tmeinicke
21.09.2008, 10:06
Liebe Leute,
ich habe mich noch nie so richtig vorgestellt, auch wenn ich mich hier und da an
einigen Beiträgen beteiligt habe.
Also werde ich's mal nachholen.
Ich bin heute in den Mittvierzigern und fotografiere seit Kindesbeinen, ohne es mir
früher überhaupt leisten zu können. Meine allererste Kamera war eine Rollfilm-
Balgenkamera von Zeiss (aus den 30ern), die mir meine Mutter nach einem Urlaub im
Alter von etwa 12 Jahren vermachte, weil das Fotografieren nicht wirklich ihr Ding war
und sie glaubte, mir etwas Gutes tun zu müssen, nachdem für andere Möglichkeiten
nur relativ wenig Geld vorhanden war. Meine erste selbstgekaufte Kamera war eine
Agfa Pocket, aber schon mit Makro :oops: Da war ich dann 17 Jahre alt.
Im Alter von 22 plünderte ich mein Sparbuch, das ich eigentlich für Notfälle, die
während meines Studiums gehäuft auftraten, bewahren wollte, und startete voll
durch:
Canon T70 mit Zoom 35-200 (damals eine Sensation), einem 50mm 1,4, einem
Weitwinkel-Zoom (24-?) und sage und schreibe einem Metz SCA 45 CT4.
Ich war der King :top:
Da bemerkte ich, dass ich zwar immer gerne fotografieren wollte, aber irgendetwas
fehlte. Diese Kameraausrüstung machte mich eben nicht allein zum Fotografen.
Weil ich früh auf eigenen Beinen stehen mußte, war ich geneigt, mir "sichere"
und "vernünftige" Perspektiven aufzubauen. Also erst mal eine Ausbildung und dann
etwas "Handfestes" studieren.
Mit 26 merkte ich, dass mein Studium eine Never Ending Story werden sollte, weil ich
es immer selbst finanzieren und damit bis zu 30 Stunden in der Woche arbeiten gehen
mußte. Die Gründe, weshalb das nicht auch anders möglich gewesen wäre, erspare ich
euch an dieser Stelle.
Und wenn mein Studium schon so lange dauern sollte, setzte ich noch eines drauf. Ich
bekam einen Zweitstudienplatz an der HDK (heute UdK) im Fachbereich Visuelle
Kommunikation und setzte alles dran, meinen Schwerpunkt auf die Fotografie zu setzen
(damals noch möglich). Einfach so. Einfach nur so für mich! Mein dortiger Professor,
ein steinalter Fotograf, nahm mich mal zur Seite, weil ich ihm auf einem Workshop zu
viele Fotos machte (damals waren Fotos noch teuer). Er glaubte, ich hätte wohl
Angst, dass mir etwas entgehen könnte, und empfahl mir, während eines Shootings
mal ganz bewußt gar nicht zu fotografieren. Nur dazusitzen und zu schauen. Wir
unterhielten uns im Anschluß darüber, welche Motive ich denn nun "verpaßt" hätte. Es
waren genau zwei. Und diese Bilder haben sich bis heute in mir festgesetzt.
Als ich meinen Abschluß bei ihm machte, beschwor er mich, daran zu denken, dass
man das wirklich Gute nur mit dem inneren Auge sieht. Er starb einige Jahre später. :(
Und ich war verdammt stolz, diesen Menschen kennengelernt zu haben.
Na ja, gearbeitet habe ich dann all die späteren Jahre eher in anderen Bereichen, als
Einkäufer, Wirtschaftsberater und teilweise auch in juristischen Bereichen. Meinen
Traum vom Fotografieren habe ich bis dahin jedoch nie gelebt. Mein Lebensweg hat
das irgendwie zu verhindern gewußt.
Erst als mein Sohn auf die Welt kam und ich mich nach der Trennung von seiner Mutter
meines Vaterseins besann, nahm ich meine Canon (für weitere Kameras hatte es in den
Jahren dazwischen nicht gereicht, oder ich hatte meinen Traum verdrängt) wieder zur
Hand. Eigentlich mußte ich erst einmal alles suchen, weil es so "sicher" verstaut war,
dass ich selbst nicht mehr wußte, wo. Oder ich glaubte einfach nicht mehr daran, dass
für die Fotografie in meinem Leben noch Platz wäre.
