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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : α7R II Sättigung im Sucher ändert sich mit Scharfstellung


Giovanni
11.07.2020, 02:07
Hallo zusammen,

neulich war ich bei abendlichem Sonnenlicht an einem See unterwegs, um ein paar Naturaufnahmen zu machen. In solchen Situationen fällt mir immer wieder auf, dass die Farbsättigung z.B. von Blättern im Sucher von der Scharfstellung abhängig ist. Ich nutze ausschließlich RAW-Dateien und habe deshalb alle JPEG-Bildverarbeitungseinstellungen so gewählt, dass ich für mich ein angenehmes Sucherbild, möglichst nah an dem was das Auge sieht (d.h. möglichst ähnlich einem optischen Sucher) bekomme:

Weißabgleich auf festem Kelvin-Wert
"Kreativmodus" auf Portrait, weil damit die Schatten im Sucher besser durchzeichnet werden und die Farben nach meinem Empfinden am natürlichsten erscheinen
Sättigung +1 bzw. +2

Mit diesen Einstellungen sieht alles wunderbar aus, so lange nicht scharfgestellt wird. Sobald ich jedoch z.B. auf einen Baum scharfstelle, verblassen die Blätter zu einem hässlichen graugrün. Das tritt natürlich nur im Sucher auf - die Bilder werden tadellos. Der Effekt scheint bei kontrastreichen Motiven stärker zu sein. Ich frage mich, was der Grund dafür ist. Jedenfalls nervt mich dieses Verhalten des EVF unsäglich, weil ich die Farben im Sucher möglichst realitätsnah sehen will, egal ob das Motiv im Fokus oder unscharf ist. Ich habe das bisher bei der A7r, A7r II und A9 beobachtet. Die A7r IV und DSLMs anderer Hersteller habe ich nur kurz probiert und dabei nicht darauf geachtet bzw. es war gerade kein geeignetes Motiv in der Nähe.

Weiß jemand, woran das liegt? Evtl. am begrenzten Kontrastumfang des EVF oder opfert Sony beim Sucherbild gezielt Farbe für Schärfe? Ich habe bisher keine Ahnung, was der Grund ist. Ich weiß nur, dass es mir massiv den Spaß am Fotografieren verdirbt.

Klinke
11.07.2020, 06:15
Das dürfte mit der automatischen Helligkeit für den Sucher zusammenhängen ... kannst du im Menü ausschalten.

aidualk
11.07.2020, 06:49
Probiere doch mal statt 'Portrait' den 'Vivid' Modus, ob es dann auch noch so ist.
Ich mache es ähnlich wie du, habe aber den 'Portrait' Modus noch nicht probiert, sondern nutze die DRO mit +1 oder +2 (abhängig von der jeweiligen Kamera) um die Schatten im Sucher besser sehen zu können, natürlich mit dem Wissen der sogenannten 'DRO-Falle' (deshalb auch auf keinen Fall 'auto').

Giovanni
11.07.2020, 19:27
Probiere doch mal statt 'Portrait' den 'Vivid' Modus, ob es dann auch noch so ist.
Das dürfte mit der automatischen Helligkeit für den Sucher zusammenhängen ... kannst du im Menü ausschalten.
Es hängt mit nichts davon zusammen. Ich habe es jetzt mit folgenden Einstellungen probiert:

Sucherhelligkeit manuell
Kreativmodus "vivid"
DRO aus, +1, +2

Ergebnis: Gleiches Verhalten wie mit meinen vorherigen Einstellungen.

Es hängt offenbar ausschließlich von der Größe der Strukturen und vom Kontrast ab. Wenn ich einen Baum oder Gebüsch mit feinem Blätterwerk aus größerer Entfernung betrachte, ist der Effekt extrem heftig, so dass in der Schärfenebene kein gesättigtes Grün mehr sichtbar ist. Gehe ich näher heran, so dass die Strukturen größer sind (bei durchschnittlich großen Blättern so ungefähr 1 m oder näher), ist der Effekt wesentlich schwächer und nicht mehr so störend.

Allerdings, was ich bisher nicht beachtet hatte: Bei näherem Hinsehen sieht man den Effekt auch auf dem LC-Display. Vom LCD an einer Kamera erwarte ich normalerweise keine "natürliche" bzw. realistische Farbwiedergabe, daher hatte ich das bisher nicht beachtet.

