Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gipfel, Grate, Gletscher: Saykogelüberschreitung 2018
Sir Donnerbold Duck
26.07.2020, 20:05
Hallo,
die schönen Bildberichte von Harry Hirsch (https://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=191305) und Toni_B (https://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=195889) haben mich daran erinnert, dass ich schon seit zwei Jahren noch einen Bericht über eine Hüttentour im Ötztal hier einstellen wollte. Das war im Sommer 2018. Wohlan...
1. Tag
Los geht es mit der Anfahrt nach Vent im hintersten Winkel des Ötztales. Von dort stiefeln wir kurz nach 13:00 Uhr los. Mit uns startet auch ein Hubschrauber bei den Rofenhöfen (2011 m), die als höchstgelegene dauerbesiedelten Berghöfe Österreichs gelten:
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Der Weg zum Hochjochhospiz, unserem Tagesziel, führt auf dem Cyprian-Granbichler-Weg durch das Rofental:
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Nach gut zwei Stunden erreichen wir unser Ziel und sichern uns unseren Platz für die Nacht. Hinter der Hütte führt der Delorette-Weg in die Höhe und wir nutzen den angebrochenen Nachmittag noch, um dem Weg in die Höhe und Richtung Guslarspitzen (3128 m) zu folgen.
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Der Abstecher lohnt sich, denn der Blick auf Hintereisferner und Weißkugel wird immer spektakulärer:
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Leider schreitet die Zeit immer weiter fort und zudem verstellen uns einige wilde Bestien den Weg, so dass wir von der angedachten Besteigung der Guslarspitzen absehen.
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Stattdessen lassen wir uns im Gras nieder und lassen den Blick schweifen. Auf der anderen Talseite sehen wir einen Teil unserer morgigen Tagesetappe:
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Unten sieht man den Weg, der sich den Berg hinaufschlängelt und den wir morgen einschlagen werden. Nach links werden wir dann über den Bach queren und auf den Saykogel (3330 m) hinauflaufen. Das ist der niedrigste Berg in dem imposanten Bergkamm, aber immerhin sind das dann auch 1070 Höhenmeter im Anstieg. Über den nach rechts laufenden Grat wollen wir über den Gipfel und auf der anderen Seite hinab zum Martin-Busch-Haus:
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Nach einer langen Rast meldet sich der Hunger und wir steigen mit einem herrlichen Blick vor Augen auf dem gleichen Weg wieder ab zur Hütte:
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Dort füllen wir unsere Mägen und laben uns an etwas Bier, studieren noch den Wetterbericht und fallen ins Bett. Morgen wird ein langer Tag...
Gruß
Jan
Harry Hirsch
27.07.2020, 20:11
Jetzt habe ich aber Glück gehabt. Denn nur weil ich vorhin ein paar Bilder für meinen Tourenbericht hochgeladen habe, habe ich dort deine Aufnahmen entdeckt und damit noch diesen Thread gefunden. :)
Nachdem ich mit bei opentreetmap erstmal einen Überblick verschafft habe, stelle ich fest: Sehr spannendes Gelände! Wir waren 2016 im Pitztal, also quasi um die Ecke.
Hallo,
die schönen Bildberichte von Harry Hirsch (https://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=191305) und Toni_B (https://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?t=195889) haben mich daran erinnert, dass ich schon seit zwei Jahren noch einen Bericht über eine Hüttentour im Ötztal hier einstellen wollte. ...schnipp...
Danke! Und eine sehr gute Idee!
Leider schreitet die Zeit immer weiter fort und zudem verstellen uns einige wilde Bestien den Weg, so dass wir von der angedachten Besteigung der Guslarspitzen absehen.
:top: ich sag's ja immer: Die Mutigen drehen um. Sehr gut gemacht.
Dort füllen wir unsere Mägen und laben uns an etwas Bier, Auch sehr gut gemacht ;)
...studieren noch den Wetterbericht und fallen ins Bett. Morgen wird ein langer Tag...
