Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Recht: Fotografiert werden ohne Veröffentlichung
Hallo
Am Wochenende hatten wir eine kleine Diskussion. Dabei stand folgende Behauptung im Raum: Ist es erlaubt Menschen zu fotografieren, gleich ob als unabsichtlicher Teil des Motivs oder absichtlich? Es ging ausschliesslich um private Fotografie - ohne - Veröffentlichung oder kommerzielle Nutzung. Zunächst waren wir uns sicher, dass das erlaubt ist. Aber je länger wir diskutierten, desto unsicherer wurden wir. Ich fasse das mal so zusammen:
1. Private Fotografie eines Ortes. Keine Veröffentlichung. Menschen sind mit drauf. Das ist erlaubt. Da waren wir uns noch einig.
2. Private Fotografie eines Ortes. Keine Veröffentlichung. Jemand kommt und bittet darum, nicht fotografiert zu werden. Da waren wir uns schon weniger einig. Unabhängig von der Frage der Höflichkeit.
3. Private Fotografie einer fremden Person im öffentlichen Raum. Keine Veröffentlichung. Vermutlich verboten. Aber letztlich nicht zu kontrollieren wo praktisch jeder 2. ein Gerät mit Kamerafunktion dabei hat.
4. Private Fotografie einer fremden Person ohne Gesicht oder andere identifizierbare Merkmale. Keine Veröffentlichung.
"Bitte Fotografieren Sie nicht meinen Arm"
Wir glauben, dass das erlaubt ist - sofern niemand seinen Namen und Adresse auf den Arm tätowiert hat. ;)
Was ist nun von den 4 Punkten erlaubt und was nicht?
Beste Grüsse
Ad
Knipseknirps
07.07.2015, 17:42
Gute Frage.
Mir scheint aber, darüber wird gar nicht sooo gerne nachgedacht.
Wenn ich mir all die (zugegeben tollen) "Menschenfotos" in den Foren anschaue, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Leute tatsächlich immer (vor allem nicht vorher!) gefragt wurden, ob eine Nutzung gestattet wird...
Leider versage ich mir durch Höflichkeit (oder Respekt) allzu oft die schönsten Fotomotive...!
Aber mit dem inneren Auge habe ich das Foto schon im Kasten gehabt :oops: !
Bin auf die wirklichen Antworten gespannt - mein Kommentar war ja keine, Sorry!
der_knipser
07.07.2015, 18:08
Am Wochenende hatten wir eine kleine Diskussion.Was war Grundlage der Diskussion? Wenn es ums Recht geht, wäre es sinnvoll, sich die Gesetzestexte mal zu Gemüte zu führen, und sich nicht nur auf das Bauchgefühl zu verlassen.
Dabei stand folgende Behauptung im Raum: Ist es erlaubt Menschen zu fotografieren, gleich ob als unabsichtlicher Teil des Motivs oder absichtlich? Eine Frage ist keine Behauptung.
... Was ist nun von den 4 Punkten erlaubt und was nicht?Die beschriebenen Umstände reichen nach meiner Meinung nicht für eine eindeutige Antwort, und die Gesetzestexte sind für einen juristischen Laien nicht immer verständlich.
Ich könnte hier mein Halbwissen oder meine persönliche Meinung zum Besten geben, aber damit sind die Fragen auch nicht rechtssicher beantwortet. Ich bin jedenfalls nicht in allen Punkten eurer Überzeugung.
Wenn es ums Recht geht, wäre es sinnvoll, sich die Gesetzestexte mal zu Gemüte zu führen, und sich nicht nur auf das Bauchgefühl zu verlassen.
Der war echt gut. Zwischen den Texten in Gesetztesbüchern und der Rechtssprechung eines Richters liegt das riesige Schlachtfeld der Gummi-Paragraphenverdreher und -beuger. Das ist die Realität!:P
Grüße, meshua
SuperTex
07.07.2015, 19:54
Hast du noch mehr Stammtischparolen parat?
§§22, 23 KUG und §201a StGB regeln das. Sooo schwer sind die Gesetzestexte nicht zu verstehen.
Knipseknirps
07.07.2015, 20:08
Hast du noch mehr Stammtischparolen parat?
§§22, 23 KUG und §201a StGB regeln das. Sooo schwer sind die Gesetzestexte nicht zu verstehen.
Aha.
Leider ist es trotz vermeintlich klar formulierter Gesetzestexte nicht immer so einfach,
Lebensumstände auch klar einzuordnen; ich wäre da nicht so streng :?
