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Alt 18.10.2015, 19:38   #1
k.kandler
 
 
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Sony 16-35/2.8, Tamron 15-30/2.8 und Sony 24/2 - ein erster Vergleich

Hallo zusammen!

Da ich kurzfristig die Gelegenheit habe, das neue Tamron 15-30 mal anzutesten, habe ich vorhin mal damit ein paar Bilder geschossen...

Vergleichende Betrachtung von Sony Zeiss 16-35, Tamron 15-30 und Sony Zeiss 24/2

Vorab: dies ist keine "wissenschaftliche Untersuchung"[1,2], sondern meine persönlichen Beobachtungen zu den drei Objektiven. Ich habe auch keine Testtafeln verwendet. Zum einen habeich nicht genug freie Wandfläche, zum anderen halte ich die dadurch gewonnenen Ergebnisse gerade im Weitwinkelbereich für meist wenig relevant, da besagte Objektive häufig kein planes Bildfeld haben - und zwar insbesondere nicht, wenn man wegen begrenzter Größe der Testcharts praktisch nur im Nahbereich arbeitet.

Auch muss der Test ohne gezeigte Bilder auskommen, da ich nicht genug Zeit habe, das alles auszuarbeiten. Er sollte ursprünglich nur dazu dienen, mir eine Meinung über die Objektive zu bilden, aber ich denke, dass manche der Beobachtungen für andere vielleicht auch nützlich sind.

Material
1 Sony Zeiss 16-35mm/2.8 (Version 1), ca. 6 Jahre alt - im Folgenden "Sony Zoom"
1 Tamron 15-30mm/2.8 (SP di und noch ein paar Buchstaben), ca. 1 Tag alt - im Folgenden "Tamron Zoom"
1 Sony Zeiss 24mm/2, ca. 5 Jahre alt - im Folgenden "Sony 24er"
1 Sony Alpha A99V
1 akkubetriebene Weihnachtslichterkette, warmweiß
1 Taschenlampe, warmweiß, bei ca. 200 lm
1 Landschaft[3]
1 Stiftung Warentest[4]
1 Adobe Lightroom 6

Vorgehensweise
a) Bildbelichtung in RAW
  • Schärfe, Kontrast, Vignettierung, Bildfeld: Für jede(s) gewähle Brennweite / Blende / Objektiv
    • manuelle Fokussierung auf eine Kirche und einen daneben befindlichen Strommasten in der Bildmitte bei maximaler Suchervergrößerung und MF-Hilfsgrieseln der A99. Beide Objekte - Abstand ca. 0.5 und 1 km - zeichnen sich gegen den Himmel ab. Mehrfache visuelle Überprüfung des maximal möglichen Mikrokontrasts. Die Kamera ist hierbei stabilisiert (aufgelegt).
    • Belichtung von 5 Bildern nach der Fokussierung (Modus M, Helligkeitsäquivalent 1/200s, F2.8, 100 ISO). Das erste Bild mit der Kamera wie fokussiert, im Anschluss wird besagte Kirche jeweils durch Verkippen[5] der Kamera in einer anderen Bildecke positioniert. Zweck der letzten Übung ist eine qualitative Aussage über die Zentrierung zu bekommen. Da ich aus der Hand fotografiert habe, habe ich im Anschluss explizit nach Bewegungsartefakten Ausschau gehalten, aber keine gesehen.
    • genutzte Blenden-/Brennweitenkombinationen: 15+16/2.8, 24/2+2.8+4, 28+30/2.8, 35/2.8
  • Abbildungsmaßstab und qualitativer Vergleich zur "Unendlich"-Einstellung: Abbildung der Zeitschrift am Nahpunkt
  • Hintergrundbokeh: Abbildung der Weihnachtskette im Abstand von 0.6 bis 1 m, bei Fokussierung auf 28cm zur Erzeugung der Unschärfekreise.
  • Streulicht: Abbildung bei Offenblende und Blende 8 der auf die Frontlinse gerichteten Taschenlampe in einer Bildecke
b) Bildbearbeitung in Lightroom
  • meine "Standardeinstellungen"; wichtig davon im Wesentlichen: aktivierte CA-Korrektur, deaktivierte weitere Objektivkorrektur
c) Auswertung
  • Visuelle Direktvergleich am Bildschirm auf 1:1 Vergrößerung

