dA2Eye
30.09.2005, 14:37
Liebe LeserInnen und Leser,
hier etwas Ernsthaftes - indessen nix Moralisches.
ich habe hier mal etwas gepostet, in dem es um vernetztes Denken geht, um Gruppen und deren Aktivitäten, aber auch um Individualität.
Text, der etwas mehr als ein flüchtiges Überlesen erfordert, aber vielleicht interessiert es den einen oder die andere User/In. Am Schluß dieses Postings folgt der link zu dem Artikel und dessen Zitate, also auf das, worauf ich hier Bezug nehme.
Komplexe Gedankengänge erwarten interessierte LeserInnen. - Es dreht sich im Ganzen hochaktuelle um uns alle, die wir uns eingebettet empfinden in eine globale Vernetzung, in Globalismus und in die Wirrnisse von diversen ANSICHTEN !
Wenn es allgemein den Usern dieses Forums nicht zusagt, solche Postings hier zu finden - dann bitte ich um Nachricht.
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Vielleicht gibt das folgende und insbesondere der gesamte Artikel von dem hier Auszüge stehen, unter anderem Anlaß zum Nachdenken über "Andersartige" und "Andersdenkende".
Das globale Gehirn
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In seiner faszinierenden und gleichzeitig erschreckenden Geschichte des globalen Gehirns spannt Howard Bloom auf beeindruckende Weise den Bogen von den ersten Bakterienkulturen bis hin zur globalen Vernetzung. Die Evolution der sozialen Intelligenz mit ihren Durchbrüchen und ihren dunklen Seiten wie sozialer Ausschluss und Konfromitätsdruck wird mit überraschenden Einsichten in ihren Grundzügen deutlich. (by Telepolis)
[AUSZÜGE in ZITATEN aus einem Artikel, der bei Telepolis erschienen ist.]
>>Es ist an der Zeit, daß die Evolutionstheoretiker ihren Geist öffnen und den individuellen Selektionismus als rigides Glaubensbekenntnis aufgeben, das nicht mit seinem vermeintlichen Gegenteil, der Gruppenselektion, koexistieren kann. Wenn ich richtig liege, dann gibt es die vernetzte Intelligenz, die von Computerwissenschaftlern und Physikern als ein Ergebnis der entstehenden Technologien angekündigt wird, bereits seit langem. Sie hat die perverse physiologische Eigenschaft herausgearbeitet, die sich in unserer depressiven Lethargie, in unserer lähmenden Ängstlichkeit, in der Reizbarkeit, durch die wir andere abstoßen, wenn wir sie am meisten benötigen, in unserer Resignation, wenn uns ein Scheitern wiederholt enttäuscht, und im Abbau unserer Gesundheit manifestiert, wenn wir zum Opfer eines überwältigenden Verlustes oder einer Krise werden. Diese physiologisch verdrahteten Merkmale haben uns zu Mikroprozessoren in der am meisten faszinierenden Form von Parallelcomputern werden lassen, die je auf diesem Planeten gebaut wurden. Ohne Transistoren haben sie jeden von uns zu einer Zelle eines vernetzten Gehirns werden lassen.<<
. . . . . .
>>Drei Fragen an Howard Bloom (Paläopsychologe)
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Wird Gruppenselektion als Modell in der Hirnforschung, beispielsweise bei Gerald Edelmans "neuronalen Darwinismus", im Hinblick auf Neuronenpopulationen angewendet? Oder dominiert hier auch das Paradigma der individuellen Selektion?
Howard Bloom: Ja und Nein. Zunächst ist es richtig, die Forschungsarbeit von Gerald Edelman mit den Prinzipien der komplexen adaptiven Systeme zu verbinden. 50 % der Gehirnzellen werden bekanntlich im ersten Lebensjahr durch Apoptosis abgetötet. Die Zellen, die nicht mit den Herausforderungen in der Umwelt des Babies klarkommen, müssen verschwinden. Das ist das Prinzip: "To him who hath it shall be given, from he who hath not even waht he hath shall be taken away."
Individuelle Selektionisten würden jedoch die Idee von sich weisen, daß dies eine Gruppenselektion darstellt, obgleich unterschiedliche Neuronenpopulationen miteinander im Wettstreit liegen und durch ihren Erfolg leben oder sterben. Individuelle Selektionisten würden sagen, daß das wirksame Prinzip, weil alle am Wettstreit beteiligten Neuronen denselben genetischen Inhalt haben, dasselbe ist wie in Hamiltons ursprünglichem (und unangemessenem) Modell einer Insektenkolonie. Jeder Vorfall einer Selbstzerstörung stellt folglich eine Familienselektion dar, in der eine suizidale Zelle einen altruistischen Akt begeht, um Kopien ihrer Gene in anderen Zellen des Makroorganismus zu fördern.