Ich kaufte mir dann zusätzlich eine S-VHS-Kamera und hielt einfach drauf. Auf jede
Bewegung, jedes Motiv, jede Stimmung - auf meinen Jungen. Auf diese Weise habe ich
bis heute Abertausende von Fotos (ja, ich erinnere mich zuweilen an die Worte meines
Professors) und viele Stunden Film gemacht. Habe mich hingesetzt, meine Kenntnisse
mühsam hervorgekramt, alte Fotos nachbearbeitet, neue Fotos hinzugefügt,
Sequenzen geschnitten und vieles für die Zukunft meines Sohnes hinterlassen. Und für
mich.
Mittlerweile fotografiere ich, wie die meisten von euch, digital. Über den Umweg über
Fuji bin ich heute bei der A100 und der A700 gelandet. Ich habe meinen Traum
hervorgeholt und lebe ihn, wann auch immer mir mein Job dazu Zeit läßt. Ich habe
vieles ein wenig professionalisiert und begleite auch andere Menschen hier und da
fotografisch. Ich habe meine Themengebiete nachhaltig erweitert und finde es auch
bei entsprechenden Events nicht lächerlich, mich in verkrümmten Haltungen zu zeigen,
nur damit das Motiv hinterher mit meinem "inneren Auge" übereinstimmt.
Jeden Moment hinter diesem verdammten Sucher genieße ich. Und es ist mir völlig
egal, ob dabei stets nur technisch einwandfreie Ergebnisse mit Hilfe der modernsten
Technik herauskommen.
Die Bilder, die wir in uns tragen, lassen sich nicht zwischen den einzelnen
Kameratypen, -marken, -auflösungen oder mit Hilfe sonstiger technischer Parameter
vergleichen. Wir haben in diesem einen Moment eben nur diese eine Kamera in der
Hand. Und vielleicht haben wir das Glück, dass sie im richtigen Moment auch noch
eingeschaltet und der Objektivdeckel abgenommen ist. :lol:
Und wenn es eine Sony ist, dann gibt es dieses eine Bild eben nicht von einer Canon
oder einer Nikon. Und das ist das Entscheidende!
Ich werde mich in der nächsten Woche einer unangenehmen Operation unterziehen
müssen. Solche Momente führen oftmals im Leben dazu, dass man sich hinsetzt und
von den Tausenden von Fotos, die man auf seinen Festplatten gespeichert, aber nie
wieder angesehen hat, einige selektiert. Ich habe aus diesen ausgewählten Fotos ein
kleines Buch gemacht. Für meinen Sohn. Über seinen bisherigen Weg. Und für seinen
zukünftigen Weg.
Aus der Sicht meines inneren Auges. In der Hoffnung, dass das, was diese Fotos
zeigen, ihm einen Blick darauf ermöglichen werden.
Sicherlich werde ich mich, falls die Operation gut verlaufen sollte, mit dem Gedanken
tragen, die A900 mal nicht nur bei einem Händler in die Hand zu nehmen. Vielleicht
werde ich auch irgendwann damit fotografieren. Vielleicht auch technisch
anspruchsvolle Fotos damit machen. Ja, das könnte mich schon reizen. So, wie die
meisten von euch.
Bis dahin jedoch werden sich meine Gedanken den wenigen Bildern widmen, die mein
Leben beschreiben und von denen ich das Glück hatte, sie in Fotos festzuhalten.
Es wären auch nicht mehr, wenn sie von einer A900 stammten.
Vielleicht drückt ihr mir ja in der nächsten Woche mal die Daumen.
Und vielleicht glaubt ihr daran, dass eure Sicht so einzigartig ist, dass sie es allemal
Wert ist, festgehalten zu werden. Mit mehr oder weniger Rauschen. Zu hell oder zu
dunkel. Viel oder wenig Tiefenschärfe. JPEG oder RAW.
