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Alt 17.08.2023, 18:14   #5
der_knipser
 
 
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In Deinem Eingangsbeitrag schreibst Du ein paar Dinge, die nicht so ganz stimmen.

Zunächst einmal braucht man nicht jedes Objektiv für Makroaufnahmen umzukehren.
Lang- und normalbrennweitige Objektive braucht man nur mittels Zwischenringen oder einem Balgengerät auf Abstand zur Sensorebene zu bringen. Dazu braucht es keinesfalls mehrere Umkehrringe oder Reduzierringe.

Ich stelle mal ein paar grundsätzliche Dinge klar:
1. Man kann jedes Objektiv mit Zwischenringen auf größeren Abstand zum Sensor bringen, um näher ans Motiv zu kommen und einen größeren Maßstab zu erzielen.

2. Bei Teleobjektiven braucht man (zu) viele Zwischenringe, um damit wirklich Spaß zu haben. Um einen Abbildungsmaßstab von 1:1 zu bekommen, brauchst Du so viele Zwischenringe wie es der Brennweite entspricht. Zusätzlich hat das Objektiv auch noch einen eigenen Auszug, der ein wenig dazu hilft. Bei 100 oder maximal 135 mm würde ich da Schluss machen, alles andere wird zu schlecht handhabbar.

3. Allein mit Zwischenringen kann man etwa bis 50 mm, max bis 35 mm Brennweite zurecht. Alles was kürzer ist, geht mit ZR nur sehr bedingt, weil man so nah ans Motiv kommt, dass es schwierig wird, Licht dazwischen zu bekommen.
Der Grund dafür liegt in der Bauweise der Objektive bzw. ihrem Auflagemaß.
Das A-Mount hat ein Auflagemaß von 44,5 mm. Bei einem 35er Objektiv liegt die Hauptebene also schon in einem Bereich hinter der hintersten Linse, irgendwo im Spiegelkasten, und vor der Hauptebene ist eine Menge Glas bis zur Frontlinse. Je weiter Du das Objektiv ausziehst (oder mit ZR hinterfütterst), kommst Du irgendwann an den Punkt, dass das Motiv direkt auf der Frontlinse liegen muss, damit es scharf wird. Damit ist der Auszug für dieses Objektiv ausgereizt, noch mehr Auszug kann kein scharfes Bild mehr erzeugen, weil das Motiv dann hinter der Frontlinse sein müsste, was mechanisch nicht geht. Genau aus diesem Grund kommt ein Umkehrring ins Spiel.

4. Der Umkehrring sorgt dafür, dass die Hauptebene bei kurzbrennweitigen Objektiven nach außen gekehrt wird, also dem Motiv zugewandt ist. Das wirkt sich so aus, dass Du beliebig viele Zwischenringe oder ein sehr langes Balgengerät verwenden kannst, und sich der Abstand zwischen Objektiv und Motiv immer in einem Bereich befindet, der etwa dem Auflagemaß entspricht. Du bekommst also immer etwas Licht dazwischen, und Dein Motiv will niemals "in die Linse kriechen".

5. A-Mount-Objektive haben einen Blendenhebel. Auch wenn der so verdeckt liegt, dass er mit den Fingern nicht zugänglich ist, gibt es doch Objektiv-Rückdeckel, die einen Mitnehmer für diesen Hebel haben. In einen solchen Deckel kann man ein Loch schneiden, so dass der Blick auf das Motiv wieder frei wird. Durch Drehen des Deckels kann man die Blende schließen oder öffnen, auch wenn man den Wert nur grob abschätzen kann. Am besten eignen sich die alten weißen Minolta-Deckel dafür, die verdrehen sich nicht so leicht und unkontrolliert wie die neueren schwarzen Deckel.

6. Am bequemsten lassen sich zu diesem Zweck alte manuelle Objektive verwenden, weil diese über einen manuellen Blendenring verfügen. Ich nehme gerne Objektive mit SR/MC/MD-Bajonett, weil ich für diese einen E-Mount-Adapter habe und sie auch am E-Mount betreiben kann.

7. Du kannst auf diese Weise größere Maßstäbe als 1:1 erreichen. Aber mach Dir keine Illusionen, Bilder mit größeren Maßstäben als etwa 4:1 zu machen. Technisch konnte ich so schon etwa 8:1 erreichen, aber die Abbildungsqualität lässt dann stark zu wünschen übrig. Ob das Beugungserscheinungen sind, oder die Auflösungsgrenze, oder auch andere Faktoren, können andere im Forum besser erklären, ich berichte nur meine Erfahrungen, die diesen Leuten Recht geben. Einen kurzen Bericht habe ich dazu hier.

8. Die Belichtung brauchst Du nicht umständlich zu messen. Ein externer Belichtungsmesser hilft Dir nicht, weil er den Lichtverlust durch den großen Auszug nicht berücksichtigt. Nutze einfach die Zeitautomatik (Einstellrad auf "A"), dann bekommst Du schon eine recht passende Belichtung. Mit der Belichtungskorrektur kannst Du dann noch Feinheiten anpassen.

9. Ich empfehle für einen sinnvollen Einstieg ins Thema:
- 1 Satz Zwischenringe für A-Mount
- 1 Umkehrring, sofern Du mit Weitwinkelobjektiven arbeiten willst
- passende Reduzierringe zwischen Umkehrring und Weitwinkelobjektiv (Achtung: Es gibt Step-Up-Ringe und Step-Down-Ringe, je nachdem, die unterscheiden sich darin, ob das Innen- oder Außengewinde größer oder kleiner ist.)
- Einen weißen Minolta-Deckel mit Blenden-Mitnehmer
- eventuell 1 oder 2 manuelle Objektive, z.B. 28er oder 35er (die gibt es für schmales Geld bei Ebay oder auch hier im Forum)

10. Neben den Methoden mit Zwischenringen/Balgengerät und Umkehrring gibt es noch eine weitere interessante Möglichkeit für große Maßstäbe. Du kannst einen Objektiv-Kopplungsring verwenden und damit zwei Objektive mit den Frontlinsen gegeneinander schrauben. Der Abbildungsmaßstab rechnet sich wie das Verhältnis der Brennweiten.
Beispiel: Du hast ein 200er an der Kamera und setzt ein 50er umgekehrt davor, bekommst Du einen Maßstab von 200:50, also 4:1.
Mit einem 200er und einem 28er schaffst Du etwa 7:1.


Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Spaß beim Experimentieren, und vermutlich wirst Du einiges, was hier beschrieben steht, nochmal nachlesen und erst in Kombination mit dem Machen nachvollziehen können.
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Gruß
Gottlieb

Geändert von der_knipser (17.08.2023 um 18:19 Uhr)
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