:cool: und ich bin auf den weiteren Bericht gespannt!
Sehr schöner Bericht!
Saykogel sagt mir im Moment gar nichts. Sollte ich wohl mal googeln...:oops:
Sir Donnerbold Duck
27.07.2020, 21:32
:top: ich sag's ja immer: Die Mutigen drehen um. Sehr gut gemacht.
Die Mutigen, die Hungrigen und die Späten... Der Wirt hatte uns gesagt, dass es um 18:00 Essen gibt und er wirkte da wenig flexibel. Da waren wir dann lieber pünktlich.
So, gleich geht es dann weiter...
Gruß
Jan
Sir Donnerbold Duck
27.07.2020, 22:18
2. Tag
Ein strahlend schöner Tag bricht an und erfreut uns gleich mal mit herrlichen Stimmungen im Tal:
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Vom Fenster aus haben wir Blick auf die Weißkugel, über der der Mond als zweite Weißkugel am Himmel steht:
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Kurz nach 7 Uhr gehen wir los. Gemeinerweise müssen wir erst mal gut 150 Höhenmeter hinab ins Tal und dort den Fluss überqueren, so dass wir die Hütte bergab verlassen:
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Nach etwa 40 min sind wir wieder auf Höhe der Hütte angekommen und sehen, wie diese gerade in die Morgensonne kommt. Links zieht der tags zuvor begangene Delorette-Weg hoch und im Hintergrund thront die Wildspitze:
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Was nun folgt, ist eine zähe Höhenmeterfresserei in einer recht öden Schuttlandschaft. Mit zunehmender Höhe wird die Landschaft immer wilder und spektakulärer, die Fineilspitze (3514 m) dominiert zusehends das Blickfeld.
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Irgendwann ist es dann endlich geschafft und wir haben die Trogschulter des Tales erreicht. Ein kleines flaches Stück nutzen wir zu einer kleinen Pause und blicken zurück. Hinter uns sind die Eisriesen des Ötztales aufgetaucht, links sieht man die Weißkugel.
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Nach der Rast geht der Weg (noch kann man ihn so nennen...) ziemlich zügig auf den Grat zum Saykogel. Links und rechts ist nur noch Eis, der Hauslabkogel und die Fineilspitze zu unserer Rechten ziehen unsere Blicke immer wieder an.
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Der Weg besteht ziemlich bald nur noch aus einer Abfolge von an den Fels gemalten Markierungen. Teilweise geht es recht steil und ausgesetzt zur Sache.
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Der Blick zurück ist toll, zeigt uns aber auch, dass wir noch im unteren und einfacheren Teil des Grates sind.
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Und so geht es denn munter weiter in die Höhe, immer steiler und ausgesetzter:
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Die kleine Silhouette eines Wanderes auf dem Grat zeigt, wo der Weg langgeht:
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Unter Zuhilfenahme der Hände geht es in die Höhe. Die Stöcke verschwinden dann auch im Rucksack.
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Hauslabkogel und Fineilspitze sind nun fast auf Augenhöhe. Dort unten befindet sich irgendwo die Ötzifundstelle. Ötzis bergsteigerische Leistung war ziemlich gut!
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Die letzten 10 Höhenmeter zum Gipfel müssen wir ganz weglos kraxeln, der Weg geht unterhalb des Gipfels lang. Nach gut 1070 Höhenmetern erreichen wir gegen 12:00 Uhr den Gipfel des Saykogels (3330 m), der nur von einem Steinmännchen markiert ist. Das Panorama ist umwerfend! Links der Similaun (3600 m), rechts die Wildspitze (3768 m):
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Nach links führt das Tal zu unserem Tagesziel, dem Martin-Busch-Haus. Am Gipfel des Saykogels rasten wir ausgiebig und genießen das Panorama.
