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Sir Donnerbold Duck 21.09.2020 17:35

Gipfel und Grate: Gleiwitzer Höhenweg 2020
 
Hallo,

jetzt habe ich endlich mal ein bisschen Zeit, den Bildbericht über meine diesjährige Alpentour zu posten. Auf geht's...

1. Tag
Beim Gedanken an die Hitzewelle, die Anfang August durch Deutschland schwappte, wird wohl noch so manch einem hier im Forum der Schweiß ausbrechen. Was gibt es denn da schöneres, als in schöner klarer Bergluft das Wanderbein zu schwingen und so der drückenden Schwüle im Rheingraben zu entfleuchen? So dachte ich mir das jedenfalls. Dass das vielleicht nicht ganz so gut gelingen wird, ging uns schon auf, als wir in Kaprun auf dem Parkplatz der Maiskogelbahn die Autotür öffneten und von schwül-heißer Luft empfangen wurden. "Naja, das ist ja auch im Tal, an der Bergstation sieht das ja immer anders aus..." Also auf in die Höhe. Die Fahrt in der sonnendurchglühten Kabine war ein eigenes Vergnügen und so reißen wir uns gesotten und gedämpft an der Bergstation die Masken vom Gesicht und stellen fest: es ist immer noch heiß! Trotz 1570 m Höhe. Was ja um 13:30 auch wenig überraschend ist.

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Zum Eingehen steht der Alexander-Enzinger-Weg auf dem Programm, der uns in 3,5 h über ca. 700 Höhenmeter aussichtsreich zur Krefelder Hütte (2295 m) führen soll. Der Einstieg ist hart, die ersten 300 Höhenmeter geht es über schattenlose Wirtschaftswege steil hoch. Nicht schön. Ab der Dreiwallnerhöhe geht es dann aber auf echten Wanderpfaden weiter. Hinter uns im Tal liegt Zell am See.

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Nun geht es auf dem Bergrücken fröhlich weiter.

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Nach dem die ersten Höhenmeter hart erschwitzt waren, öffnet sich nun der Blick nach vorn und wir überblicken den Weg vor uns. Wer genau hinsieht, erkennt die Hütte auf dem Bergrücken unterhalb des Kitzsteinhorns. Um die Skitourismusverbauungen zu erkennen, braucht es ja leider kein scharfes Auge, aber wir werden noch dankbar darum sein...

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Der Weg ist zwar angenehm zu gehen, aber die Sonnenexposition und die Hitze lassen uns gehörig leiden. In munterem Auf und Ab folgen wir dem Weg, der immer wieder auf den Grat zieht und durchaus Konzentration erfordert.

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Was uns irritiert, ist die Menge an Leuten, die uns mit vollkommen ungeeigneten Schuhen (sogar mit Espandrilles...) entgegen kommen. Das ist der guten Erreichbarkeit des Weges mit der Seilbahn geschuldet, die es ermöglicht, den Weg einfach im Abstieg zu durchwandern, aber auch da braucht es gute Schuhe. Und so preisen wir unser solides Schuhwerk, bis auf dem Grat die regelmäßigen Schritte hinter mir in ein schlappendes Schlurfen übergehen... Mist, die Sohle löst sich bei meinem Bergkamerad! Katastrophe! Glücklicherweise klebt sie vorne noch am Schuh, so dass die Stolpergefahr gering ist, aber weit kommt man damit nicht. Die Hütte ist zum Glück bald erreicht. Und wie wir vom letzten Jahr wissen, ist damit das nächste Schuhgeschäft nur gut 45 min entfernt, denn an der Station der Gletscherbahn 250 m unter der Hütte ist ein gut sortierter Bergsportladen. Wir können uns also auf der Hütte trotz des Schrecks entspannt der Rehydratisierung widmen, was angesichts der vergossenen Schweißmenge auch dringend nötig ist.

Auf der anderen Seite des Tales sehen wir, wo wir uns übermorgen tummeln wollen:

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Dort erhebt sich der Hohe Tenn, dessen höchster Gipfel, der Bergspitz (3368 m) rechts gerade unter den Wolken zu sehen ist. Von linken Bildrand führt der Weg immer auf dem Grat entlang auf den links zu sehenden Kempsenkopf (3090 m), danach geht es auf dem Grat weiter über den in der Bildmitte verwolkten Schneespitz (3317 m). Sieht spannend aus...

