About Schmidt
19.08.2013, 14:45
Aldi, you make my Day
Rügen, Sommer 2013. Wir liegen am Stand, unweit der „Kraft durch Freude Bauwerke“ von Prora. Die Bauwerke nehmen schier kein Ende. Ein Anblick den man, so man einmal in Rügen ist, unbedingt mitnehmen sollte. Doch eigentlich geht es hier, wie man vielleicht der Überschrift schon entnehmen kann, um ein gänzlich anderes Thema. Hauptdarsteller ist Familie Bleichgesicht. Nicht, dass ich ein Bräunungsfanatiker wäre. Meine Bräune beschränkt sich meist auf die, der Radfahrer der Tour de France. Nach dem ausziehen der bunten Socken, trage ich plötzlich weiße und gleiches gilt für die kurze Hose oder das T-Shirt. Auch diese zeichnen sich hernach deutlich hell auf meiner Haut ab.
Familie Bleichgesicht ist jedoch anders. Die insgesamt fünf Personen, zwei Erwachsene, was der Volksmund als Eltern bezeichnet und ihre drei Kinder, die sich wie Orgelpfeifen dahinter aufreihen, vielen mir sofort auf. Bis dato wusste ich nicht, was man alles unnötigerweise an den Strand mitnehmen kann – oder muss!
Gehe ich zum Strand, habe ich meine Badehose meist an, laufe barfuss, und mein Kopf ziert eine Baseballmütze, vielleicht auch eine Sonnenbrille. Strandtuch, ein Buch, eine Flasche Wasser und ich bin Strandfertig. Sonnenmilch mag gut sein, ich hasse sie, weshalb ich sie, zuhause aufgetragen, meist direkt beim Strandbesuch wieder im Meer abspüle. Danach fühle ich mich wohler.
Bei den Bleichgesichtern sah das ganz anders aus. Sonnenschirm und aufblasbare Badeente. Ein Koffer aus Segeltuch, mit Rollen, ähnlich denen von Rollerskates, zog man im feinen, knöcheltiefen Sand hinter sich her. Zu zweit zerrte man, da dieses Teil die Ausmaße einer Überseetruhe hatte. Wäre sie wasserdicht, eine Person hätte damit bedenkenlos aufs Festland übersetzen können. Der Häuptling führte eine neue, froschgrüne, selbstaufbauende Strandmuschel mit sich, welche sich nach lösen von zwei Zurriehmen mit einem - plopp - entfaltete, und im Sand landete. Vier Heringe hielten den Schattenspender sicher an seinem Platz.
Was sonst noch so alles aus dem Strandkoffer erschien, bliebt das Geheimnis von Familie Bleichgesicht, die sich hinter der grünen Strandmuschel verkroch, man könne ja Sonne abbekommen. Ihre Haut war tatsächlich wie Pergament, irgendwie leicht durchschimmernd und von der Farbe irgendwo zwischen der Schale von Hühnerei und einem Stück rügener Kreide. Größtenteils war trotz T-Shirt und Bermudashort alles Haut bedeckt, weil die Kleidungsstücke samt Tropenhut alle etwa 3-4 Nummern zu groß ausfielen. Den Rest bedeckte man, trotz Strandmuschel, mit Sunblocker mit vermutetem Lichtschutzfaktor von 500! Hernach war die zuvor chamoisfarbene Haut noch weißer und alle strahlten im Sonnenlicht auf dem weg zum Meer wie neue Neonröhren.
Daran änderte auch der Aufenthalt im Meer nichts, denn das Zeugs ist, schien es, zu 100% Wasserfest. Also entstieg man dem Meer so, wie man eingetaucht war und dazu noch fast trocken. Scheinbar enthielt das Mittel zusätzlich zum Sonnenschutzfaktor noch so eine Art Nanoversieglung. Wäre ich so aus dem Meer gekommen, ich hätte nachgeschaut, ob ich meine Sonnenmilch nicht mit irgendeinem Autopflegeprodukt verwechselt hätte. Nicht so Familie Bleichgesicht. Man verschanzte sich nach dem entfernen der Restfeuchte wieder hinter der Strandmuschel. Jedoch nicht, ohne die Kleidungsstücke denen man sich kurz zuvor entledigt hatte, wieder anzulegen - der Sonne wegen!
