Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie kann man das Freistellungspotenzial eines Objektivs herausfinden?
Jamess145
07.10.2014, 16:09
Hallo,
Ich habe die nötigen Grundkenntnisse um ungefähr zu wissen mit welchem Objektiv ich eine gute Freistellung erreichen kann und mit welchem nicht. Ebenso weiß ich, dass der Abstand zum Motiv und der Abstand zum Hintergrund eine große Rolle spielt. Aber darum geht es jetzt ja nicht.. sondern um das Freistellungspotenzial eines Objektivs
Ich habe von einer Rechnung gelesen: Brennweite : Blende = Freistellungspotenzial
Damit kann dann ausrechnen, dass ein 50mm 1,8 mit dem Ergebnis 27,7 weniger freistellt als ein 90mm 2,8 mit 32,14 und ein 85mm 1,4 mit 60,71 nochmal fast doppelt so viel Freistellungspotenzial hat. Schonmal ganz hilfreich...
Aber da spielen ja bestimmt noch andere Faktoren eine Rolle. z.B kann ich in der Regel mit einem 90mm 2,8 Macro ja deutlich näher an ein Motiv als mit einem 85 1,4 und würde somit bei einem Formatfüllendem Kopfportrait mehr Freistellung erhalten.
Außerdem habe ich mal gehört, dass der Durchmesser eines Objektivs da auch noch eine große Rolle spielt
Kann mir da jemand erklären was man noch beachten muss beim Thema Freistellungspotenzial?
Anaxaboras
07.10.2014, 16:13
Die Rechnung ist Theorie-Quark. Am besten geht man fotografieren und erfährt so selbst, wie gut ein Objektiv "freistellt" oder nicht.
Wenn es schon Theorie sein soll: Der Abstand zwischen Vorder- und Hintergrund spielt ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle. Der sollte unbedingt noch mit in die Formel eingearbeitet werden. :crazy:.
LG
Martin
turboengine
07.10.2014, 16:51
Freistellungspotenzial?
Was Du als "Freistellungspotential" ist formelmässig der Durchmesser der Eintrittspupille. Blende = Brennweite / Eintrittspupillendurchmesser.
Vergiss aber die minimale Einstellentfernung nicht (Extremfall Makroaufnahme).
So, und jetzt kommt ein super Expertentipp: Fokussiere für maximale Freistellung leicht VOR das Objekt...
der_knipser
07.10.2014, 17:35
Wenn Du Dich ein wenig mit den theoretischen Grundlagen der Unschärfe beschäftigen willst, und ein Freund von Zahlen und Kurvendarstellungen bist, dann empfehle ich Dir das Studieren der Internetseiten von Heiko Kinzel (http://www.kinzel.org/02_foto/06_unschaerferechner/). Er hat das Thema sehr plastisch und gut verständlich aufbereitet.
...
Aber da spielen ja bestimmt noch andere Faktoren eine Rolle. z.B kann ich in der Regel mit einem 90mm 2,8 Macro ja deutlich näher an ein Motiv als mit einem 85 1,4 und würde somit bei einem Formatfüllendem Kopfportrait mehr Freistellung erhalten.
Diesen Punkt verstehe ich nicht. Wenn du von einer "normalen Person" ein Portrait mit 90 bzw. 85 mm Brennweite machen möchtest, dann benötigst du einen bestimmten Abstand, um den Kopf formatfüllend zu erhalten (z.B. 1,5 m). Da bringt es dir gar nichts, dass du mit dem Makro noch näher hingehen könntest, denn dann würdest du die Pickel auf der Nase im Großformat abbilden, aber nicht den ganzen Kopf.
Die Makrofähigkeit bringt dir also nichts, es sei denn du porträtierst Grashüpfer, Schlümpfe oder etwas ähnliches ;). Oder du verwendest die Brenizer-Methode (Kombination aus vielen Aufnahmen), was ich mir bei einem Kopfportrait aber auch nur schwer vorstellen kann.
