichtlich der Bildwirkung positiv fiel mir dies bei erstaunlich vielen Übersichtsaufnahmen auf, in denen einzelne Motivteile Sonnenlichbeleuchtung erfahren. Während diese Bereiche bei Filmaufnahmen sehr schön dadurch betont werden, dass sie trotz hoher Helligkeit gut farbstark dargestellt werden, leiden vergleichbare Digitalaufnahmen darunter, dass die Farbigkeit gerade in diesen hellen Bereichen nachlässt bzw. diese durch die Sonne beleuchteten Bereiche weniger positiv im Bild auffallen, flau und unbetont in der Wirkung des Gesamtbildes untergehen bzw. zur Gesamtwirkung kaum beitragen.
Schwierig zu erklären. Die Sonneneinstrahlung ist nur als ein Beispiel zu verstehen, in dem sich äußert, dass gerade in hellen Bildpartien meinen Digitalbildern vergleichweise Saft und Kraft fehlt.


Das waren die drei Ergebnisse, die mir zwischen alten (Film-) und neuen Aufnahmen auf APS Format bei den erwähnten Motivbereichen aufgefallen sind. Weil für den Bildeindruck unwichtig habe ich aufs Reinzoomen verzichtet und mir die Bilder so wie man es gewöhnlich tut, als ganzes in ihrer Wirkung betrachtet.

Gemacht habe ich es, um festzustellen, inwiefern mir der Kauf einer Vollformatkamera wie der A900 durch Rückkehr zum alten Filmformat etwas bringt. Daher auch die Einordnung in dieser Rubrik. Die Ergebnisse waren dann doch etwas weitreichender als erwartet.

Mein Fazit zu dieser Ausgangsfrage:

Zu (1) Format-Objektivwirkung
Die A900 würde sich sehr lohnen.

Zu (2) Stativ-, Sucherthematik, Bildkomposition
Ich vermute stark, dass der große Sucher der A900 hilfreich wäre, auch hat er diesen feinen Hebel für die Sucherblende. Möglicherweise würden die großen Datenmengen die Selbstdisziplin bez. bewussterem Fotografieren fördern. Jetzt wo ichs mir vor Augen geführt habe, wie lohnenswert der Einsatz eines Stativs ist, werde ich es wieder häufiger einsetzen.

Zu (3) Hellligkeitsdarstellung
Dazu kann eigentlich nur jemand etwas sagen, der schon viele Aufnahmen mit der A900 gemacht hat und festellen, ob es diesbezüglich sichtbare Verbesserungen ggü. A700, A100 und 7D gibt.
Ich kann leider nur vage Aufsetzpunkte für eine Diskussion anbringen, die aus der Theorie für die Praxis nur schwer nachvollziehbar im web dargestellt werden. Einige Stichworte wären der erhöhte Dynamikumfang der A900, eine besondere Toleranz (Spielraum) im Bereich der Helligkeiten, Anwendung bestimmter Kontrastkurven in der Signalverarbeitung.

About Schmidt
22.02.2009, 14:24
Hallo,
das ist sehr interessant. Alles was du schilderst, bis auf die technische Seite, liegt meines erachtens weder am Format, noch am Sucher oder sonstigem. Es liegt meiner Meinung nach daran, wie man sich früher (analog) und heute (digital) mit der Fotografie auseinandersetzt.
Zu Film- oder Diazeit, hat man sich meist mehr Zeit gelassen für einen Aufnahme. Man hat, wie du es so schön beschreibst, Stativ und Fernauslöser benutzt. Und warum, weil man meist nur eine Chance hatte, weil Filmmaterial teuer war, weil man kein Ausschuss produzieren wollte, schlicht, weil man sich noch mit dem was man tat auseinandergesetzt hat.