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Ist es die Höhe? Die Sonne? Postpubertärer Übermut? Jedenfalls reift beim Betrachten der Landschaft und des vor uns liegenden Weges in uns eine kühne Idee: warum denn ins Tal absteigen und zur Hütte stiefeln? Man könnte doch auf der Trogschulter des Tales in der Höhe bleiben und käme oberhalb der Martin-Busch-Hütte (2501 m) am Samoarsee (2920 m) auf den Weg zur Kreuzspitze (3455 m). Da hätten wir doch sauber 420 Höhenmeter gespart und es wären nur noch 535 Höhenmeter bis zum Gipfel...
Fortsetzung dann morgen!
Gruß
Jan
Wow, da hat sich ja im Forum langsam eine ganze Bergwandercommunity zusammengefunden: Joachim. Toni. Nun auch Du... (ich hoffe, ich habe keinen übersehen)
Mal schauen, was noch so kommt. :)
Harry Hirsch
28.07.2020, 08:09
Ich meine Jan hat schon lange vor mir begonnen, uns hier mit auf seine unglaubliche Bergtouren zu nehmen. Toni, soweit ich weiß, auch.
@Jan: Das ist ja mal eine Hammertoiur bei absolutem Traumwetter, die ihr da gemacht habt. Meine Schmerzgrenze überschreitet das, was ihr da so macht, deutlich. Aber umso freue ich mich, dass ich dank deiner tollen Bericht mitgehen kann.
Sir Donnerbold Duck
28.07.2020, 21:46
Mein erster Tourenbericht hier war 2015 der Mainzer Höhenweg. Ich glaube, damit war ich ein bisschen vor Joachim, aber Joachim berichtet dafür auch viel öfter. Wann Toni angefangen hat, uns mit seinen Bergbildern zu erfreuen, weiß ich nimmer. Ist ja aber auch egal, Hauptsache, die Bilder erfreuen!
So, jetzt geht es weiter:
2. Tag: Der Abstieg
Gegen 13:00 brechen wir am Gipfel des Saykogels auf und machen uns an den Abstieg zum Martin-Busch-Haus. Der gegenüberliegende Similaun ist dabei immer im Blick:
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Dafür verschwindet hinter uns die Weißkugel hinter dem Bergrücken. Hier ein letzter Blick zurück:
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Wir setzen unseren Plan in die Tat um und zweigen auf etwa 3100 m Höhe an einer uns geeignet erscheinenden Stelle nach links vom Weg ab, um auf der Trogschulter des Tales zum Samoarsee zu wandern. Rechts unter ihm liegt die Hütte, links über ihm thront die Kreuzspitze. Wir sind nun also im weglosen Gelände, da wir die Wegstrecke einsehen können, ist die Orientierung unschwierig:
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340569)
Links über uns erhebt sich der Saykogel, über dessen nach links laufenden Grat wir eben abgestiegen sind:
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340571)
Das Gelände ist in dieser Höhe eher karg und von Blockwerk bestimmt. Das Gestein ist wohl sehr eisenhaltig, jedenfalls leuchtet es in der Nachmittagssonne in den tollsten Farben. Da es zudem frei von Flechtenbewuchs ist, nehme ich an, dass hier vor nicht sehr langer Zeit noch Eis war.
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Tatsächlich entdecken wir an einigen Steinen auch eindeutigen Spuren: die parallelen Rillen wurden vom Eis, das kleine Steine über den Boden bewegte, in den Stein geschliffen. Sie geben die Fließrichtung des Eises an:
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Ein Blick zurück zum Saykogel:
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Auf dem Grat erkennt man zwei Wanderer, die noch etwas oberhalb der Stelle sind, an der wir den Weg verlassen haben. Das Gelände ist zwar halbwegs gut gangbar, zwingt aber immer wieder zum Hakenschlagen und ist in der Summe doch recht kräftezehrend.