Haltet eure Momente einfach fest. Und holt sie wieder hervor, wenn es euch wichtig
erscheint. :top:
Herzliche Grüße an euch alle
Thomas
ich habe mich noch nie so richtig vorgestellt, auch wenn ich mich hier und da an
einigen Beiträgen beteiligt habe.
Also werde ich's mal nachholen.
Ich bin heute in den Mittvierzigern und fotografiere seit Kindesbeinen, ohne es mir
früher überhaupt leisten zu können. Meine allererste Kamera war eine Rollfilm-
Balgenkamera von Zeiss (aus den 30ern), die mir meine Mutter nach einem Urlaub im
Alter von etwa 12 Jahren vermachte, weil das Fotografieren nicht wirklich ihr Ding war
und sie glaubte, mir etwas Gutes tun zu müssen, nachdem für andere Möglichkeiten
nur relativ wenig Geld vorhanden war. Meine erste selbstgekaufte Kamera war eine
Agfa Pocket, aber schon mit Makro :oops: Da war ich dann 17 Jahre alt.
Im Alter von 22 plünderte ich mein Sparbuch, das ich eigentlich für Notfälle, die
während meines Studiums gehäuft auftraten, bewahren wollte, und startete voll
durch:
Canon T70 mit Zoom 35-200 (damals eine Sensation), einem 50mm 1,4, einem
Weitwinkel-Zoom (24-?) und sage und schreibe einem Metz SCA 45 CT4.
Ich war der King :top:
Da bemerkte ich, dass ich zwar immer gerne fotografieren wollte, aber irgendetwas
fehlte. Diese Kameraausrüstung machte mich eben nicht allein zum Fotografen.
Weil ich früh auf eigenen Beinen stehen mußte, war ich geneigt, mir "sichere"
und "vernünftige" Perspektiven aufzubauen. Also erst mal eine Ausbildung und dann
etwas "Handfestes" studieren.
Mit 26 merkte ich, dass mein Studium eine Never Ending Story werden sollte, weil ich
es immer selbst finanzieren und damit bis zu 30 Stunden in der Woche arbeiten gehen
mußte. Die Gründe, weshalb das nicht auch anders möglich gewesen wäre, erspare ich
euch an dieser Stelle.
Und wenn mein Studium schon so lange dauern sollte, setzte ich noch eines drauf. Ich
bekam einen Zweitstudienplatz an der HDK (heute UdK) im Fachbereich Visuelle
Kommunikation und setzte alles dran, meinen Schwerpunkt auf die Fotografie zu setzen
(damals noch möglich). Einfach so. Einfach nur so für mich! Mein dortiger Professor,
ein steinalter Fotograf, nahm mich mal zur Seite, weil ich ihm auf einem Workshop zu
viele Fotos machte (damals waren Fotos noch teuer). Er glaubte, ich hätte wohl
Angst, dass mir etwas entgehen könnte, und empfahl mir, während eines Shootings
mal ganz bewußt gar nicht zu fotografieren. Nur dazusitzen und zu schauen. Wir
unterhielten uns im Anschluß darüber, welche Motive ich denn nun "verpaßt" hätte. Es
waren genau zwei. Und diese Bilder haben sich bis heute in mir festgesetzt.
Als ich meinen Abschluß bei ihm machte, beschwor er mich, daran zu denken, dass
man das wirklich Gute nur mit dem inneren Auge sieht. Er starb einige Jahre später. :(
Und ich war verdammt stolz, diesen Menschen kennengelernt zu haben.
Na ja, gearbeitet habe ich dann all die späteren Jahre eher in anderen Bereichen, als
Einkäufer, Wirtschaftsberater und teilweise auch in juristischen Bereichen. Meinen
Traum vom Fotografieren habe ich bis dahin jedoch nie gelebt. Mein Lebensweg hat
das irgendwie zu verhindern gewußt.
Erst als mein Sohn auf die Welt kam und ich mich nach der Trennung von seiner Mutter
meines Vaterseins besann, nahm ich meine Canon (für weitere Kameras hatte es in den
Jahren dazwischen nicht gereicht, oder ich hatte meinen Traum verdrängt) wieder zur
Hand. Eigentlich mußte ich erst einmal alles suchen, weil es so "sicher" verstaut war,
dass ich selbst nicht mehr wußte, wo. Oder ich glaubte einfach nicht mehr daran, dass
für die Fotografie in meinem Leben noch Platz wäre.
