Dimagier_Horst
08.03.2012, 17:39
Es ist ein Tag wie viele andere auch. Ich falte die Zeitung zusammen, lasse die interessanten Artikel noch einmal an mir vorübergleiten und nehme den letzten Schluck Kaffee. Es ist, wie so oft, eine wunderbare Atmosphäre in meinem Stammcafé, das ich mindestens drei mal pro Woche aufsuche. Eine Mischung aus frisch zubereiteten Kaffeegetränken, frisch gebackenem Kuchen, kleineren Speisen und Worthülsen der Menschen, die mich umgeben. Ich stehe auf und gehe zur Garderobe, um meinen Mantel zu holen. Es war noch zu frisch für eine Jacke, obwohl die Sonne einen herrlichen Frühlingstag suggerierte. "Entschuldigung,", schoss es wie ein Reflex aus meinem Mund, als sich meine Hand, die gerade nach meinem Mantel griff, mit dem Arm einer neben mir stehenden Dame kreuzte, "bitte entschuldigen Sie meine Unaufmerksamkeit!". "Es ist nichts passiert.", erwiderte sie mit verständnisvoller, sympathischer Stimme. Um mein Bedauern nicht als Floskel im Raum stehen zu lassen helfe ich ihr in den Mantel, was sie offensichtlich genießt und dies auch mit einem Lächeln zum Ausdruck bringt. Es ist so ein vertrautes Lächeln. Manchmal begegnet man fremden Menschen, ein Gespräch entwickelt sich, und man könnte meinen, dass man sich schon ewig kennt! Nein, dieses vertraute Lächeln war anders. Viel intensiver, viel gribbeliger. Irgendetwas war da noch, dass sich gerade in diesem Moment, im Bruchteil einer Sekunde, abspielte. Eine Vertrautheit, die ein unendlich wohliges Gefühl in mir schafft. Ich kann es nicht einordnen, bis es mir wie ein Blitz durch meinen ganzen Körper schießt! Plötzlich erkenne ich sie, zaudere, bin mir sicher, zaudere wieder und bin mir in dem nächsten Bruchteil eines Moments so sicher wie nie zuvor, nur, um dann doch wieder Zweifel aufkommen zu lassen. Ist sie es? Ist sie es nicht? Ist das der berühmte Zufall? Oder doch nur ein Streich der eigenen Gedanken, ein Streich der eigenen Vergangenheit? "Wenn du es bist, dann ist dies ein wunderbarer Augenblick! Wenn Sie es aber nicht sind, gnädige Frau, so bitte ich Sie schon jetzt tausendmal um Entschuldigung!", spricht es, ohne dass ich es beeinflussen kann, aus meinem Munde. Jetzt gibt es kein zurück mehr, und mit einem Glücksgefühl der Seeligkeit überwinde ich alle inneren Vorbehalte. Mein Arm legt sich um ihre schmale Hüfte, meine Hand hält ihren zauberhaften Kopf und führt ihn stark und gefühlvoll, bis sich unsere Lippen berühren, um anschließend in Leidenschaft zu verfallen. Ihre Hände, die sich gegen mich pressen, um mich wegzudrücken, lassen mich in diesem Moment in Scham in den Boden versinken. Sie ist es nicht, ich habe den Respekt vor meinem Mitmenschen verloren, habe eine Frau genötigt, ihren intimen Bereich gewaltsam verletzt. Der Versuch war es wert, denn sie hätte es sein können. An ihr vorbeizugehen wäre schlimmer gewesen. Viel schlimmer! Erst als im nächsten Moment ihre Hände den Druck wegnehmen, meine Brust entlang zum Hals gleiten, kann ich erneut hoffen. Sie erwidert meinen Kuss! Unseren Kuss. Sie ist es. Nur sie kennt unseren Kuss, den wir uns ausgedacht hatten. Unseren Kuss aus Frage, Antwort und Leidenschaft. Unseren Kuss, den wir tausendmal geküsst hatten, unseren Kuss von dem wir beide nicht lassen konnten! Sie hat ihn nicht vergessen! Sie hat unseren Kuss erwidert! Es gab nur wenige Momente in meinem Leben, in denen ich solches