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Alt 30.11.2022, 20:14   #6
DerGoettinger
 
 
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Zitat von Raindog Beitrag anzeigen
Hallo zusammen,
ich habe mich mal getraut und hab mich mit der Kamera "unter Menschen" gemischt und am lokalen HBF mal nach ein paar schönen Szenen und Motiven Ausschau gehalten - quasi die ersten Versuche in diesem Bereich.

Ich würde mir gerne Feedback von Euch einholen, wie es wirkt, was gut ist und was ich besser oder anders hätte machen können...und warum


Bild in der Galerie

Danke Euch schonmal und beste Grüße,
Marcus
Für einen "ersten Versuch" finde ich es richtig gut, weil Du schon viele richtige Ideen hattest, die solche Bilder gut machen. Und danke, dass Du es mit uns teilst. Für mich ist sowas nämlich auch wichtig, weil auch ich an solchen Bildern lerne - auch wenn es vielleicht eher die Schwächen sind, die das Bild hat. Aber gerade weil Dein Bild mich dazu anregt, über es nachzudenken, ist es für mich gut. Hört sich komisch an, ist aber so.

Also, welche Ideen gefallen mir? Zunächst einmal das Setting selbst, also Menschen in Arkaden zu fotografieren. Das gibt dem Ganzen einen geradezu natürlichen Rahmen. auch die Idee, diese Szenerie in schwarzweiß darzustellen, finde ich gut. Farblich ist wahrscheinlich so viel los, dass man gar nicht weiß, wohin man sehen muss. Die Schwarzweißumwandlung hilft mir, die "wesentlichen" Bestandteile besser zu sehen. Und ich mag auch die Schärfe, die sich durch das ganze Bild bis in den HIntergrund zieht.

Aber wie hätte man "diesen Moment" vielleicht besser fotografieren/nachbearbeiten können?

Tatsächlich frage ich mich, ob es gut war, dass Du von soweit unten fotografiert hast. Im Hintergrund ist ja ein Bogen zu sehen, durch den die beiden gleich durchlaufen werden. So wie Du es jetzt fotografiert hast, sind die Köpfe genau auf dem Bogen. Wenn Du die Kamera etwas höher genommen hättest, dann wären die Köpfe (im Bezug zum Bogen) weiter nach unten gekommen und Du hättest den Bogen als "echten Rahmen" gehabt. Gut wäre es vielleicht auch gewesen, mehr auf die Linien an sich zu achten bzw. diese in der Nachbearbeitung zu korrigieren. Du hast sowohl links als auch rechts durch die Säulen senkrechte Linien im Motiv. Das Bild aber kippt ein wenig nach rechts. Unbewusst schaut man da immer wieder hin bzw. man hat das Gefühl, dass "irgendetwas stört". Auch die waagerechten Linien, die sich durch das Pflaster ergeben, sind nicht parallel zur Bildunterkante. Das wäre etwas, was ich zumindest in der Bildnachbearbeitung korrigieren würde. Tatsächlich wirken Bilder mit Linien, die "richtig parallel" zu den Bildkanten verlaufen, deutlich harmonischer. Da das Motiv Dir diese Linien anbietet, würde ich sie nutzen. Ja, das ist schwieriger, wenn das Original schon "schief" ist, aber wir sehen hier nur das Bild und haben keine Referenz mit der Vorlage. In Lightroom kann man mithilfe von Hilfslinien das Bild tatsächlich so korrigieren, dass es keine auffälligen Verzerrungen gibt, und auch mit Luminar kann man da einiges korrigieren. Aber auch wenn es wie in diesem Falle sehr schwierig ist: es würde sich lohnen.