Heute macht man schnell mal eine Belichtungsserie und biegt den Rest am Computer mittels Graditationskurven und Weissabgleich hin. Die Auseinandersetzung mit der Materie Fotografie findet anschließend in Foren und Communitys statt. Wenn dann im Zoo mal jemand mit einer Analogen SLR fotografiert, fragt man sich unweigerlich, wieso schaut der nicht auf dem Display nach, ob sein Bild was geworden ist? Ging euch doch auch schon so, seid ehrlich :cool:

Das Einzige, was sich bei mir drastisch geändert hat, ist mein Stil und was ich fotografiere. Da ist mir die Digitaltechnik sehr entgegen gekommen. Um verschiedene Fotos zu ermöglichen, hätte ich für die Dunkelkammer ein Vermögen ausgeben müssen und auch wenn ich mich lange gesträubt habe, so hat mir die Digitaltechnik sehr geholfen.

Gruß Wolfgang

aidualk
22.02.2009, 14:38
Hallo T-Rex

ich denke auch der Hauptunterschied liegt in den Kosten des Chemiefilms und der "kostenlosigkeit" der heutigen digitalen Bilder. Wenn ich lese, dass manche in einem Jahr 30.000 oder 50.000 oder noch mehr Auslösungen auf ihre DSLR bringen, da frag ich mich ernsthaft, was haben die damals für eine Filmvernichtung betrieben. Ich bräuchte um 1000 Bilder pro Woche zu sichten, sortieren und nachzubearbeiten einen ganzen Monat. Soviele Monate hat mein Jahr gar nicht.

Mein Fotografierverhalten hat sich seit 2004, da hab ich mir die D7D gekauft, meine erst Digitale, auch verändert, ganz klar, aber ich gehe auch nach wie vor bewusst an Motive ran und auch immer noch und immer wieder analog, allerdings nicht mit KB (weil ich damit eigentlich nie wirklich zufrieden war).

Wenn es dich interessiert, ich hatte im Herbst einmal einen Auftrag genutzt und einen Vergleich zwischen meinen Analogen und der 900 gemacht (da warst du noch nicht hier im Forum angemeldet ;) ) - dabei kamen auch Erkenntnisse und Ergebnisse heraus, die ich am Anfang so gar nicht gesucht hatte. :cool:

Vergleich (http://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=61398)

gruß

aidualk

Roland Hank
22.02.2009, 15:37
Erst einmal vielen Dank für diesen Thread, weil er sich wohltuend von den vielen Technik-Threads unterscheidet und sich mit dem Thema Fotografie auseinandersetzt.

Ich kann dazu sagen, daß es ähnliche Überlegungen waren die mich zurück zum Vollformat der Alpha 900 gebracht haben. Ob wirklich die 'Verhältnisse' innerhalb des Bildes beim Vollformat stimmiger und attraktiver sind möchte ich jetzt nicht behaupten. Vielleicht ist es vielmehr die einzigartige Wirkung eines Velvia 50, der die besondere Note ausmacht.

Hinsichtlich der Bildkomposition gebe ich dir zu 100% Recht, auch wenn ich mich oute aus bequemlichkeitsgründen oft auf das Stativ verzichtet zu haben. Aber ich gehöre, damals analog wie auch heute digital, immer noch zu denen die „ewig“ lang versuchen den richtigen Bildausschnitt im Sucher zu finden und die gesamte Bildkomposition schon an der Kamera zu machen. Genau aus diesem Grund ist für mich die Suchergröße einer Vollformat-Kamera und insbesondere der A900 extrem wichtig.

Der Dynamikumfang der Alpha 900 ist sicherlich auf einem sehr hohen Niveau. Ob er so viel größer ist als bei der A700 kann ich jedoch noch nicht abschließend beurteilen, dazu habe ich die Kamera noch nicht lange genug. Der gesamte Dynamikumfang (Dichteumfang) liegt in etwa auf dem Niveau des Velvias, allerdings ist die Minimal- und Maximaldichte durch die Gradationskurve des Films anders verteilt. Der Velvia ist im Bereich der Lichter sicherlich noch ein Stück besser als der Sensor der A900 und jeder anderen Digitalkamera.