Wenn das ein bißchen nach Haarspalterei von Scholastikern des Mittelalters klingt, dann ist dies in der Tat so. Wissenschaftler sind jedoch zu oft besessen davon, sich über den Weg über ein Astloch in einem Baum zu streiten, und können dann nicht mehr den Wald wahrnehmen, dessen Teil der Baum ist. Sie werden vielleicht sogar behaupten, daß der Baum gar nicht existiert.
Steht die Gruppenselektion auch hinter gesellschaftlichen Entwicklungen? Läßt sie sich beispielsweise gegenwärtig in der Abschaffung des Wohlfahrtsstaates sehen, die parallel mit der Globalisierung geschieht?
Howard Bloom: Ja, die Ausbreitung von und die Konkurrenz zwischen Subkulturen ist eine Form der Gruppenselektion, die den Machenschaften des kollektiven Gehirns Macht verleiht. Wie das funktioniert, werde ich in meinem neuen Buch "The Irrational Invention Machine" zeigen. Zudem haben Gesellschaftskritiker wie John Naisbitt (Megatrends) und verschiedene Geschichtswissenschaftler überzeugend zeigen können, daß eine gesellschaftliche Strömung zur Geburt ihres Gegenteils führt. Hegel hätte dem sicher zugestimmt. Die heutige Globalisierung bringt eine gegensätzliche, aber gleiche Reaktion hervor: die Tribalisierung, die Fragmentierung der Gesellschaft in zunehmend in sich selbst abgeschlossene Kleinstgruppen. Aber durch diese Form der Differenzierung und Konkurrenz erfindet ein komplexes adaptives System neue Modalitäten, um seine Umwelt zu verändern. In anderen Worten ist das, was Sie fragen, in meinen Augen richtig. Was Ökonomen eine konstruktive Zerstörung nennen, gehört zur Funktionsweise des Gruppengehirns.
Gruppenselektion und selbstzerstörerische Mechanismen scheinen eine grausame Sache zu sein und schlecht in einen ethischen Standpunkt zu passen. Welche Bedeutung könnte Ethik im Rahmen eines gruppenselektionistischen Zugangs zur Gesellschaft besitzen?
Howard Bloom: Die Natur ist im Sinne des "Teuflischen Prinzips" nicht die gütige Mutter, für die ihre Fürsprecher sie halten. Sie ist vielmehr eine Mutter, die über den Mißbrauch des Kindes jubelt. Ihre Bösartigkeit ist auf so vielen Ebenen in unsere Biologie eingebaut, daß sie nicht nur zu unserer Physiologie, sondern auch zu jeder menschlichen Kultur gehört. Alle Gesellschaften, auch die präkolonialistischen Inuit, die so oft für ihre Friedlichkeit gelobt werden, identifizieren Gruppen von Menschen, die man hassen darf. Der Haß auf Außenseiter als eines der mächtigsten Bande, die eine kulturelle oder subkulturelle Gruppe zusammenhält, wurde von unzähligen wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen. Auch wenn dies uns unfreiwillig aufgezwungen wurde, so ist dieser modus operandi doch ethisch verabscheuungswürdig. Infolgedessen ist es für jeden von uns mit einer moralischen Sensibilität eine Pflicht, folgendes zu tun: Rebelliere gegen die Natur und ihre Wege! Beende Gewalttätigkeit, wo immer du kannst! Wenn du einen Straßenraub beobachtest, greife ein (Ich mache das immer ... und ich bin sowohl schwächlich als auch unsportlich)! Wenn du einen Massenmord siehst und es nicht schaffst, ihn zu stoppen, dann bist du hinsichtlich seiner Ausführung ein Komplize. Und das bin ich.
Am wichtigsten ist, auf die dunklen Seiten des eigenen Idealismus und moralischen Gefühls zu schauen. Beides entsteht aus unserem Arsenal natürlicher Instinkte. Und beides degeneriert zu einer Entschuldigung für Angriffe auf andere. Wenn unsere gerechte Empörung in Wut gegen einen "Schurken" umschlägt, werden wir allzu oft zur Beute eines natürlichen Programms von Zähnen und Klauen. Es werden keine Lebewesen vom Mars oder himmlische Weisen kommen, um uns vor unserem eingeborenen Bösen zu retten. Wir müssen die äußere Natur und die in uns bekämpfen, um uns und unser Selbst zu retten.<<
(aus Telepolis)
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Im Artikel, der in meinem folgenden link auftaucht, wird unter anderem über vernetztes Denken oder etwa über Gruppenarbeit (für das Ganze und nicht nur für sich) reflektiert.