Beobachtungen
  • Vorneweg: alle drei Objektive haben kein für mich erkennbares Zeichen von Dezentrierung. Das war in der Vergangenheit anders, auch mit genau diesem Sony Zoom, das deswegen in Reparatur war.
  • Bildwinkel am unteren Ende: Das Tamron bei 15 und das Sony Zoom bei 16 sind praktisch gleich. Ja, das Tamron ist etwas weiter (vielleicht 3-5% mehr Bildweite), aber es verzeichnet etwas mehr. Benutzt man die Profilkorrektur von Lightroom, nähern sich die Objektive an, vielleicht 1-2% Unterschied. Eigentlich habe ich das auch nicht anders erwartet, da die Hersteller hier ja durchaus eine erlaubte Abweichung zu ihren Gunsten auslegen können.
  • Bildwinkel oben: Naja, 35mm gegen 30 mm - der Unterschied ist entsprechend deutlich. Und das Sony 24er kann weder oben noch unten mit
  • Schärfe @15+16mm, Blende 2.8
    • Bildmitte: Ich erkenne keinen Unterschied zwischen dem Sony Zoom und dem Tamron.
    • Halbfeld[6] und Bildrand[7]: Auf "unendlich" ist das Sony Zoom erkennbar unscharf, das Tamron etwas schwächer als in der Mitte, aber deutlich besser als das Sony Zoom. Hauptursache des Unterschiedes ist definitiv die Bildfeldwölbung des Sony Zooms, das bildet nämlich dafür die Straße und das Pflaster in 5-10m Abstand schärfer ab.
    • Extreme Ecke[8]: Das Tamron ist so lala, das Sony Zoom bringt kaum noch verwertbare Bildinformationen (aka. "Matsch").
  • Schärfe @24mm, Blende 2.8 und 2
    • Bildmitte: Keine Frage, die Festbrennweite schlägt die beiden Zooms locker - und zwar auch schon bei Blende 2 gegen 2.8. Das Tarmon und das Sony Zoom sind ununterscheidbar für mich.
    • Halbfeld: Auch hier bevorzugt das Sony Zoom eher den Vordergrund, aber der Effekt ist deutlich schwächer als bei 16mm. Das Sony 24er und das Tamron sind nahezu gleich auf.
    • Bildrand: Für das Sony Zoom wie gehabt Bildfeldwölbung, das Sony 24er und das Tamron liefern hier bessere Schärfe bei "Unendlich".
    • Extreme Ecke: Das Tamron ist im Vergleich zu 15mm etwas schwächer geworden, das Sony Zoom hat deutlich gewonnen. In etwa gleich lala, würde ich sagen. Das Sony 24er wird in der extremen Ecke auch matschig und gewinnt hier nix.
  • Schärfe @24mm, Blende 4
    • Bildmitte: Der Schärfevorsprung des Sony 24er ist (fast) aufgebraucht. Das Tamron und Sony Zoom sind gleich auf.
    • Halbfeld: Die Objektive sind sich sehr ähnlich, vielleicht mit einem marginalen Vorteil für die Zooms.
    • Bildrand: Das Sony 24er und die Zooms sind sich auch hier ähnlich, aber diesmal hat das Sony 24er die Nase vorne.
    • Extreme Ecke: Sind alle besser als bei 2.8 (wenig verwunderlich), aber das Tamron hat hier die Nase vorne gegenüber den beiden Sonys.
  • Schärfe @28+30mm, Blende 2.8
    • Bildmitte: Das Tamron hat leicht gegenüber dem Sony Zoom die Nase vorne, der Unterschied ist aber gering.
    • Halbfeld und der Rest: Hier gewinnt das Tamron eigentlich überall in Bezug auf die Schärfe.
  • Schärfe @35mm
    • Hier ist das Sony Zoom ja jetzt alleine. Bei 2.8 sind die Ergebnisse nicht berauschend, aber ab 4 werden sie dann brauchbar. Diese Charakteristik des Sony Zooms ist ja durchaus bekannt.
  • Vignettierung: Ich habe sie nicht vermessen, aber schon von Bildeindruck fällt deutlich auf, dass die Vignettierung des Tamrons stärker ist als die der beiden Sonys.
  • Verzeichnung: Bei "unendlich" ist die Verzeichnung der Linsen eigentlich erträglich, wobei die vom Tamron etwas stärker ausfällt als vom Sony Zoom. Das ganze ändert sich erheblich, wenn man in den Nahbereich geht. Hier mutiert das Tamron vor allem am kurzen Ende schon zum leichten Fisheye, wohingegen das Sony Zoom eigentlich recht unverändert bleibt. Die Verzeichnung des Tamrons war jetzt auch mit dem Korrekturmodul von Lightroom nicht mehr vernünftig auszukorrigieren.
  • Abbildungsmaßstab: Für mich ab und an ganz interessant, dass man nah herangehen kann. Hier muss das Tamron am weitesten wegbleiben, dicht gefolgt vom Sony Zoom. Die Nahbereichsfähigkeit des Sony 24ers ist schon beeindruckend, im Allgmeinen muss man die Streulichtblende dann abnehmen
  • Bokeh bei Blende 2.8: Bei allen Objektiven sieht man die Zwiebelringe der asphärischen Fräsung, am deutlichsten beim Sony 24er. Ansonsten ist die Lichtscheibe einigermaßen gleichmäßig (mit einer leichten Abdunklung im Halbfeld des Zerstruungskreises bei den Zooms) und bei 2.8 auch einigermaßen rund. Geht man beim Sony 24er auf Blende 2 oder schraubt die Naheinstellung ans untere Ende, kommen dann die Katzenaugen. Farbabweichungen in den Zerstruungskreisen konnte ich nicht sehen (das Licht war nicht monochromatisch, man hätte sie also sehen können).
  • Streulichtempfindlichkeit: Bei Offenblende sind Reflexe bei allen vorhanden, aber schwach ausgeprägt. Bei Blende 8 werden die entsprechend deutlicher. Das Tamron hat es da mit seiner Glaskuppel nicht leicht, ist dafür aber dem Sony Zoom überraschend ähnlich. Insgesamt ist aber alles schon sehr gut korrigiert im Vergleich z. B. mit dem Sigma 12-24. Das Sony 24er zeigt insgesamt weniger Flares, vor allem an grünen, dafür konnte ich hier in wenigen Stellungen deutliche rote produzieren.