Glück erlebt habe. Wir lassen voneinander und stehen etwas ungläubig gegenüber, nehmen uns bei den Händen, gehen etwas auseinander und betrachteten uns. Wie man sich so betrachtet, wenn man sich 35 Jahre nicht gesehen hat. Voller Erwartungen hängen wir unsere Mäntel wieder auf, suchen uns einen freien Tisch und wissen, dass es für die nächsten Momente nur uns gibt. Uns und unsere gemeinsame Vergangenheit. Wir reden über Hühnchen und Hähnchen, über unsere Ehen, unsere Karrieren, unsere Schwächen. Und wir schauen uns unentwegt an, versuchen beide, unsere Schmetterlinge im Zaum zu halten. Wir sind jeder glücklich verheiratet, würden den gleichen Weg wieder gehen. Es gibt keinen Grund, die Schmetterlinge freizulassen. In ein paar Momenten werden wir uns wiederholen, wir werden feststellen, dass jeder seinen Weg gegangen ist, auf dem der andere nicht gehen kann, weil er zu weit weg ist. Wir werden uns gleich stumm gegenüber sitzen, weil vieles gesagt ist und das zu Wiederholende auch schon gesagt ist. Wir werden gleich in ein Schweigen fallen, aus dem wir uns nur noch mit einer netten Verabschiedung befreien können. Aber nichts von dem geschieht. Sie ist genauso aufregend und interessant wie früher. Ihre Gedankensprünge sind immer noch faszinierend. Wie sie zuhören kann, dieser wunderbare Blick, das zustimmende Lächeln, ihr Geruch, ihre Stimme. Nein, es ist nicht wie früher. Es ist anders. Irgendwie schöner, irgendwie reifer.
Vier Stunden sitzen wir nun zusammen und immer noch haben wir uns viel zu erzählen. Aus der Vergangenheit, aber auch aus der Gegenwart. Auch die Zukunft wird gestreift, unsere Träume, die wir noch haben. Es ist die alte Vertrautheit, die zurückkommt. Die vielleicht nie weg war. Ich spüre ihre Wange, die zart über meinen Handrücken streicht. Ihre Hände, die die meinen greifen. Der wunderbare Nachmittag geht in einen wundervollen Abend über, den wir in der Atmosphäre eines kerzenbeleuchtungen griechischen Restaurants beginnen lassen. Es ist der Moment, in dem man die letzten Jahre wegwischt, in der man zu zweit ist, egal, was um einen herum passiert. Aber es ist auch der Moment wie vor 35 Jahren, als wir unseren letzten Abend verbrachten. Der Abend, bevor jeder von uns in sein Studium ging, mit dem Gefühl der Angst, sich zu verlieren. "Warum hast Du mich nicht an unserem letzten Abend genommen? Ich war bereit für Dich. Und ich weiß, dass Du es gespürt hast. Aber plötzlich war etwas zwischen uns. Etwas Unnahbares hatte sich plötzlich zwischen uns gestellt. Hatte ich Dir nicht gefallen?", fragte sie in einem Moment, der nicht besser hätte gewählt sein können. "Dieser Augenblick war wundervoll. Voller Würde und Respekt. Und Du warst auf einmal so wertvoll. So unendlich wertvoll. Ich konnte Dir in diesem Moment nicht das nehmen, was ich mir immer gewünscht hatte. Ich konnte Dir nicht nehmen, was für Dich immer so wertvoll und wichtig war.". Unsere Blicke ließen nicht mehr voneinander. Plötzlich wussten wir, warum uns das Schicksal noch einmal zusammengeführt hat. Wir waren bestimmt, das zu vollenden, was wir damals erträumten. Es wird eine stürmische, leidenschaftliche Nacht voller Begehrlichkeiten, voller Nehmen und Geben, voller Gefühle. Es gibt nur uns zwei, es gibt nichts weiter auf dieser Welt als uns beide und unsere Gefühle füreinander. Es gibt nichts, was in diesem Moment intensiver sein könnte.