Bezüglich des Beschnitts gehe ich nicht ganz mit meinen Vorrednern mit. Das Pärchen ist für mich an genau der richtigen Stelle und auch ihre Größe harmoniert mit dem Gesamtbild. Im Gegenteil: gerade weil wir unten das Pflaster im Bild haben, haben wir eben oben und unten "führende Linien", die zum Pärchen hinführen. Möglicherweise wäre es sogar gut gewesen, noch einen halben Schritt zurück zu gehen, so dass rechts der Schriftzug "TERGEBNIS" (herrlich, dieses "Halbwort") nicht so spack beschnitten ist. Alternativ würde ich höchstens noch überlegen, das Bild insgesamt ein bisschen rundum zu beschneiden, so das rechts der Schriftzug gerade 'raus aus dem Bild ist und links der Coronatestcenter gerade noch ganz drauf ist (mit etwas Abstand zum Rand). Mir scheint, dass das auf beiden Seiten etwa gleich viel ist, was da wegfallen würde.

Die Schwarzweiß-Umwandlung finde ich übrigens gut. Die Vignetierung ist zwar etwas kräftig und mag dem einen oder anderen nicht gefallen, ich finde sie noch passend.

[Edit on] Beim Verlaufsfilter hab ich mich überzeugen lassen. Es hilft tatsächlich, den Bodenbereich etwas abzudunkeln [Edit off]

Ich hab gerade noch überlegt, ob es gut gewesen wäre, wenn Du noch 20cm weiter nach links gegangen wärest. Dann wären nämlich die Deckenlampen genau in der Flucht gewesen. So hast Du jetzt einen kleinen Versatz, der ein bisschen störend ist. Aber wenn Du das gemacht hättest, wäre das Pärchen im Vergleich zu den Arkaden noch mehr aus der Mitte rausgerutscht. Der Mann ist so im Bild, dass man den linken Rand des Bogens noch sieht, bei der Frau ist der rechte Rand des Bogens schon von ihr verdeckt. Und Du hättest dadurch wahrscheinlich Teile des Testcenteraufstellers verdeckt (den ich so, wie er hier zu sehen ist, gut finde). Die 20cm hätten Dir also an einer Stelle geholfen, anderes aber wieder kaputt gemacht. Du hattest hier also eigentlich nur die Wahl zwischen Pest und Cholera - und ich finde, Deine Entscheidung war in diesem Fall die bessere. Aber als Challenge fur die Zukunft: schau Dir auch den Rahmen genauer an, in dem Du Dein Motiv platzierst.

Dann gibt es noch ein paar Sachen, für die Du eigentlich nichts kannst, weil die Situation nun mal so war, wie sie war. Aber ich würd sie trotzdem gerne ansprechen wollen. Vielleicht hilft Dir das beim nächsten Mal.

Was mich ein wenig stört ist "das Pärchen vor dem Pärchen". Man sieht da noch weitere Füße, einen Hackenporsche aus Korb, einen unzuortbaren Arm und Reste eines Kopfes. Die Menschen waren nun mal da, und Du kannst sie ja auch nicht wegbeamen. Aber hier im Foto stören sie schon, weil sie eben vom eigentlichen Pärchen ablenken.

Ich finde übrigens den Coronatestzentrumaufsteller gut in dem Bild (sagte ich das schon?). Und das Schild ist ja ganz zu sehen, womit sich auch eine spannende "Nichtinteraktion" zwischen dem Pärchen und dem Schild ergibt. Dadurch wirkt das Schild ein wenig verloren und deplatziert. Aber wahrscheinlich hätte ich es aber noch besser gefunden, wenn das Pärchen beim Abdrücken genau auf Höhe des Schildes gewesen wäre. Dann wäre der Eindruck noch stärker gewesen.

Nochmal: ich hätte es schade gefunden, wenn Du das Bild nicht gemacht hättest, und ich bin froh, dass Du es uns zeigst. Aber die Challenge (an der ich übrigens auch immer noch arbeite) ist einfach, "das ganze" Bild zu sehen und nicht nur das Hauptmotiv. Andererseits: besser ein Bild mehr als "das" Bild verpasst!
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"Die ersten 10.000 Bilder sind die schlechtesten" - wahlweise Henri-Cartier Bresson, Jackson Pollock oder Helmut Newton zugeschrieben

Geändert von DerGoettinger (30.11.2022 um 21:21 Uhr)
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