Eine abweichende Kleinigkeit genügt, und ein "Fall" ist nicht zwingend unter diesem oder jenem Paragraphen zu subsumieren. Da hilft dann nicht nur der reine Gesetzestext, sondern muss u.U. auch schon mal die ursprüngliche Gesetzesbegründung herhalten.
Es gibt außerdem für fast alles die berühmte Grauzone...
Wobei ich als Hobbyfotograf - wie gesagt - nicht auf meinem Recht bestehen sollte, wenn die Höflichkeit etwas anderes gebietet...
Oder? :roll:
Die Ausgangsfragestellung/-thematik finde ich jedenfalls legitim ;)
Jura ist keine deterministische Wissenschaft - bei nahezu allen Fällen verliert eine Seite und keiner weiß vorher, welche es sein wird. :cool:
Späßle! :lol:
Dat Ei
screwdriver
07.07.2015, 21:01
...
2. Private Fotografie eines Ortes.
Keine Veröffentlichung. Jemand kommt und bittet darum, nicht fotografiert zu werden. Da waren wir uns schon weniger einig. Unabhängig von der Frage der Höflichkeit.
Zumindest hier ist doch die Lage sowas von eindeutig:
Ein Foto verbietet sich. Es würde die Persönlichkeitsrechte verletzen.
Grundsätzlich ist es völlig irrelevant, ob ein Foto veröffentlicht wird/ werden solll, oder nicht.
Oder hast du "Fotografie eines privaten Ortes" (Das ist da, wo ich als Fotograf persönlich Hausrecht habe) gemeint?
Das kann auch das gemietete Hotelzimmer sein. Da darf ich ohne Rücksicht auf Verluste Fotografieren und Filmen. Allerdigs muss ich VORHER darauf aufmerksam machen. So dass jeder die Möglichkeit hat, sich dem abgelichtet werden durch Fernbleiben zu entziehen.
Auch darf ich dort, wo ich Hausrecht habe, jedem anderen das Fotografieren erlauben. Untersagt ist es dort nämlich sowieso, so lange ich keine explizite Erlaubnis erteilt habe. Und das betrifft nicht nur die Personenenfotografie an solchen Orten.
Das ist was ganz anderes als "private Fotografie"...
Ich habe den Eindruck, dass eure Diskussionsrunde grundsätzliche Probleme mit der Anwendung und dem Verstehen von Sprache und Texten hat.
Daher war/ ist eure Diskussion von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Ich habe das schon so verstanden, wie der TO es geschrieben hat, "private Fotografie eines Ortes". Also eine nichtkommerzielle Aufnahme auf öffentlichem Grund. Und zufällig ist eine Person als Beiwerk drauf, die aber nicht fotografiert werden möchte.
Die Frage ist also, darf diese Person nicht fotografieren, wenn sie es nicht möchte.
der_knipser
07.07.2015, 21:26
... Private Fotografie eines Ortes...Präzise Ausdrucksweise ist was anderes, aber genau die ist hier notwendig.
"Privat" verstehe ich so, dass es nicht kommerziell ist, und (vermutlich?) auch nicht veröffentlicht wird. Ist eine Galerie auf einer privaten Homepage auch damit gemeint? Das bleibt hier offen.
"...eines Ortes" kann fast alles einschließen, denn fast alles und jeder befindet sich "an einem Ort". Für die Fotografie ist es aber mitunter von Bedeutung, um was für einen Ort es sich handelt. War "Ort" das verkürzte Wort für eine "Ortschaft"? Das kommt in der Fragestellung leider zu kurz, und das wissen vermutlich nur die, die an besagter Diskussion teilgenommen haben, weil es dort aus dem Kontext hervorgegangen sein wird.
Knipseknirps
07.07.2015, 21:31
Jura ist keine deterministische Wissenschaft - bei nahezu allen Fällen verliert eine Seite und keiner weiß vorher, welche es sein wird. :cool:
Späßle! :lol:
Dat Ei
(Mal kurz noch weiter offtopic :oops:)
Na ja...
Gewissermaßen müssen sich ja heute mittlerweile beide Seiten auf ein Verlieren einrichten -> der "Vergleich" ist ja mehr oder weniger weit verbreitet: Jeder gibt etwas von seiner Position auf - und verliert.
screwdriver
07.07.2015, 21:34
Die Frage ist also, darf diese Person nicht fotografieren, wenn sie (edit: die andere Person) es nicht möchte.