Ich kaufte mir dann zusätzlich eine S-VHS-Kamera und hielt einfach drauf. Auf jede
Bewegung, jedes Motiv, jede Stimmung - auf meinen Jungen. Auf diese Weise habe ich
bis heute Abertausende von Fotos (ja, ich erinnere mich zuweilen an die Worte meines
Professors) und viele Stunden Film gemacht. Habe mich hingesetzt, meine Kenntnisse
mühsam hervorgekramt, alte Fotos nachbearbeitet, neue Fotos hinzugefügt,
Sequenzen geschnitten und vieles für die Zukunft meines Sohnes hinterlassen. Und für
mich.
Mittlerweile fotografiere ich, wie die meisten von euch, digital. Über den Umweg über
Fuji bin ich heute bei der A100 und der A700 gelandet. Ich habe meinen Traum
hervorgeholt und lebe ihn, wann auch immer mir mein Job dazu Zeit läßt. Ich habe
vieles ein wenig professionalisiert und begleite auch andere Menschen hier und da
fotografisch. Ich habe meine Themengebiete nachhaltig erweitert und finde es auch
bei entsprechenden Events nicht lächerlich, mich in verkrümmten Haltungen zu zeigen,
nur damit das Motiv hinterher mit meinem "inneren Auge" übereinstimmt.
Jeden Moment hinter diesem verdammten Sucher genieße ich. Und es ist mir völlig
egal, ob dabei stets nur technisch einwandfreie Ergebnisse mit Hilfe der modernsten
Technik herauskommen.
Die Bilder, die wir in uns tragen, lassen sich nicht zwischen den einzelnen
Kameratypen, -marken, -auflösungen oder mit Hilfe sonstiger technischer Parameter
vergleichen. Wir haben in diesem einen Moment eben nur diese eine Kamera in der
Hand. Und vielleicht haben wir das Glück, dass sie im richtigen Moment auch noch
eingeschaltet und der Objektivdeckel abgenommen ist. :lol:
Und wenn es eine Sony ist, dann gibt es dieses eine Bild eben nicht von einer Canon
oder einer Nikon. Und das ist das Entscheidende!
Ich werde mich in der nächsten Woche einer unangenehmen Operation unterziehen
müssen. Solche Momente führen oftmals im Leben dazu, dass man sich hinsetzt und
von den Tausenden von Fotos, die man auf seinen Festplatten gespeichert, aber nie
wieder angesehen hat, einige selektiert. Ich habe aus diesen ausgewählten Fotos ein
kleines Buch gemacht. Für meinen Sohn. Über seinen bisherigen Weg. Und für seinen
zukünftigen Weg.
Aus der Sicht meines inneren Auges. In der Hoffnung, dass das, was diese Fotos
zeigen, ihm einen Blick darauf ermöglichen werden.
Sicherlich werde ich mich, falls die Operation gut verlaufen sollte, mit dem Gedanken
tragen, die A900 mal nicht nur bei einem Händler in die Hand zu nehmen. Vielleicht
werde ich auch irgendwann damit fotografieren. Vielleicht auch technisch
anspruchsvolle Fotos damit machen. Ja, das könnte mich schon reizen. So, wie die
meisten von euch.
Bis dahin jedoch werden sich meine Gedanken den wenigen Bildern widmen, die mein
Leben beschreiben und von denen ich das Glück hatte, sie in Fotos festzuhalten.
Es wären auch nicht mehr, wenn sie von einer A900 stammten.
Vielleicht drückt ihr mir ja in der nächsten Woche mal die Daumen.
Und vielleicht glaubt ihr daran, dass eure Sicht so einzigartig ist, dass sie es allemal
Wert ist, festgehalten zu werden. Mit mehr oder weniger Rauschen. Zu hell oder zu
dunkel. Viel oder wenig Tiefenschärfe. JPEG oder RAW.
Haltet eure Momente einfach fest. Und holt sie wieder hervor, wenn es euch wichtig
erscheint. :top:
Herzliche Grüße an euch alle
Thomas