Außerdem habe ich mal gehört, dass der Durchmesser eines Objektivs da auch noch eine große Rolle spielt
Der Objektivdurchmesser spielt in sofern eine Rolle, dass er für eine große Blendenöffnung notwendig ist. Im Prinzip gilt ja: Um bei gleicher Brennweite eine größere (maximale) Blende bzw. kleinere Blendenzahl zu bekommen, ist eine größere Objektivöffnung notwendig. Ebenso, wenn man bei gleicher Blendenzahl die Brennweite erhöhen möchte. Ist aber in der Formel sozusagen schon enthalten.
Gruß, Johannes
Hallo,
Ich habe die nötigen Grundkenntnisse um ungefähr zu wissen mit welchem Objektiv ich eine gute Freistellung erreichen.....
Wie die vorherigen leute schon geschrieben haben... Quark.
Freistellung ergibt sich aus
Abstand zum Motiv,
Abstand vom Motiv zum Hintergrund,
Brennweite und
Blende.
Brennweite und Blende geben dir zwar einen Hübschen wert aber wenn du 1m vorm Model steht und das an die Wand gelehnt ist wirst du selbst mit 85mm 1.4 nicht so schön freistellen wie mit
z.b. 85 2.8 wenn du 2 Meter weg stehst und der Hintergrund 10 Meter weg ist.
Vor allem hast du bei 1.4 höchstwahrscheinlich das Problem, dass nur das Auge Scharf ist und der die Wimpern schon unscharf sind.
lampenschirm
07.10.2014, 18:10
die einzigen Zahlen /Punkte die mir im vorherein etwas über die mögliche Freistellung sagen sind :
wie Lichtstark eine Linse ist
wie gross der Sensor ist
( + die dazu verwendete Brennweite)
schlussendlich kommts mir aber drauf an wie das Bokeh daher kommt (der unscharfe Hintergrund)
i.d.r je mehr Blendenlamellen die linse aufweist um so gefälliger und z.b. je nach art des Hintergrundes kann es verschiedenartig herüberkommen mit der gleichen Linse
oder auch , was nützt mir eine tolle Freistellung , wenn das Muster des Bokehs die Gesamtwirkung des Fotos zunichte macht
guenter_w
07.10.2014, 18:15
Dumme Frage zwischendurch:
Wer läuft zum Fotografieren mit dem Maßband durch die Gegend?
Annäherungsweise das Grundprinzip zwischen Brennweite, Blende und Motiventfernung sich anlesen und verinnerlichen - anschließend das Ganze mit viel, viel Erfahrung in Bilder umsetzen!
Denn, merke,"grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum." sagte schon Mephisto
Jamess145
08.10.2014, 03:18
Diesen Punkt verstehe ich nicht. Wenn du von einer "normalen Person" ein Portrait mit 90 bzw. 85 mm Brennweite machen möchtest, dann benötigst du einen bestimmten Abstand, um den Kopf formatfüllend zu erhalten (z.B. 1,5 m). Da bringt es dir gar nichts, dass du mit dem Makro noch näher hingehen könntest, denn dann würdest du die Pickel auf der Nase im Großformat abbilden, aber nicht den ganzen Kopf.
Die Makrofähigkeit bringt dir also nichts, es sei denn du porträtierst Grashüpfer, Schlümpfe oder etwas ähnliches ;). Oder du verwendest die Brenizer-Methode (Kombination aus vielen Aufnahmen), was ich mir bei einem Kopfportrait aber auch nur schwer vorstellen kann
Der Objektivdurchmesser spielt in sofern eine Rolle, dass er für eine große Blendenöffnung notwendig ist. Im Prinzip gilt ja: Um bei gleicher Brennweite eine größere (maximale) Blende bzw. kleinere Blendenzahl zu bekommen, ist eine größere Objektivöffnung notwendig. Ebenso, wenn man bei gleicher Blendenzahl die Brennweite erhöhen möchte. Ist aber in der Formel sozusagen schon enthalten.
Gruß, Johannes
An Vollformat schon okay. Aber an Crop habe ich die Erfahrung gemacht, dass die fast 1m Nahstellgrenze mancher 85mm da Probleme machen können bei etwas näheren Portraits!