Das kann man wohl schwerlich ignorieren solange das Foto die (theoretische) Möglichkeit beinhaltet, dass die intervenierende Person auf dem Foto (wie es die Kamera dann aufzeichnet und nicht eine evtl. retuschierte Version) wiedererkannt werden könnte.
Wenn man dies als Fotograf ausschliesen kann (z.B. mit gezielter Unschärfe), dann besteht für mich kein erkennbarer Grund (ausser optionaler Höflichkeit) das Fotografieren unterlassen zu müssen.
Die Regeln zur Wiedererkennbarkeit auf Fotos sind ja hoffentlich bekannt.
So z.B., dass sich dies nicht auf das Gesicht beschränkt ist sondern ebenso andere körperliche Merkmale oder auch die auffällige/ besondere Kleidung betreffen kann.
Hast du noch mehr Stammtischparolen parat?
§§22, 23 KUG und §201a StGB regeln das. Sooo schwer sind die Gesetzestexte nicht zu verstehen.
Du musst Theologo sein: Es gibt nur dieses eine Gesetz! Es darf keine anderen Gesetze neben mir geben! Die Lage ist somit immer klar. Prima, denn wenn die Gesetzestexte nicht so schwer zu verstehen sind, benötigt es auch keine Rechtsanwälte & Richter. Einfach §§22, 23 KUG und §201a StGB aufschlagen, Passage zeigen - genau so isses und nicht anders. Das ist so schön für dich und deine Welt, die natürlich ein exaktes Model abbildet, auf welchem Gesetze aufbauen. Es gibt dort keinen Mehrdeutigkeiten, keine Unbestimmtheiten und auch keinen Interpretationsspielraum und Gesetzesauslegungen. Setze dich doch einfach mal in ein paar Jura-Vorlesungen - und staune... :D
Grüße, meshua
sir-charles
08.07.2015, 19:34
Bisher war meines Wissens nach Fotografieren ohne Veröffentlichung nicht verboten.
http://www.karsten-chudoba.de/publikationen-urheberrecht/fotorecht-fuer-fotografen/
Änderungen könnte es demnächst geben:
http://www.sonyuserforum.de/forum/showthread.php?p=1717631#post1717631
http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Pistorius-will-Gaffern-Fotografieren-verbieten,schaulustigenparagraph100.html
Gruß
Frank
In einem Podcast von Blende 8 aus 2012 sagte RA Wolfgang Rau folgendes:
"Die Rechtsprechung tendiert dazu, dass sie sagt, schon die Herstellung einer Personenaufnahme ohne Einwilligung der Person, ist eine Persönlichkeitsverletzung"
Das Video: http://foto-podcast.de/ipod/folge-72-fotorecht-was-man-bei-der-herstellung-von-personenaufnahmen-beachten-sollte/, das Zitat kommt gleich am Anfang bei 1"12.
Knackpunkt und Fragestellung hier war ja, ob schon die Aufnahme rechtswidrig ist. Herr Rau hat das Anwaltstypisch formuliert und ich verstehe das so: Im Gesetzt steht es so zwar nicht (das die Aufnahme verboten ist) aber wenn ich es bemerke, das ich fotografiert wurde, kann ich die Löschung verlangen. Oder eben rechtzeitig die Aufnahme verbieten. Und die Rechtsprechung tendiert dann dazu, mir Recht zu geben.
Dazu muss ja nicht mal jemand mir die Kamera vor die Nase halten. In einem Forum ging es um die Frage, ob Anwohner einen Radweg hinsichtlich Verhalten und Frequentierung von Radfahrern fotografieren dürfen. Laut Herr Rau: Nein.
Gruss
Michael
screwdriver
08.07.2015, 22:08
Bisher war meines Wissens nach Fotografieren ohne Veröffentlichung nicht verboten.
Nach meine bisherigen Recherchen greift das Persönlichkeitsrecht IMMER.
Alleine die Tatsache des Fotografierens von Personen (ohne die bekannten Auisnahmen), ohne deren explizites und nicht nur einem vermuiteten Einverständnis, stellt schon eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Das ist völlig unabhängig von einer Veröffentlichungsabsicht.
Das wird auch in dem verlinkten PDF nicht anders beschrieben.
Dass eine ungewollte Veröffentlichung allerdings oftmals viel weitreichendere Konsequenzen nach sich zieht, steht wieder auf einem anderen Blatt und ist separat zu betrachten.
sir-charles
08.07.2015, 23:42
...
Du hast es erkannt, auf hoher See oder vor Gericht ist man in Gottes Hand.