Und so spielte man dann auch Beachball oder Frisbee. Praktisch voll bekleidet, wobei nur Handflächen, Gesicht und ein kleines Stück Bein, so zwischen Kniestümpfen und Bermudashort, ca. eine Handbreit, unbedeckt blieben. Diese wurden abermals mit der Nanoversieglung schützend behandelt. Ich habe schon von einer Krankheit gehört, bei der Menschen nicht ins Sonnenlicht dürfen. Das war hier definitiv nicht so denn, dass das bei fünf Personen gleichzeitig vorkommt, ist doch äußerst unwahrscheinlich.
So verging der Tag am Meer und so langsam hatte ich mich an den Anblick gewöhnt, so dass ich kaum noch Notiz von Fam. Bleichgesicht nahm. Das änderte sich aber, als es ums Zusammenpacken ging. Alsbald hatte man alles im der überdimensionalen Kindersarg verstaut, wobei sich mir die Frage aufdrängte, ob man nicht insgeheim sogar zu sechst unterwegs war?
Zu guter letzt folgte noch die froschgrünfarbene Strandmuschel. Die Heringe waren rasch entfernt und man machte sich ans zusammenlegen. Also fügte man die beiden äußersten Enden zusammen, worauf es abermals, wie schon beim Aufbau ploppte. Diesmal aber stülpte sich die Strandmuschel auf links, ohne sich jedoch, wie gewünscht, aufs angepeilte Packmaß zu reduzieren. Es waren also die falschen Enden. Also widmete sich Häuptling Bleichgesicht anderen Ecken. Plopp, und schon wendete sich die Strandmuschel um die Längsachse wie ein Lindwurm.
Es muss also irgendwas falsch sein. Der Aufbau war doch so einfach. Ah diese Ecken hat man noch nicht probiert – plopp - und die Muschel stand Kopf und ich musste mittlerweile mein Kopf zwischen Armen und Beinen verbergen, weil mir vor lauter lachen die Tränen über die Backen liefen. Plopp! – Nur gut, dass die Enden des Gestänges in stabilen Taschen stecken, sonst hätte es diesmal möglicherweise das Augenlicht gekostet. So gab es lediglich ein Kinnhaken von der Strandmuschel und Sand in die Augen. So langsam machten sich die Kinder, scheinbar ungerührt von dem Drama, das sich vor ihren Augen abspielte, auf dem Weg zum Auto und zerrten dabei den Koffer hinter sich her. Derweil knieten Eltern Bleichgesicht über dem Beipackzettel. Dieser, so groß wie eine Landkarte, zeigte jeden Schritt des Auf- und Abbaus. Bebildert wie beim Möbelaufbau eines Ikea Regals, nur hieß diese Strandmuschel nicht Billi.
So sehr man sich auch mühte. So sehr man drehte und faltete. Nichts führte zum gewünschten Erfolg. Irgendwann hatte man, unter Zuhilfenahme von Armen und Beinen beider Eltern, das Packmaß derart reduziert, dass man die Strandmuschel in Richtung Auto transportieren konnte. Auch wir brachen auf. Meine Frau hatte für uns auch eine Strandmuschel von Aldi besorgt, die uns aber mehr vor dem durch den Wind aufgewirbelten Sand schützen sollte, als vor der Sonne. Aber auch vor letzterer. Ich zog die Heringe aus dem Sand und auch das Gestänge aus der Zeltplane. Dann rollte ich die Plane um die Stangen und verfrachtete alles im Packsack. Rucksack auf den Rücken und los.
Ganz in der Nähe unseres Autos war auch Familie Bleichgesicht am einsteigen. Und just, als wir das Auto passierten – plopp – entfaltete sich der Sonnenschutz im Wageninneren, so dass man weder von den Insassen noch vom Innenraum des Autos noch etwas sah. Das ganze Auto war ausgefüllt von der froschgrünen, selbstaufbauenden Sonneninsel von Familie Bleichgesicht.