Gruß Roland

miwi9
22.02.2009, 16:15
Was die Bildgestaltung angeht, ist mir neulich aufgefallen, dass ich Kompositionen im Sucher immer ganz toll finde, die (laut Exif) mit 28-30mm gemacht werden. Am Rechner gefällt mir dieselbe Szene, zu Vergleichszwecken mit 35mm (laut Exif) aufgenommen, jedoch viel besser... :? Ich glaube der 95%-Sucher meiner Crop-Kamera hat auch Einfluss auf unpassende Bildausschnitte.

Viele Grüße
Michael

ulibass
22.02.2009, 18:27
Mein Vergleich sieht folgend aus:

Analog zu Digital (A100): ICh muss selbstkritisch zugeben, dass ich trotz Crop und begrenzten Sucher als Fotograf definitiv besser geworden bin. Das hängt einfach mit der direkten Kontrolle der Parameterkombinationen am Displaybild zusammen. Bis man früher am Vergrösserer sass, waren doch so manche benutzten Werte wieder vergessen, bzw. blieb oft die unbefriedigte Frage offen "hätte ich vielleicht doch die Blende...."
A100 zu A900: Vom Übegerät wieder zurück zum befriedigenden Gerät: V.a. aufgrund des Suchers lässt sich wieder fotografisch arbeiten. Und ja: v.a. aufgrund des Bewusstseins der Datenmenge, die man mit jedem Spiegelschlag produziert sind meine Fotos wesentlich überlegter und "gecheckter" als mit der A100. Im Studio komme ich inzwischen mit ca. 1/3 der Fotos pro Serie aus. Das macht auch Sinn.

Grüsse
uli

eumel13
22.02.2009, 20:24
Hallo alle miteinander !

Auch ich hab mir die Fotos von früher angeschaut und das gleiche erlebt wir ihr, aber mir ist das schon Früher aufgefallen und zwar im Vergleich von Mittelformat-Fotografie und Kleinbild-Fotografie (ale beide Analog). Auch dort habe ich mit MF in Aufbau und Komposition bessere Fotos als mit KB gemacht. Der Sucher der 900 ist ein Taum und macht die Arbeit eines Brillenträgers wesentlich einfacher als der der 700. A pro po Live Five,ich halte es an einer SLR für überbewertet

utakurt
23.02.2009, 19:46
Wunderbar geschriebenes Posting - es trifft zwar nicht in allen Punkten auf mich zu, aber es gibt einen tiefen Einblick darüber, wie Du die Fotografie siehst und Du sie "lebst"!

Ich bin eher der Guerilla Knipser - mir iste s wichtig, das was ich im Suchers ehe soll auch aufd em Bild landen: unbeschnitten!

Paule
23.02.2009, 20:44
Im fotomagazin 9/2008 steht dazu ein super Artikel. Dort werden die Unterschiede technisch super dargestellt. Mir persönlich gefällt der Bildeindruck im Kleinbildformat auch besser. Das hängt u.A. viel mit der Blende zusammen. Deshalb mache ich eigentlich alle besonders überlegten Aufnahmen analog mit der Dynax 7. Es gibt heute super ausgereifte Filme, die der Digitechn. in nichts nachstehen. Ich will aber keine Diskussion darüber lostreten. Es ist halt meine Meinung. Bei den Bildern, die ich mit der D7D mache, nutze ich haptsächlich den Bildwinkelfaktor aus.
Starke Vergrößerungen sind mit dem analogen Material sowie so ohne Probleme möglich.

utakurt
24.02.2009, 00:40
Im fotomagazin 9/2008 steht dazu ein super Artikel. Dort werden die Unterschiede technisch super dargestellt. ...

Danke für den Tipp...