Der See rückt langsam näher, das ewige Geröll und Blockwerk wird stellenweise zu Grasboden:
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Nach munterem Auf und Ab erreichen wir gegen 15:00 den See. Glasklares Wasser, darüber die Kreuzspitze:
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Frohen Mutes und schmerzenden Schenkels schlagen wir den Weg bergauf ein. Die ersten 10 Höhenmeter gehen eigentlich ganz gut, aber da ist es auch noch flach... Dann zieht der Weg nach oben, die Kondition geht aber nach unten. Der Weg durch das Gelände war doch anstrengend, außerdem sind wir schon fast den ganzen Tag auf über 3000 m Höhe. Entsprechend langsam steigen wir auf. Gegen 15:30 sind wir auf etwa 3150 m Höhe und damit noch 400 Höhenmeter unter dem Gipfel. Bei einer Rast beschließen wir mit Blick auf die Uhr und unsere brennenden Oberschenkel, dass es ja auch nicht unbedingt zwei fette 3000er an einem Tag sein müssen. Außerdem ist der Weg eh langweilig, der Berg alpinistisch nicht fordernd etc (alles dumme Ausreden...). Kurs und schlau: wir genießen den Blick übers Tal zum Similaun und sitzen einfach da. Und dann kehren wir um und steigen ab. Das Bild entstand noch unterhalb des Umkehrpunktes:
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Der Abstieg zur Hütte auf 2501 m vollzieht sich dann recht flott auf dem guten Weg, erfordert aber volle Konzentration. Gegen 17:00 sind wir an der Hütte und rehydratisieren uns gewissenhaft. Was uns etwas unvorbereitet trifft: das Martin-Busch-Haus ist rege frequentiert von E5-Wanderern und dementsprechend ein Massenbetrieb - Abendessen hätte es bis 19:30 gegeben, wir hätten also Zeit gehabt... Naja.
Gegenüber der Hütte liegt die Mutmalspitze (3522 m) in der Abendsonne, ein toller Anblick! Wir genießen den Abend und bekämpfen unsere Unterhopfung, bevor wir müde und steifbeinig ins Bett klettern. Da dürften heute so um die 1400 Höhenmeter im Anstieg zusammengekommen sein, ein geiler Tag!
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Morgen geht es dann weiter.
Gruß
Jan
Herrlich - Das wäre was für mich/uns! :top:
Wahrscheinlich müssen wir in den nächsten Jahren ohnehin neue Ziele suchen, denn in der näheren Umgebung haben wir schon fast alles gemacht.
Was mich an solchen Hüttentouren stört ist die Schnarcherei, wenn es keine Einzel- oder Doppelzimmer gibt. :(
In den Lagern finde ich kaum Schlaf, denn erstens stören mich die Geräusche der anderen und zweitens weiß ich, dass ich auch ein gewaltiger "Trompeter" in der Nacht bin. Und das ist mir ganz einfach so unangenehm, dass ich irgendwelche "Stellungen" beim Schlafen versuche, wo ich möglichst wenige schnarche. Aber damit schlafe ich schlecht und wenig. Das sind halt keine guten Voraussetzungen für sportliche Aktivitäten am nächsten Tag oder sogar über mehrere Tage hinweg.
Harry Hirsch
29.07.2020, 07:28
Ihr seid also tatsächlich auf der Höhe geblieben. Ich habe mal bei OSM gespickt, da läuft überhaupt kein Weg lang. Nicht mal ein Trampelpfad. Ihr seid schon echt verrückt. :crazy:
Im Nachhinein betrachtet: Würdest du den gleichen Weg nochmal wählen, oder dann lieber über die Hütte (wo man ja immerhin sein Gepäck abstellen und dann leichter zum See laufen könnte)?