Aldi, you make my Day
Rügen, Sommer 2013. Wir liegen am Stand, unweit der „Kraft durch Freude Bauwerke“ von Prora. Die Bauwerke nehmen schier kein Ende. Ein Anblick den man, so man einmal in Rügen ist, unbedingt mitnehmen sollte. Doch eigentlich geht es hier, wie man vielleicht der Überschrift schon entnehmen kann, um ein gänzlich anderes Thema. Hauptdarsteller ist Familie Bleichgesicht. Nicht, dass ich ein Bräunungsfanatiker wäre. Meine Bräune beschränkt sich meist auf die, der Radfahrer der Tour de France. Nach dem ausziehen der bunten Socken, trage ich plötzlich weiße und gleiches gilt für die kurze Hose oder das T-Shirt. Auch diese zeichnen sich hernach deutlich hell auf meiner Haut ab.
Familie Bleichgesicht ist jedoch anders. Die insgesamt fünf Personen, zwei Erwachsene, was der Volksmund als Eltern bezeichnet und ihre drei Kinder, die sich wie Orgelpfeifen dahinter aufreihen, vielen mir sofort auf. Bis dato wusste ich nicht, was man alles unnötigerweise an den Strand mitnehmen kann – oder muss!
Gehe ich zum Strand, habe ich meine Badehose meist an, laufe barfuss, und mein Kopf ziert eine Baseballmütze, vielleicht auch eine Sonnenbrille. Strandtuch, ein Buch, eine Flasche Wasser und ich bin Strandfertig. Sonnenmilch mag gut sein, ich hasse sie, weshalb ich sie, zuhause aufgetragen, meist direkt beim Strandbesuch wieder im Meer abspüle. Danach fühle ich mich wohler.
Bei den Bleichgesichtern sah das ganz anders aus. Sonnenschirm und aufblasbare Badeente. Ein Koffer aus Segeltuch, mit Rollen, ähnlich denen von Rollerskates, zog man im feinen, knöcheltiefen Sand hinter sich her. Zu zweit zerrte man, da dieses Teil die Ausmaße einer Überseetruhe hatte. Wäre sie wasserdicht, eine Person hätte damit bedenkenlos aufs Festland übersetzen können. Der Häuptling führte eine neue, froschgrüne, selbstaufbauende Strandmuschel mit sich, welche sich nach lösen von zwei Zurriehmen mit einem - plopp - entfaltete, und im Sand landete. Vier Heringe hielten den Schattenspender sicher an seinem Platz.
Was sonst noch so alles aus dem Strandkoffer erschien, bliebt das Geheimnis von Familie Bleichgesicht, die sich hinter der grünen Strandmuschel verkroch, man könne ja Sonne abbekommen. Ihre Haut war tatsächlich wie Pergament, irgendwie leicht durchschimmernd und von der Farbe irgendwo zwischen der Schale von Hühnerei und einem Stück rügener Kreide. Größtenteils war trotz T-Shirt und Bermudashort alles Haut bedeckt, weil die Kleidungsstücke samt Tropenhut alle etwa 3-4 Nummern zu groß ausfielen. Den Rest bedeckte man, trotz Strandmuschel, mit Sunblocker mit vermutetem Lichtschutzfaktor von 500! Hernach war die zuvor chamoisfarbene Haut noch weißer und alle strahlten im Sonnenlicht auf dem weg zum Meer wie neue Neonröhren.
Daran änderte auch der Aufenthalt im Meer nichts, denn das Zeugs ist, schien es, zu 100% Wasserfest. Also entstieg man dem Meer so, wie man eingetaucht war und dazu noch fast trocken. Scheinbar enthielt das Mittel zusätzlich zum Sonnenschutzfaktor noch so eine Art Nanoversieglung. Wäre ich so aus dem Meer gekommen, ich hätte nachgeschaut, ob ich meine Sonnenmilch nicht mit irgendeinem Autopflegeprodukt verwechselt hätte. Nicht so Familie Bleichgesicht. Man verschanzte sich nach dem entfernen der Restfeuchte wieder hinter der Strandmuschel. Jedoch nicht, ohne die Kleidungsstücke denen man sich kurz zuvor entledigt hatte, wieder anzulegen - der Sonne wegen!