Wie die vorherigen leute schon geschrieben haben... Quark.
Freistellung ergibt sich aus
Abstand zum Motiv,
Abstand vom Motiv zum Hintergrund,
Brennweite und
Blende.
Brennweite und Blende geben dir zwar einen Hübschen wert aber wenn du 1m vorm Model steht und das an die Wand gelehnt ist wirst du selbst mit 85mm 1.4 nicht so schön freistellen wie mit
z.b. 85 2.8 wenn du 2 Meter weg stehst und der Hintergrund 10 Meter weg ist.
Vor allem hast du bei 1.4 höchstwahrscheinlich das Problem, dass nur das Auge Scharf ist und der die Wimpern schon unscharf sind.
Genau das habe ich ja auch schon im Startpost geschrieben. Und es geht ja auch gar nicht um Situationen sondern um das Potenzial, das ein Objektiv für die Freistellung hat. Ganz davon abgesehen mit welchem Abstand oder in welcher Größe das Motiv fotografiert wird.
Dumme Frage zwischendurch:
Wer läuft zum Fotografieren mit dem Maßband durch die Gegend?
Annäherungsweise das Grundprinzip zwischen Brennweite, Blende und Motiventfernung sich anlesen und verinnerlichen - anschließend das Ganze mit viel, viel Erfahrung in Bilder umsetzen!
Denn, merke,"grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum." sagte schon Mephisto
Keiner hoffentlich :crazy: Aber wie gesagt ging es mir ja nicht darum in welcher Situation man besser freistellen kann.. das weiß ich selber. Es geht darum welche Parameter bei der Auswahl des Objektivs zum Freistellen eine Rolle spielen. Da waren mir bisjetzt eben nur Brennweite und Blende bekannt.
Abstand zum Motiv und vom Motiv zum Hintergrund hat ja mit dem Objektiv erstmal nichts zutun :top:
Neonsquare
08.10.2014, 10:14
Ich habe mal versucht das etwas zu veranschaulichen.
https://dl.dropboxusercontent.com/u/901469/dof/Sch%C3%A4rfetoleranz.jpg
Was ist denn "Unschärfe"? Das obige Bild zeigt zwei Kegel die von einem Punkt in der Schärfeebene ausgehen. Nach links könnte es auf die Kamera zu gehen und nach rechts von der Kamera weg. Optisch gesehen gibt es einen perfekten Schärfepunkt an exakt der Stelle bei der sich die beiden Kegel treffen. Alle Motivdetails die von dort aus weiter hinten oder weiter vorne sind, werden gemäß den Kegeln unscharf. Eine große Blende macht die Kegel steiler - d.h. schon nach einer relativ kurzen Distanz werden die Unschärfekreise groß. Umgekehrt natürlich bei kleinen Blenden werden die Kegel schlanker und es ist eine größere Distanz notwendig bis ein entsprechend großer Unschärfekreis erreicht ist. Befindet sich der Fokuspunkt (Treffpunkt der Kegelspitzen) näher bei der Kamera, dann werden die Kegel auch immer steiler.
Wenn man anhand dieses Bildes eine Freistellungswirkung ermitteln will, dann muss man sich folgendes überlegen: Gibt es in großen Teilen außerhalb meines freizustellenden Motivs Bilddetails, welche ausreichend weit entfernt sind um einen großen Unschärfekreis zu erzeugen? Denn am Ende ist das Bild auf dem Sensor nicht mehr dreidimensional sondern zweidimensional - neben der Person ist dann also im Zweifel ein Kopfgroßer unscharfer Kreis abgebildet, weil ein in der Entfernung vorhandenes Bilddetail einen so großen Unschärfekreis erzeugt.