Auf jeden Fall: Danke für den tollen Bericht und die beeindrucken Bilder von dieser auch etwas unwirtlichen, aber faszinierenden Gegend! :top:
Sir Donnerbold Duck
29.07.2020, 07:53
Hallo,
ne, da ist nichts, das ist wegloses Gelände, einsame Wildnis. Ob ich das so wieder machen würde, weiß ich nicht. Konditionell ist das schon extrem knackig, aber wenn man es vorher so plant, rechtzeitig aufbricht und mit den Kräften haushaltet, dann ist das meines Erachtens bis auf die Kreuzspitze schon machbar. Der Weg im Tal wirkt nicht so spannend und der Aufstieg vom Martin-Busch-Haus zur Kreuzspitze zieht sich dann schon sehr. Das ist an einem Tag sicher kaum machbar.
Wenn es nur bis zur Hütte gehen soll, dann ist der Weg im Tal sicher deutlich entspannter zu gehen.
Gruß
Jan
Ab einer gewissen Höhe bzw. Schwierigkeitsgrad sind sehr oft keine Wegmarkierungen mehr vorhanden. Oft gibt es dann "Stoanamandln", also mehr oder weniger deutlich erkennbare aufgeschichtete Steinpyramiden, die den Weg/Steig markieren. Sonst muss man sich halt den Weg selber suchen.
Vielleicht dazu eine kleine Geschichte: Als ich zum ersten Mal vor 16 oder 17 Jahren auf den Glockturm (3353m) wollte, gab es bis auf eine Höhe von ca. 2700m recht gute Markierungen, bis ca. 3000m die Stoanamandl und dann nichts mehr. Als ich einen Bergführer darauf ansprach, meinte er nur ganz trocken:"Woann du auf so an Berg aufi wüllst, muast da den Weg söba suachen!" (Muss ich jetzt deutsch Untertitel eiblenden? :lol:)
Sir Donnerbold Duck
30.07.2020, 09:33
:D Nein, das ist auch ohne Untertitel verständlich. In der Höhe sind manche Wege tatsächlich oft nicht angelegt und markiert, so dass man sich selber orientieren muss. Meist gibt es aber einen erkennbaren Steig oder Trittspuren, denen man folgen kann. Auf unserem Abstecher war aber gar nichts.
Weiter geht es mit Muskelkater...
3. Tag: Über das Ramoljoch zum Ramolhaus
Von wüstem Muskelkater in den Beinen geplagt quälen wir uns früh aus dem Bett. Heute steht wieder eine lange Tour an: über das Ramoljoch (3186 m) zum Ramolhaus (3006 m). Das Martin-Busch-Haus liegt zwar auf 2501 m, aber leider führt der Weg erstmal ins Tal hinab bis auf 2180 m, so dass laut Führer 1170 Höhenmeter auf uns warten. Mit den Beinen wird das ein Spaß. Aber erstmal genießen wir den morgendlichen Blick auf Hauslabkogel und Saykogel:
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Dann geht es los: kurz vor 7:00 laufen wir auf dem Fahrweg ins Tal los. Zum Warmwandern ist der Weg ok und er bietet immer wieder schöne Blicke auf die Hütte und die Mutmalspitze hinter uns.
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Dummerweise verpassen wir den nicht markierten Abzweig zum Ramoljoch erstmal und steigen etwas zu weit ab. Wir bemerken den Fehler aber halbwegs schnell, ärgern uns aber trotzdem, dass es nun über 1200 Höhenmeter werden... Und die haben es in sich, wie wir schnell merken.
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Der schmale, erfreulich einsame Pfad variiert zwischen steil und sausteil. Ein Stück verläuft auf einem Moränenkamm schnurstracks in die Höhe und lässt uns in der Morgensonne ordentlich schwitzen. Bei den zahlreichen Schnaufpausen blicken wir immer wieder zurück. Die Wildspitze bietet einen imposanten Anblick. Unten im Tal verläuft der Weg vom Martin-Busch-Haus nach Vent, von dem wir abgezweigt sind. Wir haben schon erfreulich viel Höhe gemacht, aber das ist leider noch nicht mal die Hälfte des Anstiegs. Wir müssen noch in weitem Bogen auf den Grashang rechts im Bild. Dort geht es dann tatsächlich ein kurzes Stück flacher weiter.