Selbst wenn das eine nicht ausdrücklich verboten ist, kann es im konkreten Fall trotzdem relevant sein
Die Aufnahme ist selber nicht verboten, aber auch RA Rau sieht den Zweck der Aufnahme, in der späteren Veröffentlichung. Insofern (der Zweck der Aufnahme ist die unterstellte spätere öffentliche Ausstellung) ist die Aufnahme bereits ein Problem.
Wieso gibt es in diesem lebendigen Flecken Erde so viele Blumen-, Hunde- und Katzen-Aufnahmen ?
Sollten unsere Überreste einmal ausgegraben werden, wird die fehlende Abbildung des (normalen) Menschen evtl. auch auffalen.
gruß
Frank
sir-charles
08.07.2015, 23:55
Nach meine bisherigen Recherchen greift das Persönlichkeitsrecht IMMER.
Auch Du hast Recht.
Soweit ich das beurteilen kann.
Aber die Verquickung von Auslösen, mit dem unterstellten Ziel, das Ergebniss öffentlich zu zeigen, macht das Thema halt so schwammig.
Gruß
Frank
screwdriver
09.07.2015, 00:21
Aber die Verquickung von Auslösen, mit dem unterstellten Ziel, das Ergebniss öffentlich zu zeigen...
...ist seit Einführung der digtalen Fotografie und noch mehr den "sozialen" Netzwerken leider alles andere als abwegig.
Wenn ich manchmal so mitbekomme was völlig schmerzfrei einfach so veröffentlicht wird, kann einem schlecht werden. :twisted:
Vielen Dank für die konstruktiven Antworten. Die anderen können ja ihre Antworten noch mal korrigieren. Ich bin nicht geneigt mir in einem Fotoforum rechtlich eindeutige Formulierungen aus den Fingern zu saugen.
Ungedenkt dessen halte ich die Rechtssprechung für realitätsfremd. Auch wenn ich selbst nicht Street fotografiere, so denke ich doch, dass sich Gesetze den zeitgenössischen Umständen anpassen sollten. Das geht schliesslich in anderen Bereichen auch. Kameras sind dank Digitaltechnik und Smartphones alltäglich geworden. So mag zwar das herumreiten auf dem edlen Persönlichkeitsrecht eine urdeutsche Tugend sein, allerdings kann jeder der sich im öffentlichen Raum bewegt kaum darüber wundern wo denn die ganzen Fotografen plötzlich herkommen. Zu erwarten nicht zufällig auf einem Foto zu erscheinen ist wohl ziemlich realitätsfremd.
Was mich hier abschliessend zu der theoretischen Überlegung führt, ob es möglich wäre nach der aktuellen Rechtslage das Fotografieren des Bundestags, des Kölner Doms oder Schloss Neuschwanstein zu verhindern indem man sich direkt vor das Motiv stellt und aktiv mit Klagen allen droht die ein Foto machen wollen oder noch besser, eben gemacht haben.
Knipseknirps
10.07.2015, 00:06
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Ungedenkt dessen halte ich die Rechtssprechung für realitätsfremd. Auch wenn ich selbst nicht Street fotografiere, so denke ich doch, dass sich Gesetze den zeitgenössischen Umständen anpassen sollten. Das geht schliesslich in anderen Bereichen auch. Kameras sind dank Digitaltechnik und Smartphones alltäglich geworden. So mag zwar das herumreiten auf dem edlen Persönlichkeitsrecht eine urdeutsche Tugend sein, allerdings kann jeder der sich im öffentlichen Raum bewegt kaum darüber wundern wo denn die ganzen Fotografen plötzlich herkommen. Zu erwarten nicht zufällig auf einem Foto zu erscheinen ist wohl ziemlich realitätsfremd.
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Kann sein, dass sich die Rechtspr. im Laufe der Zeit lockern wird - und trotzdem (auch, wenn ich das ein oder andere Mal nur zu gerne drauf los knipsen würde), dass jeder in jeglicher Situation, Position und in jeder Gestalt abgelichtet werden darf, ist m.E. nicht unbedingt erstrebenswert. Allzu leicht gerät das individuelle Bedürfnis des Einzelnen in den Hintergrund. Und das kann bis hin zu seelischen Verletzungen führen, ich male mir da durchaus eine unheilvolle Entwicklung aus...
Ich persönlich werde damit leben müssen/wollen, nicht alles und jeden fotografieren zu können. Wobei sich das im Wesentlichen auf Menschen bezieht - nicht auf Gebäude; hier fehlt mir ein wenig das Verständnis.