Das Aufwachen am nächsten Morgen ist wundervoll. Sie schläft noch. Sie liegt so zufrieden neben mir. Sie ist wunderschön, bezaubernd, begehrenswert wie früher. Ich beneide ihren Mann, ihre Kinder, die um sie sein können. Bis auf diesen Augenblick, der noch uns gehört. Ohne auch nur einen Blick von ihr zu lassen stehe ich auf und begebe mich ins Bad, wo ich einen Blick in den Spiegel riskiere. So etwas komisches hängt aus meinem Mundwinkel heraus. Sieht aus wie ein Faden? Meine Hand tastet danach...nein, das kann nicht sein! "Oh, lieber Gott,", denke ich, "lass es ein Teebeutel sein!"
6/teebeutel.jpg
-> Bild in der Galerie (http://www.sonyuserforum.de/galerie/details.php?image_id=142688)
Vier Stunden sitzen wir nun zusammen und immer noch haben wir uns viel zu erzählen. Aus der Vergangenheit, aber auch aus der Gegenwart. Auch die Zukunft wird gestreift, unsere Träume, die wir noch haben. Es ist die alte Vertrautheit, die zurückkommt. Die vielleicht nie weg war. Ich spüre ihre Wange, die zart über meinen Handrücken streicht. Ihre Hände, die die meinen greifen. Der wunderbare Nachmittag geht in einen wundervollen Abend über, den wir in der Atmosphäre eines kerzenbeleuchtungen griechischen Restaurants beginnen lassen. Es ist der Moment, in dem man die letzten Jahre wegwischt, in der man zu zweit ist, egal, was um einen herum passiert. Aber es ist auch der Moment wie vor 35 Jahren, als wir unseren letzten Abend verbrachten. Der Abend, bevor jeder von uns in sein Studium ging, mit dem Gefühl der Angst, sich zu verlieren. "Warum hast Du mich nicht an unserem letzten Abend genommen? Ich war bereit für Dich. Und ich weiß, dass Du es gespürt hast. Aber plötzlich war etwas zwischen uns. Etwas Unnahbares hatte sich plötzlich zwischen uns gestellt. Hatte ich Dir nicht gefallen?", fragte sie in einem Moment, der nicht besser hätte gewählt sein können. "Dieser Augenblick war wundervoll. Voller Würde und Respekt. Und Du warst auf einmal so wertvoll. So unendlich wertvoll. Ich konnte Dir in diesem Moment nicht das nehmen, was ich mir immer gewünscht hatte. Ich konnte Dir nicht nehmen, was für Dich immer so wertvoll und wichtig war.". Unsere Blicke ließen nicht mehr voneinander. Plötzlich wussten wir, warum uns das Schicksal noch einmal zusammengeführt hat. Wir waren bestimmt, das zu vollenden, was wir damals erträumten. Es wird eine stürmische, leidenschaftliche Nacht voller Begehrlichkeiten, voller Nehmen und Geben, voller Gefühle. Es gibt nur uns zwei, es gibt nichts weiter auf dieser Welt als uns beide und unsere Gefühle füreinander. Es gibt nichts, was in diesem Moment intensiver sein könnte.
Das Aufwachen am nächsten Morgen ist wundervoll. Sie schläft noch. Sie liegt so zufrieden neben mir. Sie ist wunderschön, bezaubernd, begehrenswert wie früher. Ich beneide ihren Mann, ihre Kinder, die um sie sein können. Bis auf diesen Augenblick, der noch uns gehört. Ohne auch nur einen Blick von ihr zu lassen stehe ich auf und begebe mich ins Bad, wo ich einen Blick in den Spiegel riskiere. So etwas komisches hängt aus meinem Mundwinkel heraus. Sieht aus wie ein Faden? Meine Hand tastet danach...nein, das kann nicht sein! "Oh, lieber Gott,", denke ich, "lass es ein Teebeutel sein!"
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