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Der Weg führt uns im Grasgelände in ein weiteres Tal und wir erblicken über einer unwirtlichen Hochgebirgslandschaft erstmals das Ramoljoch links neben dem Spiegelkogel (3424 m). Den haben wir uns für den nächsten Tag aufs Programm gesetzt.
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Eine Trinkpause nutze ich für ein Wildspitzenporträt:
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Der Weg ist steil, das Joch ist fern und die Beine tun immer noch weh, aber da müssen wir jetzt durch. Dafür ist die Landschaft grandios.
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Zum Schlussansteig zeigt uns der Weg dann nochmal, wie steil er sein kann, aber irgendwann ist es dann vollbracht und wir sind auf dem Joch.
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Der Blick zurück:
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Unten im Tal erkennt man den Weg zu den Rofenhöfen, wo wir vorgestern waren.
Der Blick nach vorne zeigt ein tolles Panorama: im Tal liegt die Langtalereckhütte, darüber sind die Seelenkögel, die Hochwilde und ums Eck winkt schon der Gurgler Ferner. Spektakulär!
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Unten im Geröll sieht man auch schon den Weg zur Hütte. Wir rasten erstmal, bevor wir uns an den sehr steilen Abstieg machen:
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Links rückt nun der Nördliche Ramolkogel (3427 m) ins Bild, auf dem ich zwei Jahre zuvor stand. Der Anblick lässt mich etwas erschrecken, denn damals war da deutlich mehr Eis...
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Und dann ist auch schon unser Ziel in Sicht, das fantastisch gelegene Ramolhaus:
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Der Blick von der Hüttenterrasse ist unglaublich eindrucksvoll:
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Nach dem Essen genießen wir den abendlichen Blick auf die Hochwilde (3480 m):
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Gegenüber liegen die Seelenkögel in der Abendsonne. Auf dem rechten Gipfel, dem Hinteren Seelenkogel (3470 m), war ich zwei Jahre zuvor - auch eine schöne Tour!
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Da es dann auf der Terrasse doch schnell kalt wird, verziehen wir uns in die Hütte und dann auch bald ins Bett.
Morgen geht es dann weiter...
Gruß
Jan
Ich sehe schon: wenn ich im Oberinntal und Kaunertal alles gemacht habe, muss ich wohl in diese Gegend ausweichen! Schaut alles wirklich toll aus - bis auf die aperen, sterbenden Gletscher...:cry:
Sir Donnerbold Duck
30.07.2020, 21:34
So geht es mir mit deinen Bildern auch - sehr interessante Anregungen für künftige Touren!
Gruß
Jan
Harry Hirsch
30.07.2020, 22:00
Auch den dritten Tag deiner Tour hast du toll beschrieben und mit Aufnahmen hiterlegt, um die ich dich beneide! :top:
Sir Donnerbold Duck
01.08.2020, 12:03
4. Tag: Abstieg
Eigentlich war der Plan, heute den Hüttenberg, den Spiegelkogel (3424 m) zu bezwingen, mit dem ich noch eine Rechnung offen habe. Zwei Jahre zuvor hatte ich mich beim Aufstieg verfranst und bin umgekehrt. Leider tobt aber zum Frühstück ein heftiges Gewitter, es blitzt, schneit, stürmt und hagelt und wir sitzen auf 3000 m mitten drin. Ein tolles Spektakel! Den Spiegelkogel können wir vergessen... Auch am Nebentisch werden spontan die Pläne geändert, da steht morgens um halb neun schon die erste Flasche Wein auf dem Tisch. Das Wetter sieht aber auch eher arktisch aus:
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340855)
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340858)
Auf dem Regenradar erspähen wir eine heranziehende Regenpause, die wir für den Abstieg nutzen wollen, so dass wir wenigstens die etwas hakeligeren ersten Höhenmeter direkt von der Hütte trocken absteigen können. Rutschig und unangenehm wird es dank Neuschnee und Matsch dennoch. Aber wir kommen relativ schnell hinab auf den etwas besser gangbaren Weg nach Hochgurgl und können den Blick in die Landschaft schweifen lassen - solange die Wolken es zulassen. Zu unserer Rechten sind es die Seelenkögel, die immer wieder unsere Blicke anziehen:
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340859)
Unter uns liegt die Langtalereckhütte:
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340861)
Im Tal liegt unser Ziel Hochgurgl. Eigentlich ein unschwieriger Weg, aber bei der Nässe und Rutschigkeit erfordert er schon Konzentration. Den Weg gehe ich nun schon zum zweiten Mal und auch schon zum zweiten Mal bei solchem Sauwetter. Das scheint da also immer so zu sein... (unvollständige Induktion)
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→ Bild in der Galerie (https:../galerie/details.php?image_id=340862)
Nach etwa drei Stunden haben wir es geschafft und sind halbwegs trocken im Tal. Mit dem Bus fahren wir nach Vent zurück, stärken uns mit einem Kaiserschmarrn und fahren wieder heim. Schön war's!