Die "Schärfetiefenrechner" im Web sind für die Bestimmung einer solchen Wirkung nicht geeignet - denn was sie tun ist letztlich das kleine blaue Rechteck "Schärfetoleranz" zu ermitteln. Das ist der Bereich in welchem die Unschärfekreise klein genug sind, dass sie bei der Abbildung auf die Sensorpixel noch keine sichtbare Unschärfe erzeugen. In diesem Bereich ist gewissermaßen alles wirklich pixelscharf. Hier steckt auch Turboengines Expertentip begründet: Indem Du die "hintere" Grenze des Toleranzbereichs nutzt maximierst Du die Freistellungswirkung, weil ein weiter vorne liegender Fokus ja die Unschärfekegel vergrößert. Die Freistellungswirkung hängt aber auch davon ab was denn eigentlich im Hintergrund durch die Unschärfekreise unscharf gezeichnet wird. Eine einfarbige Homogene Wand wirkt anders als leuchtende Baumdeko am Weihnachtsmarkt.
Ein weiterer Aspekt wird durch folgendes Bild veranschaulicht:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/901469/dof/Bildausschnitt.jpg
Die beiden Rechtecke stehen für einen Bildausschnitt wie er an der Motivebene durch lange bzw. kurze Brennweiten entsteht. Wie man sieht werden die Kreise im Verhältnis (!) zum Bildausschnitt größer und kleiner. Bei langer Brennweite wird der Kreis größer abgebildet ("herangezoomt"). Wenn man sich diese Kreise in der Motivebene nun als dort abgebildete Unschärfekreise vorstellt, dann wird der Zusammenhang aus Brennweite und Bildunschärfe klar: Im blauen Bild wirkt das entsprechende unscharfe Bilddetail größer und dominanter und deswegen freistellender als im grünen Bild. Zusätzlich hat eine lange Brennweite eine "komprimierende" Wirkung. Das bedeutet "Tunnelblick" man sieht hinter dem Motiv weniger Umgebung.
Die Motiventfernung hat eine ähnliche Auswirkung: Gemäß der Bezeichnung "Fußzoom" wird das Motiv im Bild größer wenn ich näher komme. Entsprechend werden auch die abgebildeten Unschärfekreise wieder größer. Passe ich jedoch die Brennweite (weitwinkliger) an, dann relativiert sich das wieder.
lampenschirm
09.10.2014, 11:55
Skizze : danke
unterzwischen habe ich endlich so langsam begriffen was dieser "Unschärfekreis" bedeutet / woher dieser Begriff stammt
Brennweite und Blende sind wichtig beim Freistellen, aber ich hatte z.B. ein 50/1,4 Nikon (nicht AFS), das zwar alles unscharf, aber nicht schön unscharf abgebildet hat, Zweige im Hintergrund wurden nicht verwaschen, sondern verdoppelt, jetzt nutze ich ein 45/2,8'er Objektiv, das nach Deiner Formel weniger Freistellungspotential hat, dafür aber einen gefälligeren, flächig-unscharfen Hintergrund zeichnet.
Ich bin ja auch eher ein Zahlen- und Formelmensch, aber es gibt Fragestellungen, da rollen sich mir die Zehennägel hoch, dazu gehört Dein Freistellungs-Potential-Quotient (wie auch zuletzt z.B. ein Thread zu Lichtwerten).
Kümmer Dich ein wenig um die Optik (Bildwinkel, Schärfentiefe), schau evtl. Beispielbilder von Deinen Wunschobjektiven, kauf Dir evtl. gebrauchte Festbrennweiten und mach Bilder!
Ggf. verkaufst Du das ein oder andere Objektive wieder (ohne großen Verlust) und weißt dann, was Du wirklich willst.
Jan
Neonsquare
09.10.2014, 16:32
...ich hatte z.B. ein 50/1,4 Nikon (nicht AFS), das zwar alles unscharf, aber nicht schön unscharf abgebildet hat, Zweige im Hintergrund wurden nicht verwaschen, sondern verdoppelt, jetzt nutze ich ein 45/2,8'er Objektiv, das nach Deiner Formel weniger Freistellungspotential hat, dafür aber einen gefälligeren, flächig-unscharfen Hintergrund zeichnet.
Das ist natürlich ein weiterer Aspekt - die Objektivkonstruktion. Je nach Zweck sind verschiedene Objektivkonstruktionen mehr oder weniger gut für eine ästhetische Freistellung geeignet.