Zum Vergleich hatte ich es dann nochmals im Live View der EOS 5D II geprüft, und wenn man danach sucht, findet man den Effekt dort ebenfalls auf dem LCD. Was für ein Genuss dagegen, mal wieder durch den optischen Sucher der 5D zu schauen. Es wird noch ein weiter Weg sein, bis ich vielleicht irgendwann einen EVF mögen werde. Vielleicht erst dann, wenn ich vergessen habe, wie das Sucherbild im OVF aussieht.

Einstweilen habe ich jetzt die Sony wieder auf Kreativmodus "Portrait", Kontrast -3, Sättigung +1, Schärfe +2 eingestellt und DRO ausgeschaltet, weil die Durchzeichnung und Farbwiedergabe im Sucher (abgesehen von o.g. Effekt) damit für mich immer noch besser aussieht als mit "Vivid" und DRO.

Ich will jetzt mal sobald sich eine Gelegenheit ergibt den EVF der A7r IV und einer Canon sowie einer Fuji X-T4 auf genau diesen Effekt überprüfen. Im Netz findet man dazu wenig; ich hatte lediglich einen sehr alten Beitrag (aus 2012) bei dpreview gefunden, wo jemand genau das selbe Phänomen bei seiner Olympus beschrieb.

wus
11.07.2020, 21:16
Ich habe bei meiner A77II vereinzelt auch schon diesen Effekt beobachtet. Mich stört er aber nicht wirklich, da ich ja weiß, dass die Farben im fertigen Bild gut sind.

Ich vermute auch, dass Sony zur Darstellung im Sucher Farbe für Schärfe opfert. Das Stichwort hierfür heißt Kantenanhebung: da die Blätter alle grün sind sieht man die Schärfe kaum, auch wenn perfekt scharf gestellt wurde. Um das auszugleichen steilt das Sucherbild-Processing die Kanten extrem auf, worunter dann die Sättigung leidet.

Giovanni
11.07.2020, 21:48
Ich vermute auch, dass Sony zur Darstellung im Sucher Farbe für Schärfe opfert. Das Stichwort hierfür heißt Kantenanhebung: da die Blätter alle grün sind sieht man die Schärfe kaum, auch wenn perfekt scharf gestellt wurde.
So was vermute ich auch, aber ich würde es gern abschalten können. Es gefällt mir überhaupt nicht, dass das Motiv im Sucher in der Schärfenebene falsch angezeigt wird.

Ich habe mal probehalber die Schärfe beim "Kreativmodus" auf -3 gestellt, und damit tritt es genauso auf, obwohl das Sucherbild dann überhaupt nicht mehr scharf wird. Es muss also irgendwo anders in der Verarbeitungs-Pipeline passieren.

Der Witz ist, ich habe vorhin mal ausprobiert, ob man danach scharfstellen kann: Das geht (bei weit entferntem Blätterwerk). Man kann einfach am Fokusring drehen, bis die Sättigung minimal ist. Eine weitere Alternative zum Peaking (das ich nie benutze). Aber ich würde lieber darauf verzichten und konsistente Farben im Sucher sehen.

Giovanni
12.07.2020, 11:00
Der Sättigungsverlust in der Schärfenebene tritt im Live-Sucherbild auf, aber nicht in der Bildvorschau im Sucher.

Wenn die Bildvorschau eingeschaltet ist, wird das "Falschfarbenbild" im Sucher beim Auslösen durch ein korrekt aussehendes Standbild ersetzt, wenn z.B. auf entferntes Blätterwerk scharfgestellt ist. Bei "falscher" Entfernungseinstellung (und dadurch richtigen Farben im Live-Sucherbild) ändert sich dagegen zwischen Live-Sucherbild und Bildvorschau nichts.

Warum haben sich all die Proponenten des EVF nie daran gestört, die diesen als überlegen gegenüber optischen Suchern preisen, weil man "das fertige Bild sieht"? Das Live-Sucherbild hat bei solchen Motiven wenig Ähnlichkeit zum von der Kamera gespeicherten JPEG.