Und so spielte man dann auch Beachball oder Frisbee. Praktisch voll bekleidet, wobei nur Handflächen, Gesicht und ein kleines Stück Bein, so zwischen Kniestümpfen und Bermudashort, ca. eine Handbreit, unbedeckt blieben. Diese wurden abermals mit der Nanoversieglung schützend behandelt. Ich habe schon von einer Krankheit gehört, bei der Menschen nicht ins Sonnenlicht dürfen. Das war hier definitiv nicht so denn, dass das bei fünf Personen gleichzeitig vorkommt, ist doch äußerst unwahrscheinlich.
So verging der Tag am Meer und so langsam hatte ich mich an den Anblick gewöhnt, so dass ich kaum noch Notiz von Fam. Bleichgesicht nahm. Das änderte sich aber, als es ums Zusammenpacken ging. Alsbald hatte man alles im der überdimensionalen Kindersarg verstaut, wobei sich mir die Frage aufdrängte, ob man nicht insgeheim sogar zu sechst unterwegs war?
Zu guter letzt folgte noch die froschgrünfarbene Strandmuschel. Die Heringe waren rasch entfernt und man machte sich ans zusammenlegen. Also fügte man die beiden äußersten Enden zusammen, worauf es abermals, wie schon beim Aufbau ploppte. Diesmal aber stülpte sich die Strandmuschel auf links, ohne sich jedoch, wie gewünscht, aufs angepeilte Packmaß zu reduzieren. Es waren also die falschen Enden. Also widmete sich Häuptling Bleichgesicht anderen Ecken. Plopp, und schon wendete sich die Strandmuschel um die Längsachse wie ein Lindwurm.
Es muss also irgendwas falsch sein. Der Aufbau war doch so einfach. Ah diese Ecken hat man noch nicht probiert – plopp - und die Muschel stand Kopf und ich musste mittlerweile mein Kopf zwischen Armen und Beinen verbergen, weil mir vor lauter lachen die Tränen über die Backen liefen. Plopp! – Nur gut, dass die Enden des Gestänges in stabilen Taschen stecken, sonst hätte es diesmal möglicherweise das Augenlicht gekostet. So gab es lediglich ein Kinnhaken von der Strandmuschel und Sand in die Augen. So langsam machten sich die Kinder, scheinbar ungerührt von dem Drama, das sich vor ihren Augen abspielte, auf dem Weg zum Auto und zerrten dabei den Koffer hinter sich her. Derweil knieten Eltern Bleichgesicht über dem Beipackzettel. Dieser, so groß wie eine Landkarte, zeigte jeden Schritt des Auf- und Abbaus. Bebildert wie beim Möbelaufbau eines Ikea Regals, nur hieß diese Strandmuschel nicht Billi.
So sehr man sich auch mühte. So sehr man drehte und faltete. Nichts führte zum gewünschten Erfolg. Irgendwann hatte man, unter Zuhilfenahme von Armen und Beinen beider Eltern, das Packmaß derart reduziert, dass man die Strandmuschel in Richtung Auto transportieren konnte. Auch wir brachen auf. Meine Frau hatte für uns auch eine Strandmuschel von Aldi besorgt, die uns aber mehr vor dem durch den Wind aufgewirbelten Sand schützen sollte, als vor der Sonne. Aber auch vor letzterer. Ich zog die Heringe aus dem Sand und auch das Gestänge aus der Zeltplane. Dann rollte ich die Plane um die Stangen und verfrachtete alles im Packsack. Rucksack auf den Rücken und los.
Ganz in der Nähe unseres Autos war auch Familie Bleichgesicht am einsteigen. Und just, als wir das Auto passierten – plopp – entfaltete sich der Sonnenschutz im Wageninneren, so dass man weder von den Insassen noch vom Innenraum des Autos noch etwas sah. Das ganze Auto war ausgefüllt von der froschgrünen, selbstaufbauenden Sonneninsel von Familie Bleichgesicht.
Aldi, you make my Day