Biologie, Evolution und das globale Gehirn
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2100/1.html
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Mit freundlichen Grüßen, Ayelander
hier etwas Ernsthaftes - indessen nix Moralisches.
ich habe hier mal etwas gepostet, in dem es um vernetztes Denken geht, um Gruppen und deren Aktivitäten, aber auch um Individualität.
Text, der etwas mehr als ein flüchtiges Überlesen erfordert, aber vielleicht interessiert es den einen oder die andere User/In. Am Schluß dieses Postings folgt der link zu dem Artikel und dessen Zitate, also auf das, worauf ich hier Bezug nehme.
Komplexe Gedankengänge erwarten interessierte LeserInnen. - Es dreht sich im Ganzen hochaktuelle um uns alle, die wir uns eingebettet empfinden in eine globale Vernetzung, in Globalismus und in die Wirrnisse von diversen ANSICHTEN !
Wenn es allgemein den Usern dieses Forums nicht zusagt, solche Postings hier zu finden - dann bitte ich um Nachricht.
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Vielleicht gibt das folgende und insbesondere der gesamte Artikel von dem hier Auszüge stehen, unter anderem Anlaß zum Nachdenken über "Andersartige" und "Andersdenkende".
Das globale Gehirn
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In seiner faszinierenden und gleichzeitig erschreckenden Geschichte des globalen Gehirns spannt Howard Bloom auf beeindruckende Weise den Bogen von den ersten Bakterienkulturen bis hin zur globalen Vernetzung. Die Evolution der sozialen Intelligenz mit ihren Durchbrüchen und ihren dunklen Seiten wie sozialer Ausschluss und Konfromitätsdruck wird mit überraschenden Einsichten in ihren Grundzügen deutlich. (by Telepolis)
[AUSZÜGE in ZITATEN aus einem Artikel, der bei Telepolis erschienen ist.]
>>Es ist an der Zeit, daß die Evolutionstheoretiker ihren Geist öffnen und den individuellen Selektionismus als rigides Glaubensbekenntnis aufgeben, das nicht mit seinem vermeintlichen Gegenteil, der Gruppenselektion, koexistieren kann. Wenn ich richtig liege, dann gibt es die vernetzte Intelligenz, die von Computerwissenschaftlern und Physikern als ein Ergebnis der entstehenden Technologien angekündigt wird, bereits seit langem. Sie hat die perverse physiologische Eigenschaft herausgearbeitet, die sich in unserer depressiven Lethargie, in unserer lähmenden Ängstlichkeit, in der Reizbarkeit, durch die wir andere abstoßen, wenn wir sie am meisten benötigen, in unserer Resignation, wenn uns ein Scheitern wiederholt enttäuscht, und im Abbau unserer Gesundheit manifestiert, wenn wir zum Opfer eines überwältigenden Verlustes oder einer Krise werden. Diese physiologisch verdrahteten Merkmale haben uns zu Mikroprozessoren in der am meisten faszinierenden Form von Parallelcomputern werden lassen, die je auf diesem Planeten gebaut wurden. Ohne Transistoren haben sie jeden von uns zu einer Zelle eines vernetzten Gehirns werden lassen.<<
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>>Drei Fragen an Howard Bloom (Paläopsychologe)
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Wird Gruppenselektion als Modell in der Hirnforschung, beispielsweise bei Gerald Edelmans "neuronalen Darwinismus", im Hinblick auf Neuronenpopulationen angewendet? Oder dominiert hier auch das Paradigma der individuellen Selektion?
Howard Bloom: Ja und Nein. Zunächst ist es richtig, die Forschungsarbeit von Gerald Edelman mit den Prinzipien der komplexen adaptiven Systeme zu verbinden. 50 % der Gehirnzellen werden bekanntlich im ersten Lebensjahr durch Apoptosis abgetötet. Die Zellen, die nicht mit den Herausforderungen in der Umwelt des Babies klarkommen, müssen verschwinden. Das ist das Prinzip: "To him who hath it shall be given, from he who hath not even waht he hath shall be taken away."
Individuelle Selektionisten würden jedoch die Idee von sich weisen, daß dies eine Gruppenselektion darstellt, obgleich unterschiedliche Neuronenpopulationen miteinander im Wettstreit liegen und durch ihren Erfolg leben oder sterben. Individuelle Selektionisten würden sagen, daß das wirksame Prinzip, weil alle am Wettstreit beteiligten Neuronen denselben genetischen Inhalt haben, dasselbe ist wie in Hamiltons ursprünglichem (und unangemessenem) Modell einer Insektenkolonie. Jeder Vorfall einer Selbstzerstörung stellt folglich eine Familienselektion dar, in der eine suizidale Zelle einen altruistischen Akt begeht, um Kopien ihrer Gene in anderen Zellen des Makroorganismus zu fördern.
