Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.01.2010, 00:40   #13
japro
 
 
Registriert seit: 01.02.2006
Ort: Stäfa
Beiträge: 733
Hihi, ich selbst habe da diverse Stufen durchlaufen und die sind eigentlich recht gute Archetypen für das was man so in Foren antrifft:

Stufe 1: "Ich brauch mehr Brennweite."

Man hat die DSLR mit Kitobjektiv gekauft und will mehr Brennweite, dann wird meist erstmal ein 70-300, ofenrohr oder ähnliches angeschafft. Manche erweitern diese stufe noch zu "ich brauch mehr Weitwinkel" oder zum extrem Brennweitiing "welcher Telekonverter ist der beste zu meinem 70-300/4.5-5.6?"...

Stufe 2: "ich brauch schärfere Linsen"

Auf einmal ist das Kit der letzte Dreck, das 70-300 ist nur ein mittelmässiger kompromiss und eigentlich will man richtig scharfes Glas, aber all die Top Linsen sind ja soo teuer. Ob wohl das Sigma 70-300 besser als mein Minolta 70-300 ist? Oder ist mein Minolta schlecht justiert?

Stufe 3 (folgt meist bevor Stufe 2 wirklich abgeschlossen ist): "ich brauch mehr Licht"

Man ist dem Rat gefolgt und hat sich das gebrauchte 50/1.7 besorgt und stellt auf einmal fest, dass so eine grosse Blende echt praktisch ist. Jetzt soll es natürlich nichtmehr ein 4.5-5.6 Zoom sein, nee, 2.8 durchgehend ist schon das minimum, und die grossen Blenden sollen auch voll nutzbar sein. Aber das G SSM ist doch zu teuer, man will ja keine Profiausrüstung (aber die optische Leistung des Profigerätes will man ja eigentlich schon). Zum glück gibts in der Bucht massig Sigmas und dergleichen mit f/2.8. Hier verfallen einige in die fanatische Geheimtippsuche und es wird ein Fremdherstellerobjektiv nach dem anderen durchprobiert, oder man beisst in den sauren Apfel und geht direkt auf Stufe 4. Andere bleiben hingegen ewig auf Stufe 3 und anstatt sich einmal ein "richtiges" Objektiv zu kaufen fängt man an mit:

1. Kauf günstiges Objektiv in der Hoffnung den Geheimtipp gefunden zu haben
2. Teste bis der Arzt kommt
3. Schick es ein, denn es ist offensichtlich dejustiert (das haben die im Forum auch bestätigt)
4. Sei unglücklich, weil es nicht besser wird.
5. Zurück zu 1. ad infimum.

Stufe 4: "Boaah, das ist das beste Objektiv von der GAAAANZEN Welt, und man kann voll gut freistellen."

Man hat sich also das 70-200/2.8, 24-70/2.8, 85/1.4 oder dergleichen gekauft. Eigentlich hat man ja keinen Vergleich, aber das Objektiv ist so ungewohnt gut, das MUSS einfach das beste sein. Entsprechend wird direkt nach dem auspacken und fünf Testschüssen gleich mal eine solide 10 in der Objektivdatenbank vergeben mit der einzigen negativanmerkung: "Das Objektiv ist gross und schwer". Man hat nur noch Mitleid mit all den armen Würmern mit den 4.5-5.6 Gurken. Ausserdem hat man nun das Freistellen entdeckt. Es wird prinzipiell auf der grössten Blende fotografiert, nicht weil es sinnvoll ist, sondern weil man kann und weil gilt: je freistell desto besser. Gäbe es doch bloss ein 85/1.0, das würde solch tolle Möglichkeiten eröffnen. Und gab es nichtmal dieses 180/1.3? Als logische Konsequenz ist jedes Objektiv das nicht mindestens f/2.8 hat und "offenblendtauglich" ist, eigentlich für die Tonne (oder im falle von Sigmas dejustiert und gehört eingeschickt).

Stufe 5: "Naja, es ist schon Scharf, aber das Bokeh..."

Jaja, die Bokehsnobstufe. Es wird immer noch prinzipiell bei grösster Blende fotografiert, denn die Nutzung der Schärfentiefe ist es doch, die den wahren Fotografen vom Knipser trennt. Und da die Unschärfe nun der bildbestimmenden Faktor ist (mehr als eine Pupille oder ein halber Käfer ist schliesslich nicht scharf, wenn die Wimpern oder Fühler noch im Fokus sind, hat das Objektiv definitiv zu kleine Offenblende), muss man auf einmal auch Möglichkeiten finden die Unschärfe zu bewerten... TADAAAA: das Bokeh.
Von den Angehörigen und Freunden ist man nun definitiv zum Spinner erklärt worden, jemand der ein Bild rumzeigt und darüber redet wie toll die Unschärfe ist kann einfach nicht bei Verstand sein, zumal auf dem Foto vor lauter Unschärfe kaum noch ein Motiv zu erkennen ist (Anmerkung: Jemandem den Begriff Bokeh erklären zu müssen, damit er euer Foto versteht ist etwa dasselbe wie einen Witz erklären zu müssen. Mit dem Unterschied, dass ein Nichtfotograf das Bokeh trotzdem nicht "sehen" wird, während er den Witz irgendwann versteht.).
Auf einmal überlegt man sich kurzerhand beide 135er zu besorgen, das f/1.8 für wenig licht und das STF für die "bokehfotos" ausserdem überlegt man sich ob wohl das Zeiss oder das Minolta 85/1.4 das bessere Bokeh hat. Ah genau, und wie war das mit dem 85/1.4 Limited?

Stufe 6: "Das ist das richtige Objektiv für den Job"

Man hat sein soll an superhyperfreigestellten Motiven im Kasten und fängt an wieder normale Fotos zu machen. An der Famlienfeier macht man ein normales Gruppenfoto auf dem alle scharf sind, denn ein "unkünstlerisches" Foto fürs Album hat auch seine berechtigung. Dabei entdeckt man die Blende oberhalb von f/2.8 wieder und stellt zum glück fest, dass man auch das f/1.4 Objektiv auf f/4 abblenden kann, wo es auch super resultate liefert. Ausserdem hat man letztens mal wieder das Kitobjektiv ausgegraben, denn das ist dank seiner grösse und dem passenden Zoombereich sehr praktisch und macht eigentlich garnicht sooo schlechte Fotos...

Ich bin im Moment zwischen Stufe 5 und 6, hoffe ich jedenfalls.

Edit: Fehler in der Nummerierung

Geändert von japro (17.01.2010 um 01:12 Uhr)
japro ist offline   Mit Zitat antworten