Persönliches Fazit oder tl;dr
  • Das Tamron ist für mich ein "Landschaftsobjektiv", gleichmäßig und gut bei "unendlich" mit flacher Bildebene, wenn man die Vignettierung gut korrigiert, aber dazu gewöhnungsbedürftig im Nahbereich und weniger für Video geeignet wegen der variables Verzeichnung.
  • Das Sony Zoom ist eher ein "Reportageobjektiv" mit scharfer Mitte und mäßigem Rand durch Bildfeldwölbung, dafür eher videogeeignet und angenehmer im Nahbereich.
  • Das Sony 24er hat das schärfste Zentrum bei jeder Blende und ein flacheres Bildfeld als das Sony Zoom, ist aber noch nicht so gleichmäßig wie das Tamron. Dafür ist es im Nahbereich klar der Gewinner, durch Qualität und Vielseitigkeit.

Noch eine Bemerkung zum Abschluss:
Die hier berichteten Ergebnisse sind am "schlechten" Ende der Objektive gewonnen, also bei weiter Öffnung. Zumindest ich fotografiere tatsächlich meist abgeblendet. In dem Bereich nähern sich die Objektive in der Leistung aneinander an. Bei Blende 8 habe ich gut erkennbare Unterschiede nur noch in den äußeren 300 Pixeln festgestellt, abgeschwächte Versionen des oben beschriebenen Verhaltens. Das Sony 24er scheint aber in der Bildmitte immer noch einen Hauch Vorsprung zu haben.
Weiterhin darf man die extremen Ecken hier nicht überbewerten, da die schon bei einer leichten Bilddrehung mit Beschnitt verschwinden.
Inwieweit die hier genannten Unterschiede also relevant sein können, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Konrad


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1 Zwar bin ich Wissenschaftler, aber heute ist Sonntag.
2 Das trifft meines Erachtens auf die meisten anderen Tests im Netz auch zu.
3 mit weißem Himmel, Kirche, herbstlichen Bäumen und Häusern, Straße und Pflaster, im Abstand 2 m bis "unendlich"
4 Ausgabe 06/2015, Seite "Staubsauger mit Box", Übersichtstabelle, aufgeschlagen aus dem Boden liegend
5 Verkippen ist böse, ich weiß, aber wir reden hier über Weitwinkelobjektive bei "unendlich". Da spielt das m. E. keine weitere Rolle.
6 halber Abstand zwischen Bildmitte und linkem/rechtem Rand
7 hier immer der linke und rechte Bildrand in halber Höhe
8 Damit meine ich die ca. 200x200 Pixel^2 in den Bildecken

Geändert von k.kandler (19.10.2015 um 10:07 Uhr) Grund: Ergänzung abgeblendet
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