Morgen geht es weiter.

Gruß
Jan

Sir Donnerbold Duck 22.09.2020 16:04

2. Tag
In der Nacht hat ein kräftiges Gewitter getobt, das aber leider nicht für Abkühlung sorgte. Die Feuchtigkeit hat nur für noch schwülere Luft gesorgt, so dass wir schon bei den ersten 250 m Abstieg zur Seilbahnstation durchaus transpirieren.

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An der Bahn steht erstmal der Schuhkauf auf dem Programm. Der Laden ist erstaunlich gut sortiert und bietet fundierte Beratung, was andrerseits wenig wundert: Bergschuhe sind dort ein gefragter Artikel und der Verkäufer stiefelt selber gern auf die Berge. Frisch beschuht setzen wir uns in den Gletscherjet und fahren ins Tal. Dummerweise geht es auf der anderen Talseite wieder hinauf: von 928 m auf die Brandlscharte (2371 m) - laut Tourenbeschreibung 1443 Höhenmeter im Aufstieg, dann noch mal hinab zur Gleiwitzer Hütte (2176 m). Der Anstieg durch den schwülen, regennassen Wald hat was von Regenwald. Die uns umschwirrenden Bremsen tragen das ihrige zur Atmosphäre bei.

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Der Weg zieht sich endlos ohne Verschnaufpause in die Höhe und bringt uns gehörig ins Schwitzen. Irgendwann erreichen wir die Baumgrenze und sehen: es ist noch weit... Obendrein auch noch schattenlos und brüllend heiß.

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In der Bildmitte die Brandlscharte, rechts davon der Rettenzink (2510 m). Der Weg ist eigentlich gut, aber leider sehr schmal und in dem hohen Gras manchmal etwas hakelig zu gehen.

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Gegenüber das Kitzsteinhorn, von ganz unten im Tal sind wir schon hochgestiegen.

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Unsere kleine Expedition kämpft sich mühsam den Berg hinauf, im Hintergrund der Bergrücken, über den wir am Vortag gestapft sind, und der Maiskogel, wo wir gestartet sind.

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Irgendwann ist die Scharte dann erreicht:

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Auf der anderen Seite geht es angenehm mit Blick über die Landschaft zur Hütte, die angeblich nur noch 45 min entfernt ist...

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Und tatsächlich ist die Hütte bald erreicht, wo wir einen tollen Ausblick und einen ebenso tollen Apfelstrudel genießen. Traumhaft schön!

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Leider sieht die Wettervorhersage für den nächsten Tag durchwachsen aus: nachmittags Wärmegewitter, so dass uns ein früher Start empfohlen wird. Wir stellen den Wecker also auf 5 Uhr morgens und krabbeln zeitig ins Bett.

Gruß
Jan

Robert Auer 22.09.2020 21:05

Zitat:

Zitat von Sir Donnerbold Duck (Beitrag 2161384)
......
Und tatsächlich ist die Hütte bald erreicht, wo wir einen tollen Ausblick und einen ebenso tollen Apfelstrudel genießen. Traumhaft schön!

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......
Gruß
Jan

Hhmm, so ein Bild zu posten ist ja (ohne die Möglichkeit einer Teilhabe) schon etwas unfair! Viel zu lecker dieser Apfelstrudel mit Schlagobers! Bitte verpixeln! :roll:

Sir Donnerbold Duck 23.09.2020 07:52

Mich macht das Bild ja zugegebenermaßen auch hungrig, aber die Erinnerung an den Schweiß, den ich vergießen musste, um mir den Apfelstrudel einverleiben zu können, dämpft den Appetit dann wieder. Ich fürchte, auch du wirst lernen müssen, mit diesem Anblick umzugehen... :D

Aber der war schon verdammt lecker...

Gruß
Jan

Harry Hirsch 23.09.2020 11:34

Jetzt habe ich doch glatt das Intro verpasst...
Die neue Tour von Jan, ein Grund zur Freude.