Ich hoffe, dass ihr auch ein bisschen Spaß hattet beim Lesen. Noch ein Wort zur Technik: ich hatte die A7 II mit dem 4/16-35, 4/24-70 und dem 4,5-5,6/70-300 G dabei. Gegenüber der A850-Ausrüstung eine große Gewichts- und Volumenersparnis!
Gruß
Jan
Reisefoto
01.08.2020, 15:20
Schöne Touren, aber man fühlt schon beim Mitlesen die Anstrengung!:lol:
Dornwald46
01.08.2020, 15:28
Ich hoffe, dass ihr auch ein bisschen Spaß hattet beim Lesen. Jan
Sehr!:top:
Geniesse noch die Bergluft, wenn Du wieder bei uns hier unten bist, kommst Du vielleicht noch mehr ins Schwitzen.
Sir Donnerbold Duck
01.08.2020, 16:32
Noch ein kleiner Nachschlag: wie ich daheim den Rucksack auspacke, fällt mir die Wanderkarte in Hände und ich betrachte erstmals das Titelbild der Karte genauer, die ich während der Tour oft in der Hand hatte. Es zeigt einen ansteigenden Weg mit einem Berg im Hintergrund. "Ach", denke ich mir, "das ist doch die Wazespitze im Kaunertal, den Weg bin ich doch schon gelaufen. Lustig, so ein Bild habe ich doch auch." Kurze Denkpause... "Das ist doch mein Bild??" Und siehe an, ein Blick ins Impressum zeigt mir: das ist mein Bild, das ich bei einer Stockagentur feilgeboten habe. Da habe ich also ein Cover und entdecke es nur zufällig. Ein nettes Schmankerl zum Abschluss der Tour.
Gruß
Jan
Schlumpf1965
01.08.2020, 16:58
Da hast du aber recht Jan, der krönende Abschluß einer super Tour und eines spannend zu lesenden Bericht. Hat Spaß gemacht :top:
Vielen Dank für deine Berichte! Da gibt wieder einige Idee für die nächsten Jahre. :top:
Harry Hirsch
02.08.2020, 18:11
Nun muss der Spiegelkogel weiter auf dich warten.
Das ist ja ein heftiger Wetterumschwung, den ihr da erlebt habt. Aber es sind dir ganz starke Bilder gelungen!. Kein Wunder, dass es das eine oder andere auf die Umschlagseite einer Wanderkarte schafft.
Nochmal danke für den sehr spannenden Bericht. Und nur nocb ein paar tage bis zu deiner nächsten Tour für die ich dir gutes Wetter, tolle Erlebnisse und den richtigen Mut wünsche :top:
Sir Donnerbold Duck
03.08.2020, 09:30
Danke! Ja, in einer Woche geht es los! Hoffentlich macht uns Corona nicht noch einen Strich durch die Rechnung...
Gruß
Jan