Wenn das ein bißchen nach Haarspalterei von Scholastikern des Mittelalters klingt, dann ist dies in der Tat so. Wissenschaftler sind jedoch zu oft besessen davon, sich über den Weg über ein Astloch in einem Baum zu streiten, und können dann nicht mehr den Wald wahrnehmen, dessen Teil der Baum ist. Sie werden vielleicht sogar behaupten, daß der Baum gar nicht existiert.
Steht die Gruppenselektion auch hinter gesellschaftlichen Entwicklungen? Läßt sie sich beispielsweise gegenwärtig in der Abschaffung des Wohlfahrtsstaates sehen, die parallel mit der Globalisierung geschieht?
Howard Bloom: Ja, die Ausbreitung von und die Konkurrenz zwischen Subkulturen ist eine Form der Gruppenselektion, die den Machenschaften des kollektiven Gehirns Macht verleiht. Wie das funktioniert, werde ich in meinem neuen Buch "The Irrational Invention Machine" zeigen. Zudem haben Gesellschaftskritiker wie John Naisbitt (Megatrends) und verschiedene Geschichtswissenschaftler überzeugend zeigen können, daß eine gesellschaftliche Strömung zur Geburt ihres Gegenteils führt. Hegel hätte dem sicher zugestimmt. Die heutige Globalisierung bringt eine gegensätzliche, aber gleiche Reaktion hervor: die Tribalisierung, die Fragmentierung der Gesellschaft in zunehmend in sich selbst abgeschlossene Kleinstgruppen. Aber durch diese Form der Differenzierung und Konkurrenz erfindet ein komplexes adaptives System neue Modalitäten, um seine Umwelt zu verändern. In anderen Worten ist das, was Sie fragen, in meinen Augen richtig. Was Ökonomen eine konstruktive Zerstörung nennen, gehört zur Funktionsweise des Gruppengehirns.
Gruppenselektion und selbstzerstörerische Mechanismen scheinen eine grausame Sache zu sein und schlecht in einen ethischen Standpunkt zu passen. Welche Bedeutung könnte Ethik im Rahmen eines gruppenselektionistischen Zugangs zur Gesellschaft besitzen?
Howard Bloom: Die Natur ist im Sinne des "Teuflischen Prinzips" nicht die gütige Mutter, für die ihre Fürsprecher sie halten. Sie ist vielmehr eine Mutter, die über den Mißbrauch des Kindes jubelt. Ihre Bösartigkeit ist auf so vielen Ebenen in unsere Biologie eingebaut, daß sie nicht nur zu unserer Physiologie, sondern auch zu jeder menschlichen Kultur gehört. Alle Gesellschaften, auch die präkolonialistischen Inuit, die so oft für ihre Friedlichkeit gelobt werden, identifizieren Gruppen von Menschen, die man hassen darf. Der Haß auf Außenseiter als eines der mächtigsten Bande, die eine kulturelle oder subkulturelle Gruppe zusammenhält, wurde von unzähligen wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen. Auch wenn dies uns unfreiwillig aufgezwungen wurde, so ist dieser modus operandi doch ethisch verabscheuungswürdig. Infolgedessen ist es für jeden von uns mit einer moralischen Sensibilität eine Pflicht, folgendes zu tun: Rebelliere gegen die Natur und ihre Wege! Beende Gewalttätigkeit, wo immer du kannst! Wenn du einen Straßenraub beobachtest, greife ein (Ich mache das immer ... und ich bin sowohl schwächlich als auch unsportlich)! Wenn du einen Massenmord siehst und es nicht schaffst, ihn zu stoppen, dann bist du hinsichtlich seiner Ausführung ein Komplize. Und das bin ich.
Am wichtigsten ist, auf die dunklen Seiten des eigenen Idealismus und moralischen Gefühls zu schauen. Beides entsteht aus unserem Arsenal natürlicher Instinkte. Und beides degeneriert zu einer Entschuldigung für Angriffe auf andere. Wenn unsere gerechte Empörung in Wut gegen einen "Schurken" umschlägt, werden wir allzu oft zur Beute eines natürlichen Programms von Zähnen und Klauen. Es werden keine Lebewesen vom Mars oder himmlische Weisen kommen, um uns vor unserem eingeborenen Bösen zu retten. Wir müssen die äußere Natur und die in uns bekämpfen, um uns und unser Selbst zu retten.<<
(aus Telepolis)
-------------------
Im Artikel, der in meinem folgenden link auftaucht, wird unter anderem über vernetztes Denken oder etwa über Gruppenarbeit (für das Ganze und nicht nur für sich) reflektiert.
Biologie, Evolution und das globale Gehirn
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/2/2100/1.html
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Mit freundlichen Grüßen, Ayelander