Das mit der abglösten Sohle ist ja nochmal gutgegangen. Das im Bereich der Hohe Tenn... auweia.

Schöne Beschreibung, schöne Bilder!

Sir Donnerbold Duck 24.09.2020 20:08

3. Tag
Um 5 Uhr morgens klingelt der Wecker und damit 23 min früher als ich es sonst gewohnt bin - und das auch noch im Urlaub... Der frühe Vogel krabbelt also aus dem Bett, ist aber zum Würmer fangen noch viel zu müde. Da hilft nur ein ordentliches Frühstück und viel Kaffee. Die Kamera liegt griffbereit und so husche ich immer wieder vor die Hütte und genieße fotografieren die Morgenstimmung:

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Gegen 6 Uhr morgens ziehen wir dann im Frühtau zu Berge (auch wenn dank der Temperaturen von Frühtau eigentlich keine Rede sein kann):

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Bei dem herrlichen Morgenlicht auf den Bergen ist das Wandern ein Hochgenuss, zumal der Weg noch einfach zu gehen ist und durch wunderbare Wiesen voller Blumen und Edelweiß zieht.

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Vor uns erhebt sich in der Morgensonne eine gipfelgekrönte Wand, auf der von rechts nach links der Weg zum Hohen Tenn führt über den Kempsenkopf (3090 m), Bauernbrachkogel (3125 m), Kleiner Tenn (3158 m) und Schneespitz (3317 m). Das ist der Weg, der uns vorschwebt, der uns aber angesichts der Wetterlage noch ungewiss scheint.

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Im Schatten eines markanten Felszackens vor uns liegt die Untere Jägerscharte, die wir erklimmen müssen:

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So langsam wird es nun ernst, der Weg wird steiler und wir tauschen die Wiesen gegen Geröll und das ein oder andere Schneefeld ein.

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Und dann stehen wir vor der Jägerscharte und legen den Kopf in den Nacken und schauen. Das sieht spaßig aus...

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Erst auf den zweiten Blick sehen wir, dass der Steig nicht bis zum Mond führt, sondern oben nach rechts auf den Grat geht. Nach etwas Kletterei ist es dann geschafft und wir stehen oberhalb der Scharte auf dem Grat.

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Und auf dem Grat geht es nun erstmal weiter in die Höhe:

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Irgendwann endet dann auch dieser Grat. Der Weg zieht links hinaus in die steile, ausgesetzte Wand und wird nicht einfacher... Tief unter uns liegt im Schatten die Untere Jägerscharte. Wer genau hinschaut, sieht noch zwei Gedenkkreuze am Wegesrand. Ich habe auf dem Weg acht Stück gezählt.

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Wir erreichen die Obere Jägerscharte (2735 m) und rasten nun erstmal. Der Weg bis hier war doch recht knackig, die letzten 300 Höhenmeter waren eher ein Klettersteig als ein Weg. Und genau so geht es auch weiter. Das aber erst morgen, denn jetzt ist der Akku leer.

Gruß
Jan

Porty 24.09.2020 21:49

Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich......
Der Weg hat´s in sich, träumen geht da nicht.
Danke fürs Mitnehmen

Reisefoto 25.09.2020 00:12

Sehr schöne und stimmungsvolle Bilder hast du aus den Alpen mitgebracht!
Diese Woche mache ich Urlaub zu Hause und dadurch habe ich endlich mal wieder etwas mehr Zeit, hier hereinzuschauen.

Tafelspitz 25.09.2020 06:49

Vielen Dank für die vielen tollen Wander-Aufnahmen und die Erläuterungen dazu!
Ein Genuss fürs Auge und für den Wandertrieb :)

Harry Hirsch 25.09.2020 10:39

Oha - geht's da runter :shock:

Ich habe mir den Gleiwitzer Höhenweg auf Bergsteigen.com angesehen (-> KLICK). Dort ist er als -schlecht gesicherter- Klettersteig aufgeführt... Schwierigkeit C. Hoher Anspruch an Kraft und Kondition. Klettersteigausrüstung habt ihr keine dabei...

Cool sieht die Strecke bisher ja schon aus...

Bin gespannt, was noch kommt.


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